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Deutsches Kaiserreich ist die nachtragliche Bezeichnung des Deutschen Reiches fur die Epoche von seiner Grundung 1871 bis zum Ende der Monarchie in der Novemberrevolution von 1918 Der erste deutsche Nationalstaat war eine foderale konstitutionelle Monarchie 1 und nach seiner Verfassung ein ewiger Bund der deutschen Fursten Als deren Oberhaupt nahm der Konig von Preussen den Titel Deutscher Kaiser an Otto von Bismarck Ministerprasident von Preussen und treibende Kraft hinter der Reichsgrundung war wie die meisten seiner Nachfolger zugleich Reichskanzler Berlin die Hauptstadt Preussens war auch die des Kaiserreichs Deutsches Reich1871 1918Flagge WappenAmtssprache DeutschHauptstadt BerlinStaats und Regierungsform foderale konstitutionelle MonarchieVerfassung ReichsverfassungStaatsoberhaupt Der Konig von Preussen unter dem Namen Deutscher KaiserWilhelm I 1871 1888 Friedrich III 1888 Wilhelm II 1888 1918 Regierungschef ReichskanzlerOtto von Bismarck 1871 1890 Leo von Caprivi 1890 1894 Chlodwig zu Hohenlohe Schillingsfurst 1894 1900 Bernhard von Bulow 1900 1909 Theobald von Bethmann Hollweg 1909 1917 Georg Michaelis 1917 Georg von Hertling 1917 1918 Max von Baden 1918 Parlament e Bundesrat und ReichstagFlache 540 858 ohne Kolonien km Einwohnerzahl 64 925 993 1910 ohne Kolonien Wahrung MarkErrichtung 1 Januar 1871 volkerrechtlich am 1 Juli 1867 als Norddeutscher Bund Vorgangergebilde Norddeutscher BundEndpunkt 9 November 1918Abgelost von Weimarer RepublikNational hymne Keine Nationalhymneersatzweise Kaiserhymne Heil dir im Siegerkranz source source Vorlage Infobox Staat Wartung NAME DEUTSCH Noch wahrend des Deutsch Franzosischen Krieges von 1870 71 traten die suddeutschen Lander Bayern Wurttemberg und Baden sowie der sudlich des Mains gelegene Teil von Hessen Darmstadt dem Norddeutschen Bund bei Mit dem Inkrafttreten der neuen Bundesverfassung entstand am 1 Januar 1871 das Kaiserreich 2 Die Proklamation des preussischen Konigs Wilhelm I zum Kaiser erfolgte am 18 Januar 1871 im Spiegelsaal von Versailles 3 Nach dem Krieg gegen Frankreich der zu diesem Zeitpunkt noch andauerte wurde Elsass Lothringen dem Deutschen Reich angegliedert und als Reichsland direkt dem Kaiser unterstellt Zur Zeit des Kaiserreichs war Deutschland wirtschafts und sozialgeschichtlich gepragt durch die Hochindustrialisierung Okonomisch und sozial wandelte es sich insbesondere seit dem ausgehenden 19 Jahrhundert vom Agrar zum Industrieland Mit dem Ausbau von Handel und Bankwesen wuchs auch die Bedeutung des Dienstleistungssektors Das auch durch die franzosischen Kriegsreparationen nach 1871 verstarkte Wirtschaftswachstum wurde durch den sogenannten Grunderkrach von 1873 und die ihm folgende langjahrige Konjunkturkrise zeitweilig gebremst Trotz erheblicher politischer Folgen anderte dies nichts an der strukturellen Entwicklung hin zum Industriestaat Kennzeichnend fur den gesellschaftlichen Wandel war eine stark international orientierte Reformbewegung in deren Verlauf die soziale Frage mit Armutsskandalisierung und bekampfung vorangetrieben wurde Frauen forderten verbesserte Bildungschancen und das Wahlrecht 4 Strukturelle Grundlage dieser Veranderungen waren neben der Massenpolitisierung ein rapides Bevolkerungswachstum Binnenwanderung und Urbanisierung Die Gesellschaftsstruktur wurde durch die Zunahme der stadtischen Arbeiterbevolkerung und vor allem in den Jahren ab etwa 1890 auch des neuen Mittelstandes aus Technikern Angestellten sowie kleinen und mittleren Beamten wesentlich verandert Dagegen ging die wirtschaftliche Bedeutung des Handwerks und der Landwirtschaft bezogen auf deren Beitrage zum Volkseinkommen eher zuruck Die innen und aussenpolitische Entwicklung des Reichs wurde von 1871 bis 1890 von seinem ersten und am langsten amtierenden Kanzler Otto von Bismarck bestimmt Seine Regierungszeit lasst sich in eine relativ liberale Phase gepragt von innenpolitischen Reformen und vom Kulturkampf und eine eher konservativ gepragte Zeit nach 1878 79 einteilen Als Zasur gelten der Ubergang zum Staatsinterventionismus Schutzzoll Sozialversicherung sowie das Sozialistengesetz Bismarck versuchte aussenpolitisch das Reich durch ein komplexes Bundnissystem abzusichern z B Zweibund mit Osterreich Ungarn 1879 Ab 1884 begann der spater intensivierte Einstieg in den uberseeischen Imperialismus Es folgten internationale Interessenkonflikte mit anderen Kolonialmachten insbesondere der Weltmacht Grossbritannien Die Phase nach der Ara Bismarck wird oft als Wilhelminisches Zeitalter bezeichnet weil Kaiser Wilhelm II ab 1888 nach der Entlassung Bismarcks personlich in erheblichem Umfang Einfluss auf die Tagespolitik ausubte Daneben spielten auch andere teilweise konkurrierende Akteure eine wichtige Rolle Sie beeinflussten die Entscheidungen des Kaisers und liessen sie oft widerspruchlich und unberechenbar erscheinen Durch den Aufstieg von Massenverbanden und parteien sowie die wachsende Bedeutung der Presse gewann zudem die offentliche Meinung an Gewicht Nicht zuletzt darum versuchte die Regierung mit einer imperialistischen Weltpolitik einer antisozialdemokratischen Sammlungspolitik und einer popularen Flottenrustung siehe Flottengesetze ihren Ruckhalt in der Bevolkerung zu erhohen Aussenpolitisch fuhrte Wilhelms Weltmachtstreben jedoch in die Isolation durch diese Politik trug das Reich dazu bei die Gefahr des Ausbruchs eines grossen Krieges zu erhohen Als dieser Erste Weltkrieg 5 schliesslich 1914 ausgelost wurde war das Reich in einen Mehrfrontenkrieg verwickelt Auch in der Innenpolitik gewann das Militar an Einfluss Mit der zunehmenden Anzahl von Kriegstoten an den Fronten und der sozialen Not in der Heimat gefordert durch alliierte Seeblockaden begann die Monarchie an Ruckhalt zu verlieren Erst gegen Kriegsende kam es zu den Oktoberreformen 1918 die unter anderem bestimmten dass der Reichskanzler das Vertrauen des Reichstages haben musste Schon bald darauf wurde in der Novemberrevolution die Republik ausgerufen und die verfassunggebende Nationalversammlung in Weimar konstituierte das Reich 1919 als parlamentarische Demokratie Das heutige Deutschland ist volkerrechtlich mit dem Deutschen Reich des Jahres 1871 identisch auch wenn sich Regierungsform und Verwaltungsgebiet seither mehrmals geandert haben Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Reichsgrundung 3 Struktur des Reiches 3 1 Gebietsgliederung 3 2 Geografisch politische Lage in Mitteleuropa 3 3 Symbole des Reiches 3 4 Verfassung 3 5 Machtzentren des Reiches 3 5 1 Burokratie und Verwaltung 3 5 2 Monarchie und Hof 3 5 3 Militar 3 6 Bevolkerung Wirtschaft und Gesellschaft 3 7 Stadte 3 8 Konfessionen und nationale Minderheiten 3 8 1 Konfessionen und Kirchen im Kaiserreich 3 8 2 Judentum und Antisemitismus 3 8 3 Nationale Minderheiten 3 9 Wandel und Entwicklung der politischen Kultur 3 9 1 Entstehung der politischen Lager 3 9 2 Massenorganisationen 3 9 3 Nationalismus im Wandel 4 Ara Bismarck 4 1 Liberale Ara bis 1878 4 1 1 Innen und rechtspolitische Reformen 4 1 2 Kulturkampf 4 1 3 Grenzen der Zusammenarbeit 4 2 Grunderjahre und Grunderkrise 1873 4 3 Politik nach der Wende von 1878 79 4 3 1 Sozialistengesetz 4 3 2 Ubergang zur Schutzzollpolitik 4 3 3 Einfuhrung der Sozialversicherung 4 3 4 Grenzen des Systems Bismarck 4 3 5 Kartellparteien und konservative Mehrheit 4 4 Bundnisse und Aussenpolitik 4 4 1 Bundnissysteme bis Anfang der 1880er Jahre 4 4 2 Beginn des deutschen Imperialismus 4 4 3 Aussenpolitische Doppelkrise 1885 1886 5 Dreikaiserjahr 1888 6 Wilhelminisches Reich 6 1 Ende der Ara Bismarck 1890 6 2 Der neue Kurs und die Amtszeit von Leo von Caprivi 6 3 Kanzler des Ubergangs und personliches Regiment 6 4 Ara von Bulow 6 4 1 Sammlungspolitik 6 4 2 Flottenpolitik 6 4 3 Der Weg zur Weltpolitik 6 4 4 Innenpolitik nach der Jahrhundertwende 6 4 5 Bulowblock 6 5 Vorabend des Ersten Weltkrieges 6 5 1 Parteienkonstellation 6 5 2 Anfange der Regierung Bethmann Hollweg 6 5 3 Die politische Entwicklung nach der Reichstagswahl von 1912 6 5 4 Aussenpolitik 6 5 4 1 Folgen der Bosnienkrise 6 5 4 2 Panthersprung nach Agadir 6 5 4 3 Balkankriege 7 Erster Weltkrieg 7 1 Julikrise 1914 7 2 Kriegsverlauf 7 3 Innere Entwicklung wahrend des Krieges 7 3 1 Soziale und wirtschaftliche Entwicklung 7 3 2 Burgfriede und nationale Begeisterung 7 3 3 Die neue Oberste Heeresleitung und das Hilfsdienstgesetz 7 3 4 Friedensresolution und innenpolitische Radikalisierung 7 3 5 Oktoberreformen und Ende der Monarchie 1918 8 Das Kaiserreich in der Historiografie 9 Siehe auch 10 Literatur 11 Weblinks 12 EinzelnachweiseVorgeschichte BearbeitenDie deutsche Geschichte des 19 Jahrhunderts war bis zur Nationalstaatsgrundung gepragt von vielfachen politischen und territorialen Veranderungen die nach dem Ende des Heiligen Romischen Reiches Deutscher Nation ab 1806 in eine neue Phase eingetreten waren Das Alte Reich ein von den romisch deutschen Kaisern gefuhrtes vor und ubernationales Gebilde seit Mitte des 18 Jahrhunderts zunehmend gepragt von den Interessengegensatzen seiner beiden Grossmachte Osterreich und dem aufstrebenden Preussen zerbrach durch die Napoleonischen Kriege und die von Frankreich initiierte Grundung des Rheinbundes Die Ideen der Franzosischen Revolution zwischen 1789 und 1799 und die gegen die nachfolgende Hegemonialpolitik Napoleon Bonapartes gerichteten Befreiungskriege fuhrten in nahezu ganz Europa einschliesslich des deutschen Sprachraums zu Nationalstaatsbewegungen mit der Vorstellung der Nation als Grundlage der Staatenbildung Als grossdeutsche Losung wurde dabei ein einheitliches Reich unter Einbeziehung der deutschen Siedlungsgebiete des Kaisertums Osterreich Preussens und Danemarks bezeichnet als kleindeutsche Losung ein Deutsches Reich entsprechend ohne Osterreich unter preussischer Fuhrung Nach dem Sieg der gegen Frankreich stehenden Machte Europas ihnen voran Grossbritannien Preussen Russland und Osterreich uber die Armeen Napoleons hatten die deutschen Fursten jedoch kein Interesse an einer zentralen Macht die ihre eigene Herrschaft begrenzen wurde Auf dem Wiener Kongress wurde 1815 daher lediglich der Deutsche Bund gegrundet ein lockerer Zusammenschluss jener Gebiete die vor 1806 zum Heiligen Romischen Reich Deutscher Nation gehort hatten Die dem Wiener Kongress folgende in der spateren Geschichtsschreibung als Vormarz bezeichnete Ara war gepragt von der Restaurationspolitik die uberstaatlich vom osterreichischen Staatskanzler Clemens Wenzel Furst von Metternich dominiert war Im Rahmen der sogenannten Heiligen Allianz einem zunachst zwischen Osterreich Preussen und Russland geschlossenen Bundnis sollte die Restauration innenpolitisch und zwischenstaatlich die Machtverhaltnisse in Europa wiederherstellen die im Ancien Regime bis zur Franzosischen Revolution geherrscht hatten Nationalstaatliche und burgerlich demokratische Bewegungen standen der Restaurationspolitik entgegen Im Revolutionsjahr 1848 in weiten Teilen Mitteleuropas wurde auch die Marzrevolution in den deutschen Staaten in die revolutionare Bewegung mit einbezogen Abgeordnete des daraufhin neu entstandenen ersten gesamtdeutschen demokratisch gewahlten Parlaments der Frankfurter Nationalversammlung boten nach der Verabschiedung der Paulskirchenverfassung dem preussischen Konig Friedrich Wilhelm IV im Rahmen der kleindeutschen Losung die deutsche Kaiserkrone an Weil dieser aber mit Berufung auf sein Gottesgnadentum ablehnte scheiterte der Versuch den Grossteil der deutschen Staaten auf konstitutioneller Basis zu vereinigen Der Deutsche Bund bestand nach der letztlich gewaltsamen Niederschlagung der revolutionaren Bewegung von 1848 49 noch bis 1866 fort Nach einem Jahrzehnt der politischen Reaktion Reaktionsara in dem demokratische und liberale Bestrebungen erneut unterdruckt wurden bildeten sich ab Beginn der 1860er Jahre in den deutschen Staaten die ersten politischen Parteien im heutigen Sinn Das Verhaltnis von Osterreich und Preussen war in den 1850er Jahren von Zusammenarbeit gepragt danach wieder von Rivalitat Unterschiedliche Vorstellungen zeigten sich etwa beim Frankfurter Furstentag 1863 Osterreich und die Mittelstaaten wie Bayern wollten den Deutschen Bund als Staatenbund ausbauen wahrend Preussen eine bundesstaatliche Losung bevorzugte Im Deutsch Danischen Krieg 1864 arbeiteten die beiden Grossmachte wieder zusammen zerstritten sich dann aber uber die Beute Schleswig Holstein Durch preussische Provokation den Einmarsch ins osterreichisch verwaltete Holstein wurde 1866 der Deutsche Krieg Preussens gegen Osterreich ausgelost in dem die Armeen Preussens und einiger norddeutscher Staaten gemeinsam mit Italien gegen die Truppen Osterreichs kampften das mit den suddeutschen Staaten unter anderen Baden Bayern Hessen und Wurttemberg verbundet war Nach der Niederlage musste Osterreich die Auflosung des Deutschen Bundes anerkennen und hinnehmen dass Preussen mit den Staaten nordlich der Mainlinie den Norddeutschen Bund als zunachst militarisches Bundnis grundete Dieser erhielt 1867 eine bundesstaatliche Verfassung Die zuvor mit Osterreich alliierten suddeutschen Staaten schlossen Schutz und Trutzbundnisse mit Preussen ab Ausgelost durch einen diplomatischen Streit um die spanische Erbfolge begann 1870 der Deutsch Franzosische Krieg Die Kriegserklarung kam von franzosischer Seite nachdem der preussische Ministerprasident Bismarck Frankreich politisch blossgestellt hatte Die suddeutschen Staaten nahmen am Krieg teil und traten zum 1 Januar 1871 dem Norddeutschen Bund bei Die drei Kriege zwischen 1864 und 1871 werden auch als deutsche Einigungskriege bezeichnet Reichsgrundung Bearbeiten Hauptartikel Deutsche Reichsgrundung Die Proklamierung des deutschen Kaiserreiches 18 Januar 1871 Olgemalde von Anton von Werner 1885Der deutsche Sieg bei Sedan und die Gefangennahme des franzosischen Kaisers Napoleon III beides am 2 September 1870 machten den Weg fur die Reichsgrundung frei Bismarck begann mit den suddeutschen Staaten zu verhandeln Dies bedeutete den Beitritt Bayerns Wurttembergs und Badens zum Norddeutschen Bund durch die im November 1870 vereinbarte Grundung eines neuen Deutschen Bundes 6 Andere Plane wie der eines Doppelbundes wie ihn etwa Bayern vorgeschlagen hatte waren nunmehr chancenlos Die bismarcksche Losung garantierte zum einen eine Dominanz Preussens auch im neuen sogenannten zweiten Deutschen Reich Zum anderen bedeutete der monarchische Foderalismus eine Barriere gegen Tendenzen zur Parlamentarisierung Wilhelm I 1797 1888 war nach der Deutschen Reichsgrundung 1871 der erste Deutsche Kaiser Jubelnde Revolutionare nach Barrikadenkampfen am 18 Marz 1848 in Berlin Kreidelithographie eines unbekannten Kunstlers Otto von Bismarck und Frankreichs Kaiser Napoleon III nach der Schlacht bei Sedan nach einem Gemalde von Wilhelm Camphausen von 1878 In der deutschen Offentlichkeit wurden Forderungen nach einer Annexion des Elsass und Teilen Lothringens erhoben und Bismarck machte sich diese Forderungen zu eigen Dies verlangerte den Krieg war ein Grund fur die Verstarkung der deutsch franzosischen Erbfeindschaft siehe auch franzosischer Revanchismus und gab der nationalen Begeisterung in Deutschland weiteren Auftrieb Letztere erleichterte Bismarck die Verhandlungen mit den suddeutschen Staaten die in den Novembervertragen mundeten Gleichwohl musste er Zugestandnisse machen die sogenannten Reservatrechte So behielt Bayern in Friedenszeiten eine eigene Armee Bayerische Armee Uberdies hielt es genauso wie Wurttemberg an einem eigenen Postwesen fest Die suddeutschen Staaten insgesamt behielten ihre staatlichen Eisenbahnen Koniglich Bayerische Staatseisenbahnen Koniglich Wurttembergische Staats Eisenbahnen Grossherzoglich Badische Staatseisenbahnen Grossherzoglich Hessische Staatseisenbahnen In der Aussenpolitik pochten sie erfolgreich auf eigene diplomatische Beziehungen Der preussische Konig Inhaber des Bundesprasidiums erhielt den zusatzlichen Titel Deutscher Kaiser Diese Benennung war staatsrechtlich von untergeordneter symbolisch jedoch von erheblicher Bedeutung die Erinnerung an das Alte Reich erleichterte die Identifikation mit dem neuen Staat Um die monarchische Legitimitat des Nationalstaats zu betonen war es Bismarck wichtig dass Konig Ludwig II als Monarch des grossten Beitrittslandes Konig Wilhelm I die Kaiserkrone antragen sollte 7 Nach Verabredungen uber Aufbesserungen seiner Privatkasse erklarte sich der widerstrebende aber politisch isolierte bayerische Konig zu diesem Schritt bereit und schlug in dem von Bismarck vorformulierten Kaiserbrief vom 30 November 1870 Konig Wilhelm zum deutschen Kaiser vor Die geheimen jahrlichen Zuwendungen die Bismarck aus dem Welfenfonds fur Ludwig abzweigte summierten sich auf 4 bis 5 Millionen Mark Bezeichnend fur den Charakter des neuen Reiches war dass die Vertreter des Norddeutschen Reichstages warten mussten bis die Bundesfursten ihre Zustimmung zur Kaiserwurde erklart hatten Erst danach durften die Abgeordneten den Konig um eine Annahme der Kaiserkrone bitten Dies stand im deutlichen Kontrast zur Kaiserdeputation von 1849 Konig Wilhelm selbst der nicht zu Unrecht furchtete dass der neue Titel die preussische Konigswurde uberdecken werde blieb lange ablehnend Wenn uberhaupt verlangte er den Titel eines Kaisers von Deutschland Bismarck warnte dass die suddeutschen Monarchen dies kaum akzeptieren wurden Ausserdem lautete der verfassungsmassige Titel seit dem 1 Januar bereits Deutscher Kaiser Wilhelm liess es dann bei der Kaiserproklamation am 18 Januar geschehen dass der badische Grossherzog ein Hoch auf Kaiser Wilhelm ausrief Am 3 Marz 1871 kam es dann zu den ersten Reichstagswahlen Die erste konstituierende Reichstagssitzung fand am 21 Marz im Preussischen Abgeordnetenhaus in Berlin statt das zur Reichshauptstadt erklart wurde Danach wurde die Verfassung vom 1 Januar 1871 uberarbeitet und am 16 April verabschiedet 8 sie ist normalerweise gemeint wenn von der Bismarckschen Reichsverfassung die Rede ist Der Friede von Frankfurt beendete offiziell den Deutsch Franzosischen Krieg Die Unterzeichnung fand am 10 Mai statt Das Reichsland Elsass Lothringen wurde dem Deutschen Reich angegliedert und unterstand unmittelbar dem deutschen Kaiser Der Sieg Preussens und der verbundeten deutschen Staaten und die Reichsgrundung wurden am 16 Juni 1871 mit einer pomposen Siegesparade in Berlin und weiteren deutschen Stadten gefeiert 9 Das Reichsmunzgesetz vereinheitlichte die deutschen Wahrungen die Mark wurde 1876 als einheitliche Wahrung im Reich eingefuhrt und ersetzte die bisherigen Zahlungsmittel der Einzelstaaten Die neue Mark Wahrung basierte auf dem Goldstandard In der Reichshauptstadt war das Berliner Schloss 1897 mit dem Kaiser Wilhelm Nationaldenkmal geschmuckt die Residenz Kaiser Wilhelms II Struktur des Reiches BearbeitenGebietsgliederung Bearbeiten Dem Kaiserreich gehorten 25 Bundesstaaten Bundesglieder darunter die drei republikanisch verfassten Hansestadte Hamburg Bremen und Lubeck sowie das Reichsland Elsass Lothringen an Gliederung des deutschen Kaiserreichs 1871 1918 10 Bundesstaat Staatsform Hauptstadt Flache in km 1910 Einwohner 1871 11 Einwohner 1900 12 Einwohner 1910 Preussen Monarchie Berlin 348 780 24 691 085 34 472 509 40 165 219Konigreich Bayern Monarchie Munchen 75 870 4 863 450 6 524 372 6 887 291Konigreich Wurttemberg Monarchie Stuttgart 19 507 1 818 539 2 169 480 2 437 574Konigreich Sachsen Monarchie Dresden 14 993 2 556 244 4 202 216 4 806 661Grossherzogtum Baden Monarchie Karlsruhe 15 070 1 461 562 1 867 944 2 142 833Grossherzogtum Mecklenburg Schwerin Monarchie Schwerin 13 127 557 707 607 770 639 958Grossherzogtum Hessen Monarchie Darmstadt 7 688 852 894 1 119 893 1 282 051Grossherzogtum Oldenburg Monarchie Oldenburg 6 429 314 591 399 180 483 042Grossherzogtum Sachsen Weimar Eisenach Monarchie Weimar 3 610 286 183 362 873 417 149Grossherzogtum Mecklenburg Strelitz Monarchie Neustrelitz 2 929 96 982 102 602 106 442Herzogtum Braunschweig Monarchie Braunschweig 3 672 312 170 464 333 494 339Herzogtum Sachsen Meiningen Monarchie Meiningen 2 468 187 957 250 731 278 762Herzogtum Anhalt Monarchie Dessau 2 299 203 437 316 085 331 128Herzogtum Sachsen Coburg und Gotha Monarchie Coburg Gotha 1 977 174 339 229 550 257 177Herzogtum Sachsen Altenburg Monarchie Altenburg 1 324 142 122 194 914 216 128Furstentum Lippe Monarchie Detmold 1 215 111 135 138 952 150 937Furstentum Waldeck Monarchie Arolsen 1 121 56 224 57 918 61 707Furstentum Schwarzburg Rudolstadt Monarchie Rudolstadt 941 75 523 93 059 100 702Furstentum Schwarzburg Sondershausen Monarchie Sondershausen 862 67 191 80 898 89 917Furstentum Reuss jungerer Linie Monarchie Gera 827 89 032 139 210 152 752Furstentum Schaumburg Lippe Monarchie Buckeburg 340 32 059 43 132 46 652Furstentum Reuss alterer Linie Monarchie Greiz 316 45 094 68 396 72 769Freie und Hansestadt Hamburg Republik Hamburg 414 338 974 768 349 1 014 664Freie und Hansestadt Lubeck Republik Lubeck 298 52 158 96 775 116 599Freie Hansestadt Bremen Republik Bremen 256 122 402 224 882 299 526Reichsland Elsass Lothringen Monarchie Strassburg 14 522 1 549 738 1 719 470 1 874 014Deutsches Reich Monarchie Berlin 540 858 41 058 792 56 367 178 64 925 993 Hannover Bremen Lubeck Hamburg Mecklenburg Schwerin Mecklenburg Strelitz Pommern Ostpreussen Westpreussen Posen Schlesien Sachsen Braunschweig Waldeck Anhalt Sachsen Brandenburg Thuringen Hessen Hessen Nassau Birkenfeld Oldenburg Westfalen Pfalz Rheinland Baden Wurttemberg Bayern Hohenzollern Schleswig Holstein Elsass Lothringen Lippe Schaumburg Lippe Verwaltungsgliederung 1 Januar 1900 Geografisch politische Lage in Mitteleuropa Bearbeiten Das Kaiserreich hatte acht Nachbarstaaten Im Norden grenzte es an Danemark 77 Kilometer im Nordosten und Osten an das Russische Reich 1 322 Kilometer im Sudosten und Suden an Osterreich Ungarn 2 388 Kilometer im Suden an die Schweiz 385 Kilometer im Sudwesten an Frankreich 392 Kilometer im Westen an Luxemburg 219 Kilometer und Belgien 84 Kilometer und im Nordwesten an die Niederlande 567 Kilometer Die Grenzlange betrug insgesamt 5 434 Kilometer ohne Grenze im Bodensee Diese Position wurde in der deutschen Debatte um die vermeintliche Naturlichkeit von historisch bedingten Grenzen und Raumen einer Nation seit Beginn des 19 Jahrhunderts als Mittellage in Europa gekennzeichnet 13 Diese Diskussion hielt auch wahrend des Kaiserreichs an 14 und findet bis heute 15 Vertreter wie den Publizisten Joachim Fest Deutschlands Schicksal ist die Mittellage in Europa Entweder wird es von allen Nachbarn bedroht oder es bedroht alle Nachbarn Symbole des Reiches Bearbeiten Wappen und Flaggen im Jahr 1900Das Deutsche Reich hatte keine offizielle Nationalhymne Als Ersatz galten die Lieder Heil dir im Siegerkranz dessen Melodie mit der britischen Nationalhymne identisch ist sowie Die Wacht am Rhein und das Lied der Deutschen 16 Nach Art 55 RV waren Schwarz Weiss Rot die Farben der Marineflagge und der Kauffahrteiflagge Sie stammen noch aus der Zeit des Norddeutschen Bundes Die Farben setzen sich aus den Farben Preussens schwarz und weiss und denen der Freien und Hansestadte weiss uber rot zusammen Erst 1892 wurde durch Allerhochsten Erlass Schwarz Weiss Rot zur Nationalflagge bestimmt Verfassung Bearbeiten Hauptartikel Bismarcksche Reichsverfassung Die Verfassung des Deutschen Reiches vom 16 April 1871 ging aus der 1866 ausgearbeiteten Verfassung des Norddeutschen Bundes hervor Otto von Bismarck hatte sie massgeblich gepragt und auf sich zugeschnitten Sie war zum einen ein Organisationsstatut welches die Kompetenzen der Staatsorgane durch die das Reich handelte und sonstiger Einrichtungen des Reiches gegenseitig nach innen abgrenzte Sie legte andererseits die Zustandigkeit des Reiches gegenuber den Bundesstaaten fest Hier folgte sie dem Prinzip der begrenzten Einzelermachtigung Das Reich durfte nur fur diejenigen Angelegenheiten tatig werden die dem Reich in der Verfassung ausdrucklich als Zustandigkeit zugewiesen wurden Im Ubrigen waren die Bundesstaaten zustandig Vereinfachte graphische Darstellung der Reichsverfassung so gab es keine Reichsregierung mit verantwortlichen Ministern im Wortsinn sondern nur eine Reichsleitung aus dem Reichskanzler untergeordneten Staatssekretaren Alternatives Schaubild mit den wichtigsten Organen des KaiserreichesDie Reichsverfassung verfugt uber keinen Grundrechtsteil der die Beziehung zwischen Untertan Burger und Staat mit Verfassungsrang rechtlich naher ausgestaltet hatte Lediglich ein Benachteiligungsverbot auf Grund der Staatsburgerschaft eines Bundesstaates Inlandergleichbehandlung war normiert Der fehlende Grundrechtsteil musste sich nicht zwangslaufig nachteilig auswirken Weil die Bundesstaaten in der Regel die Reichsgesetze vollzogen wurden nur sie rechtseingreifend gegenuber dem Burger tatig Massgeblich war daher ob und welche Grundrechte die Landesverfassungen vorsahen So enthielt beispielsweise die fur den Preussischen Staat geltende Verfassung vom 31 Januar 1850 einen Grundrechtskatalog Nach seiner Verfassung war das Deutsche Reich ein ewiger Bund der Bundesfursten Dem entsprach dass das Deutsche Reich ein Bundesstaat war Seine Gliedstaaten hatten ausgepragte Eigenzustandigkeiten wobei ihnen zusatzlich uber den Bundesrat eine bedeutende Gestaltungsfunktion auf Reichsebene zufiel Der Bundesrat war von Verfassungs wegen als der eigentliche Souveran des Reiches gedacht Seine Kompetenzen waren dabei sowohl legislativer wie auch exekutiver Art Realpolitisch blieb seine Bedeutung als eigenstandiges Machtzentrum aus verschiedenen Grunden allerdings beschrankt Ein Aspekt war dass Preussen als grosster Bundesstaat zwar nur uber 17 von 58 Stimmen verfugte sich die nord und mitteldeutschen Kleinstaaten aber fast immer dem preussischen Votum anschlossen 17 Der Konig von Preussen bildete das Prasidium des Bundes und trug den Titel eines Deutschen Kaisers Dem Kaiser standen beachtliche Kompetenzen zu die weit uber das hinausgingen was die Bezeichnung Prasidium des Bundes vermuten liess Er ernannte und entliess den Reichskanzler und die Reichsbeamten insbesondere die Staatssekretare Er bestimmte mit dem Reichskanzler der in der Regel auch noch preussischer Ministerprasident und preussischer Aussenminister war die Aussenpolitik des Reiches Der Kaiser fuhrte den Oberbefehl uber die Kriegsmarine und uber das deutsche Heer uber das bayerische Heer nur in Kriegszeiten Insbesondere sah die Verfassung vor dass der Kaiser falls erforderlich mittels des Heeres die innere Sicherheit wiederherstellen konnte Diese Konzentration der Kommandogewalt wurde oftmals in der Innenpolitik als Druckmittel eingesetzt Die suddeutschen Konigreiche Wurttemberg und Bayern behielten sich bei den Verfassungsverhandlungen Reservatrechte vor Allerdings war die Macht weder des preussischen Konigs noch des deutschen Kaisers absolut sondern sie standen in der Tradition des deutschen Konstitutionalismus des 19 Jahrhunderts wenn auch mit Elementen die ausserhalb der Verfassung standen 18 Der Reichskanzler war in diesem Machtgefuge der dem Kaiser verantwortliche Reichsminister dem die Staatssekretare unterstanden Er hatte den Vorsitz des Bundesrates inne stand der Reichsverwaltung vor und war in der Regel zugleich preussischer Ministerprasident und Aussenminister Das demokratische Defizit dieser Verfassung lag vor allem in der fehlenden parlamentarischen Verantwortlichkeit des Reichskanzlers begrundet den der Reichstag weder wahlen noch sturzen konnte Erst im Oktober 1918 wurde die parlamentarische Verantwortlichkeit des Reichskanzlers im Rahmen der Oktoberverfassung eingefuhrt Das eigentliche Gegengewicht zu den verbundeten Regierungen dem Bundesrat und zur Reichsleitung bildete der Reichstag Das Wahlrecht sah eine allgemeine und gleiche Wahl fur Manner ab 25 Jahren vor in Form des Mehrheitswahlrechts Im Grundsatz war die Wahl geheim wenn auch nicht unbedingt in der Praxis Dies war im Vergleich mit anderen europaischen Staaten aber auch mit dem Wahlrecht in vielen Bundesstaaten ein besonderer demokratischer Zug der Reichsverfassung Die Legislaturperiode des Reichstages dauerte anfangs drei Jahre nach 1888 funf Jahre Der Bundesrat konnte mit Zustimmung des Kaisers das Parlament jederzeit auflosen und Neuwahlen ausschreiben in der Realitat ging die Initiative zur Auflosung vom Kanzler aus Die Abgeordneten erhielten als Gegengewicht zum allgemeinen Wahlrecht keine Diaten Die Abgeordneten hatten ein freies Mandat und waren nach dem Verfassungstext nicht an die Auftrage der Wahler gebunden Tatsachlich gab es in den ersten Legislaturperioden zahlreiche wilde Abgeordnete In der Praxis setzte sich freilich rasch die Fraktionsbildung weiter durch Der Reichstag war neben dem Bundesrat gleichberechtigtes Organ bei der Verabschiedung von Gesetzen Dieses zentrale Parlamentsrecht war im Zeitalter des Rechtspositivismus von wachsender Bedeutung beruhte das Regierungshandeln doch im Kern auf Gesetzen Verordnungen der Regierung spielten nach der Entwicklung der Lehre vom Gesetzesvorbehalt nur noch nach parlamentarischer Ermachtigung eine Rolle Verwaltungsrichtlinien kam nur verwaltungsinterne Wirkung zu Die zweite Kernkompetenz des Parlaments war die Verabschiedung des Haushalts in Form eines Gesetzes Die Haushaltsdebatte entwickelte sich rasch zur Generaldebatte uber das gesamte Handeln der Regierung Allerdings war die Entscheidungsmoglichkeit uber den Militaretat der den Hauptausgabeposten des Reiches bildete begrenzt Bis 1874 war der Etat ohnehin festgelegt und spater sorgten die Septennate und spater die Quinquennate fur eine Begrenzung der Parlamentsrechte in diesem Bereich 19 Die Gesetzesinitiative also das Recht mogliche neue Gesetze vorzuschlagen hatte der Reichstag ebenso wie der Reichskanzler Damit war die politische Leitung des Reiches auf die Zusammenarbeit mit dem Reichstag angewiesen Anders als die Verfassungspraambel es vermuten liess war das Reich mitnichten ein Furstenbund Vielmehr stellte die Verfassung einen Kompromiss zwischen den nationalen und demokratischen Forderungen des aufstrebenden Wirtschafts und Bildungsburgertums und den dynastischen Herrschaftsstrukturen dar konstitutionelle Monarchie beziehungsweise einen Kompromiss zwischen dem unitarischen Prinzip das von Kaiser und Reichstag verkorpert wurde und dem foderalistischen Prinzip mit dem Bundesrat als Vertretung der Gliedstaaten Machtzentren des Reiches Bearbeiten Die Verfassungsordnung war ein wichtiger Rahmen fur die tatsachliche Herrschaftsordnung Tatsachlich waren die in der Bismarckschen Reichsverfassung verankerten Institutionen wie der Reichstag oder der Kanzler fur das politische System von zentraler Bedeutung Daruber hinaus gab es weitere Machtzentren die von der geschriebenen Verfassung nur teilweise abgebildet wurden Burokratie und Verwaltung Bearbeiten So gut wie keine Erwahnung fand in der Verfassung etwa die Burokratie Bei allen innenpolitischen Konflikten sorgte der burokratische Apparat fur Kontinuitat Gleichzeitig mussten die politischen Entscheidungstrager auch Reichskanzler und Kaiser mit dem Eigengewicht der hoheren Beamten rechnen Allerdings hatte das Reich selbst zu Anfang nur einen bescheidenen Apparat und war lange Zeit auf die Zuarbeit der preussischen Ministerien angewiesen Neben dem Reichskanzler gab es keine regelrechte Reichsregierung Anstelle von Ministern gab es lediglich eine Reihe von dem Kanzler unterstellten Staatssekretaren die Reichsamtern vorsassen So entstanden im Laufe der Zeit neben dem Reichskanzleramt ein Reichseisenbahnamt ein Reichspostamt ein Reichsjustizamt ein Reichsschatzamt ein Ministerium fur Elsass Lothringen das Auswartige Amt Reichsamt des Innern ein Reichsmarineamt und schliesslich ein Reichskolonialamt Die verwaltungsmassige Abhangigkeit von Preussen verringerte sich zwar mit dem personellen Ausbau der Reichsverwaltung Bis zum Schluss aber war die organisatorische Verbindung zwischen Preussen und dem Reich von grosser Bedeutung In den hoheren Positionen auch der hoheren Reichsverwaltung waren Protestanten ebenso wie Angehorige des Adels uberreprasentiert So gehorten von insgesamt 31 Reichsstaatssekretaren zwolf dem Adel an und 1909 waren 71 evangelischer Konfession Politisch allerdings waren diese anfangs noch vergleichsweise liberal ausgerichtet Erst eine langfristige Nachwuchspolitik sorgte auf langere Sicht fur eine konservative Ausrichtung der hoheren Beamtenschaft 20 Monarchie und Hof Bearbeiten Adolph Menzel Das Ballsouper 1878Die Verfassung garantierte dem Kaiser einen erheblichen Handlungsspielraum Fur die Entscheidungen der Monarchen spielten die verschiedenen kaiserlichen Beratungsgremien wie das Zivil Militar und Marinekabinett wichtige Rollen Hinzu kamen der Hof und die engen personlichen Vertrauten der Kaiser Bereits mit Wilhelm I nahm der Monarch erheblichen Einfluss auf die Personalpolitik ohne in der Regel in die Tagesgeschafte einzugreifen Vor allem unter Kaiser Wilhelm II mit seinem Anspruch eines personlichen Regiments 21 war diese Ebene eines der zentralen Machtzentren des Reiches Kaum zu unterschatzen ist auch der Wandel des Kaisers von einem Prasidium des Bundes zu einem Reichsmonarchen Auch ausserhalb Preussens wurden nicht mehr nur die Gedenktage der verschiedenen Dynasten sondern auch Kaisers Geburtstag gefeiert Der Kaiser wurde zunehmend zu einem Symbol des Reiches Die Frage inwieweit Kaiser Wilhelm II tatsachlich ein personliches Regime durchsetzen konnte ist freilich in der Geschichtswissenschaft umstritten Hans Ulrich Wehler sieht in den Jahren nach 1888 eher eine autoritare Polykratie in der neben dem bramarbasierenden aber schwachen Kaiser der Reichskanzler Alfred von Tirpitz als Staatssekretar des Reichsmarineamts der Generalstab die Burokraten der Reichsamter und die Vertreter der verschiedenen Wirtschaftsinteressen miteinander um die Grundlinien der Reichspolitik rangen 22 Unstrittig ist dass der kaiserliche Einfluss bis 1897 noch begrenzt war wahrend die Bedeutung des Kaisers bis 1908 deutlich zunahm um danach wieder an Bedeutung zu verlieren Dazu beigetragen hat die Affare um den Vertrauten des Kaisers Philipp zu Eulenburg Diese und die anschliessende Daily Telegraph Affare haben mit dazu gefuhrt das Ansehen des Kaisers nicht aber der Monarchie als Institution in der Offentlichkeit zu verringern 23 Militar Bearbeiten Kaiser Wilhelm Mitte und seine Heerfuhrer Postkarte von 1915 Kluck Emmich Ecken oben links und rechts Bulow Kronprinz Rupprecht Kronprinz Wilhelm Herzog Albrecht Heeringen 1 Reihe Francois Beseler Hindenburg Stein 2 Reihe Tirpitz Prinz Heinrich 3 Reihe Lochow Haeseler Woyrsch Einem 4 Reihe Mackensen Ludendorff Falkenhayn Zwehl 5 Reihe Hauptartikel Deutsches Heer Deutsches Kaiserreich Kaiserliche Marine und Schutztruppe Das Heer und die Marine blieben abgesehen von der Bewilligung der notigen Finanzmittel nach der Verfassung weitgehend der Verfugungsgewalt des preussischen Konigs beziehungsweise des Kaisers unterstellt Die Grenzen der absolutistisch anmutenden Kommandogewalt waren dabei kaum definiert Es blieb daher eine der zentralen Stutzen der Monarchie Unterhalb des obersten Kriegsherrn existierten mit dem Militarkabinett dem preussischen Kriegsministerium und dem Generalstab drei Institutionen die zeitweise untereinander um Kompetenzen stritten Insbesondere der Generalstab bereits unter Helmuth Karl Bernhard von Moltke und spater Alfred von Waldersee versuchte Einfluss auch auf politische Entscheidungen zu nehmen Dasselbe gilt fur Alfred von Tirpitz in Marinefragen 24 Die Armee richtete sich nicht nur gegen aussere Feinde sondern sollte nach dem Willen der militarischen Fuhrung auch im Innern etwa bei Streiks zum Einsatz kommen 25 In der Praxis wurde die Armee zwar bei den grossen Streiks kaum eingesetzt Dennoch bildete die Armee als Drohpotential einen nicht zu unterschatzenden innenpolitischen Machtfaktor Die enge Verbundenheit mit der Monarchie spiegelte sich zunachst noch im stark adelig gepragten Offizierskorps wider Auch spater behielt der Adel eine starke Stellung unter den Fuhrungsrangen allerdings drang im mittleren Bereich mit der Vergrosserung der Armee und der Flotte der burgerliche Anteil starker vor Die entsprechende Auswahl und die innere Sozialisation im Militar sorgten allerdings dafur dass auch das Selbstverstandnis dieser Gruppe sich kaum von dem ihrer adeligen Kameraden unterschied 26 Der Militarismus in Deutschland verstarkte sich Zwischen 1848 und den 1860er Jahren hat die Gesellschaft das Militar eher mit Misstrauen betrachtet Dies anderte sich nach den Siegen von 1864 bis 1871 fundamental Das Militar wurde zu einem zentralen Element des entstehenden Reichspatriotismus Kritik am Militar galt als unpatriotisch Dennoch unterstutzten die Parteien eine Vergrosserung der Armee nicht unbegrenzt So erreichte das Militar erst 1890 mit einer Friedensprasenzstarke von fast 490 000 Mann seine von der Verfassung vorgegebene Starke von einem Prozent der Bevolkerung In den folgenden Jahren wurden die Landstreitkrafte weiter verstarkt Zwischen 1898 und 1911 forderte die kostspielige Flottenrustung Einschrankungen beim Landheer In dieser Zeit hatte sich der Generalstab selbst gegen einen Ausbau der Truppenstarke gewandt weil er eine Verstarkung des burgerlichen zu Lasten des adeligen Elements im Offizierskorps befurchtete Im Jahr 1905 entstand mit dem Schlieffen Plan das Konzept fur einen moglichen Zweifrontenkrieg gegen Frankreich und Russland unter Berucksichtigung einer Teilnahme Englands auf Seiten der Gegner Nach 1911 wurde die Aufrustung intensiv vorangetrieben Die fur die Durchfuhrung des Schlieffenplanes notwendige Truppenstarke wurde dabei letztlich nicht erreicht Das Heer gewann wahrend des Kaiserreichs eine sehr starke gesellschaftlich pragende Bedeutung Das Offizierskorps galt in weiten Teilen der Bevolkerung als Erster Stand im Staate Dessen Weltbild war dabei gepragt von der Treue zur Monarchie und der Verteidigung der Konigsrechte es war konservativ antisozialistisch und grundsatzlich antiparlamentarisch gepragt 27 Der militarische Verhaltens und Ehrenkodex 28 reichte weit in die Gesellschaft hinein Auch fur viele Burger wurde der Status eines Reserveoffiziers nunmehr zu einem erstrebenswerten Ziel Von Bedeutung war das Militar zweifellos auch fur die innere Nationsbildung Der gemeinsame Dienst forderte die Integration der katholischen Bevolkerung in das protestantisch dominierte Reich Selbst die Arbeiter blieben gegenuber der Ausstrahlung des Militars nicht immun Dabei kam dem mindestens zwei Jahre bei der Kavallerie drei Jahre dauernden Wehrdienst als sogenannter Schule der Nation eine pragende Rolle zu Wegen des Uberangebots an Wehrpflichtigen in Deutschland leistete allerdings nur gut die Halfte eines Jahrgangs aktiven Militardienst Wehrpflichtige mit hoherer Schulbildung fast ausschliesslich Angehorige der Mittel und Oberschicht hatten das Privileg als Einjahrig Freiwilliger verkurzten Militardienst zu leisten Heinrich Manns Untertan der Hauptmann von Kopenick oder die Zabern Affare spiegeln die Bedeutung des Militarismus in der deutschen Gesellschaft wider Uberall im Reich wurden die neuen Kriegervereine zu Tragern einer militaristischen Weltanschauung Welche Breitenwirkung diese entfalteten zeigt die Mitgliederzahl von 2 9 Millionen im Kyffhauserbund 1913 Der Bund war damit die starkste Massenorganisation des Reiches Die vom Staat geforderten Vereine sollten die militarische nationale und monarchische Gesinnung pflegen und die Mitglieder gegenuber der Sozialdemokratie immunisieren 29 Bevolkerung Wirtschaft und Gesellschaft Bearbeiten Hauptartikel Hochindustrialisierung in Deutschland Bevolkerungsdichte des Deutschen ReichesIn die Zeit des Kaiserreichs fielen fundamentale demografische wirtschaftliche und soziale Veranderungen die in einem erheblichen Mass auch Kultur und Politik beeinflussten Ein Kennzeichen dafur war das enorme Bevolkerungswachstum Im Jahr 1871 lebten im Reich 41 Mio Einwohner 1890 waren es uber 49 Mio und 1910 fast 65 Mio Einwohner Nicht zuletzt durch Binnenwanderungen zunachst aus der Umgebung spater auch durch Fernwanderungen etwa aus den agrarischen preussischen Ostgebieten nach Berlin oder Westdeutschland wuchs die Stadtbevolkerung insbesondere die Grossstadtbevolkerung stark an Lebten 1871 noch 64 der Bevolkerung in Gemeinden mit weniger als 2000 Einwohnern und nur 5 in Grossstadten mit mehr als 100 000 Einwohnern gab es bereits 1890 einen Gleichstand zwischen Stadt und Landbewohnern Im Jahr 1910 lebten nur noch 40 in Gemeinden mit weniger als 2000 Einwohnern und 21 3 in Grossstadten Damit verbunden war auch eine Veranderung der Lebensweisen So unterschied sich das Leben etwa in den Mietskasernen von Berlin grundlegend vom Leben auf dem Dorf Industrie Bergwerke und HuttenDieser Wandel war nur moglich weil es einige Voraussetzungen dafur gab die Wirtschaft konnte genugend Arbeitsplatze zur Verfugung stellen das Bankwesen und insbesondere die grossen Universalbanken hatten sich weiterentwickelt und waren gewachsen 30 Verkehrswesen und Logistik hatten Fortschritte gemacht siehe auch Geschichte der Eisenbahn in Deutschland zum Beispiel transportierte die Preussische Ostbahn ein Vielfaches der beim Bau prognostizierten Menge von Gutern darunter grosse Mengen Lebensmittel vom Land in Ballungsraume 31 In diese Zeit fallt der Ubergang Deutschlands von einem landwirtschaftlich gepragten Land zu einem modernen Industriestaat Hochindustrialisierung in Deutschland Dabei dominierten zu Beginn des Reiches der Eisenbahnbau und die Schwerindustrie spater kamen als neue Leitsektoren die chemische Industrie und die Elektroindustrie hinzu 1873 hatte der Anteil des primaren Sektors am Nettoinlandsprodukt bei 37 9 und der der Industrie bei 31 7 gelegen 1889 war der Gleichstand erreicht 1895 kam die Landwirtschaft nur noch auf 32 der sekundare Sektor dagegen auf 36 Diese Veranderung spiegelte sich auch in der Entwicklung der Beschaftigungsverhaltnisse wider Lag die Relation der landwirtschaftlich Berufstatigen gegenuber denen in Industrie Verkehr und Dienstleistungssektor 1871 noch bei 8 5 zu 5 3 Millionen betrug das Verhaltnis 1880 9 6 zu 7 5 Millionen und 1890 9 6 zu 10 Millionen Im Jahr 1910 zahlte man 10 5 Millionen Beschaftigte in der Landwirtschaft hingegen in Industrie Verkehr und Dienstleistungsberufen 13 Millionen Arbeitnehmer LandwirtschaftErwerbstatige und Angehorige in der Gesamtbevolkerung 32 Wirtschaftssektor 1882 1895 1907Landwirtschaft 41 6 35 0 28 4Industrie Handwerk 34 8 38 5 42 2Handel Verkehr 9 4 11 0 12 9Hausliche Dienste 5 0 4 3 3 3Offentl Dienst freie Berufe 4 6 5 1 5 2Berufslose Rentner 4 7 6 1 8 1Sozialgeschichtlich war das Kaiserreich vor allem gepragt vom Aufstieg der Arbeiterschaft Dabei entwickelten die unterschiedlichen Herkunftsgruppen aus Ungelernten Angelernten und gelernten Arbeitern bei allen weiterbestehenden Unterschieden durch die gemeinsamen Erfahrungen am Arbeitsplatz und in den Wohnquartieren tendenziell ein spezifisches Selbstverstandnis der Arbeiterbevolkerung 33 Mit der Entstehung von Grossbetrieben neuen staatlichen Dienstleistungen und der Zunahme von Handel und Verkehr nahm daneben die Zahl der Angestellten sowie der kleineren und mittleren Beamten zu Diese achteten auf soziale Distanz zu den Arbeitern auch wenn sich ihre okonomische Lage von der der Industriearbeiter wenig unterschied Zu den stagnierenden Teilen der Gesellschaft gehorte der alte stadtische Mittelstand Handwerker fuhlten sich oft von der Industrie in ihrer Existenz bedroht Die Realitat war allerdings unterschiedlich Es gab uberbesetzte traditionelle Handwerksberufe andererseits profitierten Bau und das Nahrungsmittelhandwerke von der wachsenden Bevolkerung und der Stadtentwicklung Viele Berufe passten sich an Entwicklungen an zum Beispiel stellten die Schuhmacher keine Schuhe mehr her sondern reparierten sie nur noch Es gelang dem Burgertum seine kulturellen Normen weitgehend durchzusetzen wobei das Wirtschaftsburgertum einschliesslich der grossen Industriellen okonomisch fuhrend war und die Bildungsburger Deutschland zu einem Zentrum der Wissenschaft und Forschung machten 34 Gleichwohl blieb der politische Einfluss des Burgertums begrenzt zum Beispiel durch die Eigenarten des politischen Systems und durch den Aufstieg der Arbeiter und der neuen Mittelschichten Wirtschaftlich war die Existenz des Grund besitzenden Adels vor allem in Ostelbien durch die zunehmende internationale Verflechtung des Agrarmarktes bedroht Die Forderung des Adels und der landwirtschaftlichen Interessenverbande nach staatlicher Hilfe wurde ein Merkmal der Innenpolitik wahrend der Kaiserzeit Gleichzeitig sorgte die preussische Verfassung dafur dass der Adel im grossten Staat des Reiches zahlreiche Sonderrechte behielt Auch konnte der Adel in Militar Diplomatie und Burokratie seinen Einfluss bewahren 35 Stadte Bearbeiten Die grossten Stadte des Kaiserreichs waren Liste von 1880 Liste von 1910Konfessionen und nationale Minderheiten Bearbeiten Weniger stark verandert als Wirtschaft und Gesellschaft haben sich in dieser Zeit die konfessionellen Unterschiede Aber auch sie waren fur die Gesamtgeschichte des Reiches bedeutend Gleiches gilt fur den Widerspruch zwischen dem Anspruch Nationalstaat zu sein und dem Vorhandensein von zahlenmassig nicht unbedeutenden nationalen Minderheiten Konfessionen und Kirchen im Kaiserreich Bearbeiten Konfessionskarte evangelisch katholisch des Deutschen Reiches ca 1890 Verbreitung der israelitischen Religion im Deutschen Reich ca 1890 Konfessionskarte nach Meyers Konversationslexikon ca 1885An der allgemeinen Konfessionsverteilung der Fruhen Neuzeit anderte sich grundsatzlich kaum etwas Weiterhin gab es fast rein katholische Gebiete Nieder und Oberbayern nordliches Westfalen Oberschlesien und andere und fast rein protestantische Schleswig Holstein Pommern Sachsen etc Die konfessionellen Vorurteile und Vorbehalte insbesondere gegenuber gemischt konfessionellen Ehen waren daher weiterhin erheblich Nach und nach kam es durch Binnenwanderung zu einer allmahlichen konfessionellen Durchmischung In den ostlichen Reichsgebieten kam haufig auch ein nationaler Gegensatz hinzu da dort weitgehend die Gleichung protestantisch deutsch katholisch polnisch galt In den Zuwanderungsgebieten etwa im Ruhrgebiet und Westfalen oder in einigen Grossstadten kam es zum Teil zu erheblichen konfessionellen Verschiebungen insbesondere im katholischen Westfalen durch protestantische Zuwanderer aus den Ostprovinzen Politisch hatte die Konfessionsverteilung erhebliche Folgen In den katholisch dominierten Gebieten gelang es der Zentrumspartei die uberwiegende Mehrzahl der Wahler fur sich zu gewinnen So gelang es den Sozialdemokraten und ihren Gewerkschaften kaum in den katholischen Teilen des Ruhrgebiets Fuss zu fassen Erst mit der zunehmenden Sakularisierung in den letzten Jahrzehnten des Kaiserreichs begann sich dies zu andern 36 Religionsbekenntnisse im Deutschen Reich 1880 Gebiet Protestanten Katholiken Sonst Christen Juden AndereZahl Zahl Zahl Zahl Zahl Deutsches Reich 28 331 152 62 63 16 232 651 35 89 78 031 0 17 561 612 1 24 30 615 0 07Preussen 17 633 279 64 64 9 206 283 33 75 52 225 0 19 363 790 1 33 23 534 0 09Bayern 1 477 952 27 97 3 748 253 70 93 5 017 0 09 53 526 1 01 30 0 00Sachsen 2 886 806 97 11 74 333 2 50 4 809 0 16 6 518 0 22 339 0 01Wurttemberg 1 364 580 69 23 590 290 29 95 2 817 0 14 13 331 0 68 100 0 01Baden 547 461 34 86 993 109 63 25 2 280 0 15 27 278 1 74 126 0 01Elsass Lothringen 305 315 19 49 1 218 513 77 78 3 053 0 19 39 278 2 51 511 0 03Judentum und Antisemitismus Bearbeiten Hauptartikel Juden in Deutschland Um 1871 bildeten die Juden im deutschen Kaiserreich mit einem Anteil von etwas uber einem Prozent der Gesamtbevolkerung eine prozentual kleine Minderheit Durch eine geringere Geburtenzahl und dem zunehmenden Anteil christlich judischer Ehen bei denen die Kinder meist christlich erzogen wurden nahm ihr Anteil allmahlich ab Die judische Bevolkerung konzentrierte sich in den grosseren Stadten Um 1910 lebten ein Drittel aller deutschen Juden in der Stadt Berlin mit Umlandgemeinden wo ihr Bevolkerungsanteil etwa 5 betrug Zentren judischen Lebens waren neben Berlin Frankfurt am Main 10 Breslau 5 5 Konigsberg Preussen und Hamburg 3 2 37 Aber es gab auch landliche Regionen mit uberdurchschnittlichem judischen Bevolkerungsanteil im Osten die Provinz Posen Westpreussen und Oberschlesien im Sudwesten das Grossherzogtum Hessen Unterfranken die Pfalz Bayern und Elsass Lothringen In den Ostprovinzen mit gemischt deutscher und polnischer Bevolkerung bekannten sich die Juden uberwiegend zum Deutschtum Auch unter denjenigen Juden die ostjiddische Dialekte sprachen war die Tendenz zur Assimilation in die deutsche Gesellschaft lange Zeit stark ausgepragt Der Zionismus der eine nationale Heimstatte fur die Juden in Palastina zu begrunden suchte wurde bis zum Ende des Kaiserreichs von der ganz uberwiegenden Mehrheit der deutschen Juden abgelehnt 1893 wurde der Central Verein deutscher Staatsburger judischen Glaubens gegrundet und der Name des Vereins war Programm Der Central Verein machte sich die Bekampfung des Antisemitismus zur Aufgabe lehnte aber alle Vorstellungen von den Juden als einem Volk oder eigenen Rasse ab sondern betrachtete die deutschen Juden gewissermassen als einen der deutschen Stamme Insgesamt waren deutsche Juden im Bereich von Wirtschaft Kultur Wissenschaft und den akademischen Berufen ausserordentlich erfolgreich Nach der Statistik von 1910 lag der judische Bevolkerungsanteil bei 0 95 615 000 von 64 926 000 Davon waren 555 000 deutscher Herkunft die restlichen 60 000 ca 10 nicht deutscher Staatsangehorigkeit meist Fluchtlinge aus Polen Ukraine und Russland Demgegenuber waren 4 28 der Staatsanwalte und Richter 6 01 der Arzte 14 67 der Anwalte und Notare im deutschen Kaiserreich judischen Glaubens 38 Uberproportional viele prominente Musiker und Virtuosen waren judischer Abstammung Besonders deutlich war der judische Beitrag in Grossstadten insbesondere in Berlin Damit leisteten die deutschen Juden einen herausragenden Beitrag zum weltweiten Kulturleben Trotzdem konnte der Antisemitismus aus unterschiedlichen Grunden gerade im spateren Kaiserreich unter Kaiser Wilhelm II administrativ gesellschaftlich und politisch Fuss fassen 39 Bestimmte Berufe waren den Juden praktisch verschlossen So war es fur einen Juden unmoglich Offizier zu werden was eine schwerwiegende Einschrankung darstellte da der Offiziersstand zu den angesehensten Berufen des Kaiserreichs gehorte Beispielhaft hielt der preussische Kriegsminister Karl von Einem 1907 ein Eindringen judischer Elemente in das aktive Offizierskorps nicht nur fur schadlich sondern fur direkt verderblich 40 Der Anteil judischer Universitatsprofessoren lag prozentual deutlich unter dem Anteil judischer Privatdozenten was zum Teil Ausdruck antijudischer Vorbehalte bei Lehrstuhlbesetzungen war 41 Fuhrende Gelehrte auch wenn sie die Antisemitenbewegung als primitiv ablehnten ausserten sich voller Misstrauen gegenuber dem Eindringen der Juden in die akademischen Berufe und zeichneten das Phantasiegebilde einer moglichen Herrschaft der Juden uber die deutschen Universitaten Juden wurden nie auf einen Lehrstuhl fur deutsche Sprache und Literatur oder fur klassische Altertumswissenschaft und Sprachen berufen und bekamen vorwiegend nur in den sich neu entfaltenden mathematisch naturwissenschaftlichen Fachern und der Medizin eine Anstellung wo sie Herausragendes leisteten Der spatere Nobelpreistrager Richard Willstatter bekannte spater viel tieferen Eindruck entscheidenden hat auf mich die Haltung der Fakultaten gemacht namlich die haufigen Falle dass die Berufung judischer Gelehrter bekampft und verhindert wurde und die Art und Weise in der dies geschah Die Fakultaten liessen Ausnahmen zu gewahrten aber keine Gleichberechtigung 42 Trotz des hohen Prozentsatzes judischer Anwalte war diesen die hohere juristische Laufbahn weitgehend verschlossen Insbesondere Richteramter wurden nur restriktiv mit Juden besetzt was damit begrundet wurde dass das Richteramt besonderes Vertrauen voraussetze und man es daher mit Rucksicht auf die Empfindungen der Bevolkerung nicht mit Juden besetzen konne auch konne ein Jude schlecht einem Christen einen Eid abnehmen Juden war es sehr erschwert oder unmoglich ein hoheres Staatsamt zu erhalten Im Gegensatz zu Grossbritannien wo ein christlich getaufter Jude Benjamin Disraeli sogar Premierminister wurde gab es im Kaiserreich keinen judischen Minister Einzelne Juden die in ein hoheres Staatsamt gelangten wie etwa der Direktor der Kolonialabteilung des Auswartigen Amts Bernhard Dernburg blieben Ausnahmen In den aufbluhenden Seebadern an Nord und Ostsee breitete sich der Bader Antisemitismus aus Antisemitische Vorurteile und karikaturhafte Vorstellungen von Juden waren in fast allen Bevolkerungsschichten zu finden Auch die Haltung der sozialdemokratischen Partei war eine Zeitlang zumindest ambivalent da dort das Stereotyp des reichen kapitalistischen Juden existierte Grundsatzlich wurde der Antisemitismus von den Sozialdemokraten abgelehnt der Parteivorsitzende August Bebel verurteilte den Antisemitismus in einem 1893 gehaltenen Grundsatzreferat Antisemitismus und Sozialdemokratie als reaktionar Konservative Parteien liebaugelten zeitweilig mit antisemitischen Programmpunkten So wandte sich die Deutschkonservative Partei in ihrem Tivoli Programm von 1892 gegen den vielfach sich vordrangenden und zersetzenden judischen Einfluss auf unser Volksleben 43 und forderte eine christliche Obrigkeit und christliche Lehrer Es gab Bestrebungen den Juden die im Verlauf des 19 Jahrhunderts erlangte burgerliche Gleichberechtigung wieder zu entziehen Die Antisemitenpetition der Berliner Bewegung verlangte 1880 81 die Zurucknahme der burgerlichen Gleichstellung der Juden wurde jedoch von der preussischen Regierung und den liberalen Parteien im Reichstag zuruckgewiesen Immer wieder auftretende antisemitische Regungen und Aktionen auf regionaler Ebene wie sie beispielsweise in der Konitzer Mordaffare 1900 1902 zum Ausdruck kamen wurden durch die Behorden unterdruckt Als Gegenreaktion auf den Antisemitismus wurde von liberalen Gelehrten und Politikern u a Theodor Mommsen Rudolf Virchow Johann Gustav Droysen 1890 der Verein zur Abwehr des Antisemitismus Abwehrverein gegrundet Politisch gelang es den Antisemiten nicht eine einheitliche Partei zu formieren Der Stimmenanteil der zersplitterten antisemitischen Parteien lag bei allen Reichstagswahlen vor dem Ersten Weltkrieg hochstens bei funfeinhalb Prozent Der politische Antisemitismus verlagerte sich mehr zur Deutschkonservativen Partei Berufsverbanden Studentenverbindungen und den christlichen Kirchen Abgesehen von den Liberalen war die deutsche burgerliche Kultur schon lange antisemitisch durchtrankt 44 Nationale Minderheiten Bearbeiten Muttersprache der Einwohner des Deutschen Reichs 12 Januar 1900 45 Muttersprache Anzahl AnteilDeutsch 51 883 131 92 05Deutsch und eine Fremdsprache 252 918 0 45Polnisch 3 086 489 5 48Franzosisch 211 679 0 38Masurisch 142 049 0 25Danisch 141 061 0 25Litauisch 106 305 0 19Kaschubisch 100 213 0 18Wendisch Sorbisch 93 032 0 16Niederlandisch 80 361 0 14Italienisch 65 930 0 12Mahrisch 64 382 0 11Tschechisch 43 016 0 08Friesisch 20 677 0 04Englisch 20 217 0 04Russisch 9 617 0 02Schwedisch 8 998 0 02Ungarisch 8 158 0 01Spanisch 2 059 0 00Portugiesisch 479 0 00andere Fremdsprachen 14 535 0 03Einwohner am 1 Dezember 1900 56 367 187 100 Muttersprachliche Minderheiten des Deutschen Reiches je KreisDas Deutsche Reich entwickelte sich zunehmend zu einem einheitlichen Nationalstaat nach dem Vorbild Frankreichs und Grossbritanniens Dennoch gab es 1880 neben den damals fast 42 Millionen deutschen Muttersprachlern rund 3 25 Millionen Nichtdeutschsprachige darunter 2 5 Millionen mit polnischer oder tschechischer Sprache 140 000 Sorben 200 000 Kaschuben 150 000 Litauisch Sprechende 140 000 Danen sowie 280 000 franzosische Muttersprachler 46 Diese lebten uberwiegend in der Nahe der Aussengrenzen des Reiches Nicht nur die Regierung der Kanzler und der Kaiser sondern auch das national und liberal gesinnte Burgertum befurwortete grundsatzlich eine Politik der kulturellen und sprachlichen Germanisierung zur Bildung einer neu zu definierenden Nation inmitten Europas Dabei spielte die Schule mit dem konsequenten Einsatz des deutschsprachigen Unterrichts eine zentrale Rolle 47 Im Wettstreit der unterschiedlichen Kulturen aber auch gemass dem Wunsch nach einer im Innern wie von aussen erkennbaren deutschen Nation wurden z B die polnischen Pfarrer im Teilstaat Preussen durch weltliche deutschsprachige Lehrer ersetzt Eine Ausnahme bildeten die uberwiegend franzosischsprachigen Gebiete Elsass Lothringens wo die franzosische Sprache als Schulsprache zugelassen war Wichtig war die Einfuhrung des Deutschen als Amts und Gerichtssprache War das preussische Konigreich mit seinen Aussengrenzen im Osten vor der Reichsgrundung gegenuber seinen nationalen Minderheiten uberwiegend tolerant gewesen und hatte den Schulunterricht in der Muttersprache ausdrucklich gefordert so wich diese Toleranz insbesondere in den polnischsprachigen Gebieten zunehmend einer Politik der kulturellen Nationalisierung Die polnische Sprache in der vor der Reichsgrundung in uberwiegend polnischsprachigen Gebieten unterrichtet worden war wurde nach und nach durch die deutsche Unterrichtssprache ersetzt Nur der katholische Religionsunterricht durfte noch in polnischer Sprache erteilt werden Als auch dort die deutsche Unterrichtssprache eingefuhrt wurde kam es zum Teil zu offenem Widerstand der sich unter anderem in Schulstreiks ausserte 1901 Wreschener Schulstreik die die preussischen Behorden und die Lehrerschaft mit disziplinarischen Massnahmen beantworteten Von den Sozialdemokraten den Linksliberalen und dem Zentrum wurden die Massnahmen scharf verurteilt Im Fall der polnischen Bevolkerung kamen spater auch Massnahmen hinzu die den polnischen Grossgrundbesitz zu Gunsten deutscher Siedler begrenzen sollten Auch hat die Preussische Ansiedlungskommission mit wenig Erfolg versucht polnischen Grundbesitz fur deutsche Neusiedler zu erwerben 1885 wurden bei Polenausweisungen 35 000 Polen aus dem Konigreich Preussen ausgewiesen Das Verfahren wurde von Bismarck initiiert und vom preussischen Innenminister Robert Viktor von Puttkamer umgesetzt Dennoch hatte diese neue Politik nur begrenzten Erfolg da mit ihr die Polen die zuvor mit der toleranten Haltung des preussischen Staates recht gut leben konnten gegen die Obrigkeit aufgebracht wurden Trotz finanzieller Anstrengungen und markiger nationalistischer Reden Wir gehen hier keinen Schritt zuruck kam es eher zu einer Zunahme des polnischsprachigen Bevolkerungsanteils und Ruckgang des deutschen Bevolkerungsanteils beispielsweise in der Provinz Posen und zu einer zunehmenden Entfremdung zwischen Deutschen und Polen Die Minderheiten versuchten ihre eigene Identitat zu bewahren und organisierten sich erfolgreich in Bauernvereinen grundeten Kreditanstalten und Hilfsorganisationen Alle Nationalitaten waren beispielsweise relativ stabil im Reichstag vertreten und anzahlmassig sogar eher uberreprasentiert Selbst die ins Ruhrgebiet ausgewanderten Polen hielten an ihrer Herkunft fest Dort entstanden starke polnische Gewerkschaften 48 Die antipolnischen Massnahmen wahrend der Zeit des Kaiserreichs hatten eine unheilvolle Nachwirkung auf das deutsch polnische Verhaltnis im Allgemeinen Als die Zweite Polnische Republik nach dem Ersten Weltkrieg als unabhangiger Staat entstand kam der grosste Teil der ehemaligen Provinzen Posen und Westpreussen zu Polen Die polnische Regierung ubte nun eine vergleichbar repressive Politik gegenuber den deutschen Minderheiten in diesen Gebieten aus letztlich um diese zu notigen das Land zu verlassen Begrundet wurde diese Politik mit dem Argument dass diese Gebiete unter deutscher Herrschaft kunstlich germanisiert worden seien und nun erneut polonisiert werden mussten Wandel und Entwicklung der politischen Kultur Bearbeiten Das Kaiserreich war pragend fur die politische Kultur in Deutschland weit uber das Ende der Monarchie hinaus Industrialisierung Urbanisierung sowie die verbesserten Kommunikationsmoglichkeiten z B die Verbreitung der Tageszeitungen bis in die unteren Schichten hinein und andere Faktoren veranderten auch den Bereich der politischen Kultur War die Politik zuvor uberwiegend eine Sache der Eliten und Honoratioren kam es nunmehr zu einer Fundamentalpolitisierung an der in unterschiedlicher Weise fast alle sozialen Gruppen einen Anteil hatten Dazu beigetragen hat zweifellos auch das allgemeine und gleiche Mannerwahlrecht ab dem Alter von 25 Jahren auf Reichsebene Ein Indiz dafur war die Zunahme der Wahlbeteiligung Beteiligten sich 1871 nur 51 der Wahlberechtigten an den Reichstagswahlen waren es 1912 84 9 49 Als entscheidender Bestandteil der Massenpolitisierung sollte sich die erstarkende Frauenbewegung erweisen die sich wie in anderen Industrielandern in dieser Zeit formierte Reformen und vielfach auch das Frauenwahlrecht einforderte 50 Entstehung der politischen Lager Bearbeiten In die Reichsgrundungszeit fallt die Auspragung der verschiedenen politischen Lager Karl Rohe unterscheidet dabei ein sozialistisches ein katholisches und ein nationales Lager Andere Autoren unterteilen letzteres noch einmal in ein national konservatives und ein liberales Lager 51 Ungeachtet von Parteispaltungen Zusammenschlussen oder ahnlichen Ereignissen pragten diese Lager bis in die Weimarer Republik hinein das politische Leben weitgehend mit Alle diese Grundorientierungen hatte es in der ein oder anderen Weise bereits vor der Grundung des Kaiserreichs gegeben Allerdings entstand mit der Deutschen Zentrumspartei Zentrum erstmals eine starke katholische Partei die annahernd alle sozialen Gruppen von der katholischen Landbevolkerung die Arbeiterschaft bis hin zu Burgertum und Adel erreichte Doch blieb die Parteiorganisation schwach und das Zentrum entwickelte sich nicht zu einer Massenpartei Ein weiteres Kennzeichen war der Aufstieg der Sozialdemokratie Insgesamt hatte sich deren Anhangerschaft von 1874 bis 1912 verachtfacht Der Stimmenanteil der SPD stieg von etwa 9 1 Prozent 1877 52 auf 34 8 Prozent 1912 53 Dem Aufstieg der Sozialdemokraten stand dabei kein bedeutsamer Abstieg des burgerlichen und des katholischen Lagers gegenuber Obwohl das Zentrum seinen Mobilisierungsgrad aus der Kulturkampfzeit nicht vollstandig halten konnte gelang es dieser Partei sich auch angesichts einer wachsenden Wahlerzahl zu behaupten Bei allen Verwerfungen gelang es auch dem burgerlichen Lager weiterhin etwa ein Drittel der Wahlberechtigten zu erreichen Nach der uberproportionalen Stellung der Nationalliberalen und der Freikonservativen Partei zu Beginn des Kaiserreichs gab es innerhalb dieses Bereichs erhebliche Verschiebungen Am Ende des Kaiserreichs lagen Linksliberale Konservative und Nationalliberale mit jeweils etwas mehr als zehn Prozent gleichauf Nicht zuletzt auf Grund des Kulturkampfes und spater des Sozialistengesetzes entwickelten die katholische Bevolkerung und die Anhanger der Sozialdemokratie einen besonders starken inneren Zusammenhalt Begunstigt durch weitere Faktoren entstand ein katholisches und sozialdemokratisches Milieu In deren Umfeld entwickelte sich jeweils ein Organisations und Vereinswesen das die Bedurfnisse der jeweiligen Gruppe von der Wiege bis zur Bahre erfullte Im katholischen Milieu war die Entwicklung differenziert Vor allem in den agrarischen Teilen des katholischen Deutschland banden die Pfarrer die Kirche sowie die traditionellen gemeindenahen Vereine die Menschen an das Milieu In den Industriegebieten und Stadten dagegen entwickelten sich zur Integration der katholischen Arbeiterbevolkerung mit dem Volksverein fur das katholische Deutschland und den christlichen Gewerkschaften Organisationen mit Millionen von Mitgliedern Im sozialdemokratischen Bereich entwickelten sich nach dem Ende des Sozialistengesetzes nicht nur die SPD zu einer Massenorganisation Noch starker stiegen die Mitgliederzahlen der Gewerkschaften an Ausserdem entstand teilweise auf alteren Grundlagen ein weit verzweigtes Vereinswesen der Arbeiterbildungsvereine der Arbeitersanger oder der Arbeitersportvereine Konsumgenossenschaften rundeten dieses Bild ab Das Selbstverstandnis und die Lebensweise von Katholiken von Sozialdemokraten und der protestantischen burgerlichen Gesellschaft fielen deutlich auseinander Ein Wechsel zwischen ihnen war kaum moglich Der Zusammenhalt wurde durch die jeweilige Sozialisation auch nach dem Ende von Kulturkampf und Sozialistengesetzen weiter getragen 54 Massenorganisationen Bearbeiten Nicht nur im politischen Bereich sondern auch in fast allen Lebensbereichen entfaltete sich die Massenmobilisierung zur Durchsetzung von Interessen und anderen gesellschaftlichen Zielen Propagandapostkarte des FlottenvereinsAuf der rechten Seite des politischen Spektrums mobilisierten ein ubersteigerter Nationalismus und die Kolonialbewegung Anhanger aus verschiedenen sozialen Gruppen Der Deutsche Flottenverein stutzte sich auf 1 2 Millionen Mitglieder Zumindest zeitweise gelang es auch dem Antisemitismus beachtliche Resonanz zu gewinnen Dazu gehorte die christlich soziale Partei um den Prediger Adolf Stoecker Einige wirtschaftliche Interessenorganisationen griffen diese populistischen Forderungen auf um so ihre eigene Position zu starken Besonders stark ausgepragt war der Antisemitismus etwa im Deutschnationalen Handlungsgehilfenverband Eng verbunden waren Nationalismus und Antisemitismus im Alldeutschen Verband Besonders erfolgreich organisierte der Bund der Landwirte BdL auch mit nationalen und antisemitischen Untertonen Landwirte aus dem ganzen Reich wobei die Fuhrung jedoch stets bei den ostelbischen Agrariern lag Er stutzte sich dabei auf eine gut ausgebaute Organisation mit Millionen von Mitgliedern Der Unterstutzung des Bundes verdankten eine grosse Zahl von Reichs und Landtagsabgeordneten ihr Mandat Diese waren daher auch inhaltlich dem BdL verpflichtet Weniger erfolgreich in dieser Hinsicht waren die Industriellenverbande wie der Centralverband deutscher Industrieller CdI Aber auch diesem gelang es durch eine erfolgreiche Lobbyarbeit im Hintergrund etwa in der Schutzzollfrage die Politik zu beeinflussen Mit den grossen Industrieverbanden CdI und dem Bund der Industriellen verbunden waren die vor allem seit den 1890er Jahren entstehenden Arbeitgeberverbande die sich primar gegen die Mitspracheanspruche der Gewerkschaften richteten Neben den grossen Interessenverbanden gab es zahlreiche weitere wirtschaftlich orientierte Organisationen Allein im Bereich Industrie Handwerk Handel und Gewerbe existierten 1907 500 Verbande mit ca 2000 angeschlossenen Organisationen Entwicklung der Gewerkschaften in Deutschland nach ihrer politischen Richtung 1887 1914Ein Aspekt der Verknupfung von Politik und Interessenvertretung in der Arbeiterbevolkerung war die Entstehung von Richtungsgewerkschaften Trager waren der soziale Liberalismus das katholische Milieu und die Sozialdemokratie Dabei hatten die sogenannten freien Gewerkschaften im Umfeld der SPD nach dem Ende des Sozialistengesetzes die hochsten Mitgliederzahlen In wichtigen Industriegebieten wie dem Ruhrgebiet waren die christlichen Gewerkschaften teilweise aber ebenso stark oder sogar starker Hinzu kamen in diesem Gebiet nach der Jahrhundertwende auch Organisationen der polnischsprechenden Bergarbeiter sodass die nichtsozialistischen Gewerkschaften in diesem industriellen Kernbereich des Reiches sehr bedeutend waren Besonders schwer tat sich der linke Flugel des Liberalismus mit dieser neuen Form der Politik Zwar bestanden seit den 1860er Jahren mit den Hirsch Dunckerschen Gewerkvereinen liberal ausgerichtete Gewerkschaften ihr Mobilisierungserfolg blieb allerdings vergleichsweise gering 55 Nationalismus im Wandel Bearbeiten Kaiser Wilhelm Denkmal an der Porta Westfalica um 1895Zwar gab es weiterhin einzelstaatliche und dynastisch gepragte Sonderidentitaten Aber im Uberblick gewann die Identifikation mit der Gesamtnation eine gesellschaftlich pragende Bedeutung Wahrend des Kaiserreichs hat sich die Nationalstaatsidee deutlich gewandelt Der alte Nationalismus war bis 1848 1849 eine auf Veranderung abzielende Oppositionsbewegung die sich aus den klassisch liberalen Idealen der Franzosischen Revolution gespeist und sich gegen die zu der Zeit als konservativ geltenden Krafte der Restaurationsara gerichtet hatte Spatestens mit der Reichsgrundung begannen sich die Schwerpunkte zu verlagern Die bisherigen Gegner auf der Rechten ubernahmen nationale Ideen und Ziele Der Nationalismus wurde tendenziell konservativ gepragt Auf langere Sicht verlor dabei das demokratische Element an Gewicht Wichtiger als die Freiheit wurde die Einheit Dies fuhrte unter anderem zu einer Wendung gegen die nationalen und kulturellen Minderheiten im Reich insbesondere gegen die Polen und in Verbindung mit dem ab Ende der 1870er Jahre an Bedeutung gewinnenden rassistisch begrundeten Antisemitismus gegen die Juden Berliner Antisemitismusstreit In diesen Zusammenhang gehoren auch die nationalen Leidenschaften im Kampf gegen den ultramontanen Katholizismus Im weiteren Verlauf der Reichsgeschichte richtete sich der Nationalismus nicht zuletzt gegen die Sozialdemokratie Deren internationalistische und revolutionare Ideologie schien der politischen Elite und ihren Anhangern ein Beleg fur ihre Reichsfeindschaft zu sein Vor diesem Hintergrund wurden die Sozialisten Sozialdemokraten seit Ende des 19 Jahrhunderts noch wahrend der Ara Bismarck als vaterlandslose Gesellen diffamiert beziehungsweise deren entsprechender Ruf in den damaligen regierungsfreundlichen und kaisertreuen Zeitungen lanciert Der Nationalismus im Kaiserreich entfaltete seit der Reichsgrundung eine bis dahin unbekannte Breitenwirkung und erfasste im Zusammenwirken mit dem sich ebenfalls verstarkenden Militarismus nunmehr auch die kleinburgerlichen und bauerlichen Bevolkerungsteile Getragen wurde der Nationalismus von den Turn Schutzen Sanger und vor allem den Kriegervereinen Aber auch Schule Universitat die evangelische Kirche und das Militar haben zur Verbreitung beigetragen Kaiser und Reich setzte sich als feststehender Begriff durch Dagegen hat die Verfassung des Reiches keinen eigenstandigen Symbolwert entwickeln konnen Von den Institutionen gewannen nur der Reichskanzler und der Reichstag in dieser Hinsicht eine gewisse Bedeutung Der Reichstag und die allgemeinen Wahlen wurden zu einem sichtbaren Stuck nationaler Einheit Mit den Feiern zu den Kaisergeburtstagen dem Sedanstag 56 und anderen Gelegenheiten durchdrang das Nationale den Jahreskalender vor allem der bauerlichen und burgerlichen Bevolkerung Sichtbar wurde der Nationalismus auch in den zahlreichen Nationaldenkmalern wie dem Niederwalddenkmal dem Hermannsdenkmal spater den Kaiser Wilhelm Denkmalern auf dem Deutschen Eck oder der Porta Westfalica den zahlreichen Bismarckturmen bis hin zu den lokalen Kriegerdenkmalen Auf langere Sicht konnten sich auch die Reichsfeinde der Zugkraft des Nationalen nicht entziehen Auf den Katholikentagen wurde seit 1887 nicht nur ein Hoch auf den Papst sondern auch eins auf den Kaiser ausgebracht Vor allem nach Kriegsbeginn 1914 zeigte sich dass auch die Arbeiter vom Nationalismus keineswegs unbeeinflusst blieben Vor allem wahrend der wilhelminischen Epoche trat neben den halboffiziellen Nationalismus immer starker ein volkischer Radikalnationalismus wie ihn etwa der Alldeutsche Verband reprasentierte Er propagierte nicht nur die Schaffung eines grossen Kolonialreiches sondern auch einen von Deutschland beherrschten mitteleuropaischen Machtbereich 57 Otto von Bismarck 1815 1898 Ara Bismarck BearbeitenDie ersten Jahrzehnte des neuen Kaiserreichs waren innen wie aussenpolitisch in hohem Masse von der Person Bismarcks gepragt Dabei zerfallt die Zeit zwischen 1871 und 1889 deutlich in zwei Phasen Von 1871 bis 1878 79 arbeitete Bismarck vornehmlich mit den Liberalen zusammen In der folgenden Zeit dominierten die Konservativen und das Zentrum Liberale Ara bis 1878 Bearbeiten Angesichts des Verfassungskonflikts der sechziger Jahre in Preussen ist es auf den ersten Blick verwunderlich dass Otto von Bismarck bereits wahrend des Bestehens des Norddeutschen Bundes und in den ersten Jahren des Kaiserreichs politisch mit den Liberalen eng zusammenarbeitete Ein zentraler Grund dafur waren die Mehrheitsverhaltnisse im Reichstag in dem die Liberalen eine starke Mehrheit hatten Die Nationalliberalen allein hatten 1871 125 von 382 Sitzen Rechnet man die Abgeordneten der Liberalen Reichspartei und der Fortschrittspartei hinzu hatte der Liberalismus die absolute Mehrheit diese wurde meist noch durch die Freikonservativen verstarkt Nach der Reichstagswahl von 1874 besassen die Liberalen allein mit 204 von 397 Abgeordneten die absolute Mehrheit Gegen sie konnte der Reichskanzler kaum regieren und mit den Konservativen hatte er bei anderen Mehrheitsverhaltnissen wohl auch nicht regieren konnen Sie verweigerten sich der Politik Bismarcks und das Zentrum fiel spatestens mit Beginn des Kulturkampfs als mogliches Gegengewicht aus Erleichtert wurde die Politik der Reichsgrundungsphase durch die boomende Entwicklung vieler Wirtschaftszweige was zur gesellschaftlichen Akzeptanz liberaler Reformen 58 beitrug Innen und rechtspolitische Reformen Bearbeiten Der Chef des Reichskanzleramtes Rudolph von Delbruck Portrat von Gottlieb Biermann 1875 Die eigentlichen Partner Bismarcks waren die Nationalliberalen unter Rudolf von Bennigsen Diese waren zwar in vielen Punkten kompromissbereit ihnen gelang es aber auch zentrale liberale Reformvorhaben durchzusetzen Erleichtert wurde die Zusammenarbeit durch liberale Beamte wie den Chef des Reichskanzleramts Rudolph von Delbruck oder den preussischen Finanzminister Otto von Camphausen sowie den Kultusminister Adalbert Falk Der Schwerpunkt der Reformen war die Liberalisierung der Wirtschaft So wurden in allen Bundesstaaten Gewerbefreiheit und Freizugigkeit eingefuhrt sofern sie noch nicht bestanden Im Sinne des Freihandels liefen die letzten Schutzzolle fur Eisenwaren aus Ein Marken und Urheberschutz sowie ein einheitliches Patentgesetz wurden eingefuhrt Erleichtert wurde auch die Grundung von Aktiengesellschaften Ausserdem wurden Masse und Gewichte normiert und die Wahrung vereinheitlicht 1873 wurde die Mark spater Goldmark genannt eingefuhrt 1875 wurde die Reichsbank als zentrale Notenbank gegrundet Ein weiterer Schwerpunkt war der Ausbau des Rechtsstaates dessen Grundlagen teilweise bis in die Gegenwart Bestand haben Zu nennen ist das in Grundzugen heute noch geltende wenn auch vielfach novellierte Reichsstrafgesetzbuch von 1871 Dieses ahnelt stark dem Strafgesetzbuch des Norddeutschen Bundes vom 31 Mai 1870 Meilensteine waren die Reichsjustizgesetze von 1877 namentlich das Gerichtsverfassungsgesetz die Strafprozessordnung die Zivilprozessordnung die ebenfalls inhaltlich verandert heute noch in Kraft sind sowie die Konkursordnung Durch das Gerichtsverfassungsgesetz wurde 1878 das Reichsgericht als hochstes deutsches Straf und Zivilgericht eingefuhrt Ein einheitlicher oberster deutscher Gerichtshof der auch das bestehende Reichsoberhandelsgericht abloste trug zur rechtlichen Vereinheitlichung des Reiches stark bei Daneben gelang es der liberalen Mehrheit auch die Zustandigkeiten des Reichstages in Fragen des Zivilrechts auszuweiten War das Parlament im Norddeutschen Bund nur fur zivilrechtliche Fragen mit wirtschaftlichem Hintergrund zustandig wurde auf Antrag der nationalliberalen Reichstagsabgeordneten Johannes von Miquel und Eduard Lasker die Zustandigkeit 1873 auf das gesamte Zivil und Prozessrecht ausgeweitet In der Folge entstand das 1896 beschlossene und am 1 Januar 1900 in Kraft getretene Burgerliche Gesetzbuch als bis heute geltende Privatrechtskodifikation Allerdings mussten die Liberalen im Bereich der Prozessordnung und der Pressegesetzgebung weitreichende Kompromisse hinnehmen die von einem Teil der Linksliberalen nicht mitgetragen wurden Eine Mehrheit kam 1876 nur mit Hilfe der Konservativen zustande Da auch im preussischen Abgeordnetenhaus eine liberale bis gemassigt konservative Mehrheit vorhanden war kam es auch im grossten Bundesstaat zu politischen Reformen Dazu zahlt etwa die preussische Kreisordnung von 1872 die auch die Reste standischer Herrschaftsrechte beseitigte Das drohende Scheitern am Widerstand des preussischen Herrenhauses konnte freilich nur durch einen Pairsschub also die Ernennung neuer politisch genehmer Mitglieder gebrochen werden 59 Kulturkampf Bearbeiten Die Zusammenarbeit zwischen Liberalen und Bismarck funktionierte nicht nur bei der Reformpolitik sondern auch im sogenannten Kulturkampf gegen die Katholiken und die Zentrumspartei Die Ursachen lagen strukturell im Gegensatz zwischen dem sakularen Staat der immer mehr Regelungskompetenzen beanspruchte und einer Amtskirche die sich im Zeichen des Ultramontanismus der Moderne in allen ihren Auspragungen entgegenstellte Antimodernismus Die Enzyklika Quanta Cura von 1864 mit ihrem Syllabus errorum war eine klare Absage an die Moderne 60 Fur die katholische Kirche reprasentierte der Liberalismus als Erbe der Aufklarung und als Trager der Modernisierung den Gegensatz ihrer eigenen Positionen Fur die Liberalen ihrerseits war das Papsttum mit seiner Ablehnung jeglicher Veranderungen ein Relikt des Mittelalters Bismarck hatte verschiedene Grunde fur den Kulturkampf Zum Beispiel verdachtigte er den Klerus die polnische Bewegung in den preussischen Ostprovinzen zu fordern Auch er wollte grundsatzlich nicht dass die staatliche Autoritat und die Einheit des Reiches durch andere altere Machte eingeschrankt werden konnten Innenpolitisch ging es ihm auch darum die Liberalen durch die Umlenkung der politischen Debatte von weiteren innenpolitischen Reformvorhaben abzubringen Die Auseinandersetzung zwischen modernem Staat und ultramontaner Kirche war ein gemeineuropaisches Phanomen Auch in deutschen Staaten wie Baden Badischer Kulturkampf und Bayern Bayerischer Kulturkampf hatte es bereits in den 1860er Jahren einen Kulturkampf gegeben Die katholischen Bischofe in Deutschland haben die papstliche Kritik an der Moderne meist nicht offensiv verfolgt auch gab es seit 1866 keine katholische Fraktion mehr im preussischen Abgeordnetenhaus Vielmehr hat sich der Mainzer Bischof Wilhelm Emmanuel von Ketteler 1866 fur eine Anerkennung der kleindeutschen Losung ausgesprochen 61 Karikatur von Wilhelm Scholz zur Beendigung des Kulturkampfes Papst Leo XIII und der Reichskanzler fordern sich gegenseitig zum Fusskuss auf Im Hintergrund beobachtet Ludwig Windthorst Vorsitzender der Zentrumspartei das Geschehen durch den Vorhang Bildunterschrift Pontifex Nun bitte genieren Sie sich nicht Kanzler Bismarck Bitte gleichfalls Aus Kladderadatsch Nr 14 15 18 Marz 1878 In der Anfangsphase ab 1871 ging es Liberalen und Regierung darum den staatlichen Einfluss zu verstarken Das Strafgesetzbuch wurde um den sogenannten Kanzelparagraphen erweitert der die politische Betatigung von Geistlichen einschranken sollte 62 Der als ultramontane Speerspitze geltende Jesuitenorden wurde verboten 63 Ausserdem wurde in Preussen die staatliche Schulaufsicht eingefuhrt 64 In einer zweiten Phase etwa ab 1873 griff der Staat nunmehr direkt in den Innenbereich der Kirche ein indem etwa die Priesterausbildung oder die Besetzung kirchlicher Amter staatlicher Kontrolle unterworfen wurden In einem dritten Schritt folgten ab 1874 weitere Gesetze wie die Einfuhrung der Zivilehe Reine Repressionsinstrumente waren ein Expatriierungsgesetz vom Mai 1874 das es erlaubte den Aufenthalt von unbotmassigen Geistlichen zu beschranken oder sie notfalls auszuweisen Das sogenannte Brotkorbgesetz sperrte der Kirche alle staatlichen Zuwendungen Im Mai wurden alle Klostergemeinschaften aufgelost sofern sie sich nicht ausschliesslich der Krankenpflege widmeten Eine Folge der Kulturkampfgesetze war dass in der Mitte der 1870er Jahre viele Pfarrstellen vakant waren keine kirchlichen Handlungen mehr stattfanden Bischofe verhaftet abgesetzt oder ausgewiesen waren Aber die Regierungsmassnahmen und die Forderungen der Liberalen fuhrten innerhalb des katholischen Deutschlands rasch zu Gegenreaktionen und zu einer breiten politischen Mobilisierung Die noch vor dem eigentlichen Beginn des Kulturkampfes gegrundete Zentrumspartei zog rasch einen Grossteil der katholischen Wahler an sich 65 Grenzen der Zusammenarbeit Bearbeiten Bismarck und die Liberalen stimmten nicht in allen Punkten uberein So scheiterte etwa der Versuch von Nationalliberalen und Fortschrittspartei die verschiedenen Stadteordnungen zu vereinheitlichen auch an der mangelnden Unterstutzung durch den Reichskanzler Vorerst am Einspruch Bismarcks war zunachst auch eine Finanzreform gescheitert 66 Ein Dauerproblem blieb der Militaretat Anfangs konnte man den Konflikt noch vor sich herschieben aber spatestens 1874 stand er wieder an Wahrend die Regierung und insbesondere Kriegsminister Albrecht von Roon eine Dauerbewilligung des Etats Aeternat verlangte beharrten die Liberalen auf einem jahrlichen Bewilligungsrecht Ein Nachgeben hatte den Verzicht auf eine Mitgestaltung von etwa achtzig Prozent des Gesamtetats bedeutet Die Auseinandersetzung endete mit einem Kompromiss der Bewilligung fur sieben Jahre Septennat Immerhin blieb es bei der Regelung der Militarstarke durch Gesetz allerdings uber einen recht langen Zeitraum gestreckt Ferner konnten sich die Liberalen nicht durchsetzen beim Beamtenrecht beim Militarstrafrecht und mit der Forderung nach Schwurgerichten bei Pressevergehen Den Liberalen war es in der ersten Halfte der 1870er Jahre durchaus gelungen in einer Reihe von Politikfeldern ihre Handschrift erkennen zu lassen allerdings war dies nur durch Kompromisse mit Bismarck moglich Nicht selten war der Machterhalt wichtiger als die Durchsetzung liberaler Prinzipien Auch intern gab es Kritik etwa an den Ausnahmegesetzen des Kulturkampfes 67 Insbesondere gelang es nicht die Rechte des Parlaments zu starken Dies fuhrte innerhalb des liberalen Lagers zu Spannungen und zur Enttauschung bei einigen Wahlergruppen Zudem war mit dem Zentrum eine neue politische Richtung entstanden Seither konnten die Liberalen nicht mehr beanspruchen die eigentliche Vertretung des gesamten Volkes zu sein Bismarck gelang es in den fruhen 1870er Jahren die Staatsmacht zu starken Allerdings fuhrte das Bundnis mit den Liberalen dazu dass auch die Regierung Zugestandnisse machen musste und der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Modernisierung Vorschub leistete 68 Grunderjahre und Grunderkrise 1873 Bearbeiten Eisenwalzwerk Olgemalde von Adolph Menzel 1872 1875 Schilderung von Teuerung und Massumstellung auf einem Berliner GrabSchon kurz nach der Reichsgrundung erfolgte ein Wirtschaftsaufschwung die sogenannten Grunderjahre begannen An diese schloss sich mit dem Grunderkrach eine wirtschaftliche Depression an Als Ursachen fur den Aufschwung gelten mehrere Faktoren Der Handel innerhalb der Reichsgrenzen wurde stark vereinfacht Erstmals in der Reichsgeschichte wurde ein einheitlicher Binnenmarkt geschaffen Die behindernden Landeszolle entfielen Ein einheitliches metrisches Masssystem wurde Ende 1872 eingefuhrt Eine durch Kriegserfolg und Reichsgrundung ausgeloste allgemeine Aufbruchstimmung fuhrte zu einem enormen Investitionsanstieg und Bauboom Die sehr hohen Reparationszahlungen Frankreichs finanzierten ebenfalls massgeblich die Grunderzeit Schon 1872 ubertrumpfte das Deutsche Reich das durch den Krieg geschwachte Frankreich als Industriemacht Von etwa 1873 bis etwa 1879 folgte die sogenannte Grunderkrise Sie wurde allgemein bewusst ab der Berliner Borsenpanik im Oktober 1873 der Wiener Borsenkrach am 9 Mai 1873 gilt als ein Vorbote Zunachst fiel die Industrieproduktion leicht dann stagnierte sie Die Wirtschaftskrise war eine Folge uberhitzter Spekulationen eine Folge von sinkender Nachfrage und von Uberkapazitaten die in den Aufschwungjahren aufgebaut worden waren Die unterschiedlichen Branchen litten in unterschiedlichen Phasen und unterschiedlich stark unter der Krise Besonders betroffen waren Montanindustrie Maschinenbau und Baugewerbe die Konsumguterindustrie litt weniger Viele Guterpreise Gewinne und Lohne fielen betrachtlich Die Landwirtschaft geriet Mitte der 1870er Jahre in die Krise Hier spielten vor allem strukturelle Grunde und das Entstehen eines Weltgetreidemarktes eine Rolle In direkter Konkurrenz mit Russland und den USA waren deutsche Getreide bald selbst auf dem Binnenmarkt zu teuer Eine langfristig wichtige Folge war das Entstehen von Wirtschafts Interessenverbanden Organisationen wie der Verein Suddeutscher Baumwollindustrieller der Verein Deutscher Eisen und Stahlindustrieller der Verein zur Wahrung der gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen in Rheinland und Westfalen verlangten vom Staat die Einfuhrung von Schutzzollen und grundeten 1876 zur gemeinsamen Interessenvertretung den Centralverband deutscher Industrieller Auch im Bereich der Landwirtschaft begannen schutzzollnerische Verbande zu entstehen auch wenn in Ostelbien zunachst die Freihandler dominierend blieben Die Hinwendung zum Schutzzoll liess Landwirtschaft und Industrie enger zusammenrucken Die Grunderkrise hatte auch erhebliche Auswirkungen auf die Parteienlandschaft Der Fortschrittsoptimismus der vergangenen Jahrzehnte wich einer pessimistischen Grundeinstellung Vor allem das Gedankengut des Liberalismus laisser faire laisser aller wurde fur den wirtschaftlichen Niedergang verantwortlich gemacht Die freihandlerischen Liberalen verloren an Gewicht wahrend die Konservativen und das Zentrum gewannen In dieser Stimmungslage nahm die Bedeutung des modernen Antisemitismus zu da hinter Liberalismus und Borsenkapital das internationale Judentum vermutet wurde Ausdruck fand er zum Beispiel im Berliner Antisemitismusstreit oder im Entstehen der christlich sozialen Partei des Hofpredigers Adolf Stoecker Die antisemitische Bewegung blieb eine Minderheit 1881 gelang es ihr fur eine Antisemitenpetition 255 000 Unterschriften zu sammeln Auf die Regierung wuchs der Druck regulierend in Markte einzugreifen statt wie in Zeiten der Hochkonjunktur auf die Krafte des Marktes zu vertrauen Der Staat selber spurte die Grunderkrise durch sinkende Steuereinnahmen das Defizit nahm zu Der Zwang zu einer umfassenden Finanzreform wurde immer starker Gegen die Mehrheit der Liberalen war diese Reform allerdings nicht durchzusetzen Diese wollten ihrerseits die Finanzschwierigkeiten nutzen um verfassungspolitische Ziele durchzusetzen 69 Politik nach der Wende von 1878 79 Bearbeiten Die immer weniger tragfahige Zusammenarbeit mit den Liberalen sowie die wirtschaftlichen sozialen und finanzpolitischen Probleme im Gefolge der Grunderkrise veranlassten Reichskanzler Otto von Bismarck zu einem fundamentalen Politikwechsel Dieser Wechsel war gekennzeichnet durch das Sozialistengesetz die Abwendung von den Liberalen und die Einfuhrung von Schutzzollen Die Haltung der Nationalliberalen dazu war widerspruchlich Sie trugen zwar einige Massnahmen mit dennoch standen sie vorerst aber grundsatzlich in Opposition zum System Bismarck 70 Diese widerspruchliche Haltung zur Politik Bismarcks fuhrte innerhalb der nationalliberalen Partei zu einer tiefen Krise Zunachst spaltete sich 1879 ein rechter Flugel ab Ein Jahr spater ging aus dem eher linken Flugel die Liberale Vereinigung hervor die entschieden gegen die konservative Wende anzukampfen versuchte 71 Der politische Wandel von 1878 als Bundnis von landwirtschaftlichem Grossgrundbesitz und Schwerindustrie wurde in der Forschung unter dem Begriff der Inneren Reichsgrundung diskutiert 72 Sozialistengesetz Bearbeiten Hauptartikel Sozialistengesetz Gesetz gegen die gemeingefahrlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie Reichsgesetzblatt Nr 34 1878 Bismarck nutzte die beiden Attentate auf Kaiser Wilhelm I im Mai und Juni des Jahres 1878 beide kurz vor der Reichstagswahl am 30 Juli 1878 fur eine offen antisozialdemokratische Politik Die Sozialdemokraten galten spatestens seit dem Bekenntnis von August Bebel und Wilhelm Liebknecht fur die Pariser Kommune als Reichsfeinde Darin stimmten Regierung und weite Teile des Burgertums uberein Tatsachlich schienen sich die Sozialdemokraten im Aufwind zu befinden sie kamen bei den Reichstagswahlen von 1877 auf 9 1 Ausserdem war die Spaltung in ADAV und SDAP seit 1875 uberwunden Gleichwohl hat eine tatsachlich revolutionare Gefahr nie bestanden 73 Bismarck behielt sich mit dem Sozialistengesetz weitgehende Ausnahmeregelungen vor Im ersten Anlauf scheiterte dieses Ziel allerdings an der Reichstagsmehrheit Das zweite Attentat auf den Kaiser im Juni 1878 bot Bismarck die Gelegenheit den Reichstag aufzulosen und Neuwahlen auszuschreiben Im Wahlkampf tat die Regierung alles um die Revolutionsfurcht im Burgertum und in den Mittelschichten zu schuren Wirkungsvoll verbunden wurden in der konservativen Presse dabei Antisozialismus Antiliberalismus und antisemitische Untertone Die Liberalen hatten dagegen einen schweren Stand zumal sich die Interessenverbande erstmals fur eine Schutzzollpolitik und gegen den liberalen Freihandel aussprachen Die Wahl vom Juli 1878 brachte den Nationalliberalen sowie der Fortschrittspartei erhebliche Verluste wahrend die Freikonservative Partei und die Deutschkonservative Partei zulegen konnten Vor allem verloren die Nationalliberalen ihre parlamentarische Schlusselstellung an die Zentrumspartei Dennoch brauchte die Regierung die Nationalliberalen fur die Verabschiedung des Sozialistengesetzes da sich das Zentrum angesichts des Kulturkampfs hier verweigerte In der nationalliberalen Partei blieb das Vorhaben umstritten Die Parteimehrheit um Rudolf von Bennigsen war angesichts der Wahlniederlage bereit dem Gesetz zuzustimmen Ein kleinerer linker Flugel um Lasker wollte zunachst an der Ablehnung festhalten und das Vorgehen als Angriff auf den Rechtsstaat verurteilen schliesslich stimmte aber auch dieser Flugel aus Sorge um den Zusammenhalt der Partei dem Gesetz schliesslich zu nachdem die Liberalen in den Beratungen einige Milderungen und eine Befristung des Gesetzes auf zwei Jahre durchgesetzt hatten 74 Am 19 Oktober 1878 nahm der Deutsche Reichstag das Gesetz mit 221 gegen 149 Stimmen von Seiten des Zentrums der Fortschrittspartei und der Sozialdemokraten 75 an Das Sozialistengesetz selbst basierte auf der unbewiesenen Behauptung die Attentater auf den Kaiser seien Sozialdemokraten gewesen Es ermoglichte das Verbot von Vereinen Versammlungen von Druckschriften und Geldsammlungen Zuwiderhandlungen konnten mit Geld oder Gefangnisstrafen belegt werden Auch konnten Aufenthaltsverbote ausgesprochen oder uber bestimmte Gebiete der kleine Belagerungszustand verhangt werden Allerdings war das Gesetz befristet und musste daher vom Parlament immer wieder bestatigt werden Ausserdem blieben die Arbeit der Parlamentsfraktionen und die Beteiligung an Wahlen fur Einzelpersonen davon unberuhrt Das Gesetz erfullte sein Ziel auf langere Sicht nicht Die Sozialdemokratie blieb als politische Kraft bestehen Es war mitverantwortlich dafur dass die Anhanger der Partei sich in ein politisches Ghetto zuruckzogen das sich verfestigte Als Reaktion auf die Verfolgung schlug die Partei uberdies spatestens seit 1890 einen konsequent marxistischen Kurs ein 76 Ubergang zur Schutzzollpolitik Bearbeiten Der fuhrende nationalliberale Politiker Rudolf von Bennigsen Holzstich um 1871 Bereits 1875 hatte Bismarck angekundigt auf eine Schutzzollpolitik zu setzen also den Freihandel einzuschranken Dabei spielten finanzpolitische Erwagungen eine grossere Rolle als ideologische Grunde Bislang war das Reich auf Zuwendungen der Lander Matrikularbeitrage angewiesen gewesen durch Zolleinnahmen erhoffte sich die Regierung eine Milderung dieser Abhangigkeit Unterstutzung erwartete Bismarck dafur vom landwirtschaftlich gepragten Zentrum und von den Konservativen sowie vom rechten industriell gepragten Flugel der Nationalliberalen 77 Nach der Verabschiedung des Sozialistengesetzes begann Bismarck ab 1878 die neue Zoll und Finanzpolitik umzusetzen Da die liberalen zustandigen Fachminister von Camphausen und Achenbach diese Politik nicht mittragen konnten traten sie zuruck wie zuvor schon Delbruck Allerdings stiessen Bismarcks Vorstellungen in der hohen Beamtenschaft und bei den Finanzministern der Lander zunachst auf einhellige Ablehnung Eine wichtige Rolle bei der Aufweichung dieser Position spielen die wirtschaftlichen Interessenverbande und vor allem der Centralverband deutscher Industrieller denen es gelang Einfluss auf eine amtliche Denkschrift zu nehmen die sich fur eine protektionistische Politik aussprach Die Verbande warben bei vielen Mitgliedern des Reichstages erfolgreich fur diesen Politikwechsel Quer durch alle burgerlichen Parteien schlossen sich 204 Abgeordnete der konservativen Parteien fast alle Mitglieder der Zentrumsfraktion und eine Minderheit von 27 nationalliberalen Abgeordneten den Forderungen an Die Umsetzung des Programms erwies sich als schwierig da die Nationalliberalen ihre Zustimmung von erheblichen konstitutionellen Zugestandnissen abhangig machten Dasselbe gilt fur die Zentrumspartei Ihr Preis war die sogenannte Franckensteinsche Klausel die Zolleinnahmen verblieben nicht vollstandig beim Reich sondern sollten ab einer bestimmten Hohe den Landern zufliessen Bismarck konnte sich zwischen Zentrum und Nationalliberalen entscheiden musste aber in jedem Fall erhebliche Abstriche von seinem Programm zum Schutz der nationalen Arbeit machen Er entschied sich aus verschiedenen Grunden fur das Zentrum Wohl am bedeutendsten war dass die Forderungen des Zentrums nicht auf eine weitere Parlamentarisierung hinausliefen Die Reichstagsrede Bismarcks vom Juli 1879 besiegelte das Ende der liberalen Ara In ihr erteilte der Reichskanzler dem Ziel eines burgerlich liberalen auf Dauer parlamentarisch gepragten Staates eine klare Absage zu Gunsten eines zwar weiterhin konstitutionellen aber doch klar obrigkeitlich monarchischen Systems 78 Einfuhrung der Sozialversicherung Bearbeiten Hauptartikel Geschichte der Sozialversicherung in Deutschland Mit der industriellen Revolution und dem Ubergang zur Hochindustrialisierung hatte sich der Schwerpunkt der sozialen Frage von den pauperisierten landlichen Unterschichten hin zur stadtischen Arbeiterbevolkerung verlagert Auf kommunaler Ebene hatte es dazu verschiedene Ansatze gegeben wie etwa das Elberfelder System der Armenfursorge Wahrend des Kaiserreichs setzte nun eine neue Form staatlicher Sozialpolitik ein die gleichzeitig ein wesentlicher Bestandteil der Entstehung des modernen Interventionsstaates war Innerhalb der burgerlichen Gesellschaft war auch aus Furcht vor einer revolutionaren Arbeiterbewegung die Notwendigkeit einer Losung der Arbeiterfrage nicht umstritten Kontrovers diskutiert wurden die Mittel und vor allem die Rolle des Staates Insbesondere die Liberalen setzten anfangs auf gesellschaftliche Losungen etwa in Form von Selbsthilfeeinrichtungen der Arbeiter Aus Kreisen der Sozialreformer vor allem aus dem Umfeld des Vereins fur Socialpolitik kamen Forderungen nach starkerem staatlichen Engagement in dieser Frage Zeitgenossisches Schaubild zu den Einnahmen Ausgaben und Leistungen der Sozialversicherungen zwischen 1885 und 1909Bismarck und die von ihm gefuhrte Reichsregierung hatten lange zwischen beiden Positionen geschwankt ehe sie sich fur eine starker staatliche Intervention entschieden Fur diese Entscheidung spielte eine Rolle dass gesellschaftliche Losungsansatze wie sie den Liberalen vorschwebten in der Praxis der Dynamik der industriellen Entwicklung offenbar nicht gewachsen waren Hinzu kam ein weiteres Motiv Bismarck hoffte mit Hilfe einer staatlichen Sozialpolitik die Arbeiter an den Staat zu binden und damit auch der Repressionspolitik des Sozialistengesetzes seine Scharfe zu nehmen Das ursprungliche Konzept der Regierung sah eine staatlich getragene und steuerfinanzierte Zwangsversicherung vor Der Gesetzgebungsprozess war langwierig Wahrend der Beratungen bewirkten Parteien die Ministerialburokratie und die Interessenverbande erhebliche Modifikationen der ursprunglichen Entwurfe Die zentralen Schritte waren die Einfuhrung der Krankenversicherung 1883 der Unfallversicherung 1884 sowie der Invaliditats und Altersversicherung 1889 Allen gemeinsam war dass der direkte staatliche Einfluss entgegen den ursprunglichen Planen begrenzt war Die Versicherungen waren zwar offentlich rechtliche Einrichtungen aber eben nicht staatlich Ausserdem enthielten sie Elemente der Selbstverwaltung und ihre Finanzierung erfolgte nicht primar aus Steuern sondern aus den Beitragen der Arbeitsmarktparteien beziehungsweise der Unternehmer Ausserdem folgten sie nicht dem Prinzip des Bedarfs der Betroffenen sondern waren lohn und beitragsbezogen Die Einfuhrung der Sozialversicherung wird als eine grosse Leistung Bismarcks gesehen auch wenn das Ergebnis schliesslich nicht ganz so ausfiel wie geplant 79 Dies gilt nicht nur fur die Struktur der Versicherungen sondern vor allem fur das Ziel mit ihrer Hilfe die Arbeiter von der Sozialdemokratie fernzuhalten 80 Dieses Ziel verfehlte er auch weil der neu eingerichtete Wohlfahrtsstaat die Lohnentwicklung weiterhin dem freien Spiel der Marktgesetze uberliess Die Folge waren stagnierende Reallohne trotz deutlich steigendem Volkseinkommen die soziale Schere tat sich weiter auf Der Sozialhistoriker Hans Ulrich Wehler spricht daher von einer Zementierung der Ungleichheit in Deutschland 81 Grenzen des Systems Bismarck Bearbeiten Zentrumspolitiker Ludwig WindthorstZiele der konservativen Wende von 1878 1879 waren die Blockade einer weiteren Liberalisierung des Reiches und daruber hinaus eine Entwicklung im konservativen Sinn Mit dem ersten Ziel war Bismarck weitgehend erfolgreich das zweite liess sich nicht umsetzen da es im Parlament keine dauerhafte Mehrheit fur ein solches Programm gab Eine konservative Umgrundung des Kaiserreichs stiess stets auf den Widerstand des Reichstages Der Reichskanzler versuchte zwar eine dauerhafte Mehrheit zustande zu bringen scheiterte damit allerdings In den fruhen 1880er Jahren widersetzte sich im Wesentlichen das Zentrum den Planen des Reichskanzlers Solange der Kulturkampf noch nicht ganz beendet war verfolgte die Partei unter der Fuhrung von Ludwig Windthorst einen betont konstitutionellen Kurs der die Rechte des Parlaments sicherte und sich einer engeren Zusammenarbeit mit der Regierung verweigerte Zwar wurden 1880 ein neues Septennat verabschiedet und das Sozialistengesetz verlangert andere Gesetzesentwurfe der Regierung etwa fur ein Tabakmonopol scheiterten Die Probleme verscharften sich fur die Regierung mit der Reichstagswahl von 1881 als die beiden konservativen Parteien 38 und die Nationalliberalen sogar 52 Mandate im Reichstag einbussten Dagegen gewannen Sozialdemokraten und Zentrum leicht hinzu wahrend die Liberale Vereinigung und die Fortschrittspartei die eigentlichen Wahlgewinner waren Zusammen gewannen die Linksliberalen 80 Sitze hinzu Mit der Schwachung der parlamentarischen Unterstutzung verscharfte Bismarck seinen Konfrontationskurs gegenuber dem Reichstag noch und versuchte das Gewicht der Regierung im politischen System zu starken In diesen Zusammenhang gehorten Uberlegungen einen Deutschen Volkswirtschaftsrat aus Vertretern der Interessenverbande als eine Art Nebenparlament zu errichten Ahnliche Plane standen hinter der Schaffung von Berufsgenossenschaften als Trager der Unfallversicherung Immer wieder wurden auch Geruchte uber die Anderung des Reichstagswahlrechts und eine Aufhebung der Verfassung lanciert Mit keinem seiner antiparlamentarischen Vorstosse hatte Bismarck Erfolg Sie trugen zur weiteren Verhartung der Fronten bei und verstarkten in der Offentlichkeit den Eindruck dass es dem Kanzler zunehmend an politischen Konzepten fehle 82 Kartellparteien und konservative Mehrheit Bearbeiten Mandate im Deutschen Reichstag 1871 1887 83 1871 1874 1877 1878 1881 1884 1887Konservative 57 22 40 59 50 78 80Freikonservative 37 33 38 57 28 28 41Nationalliberale 125 155 128 99 47 51 99Fortschrittspartei 46 49 35 26 60 Liberale Vereinigung 46 Freisinn 67 32Zentrum 63 91 93 94 100 99 98Sozialdemokraten 2 9 12 9 12 24 11Minderheiten 21 34 34 40 45 43 33Sonstige 31 4 17 13 9 7 3In der zweiten Halfte der 1880er Jahre veranderte sich die politische Situation vor allem durch Verschiebungen im Parteiensystem Die politische Ausrichtung der Nationalliberalen verlagerte sich nach dem Rucktritt von Bennigsen dem Aufstieg von Johannes Miquel und dem wachsenden Einfluss agrarischer Interessen deutlich nach rechts Die Partei stellte sich mit ihrer Heidelberger Erklarung von 1884 in den wesentlichen Streitfragen hinter den Reichskanzler und grenzte sich gegenuber den Linksliberalen ab Dies fuhrte ebenfalls 1884 indirekt zur Fusion der Liberalen Vereinigung mit der Deutschen Fortschrittspartei zur Deutsch Freisinnigen Partei Der Abbau der Kulturkampfgesetze seit der ersten Halfte der 1880er Jahre fuhrte zu einer Minderung der Oppositionshaltung des Zentrums Nach der Reichstagswahl von 1884 die mit Verlusten der Linksliberalen und deutlichen Gewinnen der konservativen Parteien sowie leichten Zuwachsen der Nationalliberalen endete schien eine Rechtskoalition moglich zu werden Tatsachlich arbeiteten diese Parteien bei der Germanisierungspolitik in den preussischen Ostprovinzen zusammen Forciert wurde der Plan einer rechten Mehrheit 1886 im Zusammenhang mit einer tiefen aussenpolitischen Krise Bismarck verlangte daraufhin die Erhohung der Friedensprasenzstarke des Heeres was von Zentrum und Freisinn strikt abgelehnt wurde Die Folge war eine erneute Reichstagsauflosung Im Wahlkampf tat die Regierung alles um Linksliberale Zentrum und Sozialdemokraten als Reichsfeinde abzustempeln Daruber hinaus schlossen Konservative und Nationalliberale ein Wahlbundnis das sogenannte Kartell Die Wahl von 1887 die im Zeichen eines moglichen Krieges mit Frankreich stattfand brachte den Kartellparteien vor allem den Nationalliberalen Gewinne die zu Lasten der Linksliberalen und der Sozialdemokraten gingen Die Kartellparteien verfugten mit 220 von 397 Abgeordneten uber eine absolute Mehrheit Bismarck hatte zwar seither eine starke Mehrheit gleichzeitig war er aber auch vom Fortbestand der Koalition abhangig In der ersten Zeit arbeiteten Kartell und Regierung recht reibungslos zusammen So wurde die umstrittene Militarvorlage ebenso beschlossen wie Gesetze im Interesse der Landwirtschaft Auch das Sozialistengesetz wurde noch einmal bis 1890 verlangert Danach nahmen die Spannungen allerdings deutlich zu So stimmten die Nationalliberalen einem Friedensgesetz zur Beendigung des Kulturkampfs nicht zu auch weigerte sich ein Teil ihrer Fraktion die landwirtschaftlichen Schutzzolle noch einmal zu erhohen Dies Gesetz kam dann nur mit Hilfe des Zentrums zustande Auch die Fortsetzung des Sozialistengesetzes die Kolonialpolitik und die Sozialgesetzgebung stiess bei den Nationalliberalen auf Kritik Die Sozialgesetze kamen ebenfalls nur mit Hilfe des Zentrums zustande Im konservativen Lager verstarkten sich die Stimmen die nach einer dauerhaften Zusammenarbeit mit dem Zentrum verlangten 84 Bundnisse und Aussenpolitik Bearbeiten Das Kaiserreich verdankte sein Entstehen im Krieg gegen Frankreich der wohlwollenden Neutralitat von England und Russland Diese relativ gunstige diplomatische Grosswetterlage hielt indes nicht an Das strukturelle Hauptproblem war dass mit der Grundung des Reiches eine neue Grossmacht in Europa entstanden war die erst ihren Platz im System der Machte finden musste Obwohl Bismarck immer wieder die Saturiertheit der neuen Nation beteuerte erschien den ubrigen Staaten die Politik Deutschlands als nicht recht berechenbar Insgesamt schien die aussenpolitische Situation relativ offen Fixpunkte waren jedoch einerseits der deutsch franzosische Gegensatz und andererseits die Konkurrenz von Grossbritannien und Russland The Great Game Es gab fur die deutsche Aussenpolitik verschiedene theoretische Handlungsoptionen sich in das bestehende Staatensystem zu integrieren Obwohl sich Bismarck zunachst alle Alternativen bis hin zu einem Praventivkrieg offen hielt entschied er sich letztlich aber fur eine defensive Variante als ehrlicher Makler zwischen den Machten Bundnissysteme bis Anfang der 1880er Jahre Bearbeiten Am 7 September 1872 kam es zu einem Dreikaisertreffen Kaiser Wilhelm begrusste in Berlin Kaiser Franz Joseph I und Zar Alexander II Am 22 Oktober 1873 wurde das Dreikaiserabkommen zwischen dem Deutschen Reich Russland und Osterreich Ungarn unterzeichnet Am Beginn der Aussenpolitik des neuen Reiches standen damit einerseits ein enges Bundnis mit Osterreich Ungarn und ein gutes Einvernehmen mit Russland Die Entscheidung fur eine defensive Politik fiel 1875 nach der sogenannten Krieg in Sicht Krise als Russland und Grossbritannien deutlich gemacht hatten einen moglichen Praventivkrieg des Reiches gegen das wieder erstarkte Frankreich nicht hinzunehmen Dies machte deutlich dass der Versuch eine hegemoniale Stellung zu erreichen die Gefahr eines europaischen Krieges in sich trug Die Entscheidung fur eine Gleichgewichtspolitik wurde zuerst in der Balkankrise 1877 1878 im Zusammenhang mit dem Russisch Turkischen Krieg deutlich Wahrend die ubrigen Grossmachte eigene Interessen hatten versuchte Deutschland als Vermittler aufzutreten Dabei bestand allerdings die Gefahr die Unterstutzung Osterreich Ungarns und Russlands zu verlieren Daher hat Bismarck alles vermieden um sich zwischen beiden Seiten entscheiden zu mussen Das Ziel war es eine Konstellation herbeizufuhren wie der Kanzler in seinem Kissinger Diktat von 1877 festhalten liess in welcher alle Machte ausser Frankreich unser bedurfen und von Koalitionen gegen uns durch ihre Beziehungen zueinander nach Moglichkeit abgehalten werden 85 Berliner Kongress Gemalde von Anton von Werner 1881 3 60 6 15 m im Berliner Rathaus Abgebildet v l n r von Haymerle Karolyi de Launay Gortschakow Waddington Disraeli von Radowitz zu Hohenlohe Schillingsfurst Corti Graf de Moun d Oubril de Saint Vallier Desprey Andrassy Bucher Otto von Bismarck von Holstein Busch Herbert von Bismarck Pjotr Andrejewitsch Schuwalow Sadullah Bey Russell von Bulow Salisbury Caratheodori und Mehmed Ali PaschaZur Losung des Interessengegensatzes zwischen Russland und Grossbritannien nach dem Russisch Turkischen Krieg fand 1878 der Berliner Kongress statt Bismarck bemuhte sich dabei um die Rolle als ehrlicher Makler und um einen Ausgleich zwischen den Grossmachten Dies stand allerdings im Gegensatz zur Hoffnung der russischen Regierung die sich von dem Kongress eine diplomatische Bestatigung der erzielten militarischen Erfolge auf dem Balkan erwartet hatte Insofern wurde das Ergebnis das gerade Osterreich mehr Einfluss zugestand ohne militarische Opfer gebracht zu haben von Russland als eine diplomatische Niederlage gewertet Nach dem Kongress verschlechterte sich das Verhaltnis des Zarenreichs gegenuber Deutschland erheblich sodass ein Bundnis zwischen diesen beiden Staaten immer schwieriger zu erhalten war Bismarck suchte daher noch deutlicher als zuvor ein Zusammengehen mit Osterreich Ungarn Dies gipfelte am 7 Oktober 1879 in dem sogenannten Zweibund Mit dem Bundnis war die Rolle des Deutschen Reiches als ungebundenem Mittler zwischen den Machten beendet Es begann in der Folge der Aufbau des bismarckschen Bundnissystems zunachst nach Osten dann nach Westen und Suden Im Jahr 1881 erfolgte der Abschluss des Dreikaiserbundes mit Osterreich Ungarn und Russland Inhaltlich verpflichteten sich die Machte den Status quo auf dem Balkan nur in Absprache zu verandern und im Kriegsfalle mit einer vierten Macht wohlwollende Neutralitat zu wahren Diese Bestimmung bezog sich in erster Linie auf einen neuen Krieg zwischen Frankreich und Deutschland sowie Grossbritannien und Russland Da die Spannungen zwischen Osterreich Ungarn und Russland auf dem Balkan aber bald wieder zunahmen scheiterte die Dreikaiserpolitik auf langere Sicht Nach Suden wurde 1882 der Zweibund mit Italien zum Dreibund erweitert Hintergrund dieser Erweiterung waren die zunehmenden Spannungen zwischen Frankreich und Italien in Tunesien Auch der Dreibund war ein Defensivbundnis und entlastete zudem noch Osterreich Ungarn da es uber den Verlauf der Grenze mit Italien immer wieder zu Streitigkeiten gekommen war Das Kaiserreich stand daher zu Beginn der 1880er Jahre im Zentrum zweier Bundnissysteme Die Aufrechterhaltung war kompliziert von Widerspruchen gekennzeichnet und labil Auf dieser instabilen Basis gelang fur einige Zeit ein Festschreiben des Status quo 86 Beginn des deutschen Imperialismus Bearbeiten Hauptartikel Deutsche Kolonien Deutscher Kolonialherr in Togo ca 1885 Mitte der 1880er Jahre fuhrte die imperialistische Expansion der Grossmachte zu einer neuen Dynamik in den Beziehungen die das Aufrechterhalten des Gleichgewichts immer schwieriger machte und es schliesslich aus der Balance warf Anfangs wurde die Expansion nach Ubersee von privaten Unternehmern getragen Zwar kam es bald zu staatlichen Unterstutzungen aber diese bewegten sich nach britischem Vorbild noch im Rahmen des Aufbaus eines informal Empire das heisst die Kontrolle eines Gebiets ohne offizielle staatliche Inbesitznahme Grunde fur ein Engagement in Ubersee waren einerseits das Auftreten einer wirkungsmachtigen Kolonialbewegung in Deutschland die in Kolonien eine Moglichkeit sah die Grunderkrise zu uberwinden und den Bevolkerungsanstieg zu bremsen Aber der Besitz von Kolonien wurde auch als eine nationale Prestigefrage betrachtet Als Kolonialpropagandisten traten bald Organisationen wie der Deutsche Kolonialverein oder die Gesellschaft fur Deutsche Kolonisation auf Beide schlossen sich spater zur Deutschen Kolonialgesellschaft zusammen 87 Die Grunde weshalb Bismarck dem Druck der Kolonialbewegung nachgab und begann ein formelles Empire zu errichten sind in der Forschung umstritten Ein Argument ist dass der Reichskanzler die Probleme Grossbritanniens unter anderem in Afghanistan und im Sudan ausnutzte um durch eine antienglische Politik die Annaherung an Frankreich zu suchen Hohepunkt dieser Entwicklung war die Berliner Kongokonferenz 1884 85 als Deutschland und Frankreich zusammen Englands Mittelafrikapolitik entgegentraten Andere Interpretationen verweisen vor allem auf innenpolitische Grunde Der Erwerb von Kolonien sollte danach parteipolitische Erleichterungen fur die Regierung bringen und bei den Reichstagswahlen von 1884 Stimmen fur die der Regierung nahestehenden Parteien bringen Eine dritte These deutet die Wende als Sozialimperialismus Danach sollten Kolonien gewissermassen die sozialen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten uberdecken und Legitimationsdefizite abbauen Neuere Forschungen sehen eine Mischung aus verschiedenen Ursachen und betonen zusatzlich die Eigendynamik in den spateren Kolonien Das Jahr 1884 markiert dann den eigentlichen Beginn der deutschen Kolonialpolitik als im April das sogenannte Luderitzland als Keimzelle des spateren Deutsch Sudwestafrika unter den Schutz des Deutschen Reichs gestellt wurde Auch in Deutsch Ostafrika Togo Kamerun und im Pazifik wich die informelle einer formellen Herrschaft Zwar blieb die Kolonialpolitik unter Bismarck Episode die Expansion endete bereits 1885 allerdings war damit ein Anfang fur ein weiteres Ausgreifen ebenso wie fur Konflikte mit Grossbritannien gemacht 88 Ubersicht uber die deutschen Kolonien Deutsche Schutzgebiete Deutsches KaiserreichDeutsches Kolonialreich 1914 Deutsche Kolonien 1910 zeitgenossische Karten Deutsch Neuguinea seit 1885 erworben durch Otto Finsch im Auftrag der Neuguinea Kompagnie dazu gehorte Kaiser Wilhelms Land heute nordliches Papua Neuguinea Bismarck Archipel Papua Neuguinea Bougainville Insel Papua Neuguinea nordliche Salomon Inseln 1885 1899 Salomonen Choiseul und Santa Isabel Marianen seit 1899 Marshallinseln seit 1885 Palau seit 1899 Karolinen Mikronesien seit 1899 Nauru seit 1888 Deutsch Ostafrika heute Tansania Ruanda Burundi Mosambik Kionga Dreieck seit 1885 erworben durch Carl Peters Deutsch Samoa seit 1899 heute unabhangiger Staat Samoa Deutsch Somalikuste heute Teil von Somalia 1885 1888 Anspruche erworben durch Gustav Hornecke Claus von Anderten und Karl Ludwig Juhlke Deutsch Sudwestafrika heute Namibia Botswana Sudrand des Caprivi Zipfels seit 1884 erworben durch Franz Adolf Eduard Luderitz Deutsch Witu heute sudliches Kenia 1885 1890 erworben durch die Gebruder Denhardt aus Zeitz Kamerun seit 1884 heute Kamerun Nigeria Ostteil Tschad Sudwestteil Westteil der Zentralafrikanischen Republik Nordostteil der Republik Kongo Gabun Nordteil erworben durch Gustav Nachtigal Kapitai und Koba heute Guinea 1884 1885 erworben durch Friedrich Colin Kiautschou seit 1898 China fur 99 Jahre gepachtet Mahinland heute Nigeria Marz bis Oktober 1885 erworben durch Gottlieb Leonhard Gaiser Togo seit 1884 heute Togo Ghana Westteil erworben durch Gustav NachtigalAussenpolitische Doppelkrise 1885 1886 Bearbeiten Wir Deutsche furchten Gott sonst Niemand auf der Welt Zitat einer Rede Bismarcks vor dem Reichstag am 6 Februar 1888 Propagandadruck zeitgenossische Kreidelithographie Nicht nur die Hinwendung zu einer imperialistischen Politik in Ubersee sondern auch zwei Krisenherde in Europa veranderten die deutsche Aussenpolitik In Frankreich entstand ausgehend nicht zuletzt von General Georges Ernest Boulanger eine nationalistische Sammlungsbewegung die fur einen Revanchekrieg gegen Deutschland eintrat Die Gefahr wuchs noch als Boulanger Kriegsminister wurde Bismarck spielte diese Bedrohung aus innenpolitischen Grunden bewusst hoch unter anderem um dazu beizutragen dass bei den Reichstagswahlen von 1887 eine regierungsfreundliche Mehrheit entstehen konnte Gleichzeitig diente die Verscharfung des Tons gegenuber Frankreich der Uberdeckung der aussenpolitischen Schwierigkeiten in Ost und Sudosteuropa Dort hatte die Bulgarische Krise zur Verscharfung der Gegensatze zwischen Osterreich Ungarn und Russland und zum faktischen Zerbrechen des Dreikaiserbundes gefuhrt Auch Deutschlands Verhaltnis zu Russland verschlechterte sich nicht zuletzt wegen der Schutzzollpolitik Bei der deutschen Regierung wuchs die Sorge um einen Zweifrontenkrieg da es offenbar zu einer Annaherung zwischen Russland und Frankreich kam Innenpolitisch geriet Bismarck angesichts der Doppelkrise unter Druck da ihm Kritiker vorwarfen seine Aussenpolitik sei uberholt Von einigen Militars wie von General Alfred von Waldersee aber auch von Deutschkonservativen und selbst von Sozialdemokraten wurde eine scharfe Gangart gegenuber Russland bis hin zu einem Praventivkrieg gefordert Bismarck versuchte die teilweise von ihm selbst ausgeloste nationalistische Welle zu dampfen und die Krise diplomatisch beizulegen Dies gelang mit Muhen die deutlich machten dass sich der politische Spielraum Deutschlands seit der Reichsgrundung erheblich reduziert hatte Im Jahr 1887 gelang die Wiederherstellung des Dreibundes mit Osterreich Ungarn und Italien Durch verschiedene weitere Vertrage wie dem Mittelmeerabkommen zwischen Italien und Grossbritannien und dem Orientdreibund an denen Deutschland nicht beteiligt war wurde es durch seine Verbundeten doch Teil einer antirussischen Koalition Noch im selben Jahr wurde anstelle des Dreikaiserabkommen am 18 Juni der Ruckversicherungsvertrag mit Russland abgeschlossen Beide Staaten verpflichteten sich bei einem unprovozierten Angriff seitens einer dritten Macht zu wohlwollender Neutralitat Dabei sah ein geheimes Zusatzprotokoll die deutsche Unterstutzung Russlands in dessen Balkan und Bosporuspolitik vor Damit ging Deutschland hier Verpflichtungen ein die im Gegensatz zu den Bundnissen und Vertragen mit anderen Staaten standen Wichtiger war Bismarck an dieser Stelle offenbar ein mogliches Bundnis zwischen Frankreich und Russland zu verhindern Insgesamt war die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts am Ende von Bismarcks Amtszeit immer schwieriger geworden Hatte er zu Beginn noch die vorhandenen Gegensatze zwischen den Grossmachten austarieren konnen blieb ihm am Ende nur noch die Spannungen zu schuren um dann zu versuchen sie im Sinne des Reiches einzuhegen 89 Dreikaiserjahr 1888 Bearbeiten Friedrich III Am 9 Marz 1888 starb Kaiser Wilhelm I Drei Tage spater wurde sein Sohn der schwerkranke Friedrich III zum neuen Kaiser proklamiert Mit seiner Inthronisierung verbanden sich Hoffnungen auf eine Liberalisierung des Reiches und einen grosseren Einfluss des Parlaments auf politische Entscheidungen Man sagte ihm Sympathien fur das parlamentarische System der britischen Monarchie nach Wahrend des Antisemitismusstreits hatte er sich offentlich gegen die Judenfeinde gestellt Besonders die Freisinnigen vor allem Bamberger Forckenbeck und von Stauffenberg standen dem Kaiser nahe Aufgrund seiner Krankheit konnte er die Politik allerdings kaum beeinflussen Lediglich die Entlassung des hochkonservativen preussischen Innenministers von Puttkamer war ein Zeichen in die erwartete Richtung Bereits 99 Tage nach seinem Amtsantritt am 15 Juni 1888 starb Friedrich III an Kehlkopfkrebs Aufgrund der kurzen Amtszeit wird er auch als 99 Tage Kaiser bezeichnet Zehn Tage nach seinem Tod wurde sein 29 jahriger Sohn als Kaiser Wilhelm II inthronisiert Wegen der Abfolge dreier Monarchen innerhalb eines Jahres wird das Jahr 1888 auch als Dreikaiserjahr bezeichnet 90 Wilhelm II regierte von 1888 bis 1918 als dritter Deutscher KaiserWilhelminisches Reich Bearbeiten Hauptartikel Wilhelm II Deutsches Reich Noch deutlicher als zur Zeit Bismarcks stand die Politik wahrend der wilhelminischen Ara unter dem Druck sich den Veranderungen in Wirtschaft und Gesellschaft anzupassen und Antworten auf die dringendsten sozialen und okonomischen Fragen der Zeit zu finden so etwa in Bezug auf die Integration und Emanzipation der Arbeiter in Staat und Gesellschaft aber auch auf die negative wirtschaftliche Entwicklung in Handwerk und Landwirtschaft Die Ubernahme neuer staatlicher Aufgaben fuhrte zu Finanzierungsproblemen und einer entsprechend hohen Belastung des Staatshaushalts Nicht zuletzt ging es auch darum die politischen Strukturen an die Bedingungen einer industriellen Gesellschaft und einer bislang nicht gekannten tiefgreifenden Politisierung der Bevolkerung anzupassen 91 Ende der Ara Bismarck 1890 Bearbeiten Bismarck blieb zunachst unbeschadet im Amt So versuchte er noch 1889 ein Bundnis mit Grossbritannien einzugehen scheiterte jedoch mit diesem Vorhaben Ein Schlusspunkt unter die Sozialgesetzgebung war die am 23 Mai in Kraft getretene Alters und Invalidenversicherung Die Punch Karikatur Dropping the Pilot dt meist Der Lotse geht von Bord von Sir John Tenniel zur Entlassung Bismarcks 1890Zwischen Wilhelm II und Bismarck kam es schon bald zu Konflikten Neben dem Generationsunterschied spielte dabei Wilhelms Wunsch selbst die Politik zu gestalten eine wichtige Rolle Dies schrankte Bismarcks Spielraum erheblich ein Bestarkt wurde der Kaiser dabei von seinem engsten Umfeld etwa von Philipp zu Eulenburg Auch in der Offentlichkeit nahm die Kritik an der autoritaren Kanzlerherrschaft von einigen sogar als Kanzlerdiktatur bezeichnet sowie an der innenpolitischen Erstarrung zu Nicht zuletzt waren Kaiser und Kanzler in der Arbeiterfrage uneins Wahrend Bismarck an seinem Repressionskurs festhielt sprach sich Wilhelm fur ein Ende der Sozialistengesetze aus Ein Zeichen fur diese veranderte Haltung war wahrend des grossen Bergarbeiterstreiks von 1889 der Empfang einer Delegation von streikenden Arbeitern Dagegen legte Bismarck den Entwurf fur ein nunmehr unbefristetes Sozialistengesetz vor Die Mehrheit des Reichstages lehnte das Gesetz allerdings ab und das Kartell der Rechtsparteien brach auseinander Diese mussten bei den Reichstagswahlen 1890 starke Verluste hinnehmen wahrend das Zentrum die Linksliberalen und die Sozialdemokraten zulegen konnten Damit war die parlamentarische Mehrheit fur die Politik Bismarcks nicht mehr vorhanden Die erneuten Drohungen mit einem Staatsstreich liefen ins Leere In der Folge verscharften sich die Konflikte zwischen Wilhelm II und Bismarck noch einmal und der Kanzler geriet allmahlich politisch ins Abseits Bismarck wurde durch Wilhelm II am 18 Marz 1890 zum Rucktritt von allen seinen Amtern gezwungen 92 Der neue Kurs und die Amtszeit von Leo von Caprivi Bearbeiten Neuer Reichskanzler wurde Leo von Caprivi Anders als Bismarck der innenpolitisch eine Politik der Konfrontation betrieben hatte setzte der neue Kanzler auf eine ausgleichende und versohnlichere Politik Vor allem sollten Reformen die sozialen Konflikte mildern und dem schleichenden Legitimitatsverlust der letzten Bismarckjahre entgegenwirken In der Aussenpolitik lehnte der Kaiser auf Anraten Friedrich August von Holsteins eine Verlangerung des Ruckversicherungsvertrages mit Russland ab was Russland zwang sich mit Frankreich zu arrangieren Seit 1890 begann vor allem getragen vom preussischen Handelsminister Hans Hermann von Berlepsch und seinem Mitarbeiter Theodor Lohmann ein neuer Schub fur die Sozialpolitik 93 Dabei setzte dieser vor allem auf den Ausbau des Arbeitsschutzes und eine Reform des Arbeitsrechts In den kaiserlichen Februarerlassen von 1890 wurden diese Plane zu einem offiziellen Programm der Regierung erhoben Die Novelle der Gewerbeordnung setzte 1891 Teile davon tatsachlich um Dazu gehorte das Verbot der Sonntagsarbeit eine weitere Beschrankung der Fabrikarbeit fur Frauen und Kinder oder Regelungen fur die Arbeit in gesundheitsgefahrdenden Betrieben Die Verbesserung der Gewerbeaufsicht sollte die Umsetzung der Massnahmen kontrollieren Die Fortfuhrung des Programms scheiterte einerseits an schlechteren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und andererseits am Widerstand der Industrie Die geplante Neuregelung des Koalitionsrechts blieb daher aus In der Handelspolitik schloss die Regierung Caprivi eine Reihe von Handelsvertragen die nicht nur drohende Zollkriege verhinderten sondern die Absatzmoglichkeiten fur deutsche Produkte verbesserten Dies war allerdings nur fur den Preis von niedrigeren Agrarzollen zu haben Unter Caprivi verschob sich die Wirtschaftspolitik mithin von der Landwirtschaft hin zur exportorientierten Industrie In Preussen hatte Caprivi der wie Bismarck auch preussischer Ministerprasident war nur teilweise Erfolge bei der Reform der Landgemeindeordnung die schliesslich durch den Widerstand der Konservativen stark verwassert wurde Ein Erfolg war allerdings die Finanzreform des preussischen Finanzministers Miquel die 1891 zur Erhebung einer zumindest schwach progressiven Einkommensteuer fuhrte 1893 folgte eine Vermogensteuer Grund Gebaude und Gewerbesteuern waren seither Gemeindesteuern Allerdings zeigten die Konzessionen an die Grossgrundbesitzer auch die Grenzen der Reformfahigkeit Kaum Erfolg hatten Bemuhungen um eine Reform des Dreiklassenwahlrechts in Preussen Die Februarerlasse Idealisierte Darstellung Wilhelm II und des Anspruchs auf ein soziales Kaisertum Neuruppiner Bilderbogen von 1890 Insgesamt hatte die Politik Caprivis zwar Erfolge die Reformen gingen aber nicht weit genug um einen wirklichen Systemwechsel herbeizufuhren Ein Problem war dabei auch der Reibungsverlust an der Staatsspitze Vor allem das Auseinandertreten der Politik im Reich und in Preussen war folgenreich Wahrend der Kanzler sich im Reichstag gegenuber dem Zentrum und den Linksliberalen offnete verfolgte Miquel als starker Mann in Preussen eine Zusammenarbeit zwischen Konservativen und Nationalliberalen Im Jahr 1892 musste Caprivi das Amt des Ministerprasidenten an Graf Botho zu Eulenburg abgegeben Dies schwachte die Position des Reichskanzlers noch mehr dem es ohnehin nicht gelang im Reichstag eine dauerhafte Mehrheit hinter sich zu bringen Vor allem eine neue Heeresvorlage die einen starken Rustungsschub bedeutet hatte traf auf den Widerstand nicht nur der Sozialdemokraten und des Freisinns sondern auch des Zentrums das die Politik des Kanzlers bislang meist mitgetragen hatte Dies fuhrte 1893 zur Auflosung des Reichstags und zu Neuwahlen Die SPD gewann zwar dazu aber die Linksliberalen die sich uber die Militarvorlage in Freisinnige Vereinigung und Freisinnige Volkspartei aufspalteten verloren ebenso wie das Zentrum Mandate Dies ermoglichte zwar die Verabschiedung einer veranderten Fassung der Heeresvorlage aber Caprivi hatte auch mit dem Widerstand der Konservativen zu rechnen die sich vor allem gegen die Wende in der Zoll und Handelspolitik wandten Vor allem der neu gegrundete Bund der Landwirte 94 machte erfolgreich Stimmung gegen den Kanzler In der konservativen Partei gab es zudem einen deutlichen Rechtsschwenk als die Partei auf dem sogenannten Tivoliparteitag 1892 die alte Fuhrung sturzte ein antisemitisches Programm 95 annahm und sich eng an den Bund der Landwirte anlehnte Auf Widerstand stiess Caprivi zunehmend auch bei Wilhelm II der starker als seine Vorganger Einfluss auf die Politik ausuben und ein personliches Regiment errichten wollte Auch wenn davon nur bedingt die Rede sein kann hat der Kaiser doch erheblichen direkten und indirekten Einfluss ausgeubt Vielfach zeigte sich dieser Einfluss in sprunghaften und planlosen Eingriffen in die Entscheidungsprozesse Dies betraf weniger die Innen als vielmehr die Flotten und Aussenpolitik Dennoch begann sich der Kaiser auch gegen den innenpolitischen Neuen Kurs zu wenden da dieser nicht wie gehofft die Legitimationsbasis erweitert sondern sie mit der drohenden Abwendung der Konservativen sogar noch verringert hatte Gegen den neuen Kurs wetterte zudem auch Bismarck der immer noch Einfluss auf Teile der Presse hatte Hatte der Kaiser zu Beginn seiner Herrschaft gegenuber den Sozialdemokraten noch ein gewisses Entgegenkommen gezeigt anderte sich dies in der Mitte der 1890er Jahre unter dem Druck der Industrie hier angefuhrt von Carl Ferdinand von Stumm Halberg Teilen der Landwirtschaft des Hofstaates des preussischen Ministerprasidenten und Anderer Diese forderten einen scharferen Kurs gegenuber den Sozialdemokraten Es war die Rede von neuen Ausnahmegesetzen und erneut gab es Geruchte uber Staatsstreichplane Als auch Wilhelm sich gegen Caprivi wandte war dieser nicht mehr zu halten und wurde im Oktober 1894 wie auch der preussische Ministerprasident Eulenburg entlassen 96 Kanzler des Ubergangs und personliches Regiment Bearbeiten Chlodwig Furst zu Hohenlohe Schillingsfurst Portrat von Franz von Lenbach 1896 Chlodwig zu Hohenlohe Schillingsfurst wurde am 29 Oktober 1894 Reichskanzler und preussischer Ministerprasident Bereits sein Alter von mehr als 75 Jahren lasst ihn als eine personelle Zwischenlosung erscheinen Konflikten mit dem Kaiser versuchte Hohenlohe zwar moglichst aus dem Weg zu gehen dennoch war seine Amtszeit gepragt von teils latenten teils manifesten Meinungsunterschieden zwischen Kaiser und Kanzler Diese reichten bis hin zu einer lang dauernden Regierungskrise Der neue Kanzler offenbarte durchweg eine Politik des Zogerns die angesichts des immer starker hervortretenden kaiserlichen Anspruchs auf ein personliches Regiment der Einsicht in seinen begrenzten Einfluss entsprach Wilhelm ubte namentlich einen starken Einfluss auf Personalentscheidungen aus Dabei wurden die Exponenten des Neuen Kurses entweder entlassen oder politisch kaltgestellt Die Sozialpolitik begann ab 1893 zu stocken Personlich stand Hohenlohe neuen Ausnahmegesetzen gegen die Sozialdemokratie zwar eher skeptisch gegenuber aber bezeichnend fur seine Schwache war dass 1895 mit der Umsturzvorlage und spater der Zuchthausvorlage 97 von 1899 die letztere war dabei auch eine Reaktion auf den Hamburger Hafenarbeiterstreik von 1896 97 im Reichstag solche Gesetze zur Abstimmung standen Bezeichnend fur die schwebende politische Lage war dass beide keine Mehrheit fanden Dasselbe Schicksal erlitt ein kleines Sozialistengesetz in Preussen Erfolg hatte freilich die Lex Arons 1898 das Sozialdemokraten vom Lehramt an Hochschulen ausschloss In die Kanzlerzeit von Hohenlohe Schillingsfurst fiel 1896 nach langen Vorarbeiten die Verabschiedung des burgerlichen Gesetzbuches Dieses vereinheitlichte das bis dahin regional unterschiedliche burgerliche Recht In Kraft trat das Gesetzbuch zum 1 Januar 1900 Es bildete den Abschluss des nach der Reichsgrundung begonnenen rechtlichen Kodifizierungsprozesses 98 Ara von Bulow Bearbeiten Sammlungspolitik Bearbeiten Nicht zuletzt die Misserfolge bei der Durchsetzung neuer Ausnahmegesetze verstarkten im Umfeld des Kaisers noch einmal Gedanken an einen antiparlamentarischen Staatsstreich Im Jahr 1897 bildete Wilhelm II die Regierung dann entscheidend um Hohenlohe blieb zwar zunachst im Amt aber der eigentliche Schwerpunkt der Politik lag bei vier anderen Personen Johannes Miquel als Vizeprasident des preussischen Staatsministeriums Arthur von Posadowsky Wehner als Chef des Reichsamtes des Inneren Alfred von Tirpitz als Chef des Reichsmarineamtes sowie Bernhard von Bulow als Aussenstaatssekretar Diese sollten nach Willen des Kaisers die Innenpolitik in konservative Bahnen lenken den Aufbau einer starken Flotte forcieren und aussenpolitisch im Sinne einer Weltpolitik agieren Mit diesem Wechsel liessen die direkten Eingriffe des Kaisers in die Politik zunachst nach da die neue Fuhrung ohnehin weitgehend im Sinne Wilhelms handelte Die Konflikte zwischen Regierung und Kaiser gingen nach 1900 mit dem Wechsel im Reichskanzleramt zu Bernhard von Bulow weiter zuruck Das Schlagwort der neuen Fuhrung am Ende des 19 Jahrhunderts war die Sammlungspolitik der staatserhaltenden und produktiven Krafte gegen die Sozialdemokratie Zollpolitik Flottenbau Weltpolitik und Kaisertum sollten gesellschaftlich integrierend wirken und Mittelstand und Burgertum gegen die Sozialdemokratie einen Diesem Ziel diente auch die Handwerkspolitik Das Handwerksgesetz vom 26 Juli 1897 kam den Wunschen des alten Mittelstandes entgegen etwa durch die Einfuhrung von Handwerkskammern und Innungen Zur Einbindung agrarischer und gewerblicher Interessen beteiligte die Regierung Vertreter von landwirtschaftlichen und industriellen Interessenorganisationen bei der Ausarbeitung neuer Zolltarife deren Verabschiedung nach der Jahrhundertwende anstand Zwar gelang es dabei die Interessen der Landwirtschaft und der Schwerindustrie im Zeichen des Schutzzolls in eine gewisse Ubereinstimmung zu bringen Allerdings kritisierten die exportorientierte Leichtindustrie und insbesondere die expandierende chemische Industrie dies massiv und grundeten zur Durchsetzung ihrer antiprotektionistischen Ziele 1895 den Bund der Industriellen Der Schutzzoll erwies sich insgesamt als nicht tragfahig fur ein Bundnis von Landwirtschaft und Industrie Auch in anderen Bereichen gab es unterschiedliche Interessen Die mogliche Erhohung der Agrarzolle fuhrte ausserdem zu Protesten der Linksliberalen und Sozialdemokraten die einen Anstieg der Lebensmittelpreise befurchteten Der geplante Bau des Mittellandkanals wurde von den ostelbischen Grossgrundbesitzern vehement abgelehnt Zu einem Kompromiss in der Zollfrage kam es erst 1902 unter dem Kanzler von Bulow Wenn auch moderat belastete dieser tatsachlich die Konsumenten und die Sozialdemokraten konnten den Reichstagswahlkampf von 1903 auch mit der Parole gegen den Brotwucher fuhren 99 Flottenpolitik Bearbeiten Grossadmiral Alfred von TirpitzDer Flottenbau war ein personliches Anliegen von Kaiser Wilhelm II die Flotte sollte auch zum Ausgleich von Interessengegensatzen in der Gesellschaft beitragen Vor allem im Burgertum und im Mittelstand traf der Flottenbau auf eine breite Resonanz wahrend im Reichstag zunachst Vorbehalte vorhanden waren Eine langfristige Festlegung der Baukosten hatte die budgetrechtlichen Kompetenzen des Parlaments erheblich geschwacht Ausserdem ware der Bau als Mittel fur eine Weltpolitik mit negativen Folgen fur die Beziehungen mit Grossbritannien verbunden gewesen 100 Von Wilhelm II war eine machtige Flotte ursprunglich zum Schutze des Handels und der Kusten gedacht Eine weltweit operierende Einsatzflotte verlangte nach Stutzpunkten in Ubersee Dies wurde zu einem wichtigen Motiv fur die Kolonialpolitik insbesondere im Pazifik Dieses Konzept einer Kreuzerflotte wurde allerdings durch das Schlachtflottenkonzept verdrangt Alfred Tirpitz wurde der Hauptfursprecher und Organisator dieser Flotte Das Konzept zielte auf eine offensive Verteidigung der deutschen Kuste und den Durchbruch einer feindlichen Blockadeflotte ab Hinter der Schlachtflotte stand auch der Risikogedanke Jeder potentielle Angreifer sollte mit starken Verlusten rechnen mussen Um als Abschreckungswaffe zu dienen musste die Flotte eine betrachtliche Starke haben Dieser Wandel der Flottendoktrin der erkennbar auf eine Konfrontation in der Nordsee ausgelegt war musste das Misstrauen insbesondere in England gegenuber dem deutschen Kaiserreich verstarken 1896 wurde eine Vergrosserung der Flotte noch abgelehnt Zwei Jahre spater wurde allerdings ein erstes Flottengesetz vom Reichstag gegen die Stimmen der Sozialdemokraten der Freisinnigen Volkspartei der nationalen Minderheiten sowie eines kleinen Teils des Zentrums angenommen Im Jahr 1900 folgte eine erneute Erweiterung der Bauvorhaben die bei Ausfuhrung ein Verhaltnis von 2 3 gegenuber der britischen Flotte bedeutet hatte Eine Folge der Baupolitik war ein Wettrusten mit Grossbritannien Die schliessliche Zustimmung des Reichstags und der Offentlichkeit zur Flottenpolitik war nicht zuletzt das Ergebnis einer modern anmutenden Offentlichkeitsarbeit von Tirpitz Das Nachrichtenburo des Reichsmarineamtes 101 fuhrte regelrechte Werbekampagnen fur die Flotte durch Dabei arbeitete es eng mit dem 1898 gegrundeten Flottenverein zusammen Diese Massenbewegung die vom Wirtschaftsburgertum bis hin in kleinburgerliche Schichten reichte hatte 1900 270 000 Mitglieder Nimmt man korporative Mitglieder hinzu waren es 1908 mehr als eine Million Die Propaganda fur die Flottenbegeisterung spielte eine wichtige Rolle allerdings traf sie gerade im Burgertum auf eine langere Tradition des Marineenthusiasmus Hinzu kam dass der ubersteigerte Nationalismus in der Flotte ein Symbol fur die Macht des Reiches sah Daneben spielten auch wirtschaftliche Interessen der Industrie fur den Flottenbau eine Rolle Vorbehalte gegen die Flottenpolitik hatten allerdings die ostelbischen Rittergutsbesitzer die darin eine moderne Konkurrenz zum Heer sahen Beim zweiten Flottengesetz mussten die Konservativen denn auch mit zollpolitischen Zugestandnissen Bulow Tarifen gewonnen werden 102 Der Weg zur Weltpolitik Bearbeiten Nach den imperialistischen Ansatzen der bismarckschen Politik in den 1880er Jahren wandelte sich der Charakter der Aussenpolitik seit den 1890er Jahren endgultig Dabei spielte der Imperialismus der europaischen Staaten eine betrachtliche Rolle Die Handlungsfelder erweiterten sich und die Zahl der moglichen Konfliktpunkte nahm zu Die Aussenpolitik blieb kein reiner Arkanbereich der Regierung vielmehr gewann die offentliche Meinung Einfluss und auch in der Aussenpolitik spielten organisierte gesellschaftliche Gruppen eine Rolle Dies galt nicht zuletzt fur okonomische Interessen Ebenso wichtig waren daneben auch strategische und rustungspolitische Faktoren Bei allen Widerspruchen auch innerhalb der politischen Fuhrung zeichneten sich verschiedene Tendenzen ab Das Reich versuchte zunachst durch ein klares Bekenntnis zu Osterreich Ungarn und spater auch zu Italien seine Stellung in Mitteleuropa zu festigen Dabei spielten Handelsvertrage eine wichtige Rolle auch wenn eine Zollunion mit dem Habsburger Reich nicht zustande kam Im Jahr 1891 wurde der Dreibund verlangert und inhaltlich ausgestaltet Ein weiteres Ziel der Politik des neuen Kurses war der Versuch mit Grossbritannien zu einer Verstandigung zu kommen Ein Mittel war dabei die Kolonialpolitik In diesen Zusammenhang fallt noch teilweise von Bismarck vorbereitet der Tausch von Anspruchen an Sansibar gegen die Insel Helgoland im Jahr 1890 Helgoland Sansibar Vertrag 103 Dies fuhrte in Deutschland zu teils heftigen Protesten aus denen spater der rechte Alldeutsche Verband hervorging Ziel des Kolonialerwerbs der 1890er Jahre der vor allem vom Reichsmarineamt betrieben wurde war der Aufbau eines weltumspannenden Netzes von Flottenstutzpunkten Verabschiedung des deutschen Ostasien Expeditionskorps zur Niederschlagung des Boxeraufstands Kaiser Wilhelm II bei seiner Ansprache Hunnenrede Die guten Beziehungen zu Grossbritannien ermoglichten es die Bindungen an Russland aufzugeben Der Ruckversicherungsvertrag lief 1890 aus und wurde von deutscher Seite nicht verlangert 104 Eine Bindung an Russland hatte nach Meinung der Reichsleitung der Bindung an Osterreich Ungarn ebenso wie den Beziehungen mit Grossbritannien geschadet Russland ruckte daraufhin enger an Frankreich heran Die Franzosisch Russische Allianz unterzeichnet am 5 August 1892 kann als der Beginn einer Spaltung Europas in zwei gegnerische Blocke gesehen werden Die Annaherung an Grossbritannien klappte nicht wie geplant stattdessen nahmen die Interessengegensatze in Ubersee zu Dies fuhrte zum Versuch bessere Beziehungen zu Russland aufzubauen Insgesamt pendelte Deutschland zwischen England und Russland in den 1890er Jahren hin und her und wirkte auf keine der Seiten damit wirklich glaubwurdig Dieses Misstrauen verstarkte sich noch als Deutschland in der Orientpolitik letztlich gegen Russland begann das Osmanische Reich zu stutzen Dies zum Leidwesen der indigenen orientalischen Christen Assyrer Armenier und Pontosgriechen welche ab 1914 einem Volkermord durch die Jungturken und Kurden zum Opfer fielen 105 106 Im Suden Afrikas ergaben sich dagegen Interessengegensatze mit Grossbritannien In den spaten 1890er Jahren begann die Aussenpolitik Deutschlands endgultig den Rahmen der Kontinental zu Gunsten der Weltpolitik d h des Imperialismus zu verlassen 107 Von Bulows Forderung nach einem Platz an der Sonne wurde zum geflugelten Wort 108 Weltpolitik war nicht nur der Versuch Deutschland als Grossmacht zu etablieren sondern hatte auch eine innenpolitische Komponente Sie diente dazu innere Spannungen zu uberdecken und es gab auch wirtschaftliche Interessen etwa an Absatz oder Rohstoffmarkten In der deutschen Offentlichkeit sieht man einmal von den Sozialdemokraten ab stiess das Konzept der Weltpolitik auf eine breite Zustimmung Wie weit das imperialistische Gedankengut in das liberale Burgertum reichte zeigte das Beispiel von Max Weber und Friedrich Naumann Diese versprachen sich davon Wohlstand und die Integration der Arbeiter Auch von konservativer Seite wurde der Imperialismus als Mittel der nationalen Integration betrachtet Bei den neuen Rechten waren die imperialistischen Expansionsforderungen mit der Kritik an den etablierten Honoratioren verbunden Dagegen sah nur ein vergleichsweise kleiner Teil der Wirtschaft in der imperialistischen Expansion Vorteile war diese doch vor allem auf den Export in die Industriestaaten ausgerichtet Gekennzeichnet war die imperialistische Politik daneben von den oft kontraproduktiven Reden des Kaisers wie etwa der Hunnenrede von 1900 109 von ihrer auf Zustimmung in Deutschland ausgerichteten Sprunghaftigkeit und von oft aufgebauten Drohkulissen Angesichts einer dynamischen Wirtschaft einer starken Armee und einer immer grosseren Flotte musste dies auf die europaischen Machte bedrohlich wirken The Germans to the front idealisierende Darstellung der deutschen Rolle wahrend des Boxeraufstandes auf einer zeitgenossischen Postkarte Der weltpolitische Anspruch schlug sich im Erwerb von Kolonien nieder Verglichen mit den hochtonenden Anspruchen war der tatsachliche Zuwachs begrenzt Das Reich erwarb 1898 Kiautschou 110 in China und 1899 verschiedene Inseln im Pazifik Deutsch Mikronesien Andere Kolonialisierungsversuche wie in Sudostafrika und auf den Philippinen erregten das Misstrauen Grossbritanniens und der Vereinigten Staaten In den Bereich des informellen Imperialismus fiel der Bau der Bagdadbahn ab 1899 Fur die tatsachliche Politik spielte weiterhin die Lage in Europa die zentrale Rolle Um die Jahrhundertwende stockte die deutsch britische Annaherung vor allem durch das antienglische Weltmachtkonzept und den Flottenbau Es kam allerdings zu keiner ernsten Konfrontation da Grossbritannien mit anderen Staaten eine Vielzahl von Konflikten hatte und aussenpolitisch unter verschiedenen Partnern wahlen konnte Daher hielt man sich in London auch eine Annaherung an Berlin offen Vorubergehend schien sich nach der gemeinsamen Niederschlagung des Boxeraufstandes durch die europaischen Machte die USA und Japan eine Annaherung an Grossbritannien abzuzeichnen Diese fur Deutschland gunstige Situation anderte sich nach 1902 Vor allem die Entente cordiale von Grossbritannien mit Frankreich von 1904 hatte hier eine erhebliche Bedeutung Der Versuch Deutschlands sich wieder an Russland anzunahern fuhrte zwar 1904 zu einem Handelsvertrag der Erfolg aber blieb letztlich aus Deutschland scheute hier auch ein engeres Bundnis um angesichts des Russisch Japanischen Krieges nicht zum Handlanger der russischen Politik in Fernost zu werden Im Westen versuchte das Deutsche Reich gegen Frankreich Erfolge zu erzielen Es stellte sich etwa gegen die franzosische Expansion in Marokko Kaiser Wilhelm II landete 1905 demonstrativ in Tanger und forderte eine internationale Konferenz Diese fand auch in Algeciras statt fuhrte aber dazu dass das Misstrauen gegenuber Deutschland noch zunahm Dieses als Erste Marokkokrise in die Geschichte eingegangene Ereignis festigte nicht nur die Zusammenarbeit von Frankreich und England sondern fuhrte auch zu einer britisch russischen Ubereinkunft uber ihre Interessen im Mittelmeerraum Insgesamt hatte das weltpolitische Auftrumpfen Deutschlands zu einer aussenpolitischen Isolation gefuhrt trat Deutschland doch in direkte Konkurrenz mit England und Frankreich Diese wurde durch die Flottenrustung vor allem gegenuber Grossbritannien noch verstarkt Die Lage war auch deshalb problematisch weil 1902 zwar der Dreibund erneuert wurde Italien aber kurze Zeit spater mit Frankreich ein geheimes Neutralitatsabkommen schloss Damit war das Bundnis faktisch entwertet und Deutschland hatte mit Osterreich Ungarn nur noch einen Bundnispartner 111 Innenpolitik nach der Jahrhundertwende Bearbeiten Reichstagssitzung 1905 Gemalde von Georg Waltenberger Auch innenpolitisch zeigte sich bald dass der Flottenbau und die Weltpolitik die Probleme nur kurzfristig uberdecken konnten sie mittelfristig jedoch eher noch verstarkten Die innenpolitische Stabilisierung um die Jahrhundertwende grundete sich auf einen kurzlebigen politischen Konsens von Konservativen Nationalliberalen und vor allem dem Zentrum Die Reichstagswahlen von 1903 anderten daran zunachst kaum etwas Die Linksliberalen hatten leichte Verluste hinzunehmen Nationalliberale und Sozialdemokraten gewannen dazu Die Sozialdemokraten stiegen im Reichstag zur zweitstarksten Fraktion auf Das Zentrum blieb starkste Kraft und konnte trotz Verlusten seine parlamentarische Schlusselstellung behaupten Die Partei blieb zunachst die wichtigste Stutze der Regierung Auch wegen dieser Abhangigkeit kam die Reichsleitung dem Zentrum in einigen Punkten entgegen Als eines der letzten Relikte der Kulturkampfzeit wurde das Jesuitenverbot aufgehoben Auch die Einfuhrung von Diaten fur Mitglieder des Reichstages 1906 ging auf Forderungen des Zentrums zuruck Ausserdem bestimmte die Partei den innenpolitischen Kurs des Reiches massgeblich mit Angesichts der guten Konjunkturlage wuchsen um die Jahrhundertwende die Mitgliederzahlen der Gewerkschaften kraftig Lagen sie 1900 noch bei 680 000 waren es 1906 bereits 1 6 Millionen Gleichzeitig nahm auch die Zahl der Arbeitskampfe zu Gab es 1900 nur 806 registrierte Streiks waren es 1906 schon 3059 Auch vor diesem Hintergrund wurde die Sozialpolitik allmahlich wieder aufgenommen Nach dem endgultigen Scheitern antisozialdemokratischer Repressionsgesetze hoffte die Regierung noch einmal mit sozialpolitischen Massnahmen den Zulauf der Arbeiter zur SPD begrenzen zu konnen Allerdings stand dahinter auch ein starkerer gesellschaftlicher Druck von Seiten der Sozialreformer Ausdruck dafur war etwa 1901 die Grundung der Gesellschaft fur Soziale Reform Die ursprunglichen Reformabsichten der Reichsleitung waren allerdings begrenzt So ging es darum die Versicherungspflicht der Sozialversicherung auszudehnen Erweiterung der Unfallversicherung 1900 Kinderarbeit in der Heimindustrie zu verbieten oder um die Einfuhrung von Gewerbegerichten in grosseren Stadten Die Novelle des Berggesetzes war dagegen eine Reaktion auf den Bergarbeiterstreik von 1905 Sie sah unter anderem eine Arbeitszeit unter Tage von 8 Stunden und die Einfuhrung von Arbeiterausschussen vor Weitergehende Reformen blieben aus Militarpolitisch wurde die Friedensprasenzstarke des Heeres um 10 000 Mann erhoht Ausserdem sah eine neue Flottenvorlage von 1905 neben dem Bau einer Reihe von Kreuzern den Ubergang zu den starkeren aber auch teureren Schlachtschiffen vom Dreadnoughttyp vor All dies verstarkte die finanzpolitischen Probleme des Reiches erheblich Trotz langwieriger Verhandlungen kam es nicht wie erhofft zu einer grossen Steuerreform lediglich eine kleine Reform wurde verabschiedet Problematisch fur von Bulow wurde allmahlich dass er nach den verschiedenen aussenpolitischen Misserfolgen den Ruckhalt des Kaisers verlor Ausserdem wuchs bei den Konservativen der Unmut uber das angeblich zu zaghafte Vorgehen gegen die Sozialdemokratie Die Position des Zentrums als parlamentarischer Stutze der Regierung wurde vor allem durch innerparteiliche Veranderungen problematisch Innerhalb des Zentrums kam es gestutzt auf die christlichen Gewerkschaften und den Volksverein fur das katholische Deutschland zum Aufstieg eines starken Arbeitnehmerflugels Daneben gewann ein kleinstadtisch agrarischer Populismus an Anhangern Beide zusammen bildeten bei allen Gegensatzen im Zentrum eine demokratische Richtung die etwa reprasentiert von Matthias Erzberger eine Reform des Wahlrechts in Preussen forderte aber auch die Kolonialpolitik ablehnte Die Ablehnung eines Nachtragshaushaltes fur eine weitere Unterstutzung des Kolonialkrieges gegen die aufstandischen Herero fuhrte Ende 1906 zur Auflosung des Reichstages 112 und zu Neuwahlen 113 Bulowblock Bearbeiten Der Wahlkampf wurde hochemotional gefuhrt und die Regierung 114 und Organisationen wie der Reichsverband gegen die Sozialdemokratie warfen Zentrum und SPD nationale Unzuverlassigkeit vor Gegen beide schlossen Konservative Nationalliberale und Linksliberale Wahlabsprachen dies war der sogenannte Bulow Block Die Beteiligung der Linksliberalen war nur deshalb moglich geworden weil diese nach dem Tod von Eugen Richter ihre Vorbehalte gegen den Kolonialismus aufgegeben hatten Die sogenannte Hottentottenwahl August Bebel fuhrten zu Gewinnen der Blockparteien wahrend die SPD fast die Halfte ihrer Mandate verlor Das Zentrum verlor trotz Mandatszuwachsen seine Schlusselposition da die Liberalen und die Konservativen zusammen die Mehrheit hatten Mandate im Deutschen Reichstag 1890 1912 115 1890 1893 1898 1903 1907 1912Konservative 73 72 56 54 60 43Freikonservative 20 28 23 21 24 14Nationalliberale 42 53 46 51 54 45Linksliberale 66 37 41 30 42 42Zentrum 106 96 102 100 105 91Sozialdemokraten 35 44 56 81 43 110Minderheiten 38 35 34 32 29 33Antisemiten 5 16 13 11 22 10Deutsche Volkspartei 10 11 8 6 7 Sonstige 2 5 18 11 11 9Der Bulowblock blieb nicht nur ein Wahlbundnis sondern von Bulow verkundete sich in Zukunft auf diese Parteien stutzen zu wollen Deutlich gemacht wurde der Politikwechsel durch die Ersetzung von Innenstaatssekretar Posadowsky der an einer Zusammenarbeit mit dem Zentrum festhalten wollte durch Theobald von Bethmann Hollweg In zahlreichen Politikfeldern gab es Ubereinstimmungen in anderen Bereichen waren Kompromisse moglich aber es gab innerhalb des Bulowblocks auch kaum uberbruckbare Gegensatze Es wurde eine Reform des Vereins und Versammlungsrechts durchgefuhrt die zwar liberale Fortschritte brachte aber auf Druck der Konservativen auch erhebliche Grenzen aufwies So hatten Landarbeiter weiterhin kein Koalitionsrecht Hinzu kam ein Sprachenparagraph der die deutsche Sprache in offentlichen Versammlungen vorschrieb und damit ein Ausnahmegesetz gegen die franzosisch sprechenden Lothringer und die Polen darstellte Dies konnten die Linksliberalen nur schwer mittragen Einige wie Theodor Barth verweigerten die Zustimmung und traten aus der freisinnigen Vereinigung aus Ebenso umstritten blieb das preussische Wahlrecht Wahrend die Deutschkonservativen auf der einen Seite das Dreiklassenwahlrecht verteidigten verlangten die Linksliberalen auf der anderen Seite die Einfuhrung des demokratischen Reichstagswahlrechts Ein weiteres Konfliktfeld war die immer drangender werdende Reichsfinanzreform Diese Gegensatze konnte Bulow eine Zeit lang uberbrucken und moderieren allerdings war er nun nicht nur von der Gunst des Kaisers sondern auch von einer bruchigen Regierungsmehrheit abhangig Noch erschwert wurde die innenpolitische Lage durch die Daily Telegraph Affare im Herbst 1908 116 Eine Sammlung von Ausserungen Wilhelms II wahrend seines Englandbesuchs dokumentierte eine Reihe von taktlosen und politisch unklugen Ausserungen des Kaisers In der politischen und publizistischen Offentlichkeit nahm daraufhin die Kritik am personlichen Regiment zu Das Kaisertum verlor dabei einen Grossteil seiner Uberzeugungskraft Einige Publizisten wie Maximilian Harden verlangten sogar den Rucktritt des Kaisers und selbst die Konservativen sahen sich genotigt dem Kaiser kunftig Zuruckhaltung zu empfehlen Tatsachlich wurden die kaiserlichen Einmischungen von Wilhelm II in die Tagespolitik seither seltener Die gleichzeitig von 1906 bis 1909 schwelende Harden Eulenburg Affare wuchs sich zu einem der grossten Skandale des Kaiserreiches aus und erregte auch international Aufsehen Da der Kanzler den durch die beiden Affaren kompromittierten Kaiser kaum verteidigte verlor Bulow bei Wilhelm II nunmehr vollig die Unterstutzung Zum Schicksal des Bulowblocks wurde 1909 die Frage der Reichsfinanzreform Die Lage der Reichsfinanzen war durch den Flottenbau und die Weltpolitik desolat Die Ausgaben uberstiegen die Einnahmen und die Schulden des Staates stiegen an Sie lagen bei 4 5 Milliarden Mark 1890 waren es erst 1 1 Milliarden gewesen und das jahrliche Defizit lag bei uber 500 Millionen Mark Die Schwierigkeit einer Finanzreform hatte dabei nicht zuletzt auch allgemeinpolitische Hintergrunde ging es doch darum zu klaren welche Bevolkerungsgruppe die Lasten der Aufrustung zu tragen hatte Wahrend Verbrauchssteuern die Geringverdiener belastet hatten wurden Besitzsteuern die Wohlhabenden betreffen Die Regierung legte einen Gesetzentwurf vor der sich bemuhte die Interessen der verschiedenen Blockparteien zu berucksichtigen Bald zeigte sich allerdings dass in der Frage von Erbschaftssteuern keine Einigung zu erzielen war Vor allem die Konservativen wollten eine Belastung des Grundbesitzes auf jeden Fall vermeiden wahrend die Liberalen in einer starkeren Besteuerung von Grund und Boden eine uberfallige Notwendigkeit sahen Nach langen internen Debatten entschied sich das Zentrum schliesslich dafur zusammen mit den Konservativen zu stimmen Zwar sah das Gesetz letztlich etwas moderater aus aber der Grossgrundbesitz schaffte es noch einmal seine Interessen durchzusetzen Dagegen entstand eine breite Protestbewegung die sich im Hansabund sammelte Politisch war der Block an der Finanzreform endgultig zerbrochen Dies fuhrte im Juni 1909 schliesslich zur Entlassung von Bulows 117 Vorabend des Ersten Weltkrieges Bearbeiten Parteienkonstellation Bearbeiten Innerhalb der konservativen Partei scheiterten die Versuche die einseitige Konzentration auf die agrarischen Interessen durch die Schaffung einer konservativen Volkspartei zu uberwinden Stattdessen herrschte immer starker eine Belagerungsmentalitat vor und die Partei verteidigte noch zaher als zuvor ihre Positionen Dies geschah zunehmend auch gegen die Regierung und teilweise in Zusammenarbeit mit der neuen Rechten Trotz dieser Entwicklung arbeitete das Zentrum bis etwa 1912 1913 mit den Konservativen zusammen nicht zuletzt um nicht wieder in die politische Isolation zu geraten Das wurde erleichtert durch die Schwachung des demokratischen Flugels innerhalb des Zentrums Der Arbeiterflugel etwa wurde durch den sogenannten Gewerkschafts und Zentrumsstreit geschwacht Insgesamt ruckte die Partei starker nach rechts Umgekehrt fuhrte das Scheitern des Bulowblocks bei den Nationalliberalen zu einer scharfen Distanzierung gegenuber den Konservativen und zu einem gewissen Schwenk nach links Dies geschah nicht ohne Spannungen gab es doch weiterhin Anhanger einer Zusammenarbeit mit den Konservativen Die Fraktionsfuhrung um Ernst Bassermann versuchte die auseinanderstrebenden Krafte zusammenzuhalten wahrend der linke Flugel um Gustav Stresemann ein Bundnis mit den Linksliberalen anstrebte Bei den Linksliberalen ihrerseits fuhrten die Erfahrungen wahrend des Bulowblocks 1910 zum Zusammenschluss zur Fortschrittlichen Volkspartei Diese Partei wandte sich nunmehr entschieden gegen die Rechte Umstritten blieb freilich ein Bundnis mit der SPD etwa nach dem Vorbild des Grossblocks in Baden Dabei spielte allerdings auch die Entwicklung der Sozialdemokraten eine Rolle Es stellte sich angesichts der Starke der Partei immer dringlicher die Frage welche Richtung die SPD einschlagen wurde Die sogenannten Zentristen verbanden eine marxistische Ideologie mit praktischer Reformarbeit setzten auf eine weitere organisatorische Starkung und erwarteten den Zusammenbruch von Staat und Gesellschaft Die Linke um Rosa Luxemburg pladierte dagegen fur Massenstreiks wollte die Arbeiterschaft radikalisieren und die Revolution vorbereiten Die Reformisten um Eduard Bernstein sprachen sich dagegen fur Reformen und eine Zusammenarbeit mit den linken Liberalen aus fanden fur diesen Kurs innerhalb der Partei aber keine Mehrheit Die Parteifuhrung um August Bebel folgte mit Blick auf die Einheit der SPD weitgehend der zentristischen Linie 118 Anfange der Regierung Bethmann Hollweg Bearbeiten Reichskanzler Theobald von Bethmann HollwegNach dem Ende der Kanzlerschaft von Bulows war der Versuch das Kaiserreich durch imperialistische Expansion und moderate Reformen im Innern zu stabilisieren weitgehend gescheitert Der Bruch des Bulow Blockes hatte stattdessen das Gegenuber von landlich agrarischer und stadtisch industrieller Welt noch einmal verscharft Allerdings haben die Parteien und der Reichstag an Einfluss gewonnen wahrend der Kaiser und die Reichsleitung geschwacht wurden Der neue Reichskanzler hiess Bethmann Hollweg der zusammen mit Clemens von Delbruck als Staatssekretar des Inneren versuchte die gestarkte Position des Reichstages wieder zuruckzudrangen Der neue Kanzler vermied es daher auch sich auf Dauer an eine Parteienkoalition zu binden und setzte stattdessen auf wechselnde Mehrheiten Allerdings blieb die Regierung in der Praxis zunachst auf die Unterstutzung des Zentrums und der Konservativen angewiesen Durch die Abhangigkeit von den Konservativen blieben alle Reformansatze halbherzig Im Zweifel wurden Entscheidungen vertagt da die innenpolitische Stabilisierung meist Vorrang vor der Losung von Sachproblemen hatte In der Finanzpolitik war dies insofern erfolgreich weil sich die Regierung in einen strikten Sparkurs rettete Um den Versuch von Reformen kam die Regierung angesichts des Veranderungsdrucks der burgerlichen und sozialdemokratischen Linken kaum herum versuchte aber gleichzeitig Konservative Zentrum und Nationalliberale naher zusammenzubringen Dies engte den Spielraum stark ein Dies zeigte sich etwa angesichts des Reformversuchs des preussischen Dreiklassenwahlrechts im Jahr 1910 Den Konservativen ging der Gesetzentwurf der Regierung zu weit wahrend die Liberalen ihn als nicht weitgehend genug ablehnten Die Sozialdemokraten demonstrierten in Massenkundgebungen fur ein demokratisches Wahlrecht was allerdings dazu fuhrte dass der schwarz blaue Block aus Zentrum und Konservativen allen Reformansatzen in dieser Frage eine Absage erteilte Ein ganz anderes Schicksal ereilte die Einfuhrung einer Verfassung fur das Reichsland Elsass Lothringen Anstatt den Regierungsantrag zu ubernehmen ubernahmen im Reichstag Zentrum SPD und Linksliberale die Initiative und gestalteten die Verfassung in entscheidenden Punkten um 119 Dagegen blieb die Wirtschaftspolitik weiterhin landwirtschaftsfreundlich ausgerichtet In der Sozialpolitik allerdings gab es Bewegung Dazu zahlte etwa 1911 die Reichsversicherungsordnung die gewissermassen den Aufbau der Sozialversicherung abschloss In diesen Rahmen gehort auch die Einfuhrung der Angestelltenversicherung Diese neue Einrichtung hatte dabei die nicht unwillkommene Folge dass die sozialen Unterschiede zwischen Angestellten und Arbeitern betont und institutionalisiert wurden 120 Die politische Entwicklung nach der Reichstagswahl von 1912 Bearbeiten War das Regieren des Kaiserreichs bis zur Reichstagswahl 1912 bereits hochst schwierig verstarkte sich dies anschliessend noch einmal deutlich Die Unzufriedenheit der Wahler mit der schwankenden Regierungspolitik fuhrte letztlich zu erheblichen Verlusten der Konservativen des Zentrums aber auch der liberalen Parteien Die klaren Gewinner waren die Sozialdemokraten die erstmals zur starksten Fraktion wurden Die Folge war freilich dass der schwarz blaue Block seine Mehrheit verloren hatte ohne dass eine neue Mehrheit in Sicht gewesen ware Die Konservativen befanden sich nunmehr in der Defensive und ausserhalb des Parlaments gewann die neue Rechte um den Alldeutschen Verband oder den Deutschen Wehrverein Zulauf Zusammen mit agrarischen und industriellen Interessenverbanden entstand 1913 das Kartell der schaffenden Stande als eine Art rechter Dachorganisation Die Rechte wandte sich dabei mehr oder weniger deutlich nicht nur gegen die Linke sondern auch gegen die Regierung Bei aller Zusammenarbeit verblieben im rechten Lager allerdings auch Unterschiede etwa zwischen den Verteidigern landlicher Interessen und volkischen Gruppen Auf der anderen Seite zeichneten sich nach den Wahlen von 1912 auch Reformansatze ab So verlor im Zentrum der agrarische Flugel an Gewicht wahrend die Burgerlichen an Einfluss gewannen In der Folge loste sich die Partei von ihrer Bindung an die Konservativen und suchte die Zusammenarbeit mit den Nationalliberalen Beide zusammen vertraten eine nationalistische und rustungsfreundliche Politik forderten aber auch eine starkere Demokratisierung des Reiches und mehr Rechte fur das Parlament Die Linksliberalen unterstutzten dies und versuchten Brucken zu den Sozialdemokraten zu schlagen Allerdings gab es bei Zentrum und Nationalliberalen weiterhin grosse Widerstande gegen eine Zusammenarbeit mit der SPD Umgekehrt waren die Vorbehalte der Sozialdemokraten ebenfalls betrachtlich Vor dem Hintergrund der neuen Mehrheitsverhaltnisse war die Lage der Regierung noch schwieriger geworden als sie ohnehin schon war Die vom Reichskanzler als Politik der Diagonalen bezeichnete Vorgehensweise folgte keinem Konzept sondern versuchte je nach Situation zu reagieren Insgesamt herrschte seit 1912 eine Blockade der Innenpolitik vor Besonders deutlich wurde dies in der Sozialpolitik Der grosse Bergarbeiterstreik von 1912 war Ausdruck einer erneuten Zunahme von Arbeitskampfen und fuhrte zwar zu neuen antigewerkschaftlichen Uberlegungen nicht aber zu einer weiteren Ausgestaltung der Sozialpolitik Kaum Probleme hatte die Regierung dagegen bei der Umsetzung der Flotten und Wehrpolitik So konnte 1912 sowohl eine Verstarkung des Heeres wie eine Novellierung der Flottengesetze beschlossen werden Am 30 Juni 1913 121 stimmten die burgerlichen Parteien einer neuen Wehrvorlage zu die angesichts der aussenpolitischen Spannungen die starkste Heeresvergrosserung des Kaiserreichs bedeutete Bei der Finanzierung der neuen Rustungsausgaben folgte das Parlament nicht den Vorstellungen der Regierung sondern beschloss mit dem sogenannten Wehrbeitrag eine einmalige Vermogensabgabe sowie eine progressive Vermogenssteuer Dabei stimmten erstmals Zentrum Liberale und Sozialdemokraten zusammen Diese Zusammenarbeit funktionierte im beschrankten Umfang auch bei der Ausdehnung der Parlamentsrechte insgesamt So wurden unter anderem Vertrauens oder Misstrauensabstimmungen eingefuhrt Angewandt wurde dieses Instrument etwa im Zusammenhang der Zabern Affare 122 1913 als Kaiser Regierung und militarische Fuhrung das unrechtmassige Vorgehen von Soldaten gegen Zivilisten in Elsass Lothringen deckten Anschliessend sprach der Reichstag gegen die Stimmen der Konservativen der Regierung das Misstrauen aus Ob am Ende der Vorkriegszeit eine echte Chance fur eine Parlamentarisierung bestand ist umstritten Allerdings trug die mangelnde Handlungsfahigkeit von Reichstag auf der einen Seite und Regierung auf der anderen Seite dazu bei einen moglichen Krieg auch als eine Art innenpolitischen Befreiungsschlag zu betrachten 123 Aussenpolitik Bearbeiten Folgen der Bosnienkrise Bearbeiten Wilhelm II im Jahr 1905 Bildpostkarte In den letzten Jahren vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges nahmen die internationalen Spannungen deutlich zu Besonders konflikttrachtig war dabei der Balkan Osterreich Ungarn annektierte 1908 die bereits 1878 besetzten osmanischen Provinzen Bosnien und Herzegowina Dies loste heftige Proteste Serbiens unterstutzt von Russland aus Deutschland stellte sich dabei eindeutig auf die Seite der Doppelmonarchie und ubte massiven diplomatischen Druck auf Russland aus Die Bosnienkrise war zwar ein kurzfristiger Erfolg der Mittelmachte hatte aber fur Deutschland langfristig negative Folgen Zum einen wurde es noch starker als zuvor an Osterreich gebunden und zum anderen fuhrte die diplomatische Niederlage zum Beginn einer massiven Aufrustung Auch von Bulow noch amtierender Kanzler erkannte die Gefahr einer solchen Risikopolitik und steuerte nunmehr einen vorsichtigeren Kurs Daran knupfte Bethmann Hollweg an der die Aussenpolitik deutlicher von der Weltpolitik nach Europa zuruckverlagerte Ausserdem versuchte der neue Kanzler durch eine grossere Berechenbarkeit das Vertrauen der ubrigen Machte zuruckzugewinnen Dabei setzte er auf einen Kurs der Entspannung gegenuber Russland und Frankreich und bessere Beziehungen zu England Tatsachlich verbesserte sich das Verhaltnis sowohl zu Russland wie auch Frankreich zeitweise Mit Grossbritannien hoffte das Reich zu einer Verstandigung in der Flottenfrage zu kommen und im Fall eines moglichen Krieges die Zusicherung der britischen Neutralitat zu erhalten Dazu kam es nicht weil einerseits Kaiser und Offentlichkeit in Deutschland kaum zu Abstrichen bei der Flottenrustung bereit waren und andererseits die Bereitschaft in Grossbritannien begrenzt war die guten Beziehungen zu Frankreich und Russland aufs Spiel zu setzen 124 Panthersprung nach Agadir Bearbeiten Ein Grossteil des gerade wieder gewonnenen Vertrauens verspielte Deutschland im Zusammenhang mit der zweiten Marokkokrise 1911 die vom Reich bewusst ausgelost wurde Ursache war das militarische Vordringen Frankreichs das den internationalen Absprachen widersprach Unter der Leitung des neuen Aussenstaatssekretars Alfred von Kiderlen Waechter setzte die Reichsleitung auf einen harten Kurs 125 Dabei spielten nun auch wieder weltpolitische Ambitionen eine Rolle Das Reich war nur vordergrundig an einer Unabhangigkeit Marokkos interessiert Das eigentliche Ziel war es fur die Anerkennung der franzosischen Vorherrschaft in Marokko im Gegenzug die Abtretung franzosischer Besitztumer in Franzosisch Aquatorialafrika zu erreichen Am 1 Juli ankerte das auf der Heimreise aus Kamerun befindliche Kanonenboot SMS Panther vor dem weit sudlich des franzosischen Operationsgebietes liegenden Agadir 126 Der Vorgang in der zeitgenossischen Presse als Panthersprung nach Agadir betitelt erregte besonders in Grossbritannien Aufsehen Als Frankreich sich davon nicht beeindrucken liess und England sich auf die Seite Frankreichs stellte sodass ein europaischer Krieg drohte musste das Reich letztlich einlenken Im Marokko Kongo Vertrag akzeptierte Deutschland die franzosische Vorherrschaft in Marokko und erhielt als Kompensation Teile Franzosisch Aquatorialafrikas die als Neukamerun an die deutsche Kolonie Kamerun Altkamerun angegliedert wurden Kamerun bekam dadurch einen schmalen Zugang zum Kongo 127 Letztlich bedeutete der Ausgang der zweiten Marokkokrise aber eine diplomatische Niederlage fur das Deutsche Reich Die forsche Kanonenboot Diplomatie hatte nicht zum Erfolg gefuhrt Frankreich wurde das gegenuber den zentralafrikanischen Gebieten wirtschaftlich ungleich wertvollere Marokko zugesprochen Auf der internationalen Konferenz waren die deutschen Forderungen allgemein auf Ablehnung gestossen und nur noch von Osterreich Ungarn unterstutzt worden so dass die zunehmende Isolierung Deutschlands deutlich wurde Balkankriege Bearbeiten In der offentlichen Meinung und auch im Reichstag blieb die Konfliktbereitschaft hoch gleichzeitig wuchs von Seiten des Generalstabs die Kritik an der Regierung Durch die Festigung der englisch franzosischen Entente waren die Moglichkeiten der deutschen Aussenpolitik allerdings begrenzt Innerhalb der deutschen Fuhrung war man sich zudem uber den Kurs uneins Wahrend Tirpitz in Ubereinstimmung mit dem Kaiser eine weitere Vergrosserung der Flotte auf den Weg bringen wollte versuchte Bethmann Hollweg dies zu verhindern aus Sorge um die Beziehungen mit Grossbritannien Dies gelang nur bedingt und daher blieben Unterredungen mit dem britischen Kriegsminister Richard Burdon Haldane 1 Viscount Haldane Anfang 1912 in Berlin ergebnislos In der Folge ging daher das Wettrusten zwischen Grossbritannien und Deutschland weiter auch wenn beide Regierungen weiter im Gesprach blieben Tatsachlich gab es Anzeichen fur eine beginnende Verstandigung etwa in Kolonialfragen Vor allem aber arbeiteten beide wahrend der Balkankriege eng zusammen Bei diesen Kriegen der neuen Balkanstaaten gegen das osmanische Reich in den Jahren 1912 und 1913 brach auf dem Balkan das ohnehin labile Gleichgewicht endgultig zusammen und fuhrte zur Konfrontation von Osterreich Ungarn und Russland Damit drohte eine Konfrontation der Blocke Verhindert wurde dies durch die ausgleichende Politik von Deutschland und Grossbritannien In der deutschen Fuhrung bestanden wahrend der Balkankrise allerdings erhebliche Unstimmigkeiten und Fuhrungsprobleme Im Dezember des Jahres 1912 berief Wilhelm II den Kriegsrat vom 8 Dezember 1912 mit hohen Militars ein Nicht geladen war die zivile Reichsleitung Zwar fiel auf dieser Sitzung nicht wie lange angenommen eine Entscheidung einen grossen Krieg planmassig anzusteuern Gleichwohl wurde immer deutlicher dass die Militars 128 einen europaischen Krieg fur unvermeidlich hielten und uber einen Praventivschlag nachdachten Eine Folge der Besprechung war die Absicht die Armee im grossen Stil aufzurusten wie sie der Reichstag 1913 in einer Wehrvorlage beschloss 129 Erster Weltkrieg Bearbeiten Hauptartikel Erster Weltkrieg Julikrise 1914 Bearbeiten Der Mord am osterreichischen Thronfolger Franz Ferdinand in Sarajevo am 28 Juni 1914 durch den serbischen Attentater Gavrilo Princip Attentat von Sarajevo loste bei den Machten eine hektische diplomatische Aktivitat aus die in einen europaischen Krieg mundete Uber die Schuld am Krieg gab es bei den Kriegsparteien naturgemass unterschiedliche Ansichten die nach 1918 zu einer Jahrzehnte andauernden Kriegsschulddebatte fuhrten Entente und die Mittelmachte 1916Unzweifelhaft ist dass Deutschland wahrend der zum Krieg fuhrenden Julikrise eine Schlusselrolle spielte Anders als noch bei den Balkankriegen von 1912 riet Deutschland Osterreich Ungarn zu einem energischen Vorgehen gegen Serbien und sagte der Doppelmonarchie die bedingungslose Unterstutzung des Reiches zu Bethmann Hollweg wusste als er diesen Blankoscheck 130 ausstellte dass damit die Gefahr eines grossen europaischen Krieges gegeben war Hinter dieser Entscheidung stand vor allem die Sorge um ein in absehbarer Zeit militarisch uberlegenes Russland und das Zusammenrucken von England und Frankreich Daher band sich das Reich nunmehr noch fester als zuvor an den einzigen noch verbliebenen Bundnispartner Hinzu kam angesichts der festgefahrenen innenpolitischen Situation auch der Wunsch die Kritiker vor allem der Rechten mit aussenpolitischen Erfolgen zu besanftigen Nicht zuletzt drang das Militar nunmehr vehement auf einen Praventivkrieg gegen Russland 131 Auch wenn der Kanzler diese Position nicht teilte verringerte dieser Druck doch die Chancen fur eine diplomatische Losung Die Reichsleitung entschied sich fur einen Kurs des kalkulierten Risikos Sie hoffte zwar einen Krieg vermeiden zu konnen konnte ihn aber auch nicht ausschliessen Letztlich gab Deutschland aber die Kontrolle aus der Hand weil alles auf die Haltung Russlands ankam Gegen Ende Juli geriet die Krise endgultig ausser Kontrolle als Osterreich Ungarn Serbien den Krieg erklarte und Russland darauf mit einer Teilmobilmachung antwortete Zwar gab es von deutscher Seite noch Versuche zu einer diplomatischen Losung zu kommen aber man stellte sich immer mehr auf einen Krieg ein Dabei kam es aus innenpolitischen Grunden darauf an Russland als Aggressor erscheinen zu lassen Als Russland am 30 Juli schliesslich die Generalmobilmachung verkundete konnte Deutschland dies als entscheidenden Schritt hin zum Krieg prasentieren Daraufhin erklarte Deutschland Russland am 1 August und Frankreich am 3 August den Krieg Gemass dem Schlieffen Plan von 1905 marschierte die deutsche Armee im neutralen Belgien ein Das Ziel war dabei die Befestigungen an der deutsch franzosischen Grenze zu umgehen und durch einen schnellen Vormarsch die franzosischen Armeen in einer Umfassungsschlacht auszuschalten Eine entscheidende Schwache des Plans war dass er die waffentechnische Entwicklung der Zeit und damit die Moglichkeit zur Fuhrung eines Bewegungskrieges uberschatzte Schnelle motorisierte Verbande waren noch nicht vorhanden die Verteidiger konnten den Angreifer in einem Stellungskrieg binden der letztlich zu einem Abnutzungskrieg wurde Auch wurde die Hoffnung dass England die Verletzung der belgischen Neutralitat hinnehmen wurde nicht erfullt Stattdessen fuhrte der Einmarsch zum Kriegseintritt Grossbritanniens und des gesamten Empires gegen die Mittelmachte 132 Kriegsverlauf Bearbeiten Am 18 August begann die deutsche Grossoffensive zur Umfassung der alliierten Armeen dabei stiess man sehr schnell nach Brussel vor Am 4 September gelang es den Deutschen die Marne zu uberschreiten Allerdings wurde der Vormarsch an der Westfront durch eine alliierte Gegenoffensive Marneschlacht aufgehalten Nach der Niederlage an der Marne versuchte die deutsche Fuhrung in Flandern eine Entscheidung zu erzwingen Dort kam es zur nationalistisch verklarten Schlacht von Langemarck Daraufhin ging der Bewegungskrieg in einen Stellungskrieg uber Das Scheitern des Schlieffen Plans hatte zur Folge dass die Mittelmachte im Westen Osten und Suden einen Mehrfrontenkrieg fuhren mussten Im Osten ruckte nach Kriegsbeginn die russische Armee unerwartet fruh in Ostpreussen ein Der Sieg bei Tannenberg Ende August 1914 und weiteren Schlachten stoppten den Vormarsch und begrundeten den politischen Mythos der beiden Generale Paul von Hindenburg und Erich Ludendorff Vor allem die osterreichisch ungarische Armee hatte gegenuber Serbien und Russland zu Beginn des Krieges einen schweren Stand Die ersten Kriegsmonate hatten gezeigt dass die Krafte nur ausreichten um an einer Front auf einen entscheidenden Sieg hoffen zu konnen Aus verschiedenen Grunden wurde 1915 die Ostfront wichtiger als die Westfront Es gelang den deutschen Truppen Osterreich Ungarn vor dem drohenden Zusammenbruch zu retten und eine Landverbindung zum verbundeten Osmanischen Reich aufzubauen Die deutsche Offensive drangte die russischen Truppen zuruck Serbien wurde besiegt nachdem Bulgarien sich den Mittelmachten angeschlossen hatte und Rumanien neutral blieb Die Offensive wurde daraufhin abgebrochen Im Suden entstand mit der italienischen Kriegserklarung am 23 Mai 1915 an Osterreich Ungarn eine weitere Front Deutschland unterstutzte seinen Bundnispartner auch dort mit Truppen Australische Soldaten im Chateauwald bei Ypern 1917Im Jahr 1916 trat die Westfront wieder in den Mittelpunkt der deutschen Kriegsanstrengungen Angesichts der Schutzengraben und Befestigungen gab es auf beiden Seiten zwei Handlungsoptionen Die eine war der Durchbruch durch die feindlichen Linien und die zweite war ein Abnutzungskrieg Im Fruhjahr 1915 hatten die Alliierten bereits mehrfach vergeblich versucht die deutschen Stellungen zu durchbrechen Der deutsche Angriff auf Verdun seit dem 21 Februar 1916 setzte dagegen nicht mehr wirklich auf eine Durchbrechung der Linien In einer riesigen Materialschlacht mit einkalkulierten hohen Opferzahlen sollte die feindliche Armee vielmehr zermurbt werden Die Schlacht kostete uber 600 000 Tote und Verwundete auf beiden Seiten Ihr Ziel hatten die Deutschen nicht erreicht vielmehr demoralisierte die Unmenschlichkeit der Schlacht auch die deutschen Soldaten Die Alliierten setzten bei der Gegenoffensive an der Somme seit dem 1 Juli 1916 nun ebenfalls auf eine Ermattungsstrategie Nach ungeheuren Verlusten auf beiden Seiten wurde dieser Versuch Ende November 1916 abgebrochen Auf dem Hohepunkt der Kampfe an der Westfront wurde immer deutlicher dass Deutschland einem Mehrfrontenkrieg kaum noch gewachsen war Sowohl Italien als auch Russland gingen zur Offensive uber Die Brussilow Offensive fuhrt in Galizien zum Zusammenbruch der osterreichisch ungarischen Armee Die Folge war der Ubergang Rumaniens in das Lager der Alliierten Die Lage zwang die Deutschen erneut starke Verbande in den Osten zu verlegen um die Front zu stabilisieren Im August 1916 wurde Erich von Falkenhayn als Generalstabschef des deutschen Heeres von Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg abgelost Militarisch begann sich die Kriegfuhrung in den Jahren 1916 17 zu radikalisieren Bereits 1915 hatte das deutsche Reich den uneingeschrankten U Boot Krieg proklamiert Nach Protesten der USA wurde diese Form des Seekriegs wieder eingeschrankt Im Januar 1917 wurde der unbeschrankte U Boot Krieg auf Druck der Heeresfuhrung aber auch des Reichstages und der offentlichen Meinung gegen den Willen des Kanzlers wieder aufgenommen Die Folge war am 6 April 1917 der Kriegseintritt der USA auf Seiten der Alliierten Diese Entwicklung war im Ruckblick kriegsentscheidend Massiv konnten die Amerikaner allerdings erst ab dem Spatsommer 1918 auftreten Im Westen begann im Fruhjahr 1917 eine franzosische Offensive an der Aisne sowie britische Offensiven bei Arras und ab Ende Juli in Flandern Die mit gewaltigem Aufwand gefuhrten Angriffe auf die deutsche Westfront brachten den Entente Machten nur geringe Gebietsgewinne bei hohen Verlusten Im Osten hatte sich 1917 die Lage durch die russische Oktoberrevolution die der Februarrevolution mit dem Sturz des Zaren gefolgt war zunachst zu Gunsten der Mittelmachte verandert Die neuen Machthaber wollten den Frieden nach aussen um ihre Herrschaft im Innern durchzusetzen Mitte Dezember 1917 wurde ein Waffenstillstand geschlossen und anschliessend uber einen Separatfrieden verhandelt Die Hoffnung der Sowjetregierung auf einen milden Frieden erfullte sich nicht stattdessen setzte die deutsche Seite im Frieden von Brest Litowsk einen Diktatfrieden durch Russland hatte Polen Kurland Litauen grosse Teile Georgiens abzugeben die Selbststandigkeit der Ukraine sowie Finnlands zu garantieren und sich aus Estland und Livland zuruckzuziehen Damit bot sich im Westen scheinbar noch einmal eine Chance auf eine siegreiche Offensive Diese Fruhjahrsoffensive begann im Marz 1918 scheiterte aber rasch Bereits den Gegenoffensiven der Kriegsgegner jetzt auch mit Unterstutzung amerikanischer Truppen war Deutschland nicht mehr gewachsen Ab Sommer 1918 gerieten immer mehr deutsche Soldaten in alliierte Gefangenschaft 133 Innere Entwicklung wahrend des Krieges Bearbeiten Soziale und wirtschaftliche Entwicklung Bearbeiten Wirtschaftlich begann nach Kriegsbeginn die Umstellung der Produktion auf die Kriegswirtschaft Nach einer kurzen Phase hoher Arbeitslosigkeit fuhrte die hohe Zahl von Einberufungen bald zu einem Arbeitskraftemangel Die Betriebe versuchten diesem durch den Einsatz von Kriegsgefangenen und durch eine vermehrte Einstellung von Frauen zu begegnen 134 Mit wachsender Kriegsdauer wirkten sich die fehlenden Nahrungsmittelimporte und die fehlenden landwirtschaftlichen Arbeitskrafte negativ auf die Versorgungslage der Bevolkerung aus Die Folge waren betrachtliche Preissteigerungen 135 und Versorgungsmangel Nur unzureichend gelang es dem durch Bewirtschaftungsmassnahmen 136 Herr zu werden 137 Burgfriede und nationale Begeisterung Bearbeiten Die innenpolitischen Probleme des Kaiserreichs ruckten mit der Mobilmachung in den Hintergrund Das vom Kanzler fur den Kaiser erdachte Schlagwort Ich kenne keine Parteien mehr ich kenne nur noch Deutsche fiel auch deshalb auf fruchtbaren Boden weil kaum jemand in Deutschland Zweifel daran hatte dass Russland der eigentliche Aggressor sei 138 Zwar gab es neben den vielfachen Berichten nationalen Uberschwangs auch nachdenkliche Stimmen aber letztlich verweigerten sich auch die Kritiker des Systems nur selten der nationalen Solidaritat Die Sozialdemokratie hatte noch wahrend der Julikrise erfolgreich Massendemonstrationen gegen einen moglichen bevorstehenden Krieg organisiert und die Zusammenarbeit mit anderen Parteien der Internationalen gesucht aber als das Vaterland gegen die zaristische Reaktion geschutzt werden sollte anderte sich die Stimmung Die entschiedenen Kriegsgegner und Klassenkampfer wie Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg waren isoliert wahrend Reformisten wie Eduard David oder Ludwig Frank innerhalb kurzester Zeit die Reichstagsfraktion dazu bringen konnten nicht nur abzuwarten sondern den notigen Kriegskrediten zuzustimmen 139 Der von der Regierung proklamierte Burgfriede also das Zuruckstellen innenpolitischer Auseinandersetzungen war weitgehend gesellschaftlicher Konsens zumal man allgemein erwartete dass ein Krieg nur wenige Wochen dauern wurde Die Generalkommission der freien Gewerkschaften verzichtete fur die Dauer des Krieges auf Arbeitskampfe und der Reichstag beschloss alle Wahlen bis nach Kriegsende zu verschieben 140 Durch die Verhangung des Kriegsrechts ging die vollziehende Gewalt an die kommandierenden Generale der Militarbezirke uber Diese unterstanden de jure zwar direkt dem Kaiser dieser war aber nicht fahig und in der Lage die insgesamt 24 Militarbefehlshaber zu kontrollieren und zu koordinieren Wilhelm II der sich nach Kriegsbeginn meist im Grossen Hauptquartier aufhielt war mit der Situation vollig uberfordert spielte kaum noch eine politische Rolle und verlor an Autoritat Stattdessen entwickelten sich der Chef des Generalstabs und der Generalquartiermeister als sein Stellvertreter zu eigenstandigen auch innenpolitisch wichtigen Machtzentren Die anfanglichen militarischen Erfolge und spater die beschonigende Zensur der Presse fuhrten in den ultranationalistischen Kreisen aber auch im breiten Burgertum zu hochgespannten Siegeserwartungen Dies fuhrte zu teils extremen Kriegszielvorstellungen Matthias Erzberger machte mit einer Denkschrift vom 2 September 1914 den Anfang Er forderte Annexionen im Westen und im Osten die dauerhafte Beherrschung Belgiens und die Schaffung von deutschfreundlichen Satellitenstaaten auf dem Gebiet Russlands Auch das Septemberprogramm des Reichskanzlers sah Gebietsabtretungen im Westen die Schaffung eines von Deutschland beherrschten mitteleuropaischen Wirtschaftsraums sowie eines grossen mittelafrikanischen Kolonialreiches vor Noch weiter ging eine Denkschrift der grossen wirtschaftlichen Verbande aus dem Jahr 1915 Diese sah noch weitere Erwerbungen und eine Entrechtung der jeweiligen Bevolkerung vor In ihrer Mehrheit blieb die Arbeiterbewegung bei ihren anfanglichen defensiven Kriegszielen Stattdessen hoffte sie auf innenpolitische Reformen namentlich auf die soziale und politische Gleichberechtigung das uneingeschrankte Koalitionsrecht sowie eine Demokratisierung und Parlamentarisierung des politischen Systems Vor dem Hintergrund dieser unterschiedlichen Erwartungen war Bethmann Hollweg trotz Burgfriedens zum Lavieren gezwungen Dies liess sowohl auf der Rechten wie auf der Linken den Zweifel an der Aufrichtigkeit des Kanzlers wachsen In der SPD trat die Kritik bereits Anfang Dezember 1914 offen zu Tage als Karl Liebknecht im Reichstag zunachst als einziger Abgeordneter gegen weitere Kriegskredite stimmte Ihm schloss sich im Marz 1915 Otto Ruhle an Daraus entwickelte sich allmahlich eine innerparteiliche Opposition die ein Jahr spater bereits 20 Abgeordnete umfasste Liebknecht und Ruhle verliessen die Fraktion und am 24 Marz 1916 wurden auch die ubrigen Abweichler ausgeschlossen Diese bildeten von nun an die sogenannte Sozialdemokratische Arbeitsgemeinschaft die zunachst noch eine innerparteiliche Opposition blieb 141 Die neue Oberste Heeresleitung und das Hilfsdienstgesetz Bearbeiten Die 3 Oberste Heeresleitung unter Paul von Hindenburg und Erich LudendorffBedrohlicher als die inneren Auseinandersetzungen in der SPD war die Kritik von Rechts gestutzt von der Schwerindustrie an der Haltung des Reichskanzlers Diese forderten seit 1915 vehement die Ausweitung des U Boot Krieges gegen die englische Handelsblockade Der Kanzler hoffte durch die Ablosung des wenig erfolgreichen Generalstabschefs von Falkenhayn durch Hindenburg und dessen Generalstabschef Ludendorff von deren Popularitat zu profitieren Allerdings war bald klar dass die neue militarische Fuhrung den relativ vorsichtigen Kurs des Kanzlers nicht unterstutzte Stattdessen pladierte sie fur die Wiederaufnahme des unbeschrankten U Boot Krieges und sprach sich fur territoriale Annexionen aus Auch im Parlament verlor Reichskanzler Bethmann Hollweg zunehmend an Ruckhalt Zwar stellte sich die Mehrheit hinter die Oberste Heeresleitung OHL ohne dass damit eine Vorentscheidung uber eine verkappte Militardiktatur gefallen ware Gleichzeitig namlich beschloss eine Mehrheit von den Nationalliberalen bis zu den Sozialdemokraten dass der Haushaltsausschuss auch bei Vertagung des Parlaments das Recht haben wurde uber die Aussenpolitik und den Krieg zu beraten Mit einer kaiserlichen Verordnung vom 4 November 1916 wurde der Ausschuss zum Hauptausschuss aufgewertet und tagte seither fast permanent Die von der OHL geforderte Mobilisierung aller verfugbaren Arbeitskrafte 142 fur die kriegswichtige Produktion in Form des sogenannten Hilfsdienstgesetzes 143 sollte zudem in Abstimmung mit dem Parlament und den Verbanden erfolgen Wahrend der OHL eine Militarisierung der gesamten Bevolkerung vorschwebte hatte die zivile Reichsleitung eine Beschrankung auf eine allgemeine Arbeitspflicht erreicht Das Parlament setzte zudem noch die Einrichtung von Arbeiterausschussen in den betroffenen Betrieben durch Ausserdem wurden von Arbeitgebern und Arbeitnehmern paritatisch besetzte Einigungsamter eingesetzt 144 Friedensresolution und innenpolitische Radikalisierung Bearbeiten Dennoch war die Macht der OHL betrachtlich Ihr gelang es gegen die zivile Reichsleitung den unbeschrankten U Boot Krieg durchzusetzen 145 Inzwischen hatten die Blockade die Umstellung auf kriegswichtige Produktion Transportschwierigkeiten und andere Grunde zu einer seit der fruhindustriellen Zeit unbekannten sozialen Not bis hin zu akutem Nahrungsmangel Steckrubenwinter 1916 1917 und Hungerunruhen gefuhrt 146 Auch dadurch stieg der politische Druck an Die Linksliberalen ergriffen im Marz 1917 die Gelegenheit um auf eine Parlamentarisierung des Reiches zu drangen Dem schlossen sich Stresemann fur die Nationalliberale Partei Philipp Scheidemann im Namen der SPD und auch das Zentrum an Bethmann Hollweg versuchte sich der neuen Lage anzupassen Allerdings folgte ihm der Kaiser in seiner Osterbotschaft 147 vom 7 April 1917 nur teilweise Unter der kriegsmuden Arbeiterbevolkerung begannen Massenstreiks und die soeben neu gegrundete USPD 148 hervorgegangen aus der sozialdemokratischen Arbeitsgemeinschaft fand grossen Zuspruch Auch die nunmehrige Mehrheitssozialdemokratie MSPD verlangte ein deutlicheres Entgegenkommen Als die Regierung ablehnend reagierte ergriff Erzberger vom Zentrum die Initiative zu einer Friedensresolution des Reichstages die in Beratungen zwischen Vertretern der Links und Nationalliberalen des Zentrums und der SPD entstand Aus diesen Treffen ging der interfraktionelle Ausschuss von Linksliberalen SPD und Zentrum hervor Wegen der vermittelnden Haltung des Kanzlers begann auch die OHL sich gegen Bethmann Hollweg zu wenden und beim Kaiser auf dessen Entlassung zu drangen 149 Als sich im Zusammenhang mit der Friedensresolution die Parteien von den Konservativen bis zu den Sozialdemokraten aus unterschiedlichen Grunden gegen den Kanzler aussprachen war die Position Bethmann Hollwegs nicht mehr zu halten 150 Nachfolger wurde uberraschend Georg Michaelis Dieser erwies sich als kaum in der Lage den diktatorischen Bestrebungen der OHL entgegenzutreten Da sich die Militars dagegen aussprachen hatte etwa die Friedensresolution des Reichstages ebenso wenig praktische Bedeutung wie die Friedensinitiative des Papstes von 1917 Die Initiative des Reichstages die sich fur einen Verstandigungsfrieden ohne Annexionen aussprach fuhrte allerdings dazu dass sich auf der politischen Rechten eine neue Sammlungsbewegung bildete Die Deutsche Vaterlandspartei 151 massgeblich von Wolfgang Kapp gegrundet hatte 1918 etwa 300 000 Mitglieder und agitierte fur einen siegreichen Hindenburgfrieden mit zahlreichen Annexionen Auch die Unterstutzung der Behorden fur die Vaterlandspartei kostete den Reichskanzler das Vertrauen des Parlaments Sein Nachfolger wurde der ehemalige bayerische Ministerprasident Georg von Hertling 1843 1919 Dieser musste auf Druck der Parteien den Fortschrittsliberalen Friedrich von Payer zum Vizekanzler machen und sich auf ein Programm des Reichstags verpflichten lassen Hertling blieb allerdings Gegner einer Parlamentarisierung des Reiches und ging Konfrontationen mit der OHL aus dem Weg Diese setzte nach der Oktoberrevolution die militarische Besetzung weiterer Gebiete im Osten durch Damit hintertrieb die militarische Fuhrung auch jede Moglichkeit mit den Gegnern im Westen zu einem Verstandigungsfrieden zu kommen 152 Oktoberreformen und Ende der Monarchie 1918 Bearbeiten Hauptartikel Novemberrevolution und Abdankung Wilhelms II Der Kaiser hat abgedankt Das alte und morsche die Monarchie ist zusammengebrochen Es lebe das Neue Es lebe die deutsche Republik 153 Der SPD Politiker Philipp Scheidemann ruft auf dem Westbalkon des Reichstages zweites Fenster nordlich des Portikus am 9 November 1918 die Republik aus Flucht Wilhelms II am 10 November 1918 Der vormalige Kaiser Bildmitte bzw vierter von links auf dem Bahnsteig des belgisch niederlandischen Grenzubergangs Eysden kurz vor seiner Abreise ins niederlandische ExilImmerhin blieb das Bundnis aus MSPD Linksliberalen und Zentrum als Gegenpol zur OHL erhalten Allerdings gab es zwischen den Parteien erhebliche Konflikte Als Ende Januar 1918 Hunderttausende von Arbeitern gegen die Unterbrechung der Verhandlungen in Brest Litowsk streikten 154 traten fuhrende Sozialdemokraten wie Scheidemann Friedrich Ebert und Otto Braun in die Streikleitung ein Dies rief unter den burgerlichen Parteien erhebliche Kritik hervor Als nach dem Durchbruch der Alliierten bei Amiens am 8 August 1918 immer deutlicher wurde dass der Krieg verloren sein wurde hat die Parlamentsmehrheit letztlich auch mit Zustimmung des Zentrums Hertling gesturzt und forderte die endgultige Parlamentarisierung des Reiches 155 Parallel sahen auch Teile der Regierung und schliesslich auch Hertling selbst die Notwendigkeit von Konzessionen um einer Revolution zuvorzukommen Bereits am 14 August 1918 hatte die OHL die militarische Lage als aussichtslos eingestuft und forderte am 29 September die Ausarbeitung eines Waffenstillstandsangebots 156 Dies sollte durch eine parlamentarische Regierung geschehen um so die Verantwortung fur die Niederlage den Parteien zuweisen zu konnen Der Kaiser konnte angesichts dieses Drucks von allen Seiten nur noch zustimmen Gebildet wurde daraufhin eine Koalition aus MSPD Fortschrittlicher Volkspartei und Zentrum und dem Prinzen Max von Baden als Reichskanzler Noch vor der offiziellen Ernennung setzte die OHL durch dass die neue Regierung unmittelbar nach Amtsantritt bei Prasident Woodrow Wilson um einen Waffenstillstand nachsuchen sollte um so die vor dem Zusammenbruch stehende Armee noch retten zu konnen Als die OHL Ende Oktober einen Ruckzieher machte entliess Kaiser Wilhelm II Ludendorff wahrend Hindenburg im Amt blieb Am 26 Oktober 1918 hat der Reichstag die Parlamentarisierung des Reiches auch offiziell durch Gesetze Oktoberreform vollzogen Bereits am 15 Oktober hatte das preussische Abgeordnetenhaus das Ende des Dreiklassenwahlrechts beschlossen 157 Die Reformen kamen freilich zu spat um das Kaiserreich noch retten zu konnen Der Flottenbefehl vom 24 Oktober 1918 zum Auslaufen der Flotte gegen die uberlegene Royal Navy loste einen Matrosenaufstand aus der sich innerhalb weniger Tage zur Revolution der Novemberrevolution entwickelte In zahlreichen deutschen Stadten wurden Arbeiter und Soldatenrate gegrundet Kurt Eisner rief in Munchen den Freistaat Bayern aus Die Revolution erfasste am 9 November auch Berlin wo Reichskanzler Max von Baden aus Sorge vor einem radikalen politischen Umsturz eigenmachtig die Abdankung des Kaisers bekannt gab und die Reichskanzlerschaft auf den Vorsitzenden der SPD Friedrich Ebert ubertrug Am Nachmittag desselben Tages rief Philipp Scheidemann die Deutsche Republik aus Karl Liebknecht vom Spartakusbund proklamierte die Freie Sozialistische Republik Deutschland Der Kaiser wurde von Vertrauten zur Abdankung gedrangt um die Situation zu entscharfen und eventuell die Monarchie zu retten Wilhelm II zogerte diesen Schritt jedoch hinaus Am 10 November begab er sich ins niederlandische Exil Die meisten anderen deutschen Fursten dankten freiwillig ab Der letzte monarchische Teilstaat war dabei das Furstentum Schwarzburg Sondershausen mit der Residenzstadt Sondershausen dessen Furst Gunther Victor am 25 November 1918 abdankte Die formelle Abdankungserklarung des vormaligen Kaisers Wilhelm II erfolgte am 28 November 1918 knapp drei Wochen nach deren Verkundung durch Philipp Scheidemann Das Kaiserreich in der Historiografie BearbeitenDie Geschichte des Kaiserreichs wurde seit ihrem Beginn nicht zuletzt vor dem Hintergrund der jeweiligen politischen Situation immer wieder unterschiedlich interpretiert Nach der Grundung des neuen Reiches dominierte zunachst eine preussisch kleindeutsche Interpretationslinie Der Basler Historiker Jacob Burckhardt befurchtete schon 1871 dass nun die ganze Weltgeschichte von Adam an siegesdeutsch angestrichen und auf 1870 bis 1871 orientiert sein wird 158 Daneben haben die einflussreichen Historiker Heinrich von Sybel und Heinrich von Treitschke die bisherige deutsche Geschichte auf die Reichseinigung zulaufen lassen und dabei die Rolle Preussens betont Im Gegensatz etwa zu Johann Gustav Droysen traten bei diesen nationalliberalen Interpreten die liberaldemokratischen Hoffnungen zuruck Stattdessen wurde die Macht des Nationalstaates und der Genius von Bismarck hervorgehoben Diese Interpretation blieb im Kern auch wahrend des wilhelminischen Reiches fuhrend 159 Heinrich von SybelVor allem wahrend des Ersten Weltkrieges wurde von Historikern die Existenz eines deutschen Sonderweges behauptet indem das Kaiserreich als bessere Alternative sowohl zu Demokratie und Kapitalismus des Westens als auch zur autokratischen Herrschaft des Zaren beschrieben wurde Negativ gewendet etwa mit Hinweisen auf den deutschen Militarismus und ubersteigerten Nationalismus wurde die Sonderwegsthese bei den Alliierten aufgenommen 160 Erst in der Weimarer Republik konnte das Kaiserreich als eine abgeschlossene Zeitepoche betrachtet werden Dennoch blieb bis weit in die 1980er Jahre kennzeichnend dass die Geschichte des Kaiserreichs kontrovers vor dem Hintergrund der jeweiligen Zeit diskutiert wurde Dabei gab es Schwerpunkte der Debatten In den 1920er Jahren stand die Kriegsschuldfrage im Zentrum 161 Neben einer dominanten Richtung die sich gegen eine Kriegsschuld Deutschlands aussprach und das Kaiserreich weiterhin positiv bewertete gab es eine Minderheit die sich wie Johannes Ziekursch oder Eckart Kehr kritisch mit dem Kaiserreich auseinandersetzte 162 Wahrend des Dritten Reiches gab es einerseits eine eher traditionelle nationalkonservative Deutung der Zeit seit 1871 Daneben gab es andererseits von der vom Regime geforderten Volkstumsgeschichte Kritik am unvollendeten Reich Eine vermittelnde Interpretation von Erich Marcks deutete die bismarcksche Reichsgrundung als eine erste Stufe der Nationalstaatsbildung die Adolf Hitler vollendet habe 163 Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde eine Kontinuitatslinie von Bismarck uber Wilhelm II bis hin zu Hitler diskutiert Allerdings dominierte dabei zunachst noch eine eher konservative Sichtweise Theodor Schieder raumte vorsichtig gewisse Defizite des Staates ein als er davon sprach dass das Kaiserreich als Nationalstaat als Verfassungsstaat und als Kulturstaat unvollendet gewesen ware Auch Gerhard Ritter erkannte einige Strukturprobleme etwa bei der Einhegung des Militarismus blieb insgesamt allerdings doch einer eher konservativen Traditionslinie verpflichtet Nicht zuletzt versuchten die Darstellungen der Nachkriegszeit Deutschland in einen gesamteuropaischen Kontext einzubetten und die Sonderwegsthese so zu verwerfen Ebenso wurde nach dem Krieg auch diskutiert inwieweit die kleindeutsche Losung von 1866 unausweichlich gewesen sei 164 Das Kaiserreich erlebte seine Hochkonjunktur als Forschungsgegenstand ab den 1960er Jahren als mit der Fischer Kontroverse wieder die Kriegsschulddebatte in den Vordergrund ruckte Dabei standen nicht nur die handelnden Personen sondern anknupfend an die geschichtswissenschaftlichen Vorlaufer aus den 1920er Jahren auch strukturelle Defizite des Reiches im Mittelpunkt Diese Debatte ging in den 1970er und fruhen 1980er Jahren in die von der Bielefelder Schule wieder aufgegriffene negative Sonderwegsthese uber Nicht zuletzt durch die kompakte Kaiserreichstudie von Hans Ulrich Wehler 1973 kamen in den 1970er Jahren weitere Fragestellungen etwa uber die Innere Reichsgrundung die Kolonialpolitik Bismarcks und schliesslich nach der Modernitat des Wilhelminischen Reiches hinzu Fur den Aufschwung spielte nicht zuletzt ein Generationswechsel in der Geschichtswissenschaft eine Rolle Autoren wie Wehler Wolfgang J Mommsen Gerhard A Ritter Heinrich August Winkler oder Jurgen Kocka hatten eine ganz andere westlich gepragte intellektuelle Sozialisation hinter sich als ihre Vorganger 165 In den 1980er Jahren liess die Konjunktur der Kaiserreichforschung deutlich nach Lag der Anteil der Artikel zum deutschen Kaiserreich in der Historischen Zeitschrift von 1966 1977 bei 27 fiel er zwischen 1986 und 1990 auf unter 10 ab In der Zeitschrift Geschichte und Gesellschaft machte der Anteil zwischen 1975 und 1979 noch ein Drittel aus zwischen 1995 und 1999 waren es nur noch ein Viertel 166 Auch die deutsche Wiedervereinigung rief kein verstarktes Interesse am Thema hervor Wichtiger fur das gesellschaftliche Selbstverstandnis wurden die Debatten uber die NS Zeit und die Entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg Mittlerweile ist das Kaiserreich ein normaler Forschungsbereich neben zahlreichen anderen der anders als in den 1960 1980er Jahren nicht mehr fur breite fachwissenschaftliche oder gar gesellschaftliche Kontroversen sorgt Dabei haben sich allerdings die methodischen Zugriffsweisen und behandelten Sachthemen ausgeweitet In den 1990er Jahren kam es etwa zu einem neuen Interesse an politikgeschichtlichen und kulturgeschichtlichen Fragestellungen Immer wichtiger wurden auch vergleichende Forschungen etwa zu Adel und Burgertum aber auch die Nationalismusforschung wurde verstarkt Dabei kam es teilweise etwa in der Burgertumsforschung zu Relativierungen fruherer Auffassungen Immer wichtiger wurden auch die regionalen Unterschiede im Kaiserreich und die Erforschung der sozialmoralischen Milieus Insgesamt spielt das Kaiserreich anders als in den 1970er Jahren als Vorgeschichte des Dritten Reichs eine geringere Rolle wichtiger wurde das Kaiserreich als ein Beispiel fur den gesellschaftlichen politischen wirtschaftlichen und kulturellen Wandel vor dem Hintergrund von Industrialisierung und Demokratisierung An die Stelle der Sonderweg Thesen trat tendenziell die deutende Einbettung in den gesamteuropaischen Kontext 167 Siehe auch BearbeitenTitulatur und Wappen der Deutschen Kaiser nach 1873 Liste der Flaggen des deutschen KaiserreichsLiteratur BearbeitenUberblicksdarstellungen Margaret Anderson Sibylle Hirschfeld Ubers Lehrjahre der Demokratie Wahlen und politische Kultur im Deutschen Kaiserreich Steiner Stuttgart 2009 ISBN 978 3 515 09031 5 Volker Berghahn Das Kaiserreich 1871 1914 Industriegesellschaft burgerliche Kultur und autoritarer Staat Gebhardt Handbuch der deutschen Geschichte Bd 16 10 vollig neu bearb Aufl Klett Cotta Stuttgart 2003 ISBN 978 3 608 60016 2 Rezension Eckart Conze Schatten des Kaiserreichs Die Reichsgrundung von 1871 und ihr schwieriges Erbe dtv Munchen 2020 ISBN 978 3 423 28256 7 Gerd Fesser Die Kaiserzeit Deutschland 1871 1918 Hrsg von der Landeszentrale fur politische Bildung Thuringen Erfurt 2000 ISBN 3 931426 39 4 PDF 296 kB Memento vom 8 November 2012 im Internet Archive Ewald Frie Das Deutsche Kaiserreich Kontroversen um die Geschichte 2 Auflage Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 2013 ISBN 978 3 534 24893 3 Carola Groppe Im deutschen Kaiserreich Eine Bildungsgeschichte des Burgertums 1871 1918 Bohlau Koln u a 2018 Oliver F R Haardt Bismarcks ewiger Bund Eine neue Geschichte des Kaiserreichs Wissenschaftliche Buchgesellschaft Theiss Darmstadt 2020 ISBN 978 3 8062 4179 2 Klaus Hildebrand Das vergangene Reich Deutsche Aussenpolitik von Bismarck bis Hitler Deutsche Verlags Anstalt Stuttgart 1996 ISBN 3 548 26557 X Klaus Hildebrand Hrsg Das Deutsche Reich im Urteil der Grossen Machte und europaischen Nachbarn 1871 1945 Schriften des Historischen Kollegs Kolloquien 33 Munchen 1995 ISBN 978 3 486 56084 8 Digitalisat PDF 11 MB Heinrich Hirschfelder Wilhelm Nutzinger Das Kaiserreich 1871 1918 2 Auflage Bamberg 1999 ISBN 3 7661 4632 7 Gerd Hohorst Jurgen Kocka Gerhard Ritter Sozialgeschichtliches Arbeitsbuch Bd 2 Materialien zur Statistik des Kaiserreichs 1870 1914 Munchen 1978 ISBN 3 406 05406 4 Matthew Jefferies Imperial Culture in Germany 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Pflanze Hrsg Innenpolitische Probleme des Bismarck Reiches Schriften des Historischen Kollegs Kolloquien Bd 2 Oldenbourg Munchen 1983 ISBN 3 486 51481 4 Digitalisat PDF 5 9 MB Otto Pflanze Bismarcks Herrschaftstechnik als Problem der gegenwartigen Historiographie Schriften des Historischen Kollegs Vortrage 2 Munchen 1982 Digitalisat PDF 1 5 MB Hedwig Richter Die Reformzeit um 1900 in LeMO hg vom Deutschen Historischen Museum Berlin 2019 Michael Sturmer Das ruhelose Reich Deutschland 1866 1918 Berlin 1983 ISBN 3 442 75526 3 Hans Peter Ullmann Das Deutsche Kaiserreich 1871 1918 Suhrkamp Frankfurt am Main 1995 ISBN 3 518 11546 4 Volker Ullrich Die nervose Grossmacht Aufstieg und Untergang des deutschen Kaiserreichs 1871 1918 5 Aufl Fischer Frankfurt am Main 2004 ISBN 3 596 11694 5 Volker Ullrich Deutsches Kaiserreich Fischer Kompakt Frankfurt am Main 2006 ISBN 3 596 15364 6 Hans Ulrich Wehler Das deutsche Kaiserreich 1871 1918 7 Auflage Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1994 ISBN 3 525 33542 3 Hans Ulrich Wehler Deutsche Gesellschaftsgeschichte Bd 3 Von der deutschen Doppelrevolution bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges 1849 1914 Beck Munchen 1995 ISBN 3 406 32490 8 Heinrich August Winkler Der lange Weg nach Westen Deutsche Geschichte 1806 1933 Bd 1 Bundeszentrale fur politische Bildung Bonn 2002 ISBN 3 89331 463 6 Ara Bismarck Beate Althammer Das Bismarckreich 1871 1890 2 aktualisierte Aufl Paderborn 2017 Seminarbuch Geschichte utb Band Nr 2995 Christoph Jahr Blut und Eisen Wie Preussen Deutschland erzwang 1864 1871 C H Beck Munchen 2020 ISBN 978 3 406 75542 2 Fachbesprechung Wolfgang J Mommsen Das Ringen um den nationalen Staat Die Grundung und der innere Ausbau des Deutschen Reiches unter Otto von Bismarck 1850 bis 1890 Propylaen Verlag Berlin 1993 Propylaen Geschichte Deutschlands 7 1 ISBN 3 549 05817 9 Wilhelminische Epoche Nils Freytag Das Wilhelminische Kaiserreich 1890 1914 Paderborn 2018 Seminarbuch Geschichte utb Band Nr 2892 Frank Lothar Kroll Geburt der Moderne Politik Gesellschaft und Kultur vor dem Ersten Weltkrieg Deutsche Geschichte im 20 Jahrhundert Bd 1 be bra Verlag Berlin 2013 ISBN 978 3 89809 401 6 Wolfgang J Mommsen Burgerstolz und Weltmachtstreben Deutschland unter Wilhelm II 1890 bis 1918 Berlin 1995 Propylaen Geschichte Deutschlands 7 2 ISBN 3 549 05820 9 Wolfgang J Mommsen Die Herausforderung der burgerlichen Kultur durch die kunstlerische Avantgarde Zum Verhaltnis von Kultur und Politik im Wilhelminischen Deutschland Schriften des Historischen Kollegs Vortrage 41 Munchen 1994 Digitalisat PDF 1 3 MB Thomas Nipperdey Religion und Gesellschaft Deutschland um 1900 Schriften des Historischen Kollegs Dokumentationen 5 Munchen 1988 Digitalisat PDF Uwe Puschner Christina Stange Fayos Katja Wimmer Hrsg Laboratorium der Moderne Ideenzirkulation im Wilhelminischen Reich Zivilisationen amp Geschichte Bd 31 Peter Lang Verlag Frankfurt a M u a 2015 ISBN 978 3 631 65046 2 John C G Rohl Kaiser Hof und Staat Wilhelm II und die deutsche Politik in der Google Buchsuche C H Beck Munchen 1988 TB 2002 ISBN 978 3 406 49405 5 John C G Rohl Wilhelm II C H Beck Munchen 1993 2008 Band 1 Die Jugend des Kaisers 1859 1888 in der Google Buchsuche Munchen 1993 2001 ISBN 3 406 37668 1 Band 2 Der Aufbau der Personlichen Monarchie 1888 1900 in der Google Buchsuche Munchen 2001 ISBN 3 406 48229 5 Band 3 Der Weg in den Abgrund 1900 1941 Munchen 2008 ISBN 978 3 406 57779 6 Rezension von Lothar Machtan Institut fur Geschichtswissenschaft Universitat Bremen auf H Soz u Kult Kaiserreich und Erster Weltkrieg Holger Afflerbach Auf Messers Schneide Wie das Deutsche Reich den Ersten Weltkrieg verlor C H Beck Munchen 2018 ISBN 978 3 406 71969 1 Fritz Fischer Griff nach der Weltmacht Die Kriegszielpolitik des kaiserlichen Deutschland 1914 18 1961 Droste 2000 Nachdruck der Sonderausgabe 1967 ISBN 3 7700 0902 9 Gerhard Hirschfeld Gerd Krumeich Irina Renz in Verbindung mit Markus Pohlmann Hrsg Enzyklopadie Erster Weltkrieg Ferdinand Schoningh Paderborn 2003 ISBN 3 506 73913 1 aktualisierte und erweiterte Studienausgabe Paderborn 2014 ISBN 978 3 8252 8551 7 Jurgen Kocka Klassengesellschaft im Krieg Deutsche Sozialgeschichte 1914 1918 Vandenhoeck und Ruprecht Gottingen 1978 ISBN 3 525 35984 5 Jorn Leonhard Die Buchse der Pandora Geschichte des Ersten Weltkrieges C H Beck Munchen 2014 ISBN 978 3 406 66191 4 Gunther Mai Das Ende des Kaiserreichs Politik und Kriegfuhrung im Ersten Weltkrieg Deutscher Taschenbuch Verlag Munchen 1993 ISBN 3 423 04510 8 Weblinks Bearbeiten Commons Deutsches Kaiserreich Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Wikisource Historische Rechtstexte zum Deutschen Kaiserreich Quellen und Volltexte Das Kaiserreich Umfangreiche Seite des Deutschen Historischen Museums Gesetz betreffend die Verfassung des Deutschen Reiches vom 16 April 1871 einschliesslich aller spaterer Anderungen documentArchiv de Dokumente zum Deutschen Kaiserreich u a Sammlung erlassener Rechtsnormen im Zeitraum von 1870 71 bis 1918 Gemeindeverzeichnis des Deutschen Reichs um 1900 1910 Reichstagsprotokolle 1867 1895 Deutsche Geschichte in Bildern und Dokumenten 1866 1890 1890 1918 englisch HGIS Germany historisch geographisches Informationssystem der deutschen Staatenwelt seit 1815 konkret 1820 1914 Uberblicksseite zu den Reichstagswahlergebnissen zwischen 1867 und 1918 Tabellen bezuglich Parteien Stimmenanteilen Mandaten etc Bundesarchiv Die Reichskanzler des Deutschen Reiches 1871 bis 1918 Archivlink Deutschland In Meyers Grosses Konversations Lexikon 6 Auflage Band 4 Bibliographisches Institut Leipzig Wien 1906 S 761 837 Einzelnachweise Bearbeiten Zur Kontroverse uber das Reich als konstitutionelle Monarchie siehe Hans Peter Ullmann Politik im Deutschen Kaiserreich 1871 1918 Munchen 2005 S 65 f Michael Kotulla Deutsche Verfassungsgeschichte Vom Alten Reich bis Weimar 1495 bis 1934 Springer 2008 S 522 Vgl dazu Tim Ostermann Die verfassungsrechtliche Stellung des Deutschen Kaisers nach der Reichsgrundung von 1871 Peter Lang Frankfurt am Main 2009 ISBN 978 3 631 59740 8 S 25 Anm 152 Gordon A Craig Deutsche Geschichte 1866 1945 Vom Norddeutschen Bund bis zum Ende des Dritten Reiches 3 Auflage in der Beck schen Reihe Munchen 2006 ISBN 978 3 406 42106 8 S 50 Matthias Schwengelbeck Die Politik des Zeremoniells Huldigungsfeiern im langen 19 Jahrhundert Campus Frankfurt am Main New York 2007 ISBN 978 3 593 38336 1 S 307 Margaret Anderson Sibylle Hirschfeld Ubers Lehrjahre der Demokratie Wahlen und politische Kultur im Deutschen Kaiserreich Stuttgart 2009 Ute Planert Wie reformfahig war das Kaiserreich Ein westeuropaischer Vergleich aus geschlechtergeschichtlicher Perspektive In Sven Oliver Muller Cornelius Torp Hrsg Das Deutsche Kaiserreich in der Kontroverse Gottingen 2009 S 165 184 Hedwig Richter Die Reformzeit um 1900 in LeMO hg vom Deutschen Historischen Museum Berlin 2019 Im englischen Sprachraum hat sich die Bezeichnung Grosser Krieg als Synonym fur den Ersten Weltkrieg erhalten Protokoll vom 15 November 1870 zwischen dem Norddeutschen Bunde Baden und Hessen Bundesgesetzblatt 1870 S 650 Bayer Gesetzblatt 1870 71 S 199 Schreiben Bismarcks an Ludwig II von Bayern 27 November 1870 auf germanhistorydocs Gesetz betreffend die Verfassung des Deutschen Reichs vom 16 April 1871 Berliner Siegesparade von 1871 Artikel in der FAZ 16 Juni 2021 Gemeindeverzeichnis Deutschland 1900 Hubert Kiesewetter Industrielle Revolution in Deutschland Regionen als Wachstumsmotoren Franz Steiner Verlag Stuttgart 2004 ISBN 3 515 08613 7 S 126 Statistisches Jahrbuch fur das Deutsche Reich 1911 Hans Dietrich Schultz Deutschlands naturliche Grenzen Mittellage und Mitteleuropa in der Diskussion der Geographen seit dem Beginn des 19 Jahrhunderts In Geschichte und Gesellschaft 15 1989 S 248 281 ders Land Volk Staat Der geographische Anteil an der Erfindung der Nation In Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 51 2000 S 4 16 Hans Dietrich Schultz Was ist des Deutschen Vaterland Geographie und Nationalstaat vor dem Ersten Weltkrieg In Geographische Rundschau 47 1995 S 492 497 Zum geopolitischen Aspekt des Historikerstreits der 1980er Jahre Imanuel Geiss Geographie und Mitte als historische Kategorien Anmerkungen zu einem Aspekt des Historikerstreits In Zeitschrift fur Geschichtswissenschaft 10 1991 S 979 994 Eric Hobsbawm Mass Producing Traditions Europe 1870 1914 In Eric Hobsbawm Terence Ranger Hrsg The Invention of Tradition Cambridge University Press Cambridge 1983 S 263 307 hier S 277 Fn 26 Loth Kaiserreich S 36 ausfuhrlich zur Rolle des Bundesrates Nipperdey Machtstaat vor der Demokratie S 88 96 Nipperdey Machtstaat vor der Demokratie S 98 102 Nipperdey Machtstaat vor der Demokratie S 102 108 Wehler Gesellschaftsgeschichte Bd 3 S 857 864 Den Begriff pragte Bernhard von Bulow in einem Brief an Graf Eulenburg 1896 vgl ders Politische Korrespondenz hrsg v John Rohl Bd 3 S 1714 Nr 1245 Hans Ulrich Wehler Deutsche Gesellschaftsgeschichte Bd 3 Von der deutschen Doppelrevolution bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges 1849 1914 Beck Munchen 1995 S 1000 1004 hier das Zitat Siehe John Rohl Kaiser Hof und Staat Wilhelm II und die deutsche Politik Munchen 1988 sowie Wehler Gesellschaftsgeschichte Bd 3 S 854 857 1016 1020 zur Diskussion zusammenfassend Frie Kaiserreich S 69 80 Wehler Gesellschaftsgeschichte Bd 3 S 877 f Geheimerlass zum Einsatz von Militar bei inneren Unruhen 1907 auf germanhistorydocs Wilhelm II uber den Adel der Gesinnung im Offizierskorps auf germanhistorydocs Zur Ideologie des Offizierskorps auf germanhistorydocs Wilhelm I zum Standesethos der preussischen Offiziere auf germanhistorydocs Wehler Gesellschaftsgeschichte Bd 3 S 873 885 1109 1138 Nipperdey Machtstaat S 230 238 John Munro German banking and commercial organization Memento vom 7 Januar 2007 im Internet Archive englisch PDF 215 kB Anmerkung vor dem Bau der Bahn waren diese Guter vorrangig per Schiff transportiert worden hinderlich dabei waren die haufig niedrigen Wasserstande der Flusse Oder Weichsel oder Warthe und deren Einfrieren in den Wintermonaten gewesen Gerd Hohorst Jurgen Kocka Gerhard A Ritter Sozialgeschichtliches Arbeitsbuch Bd 2 Materialien zur Statistik des Kaiserreichs 1870 1914 Munchen 1978 S 66 Dazu grundlegend Gerhard A Ritter Klaus Tenfelde Arbeiter im Deutschen Kaiserreich 1871 bis 1914 Bonn 1992 ISBN 3 8012 0168 6 dazu Luke insbes S 81 134 und 278 296 So Hans Ulrich Wehler Das Deutsche Kaiserreich 1871 1918 S 47 49 Zu den Konfessionen ausfuhrlich Nipperdey Arbeitswelt und Burgergeist S 428 531 Wehler Gesellschaftsgeschichte Bd 3 S 1171 1190 Zahlen fur das Jahr 1995 aus Prof A L Hickmann s Geographisch Statistischer Taschenatlas des Deutschen Reichs Erster Teil Verlag G Freytag amp Berndt Leipzig Wien 2 Auflage 1896 Tafel Nr 22 Zahlen zitiert nach J Schmidt Liebich Hrsg Deutsche Geschichte in Daten Band 2 1770 1918 Deutscher Taschenbuch Verlag 1981 ISBN 3 423 03195 6 S 314 Zur judischen Bevolkerung siehe Nipperdey Arbeitswelt und Burgergeist S 396 413 Volker Ullrich Die nervose Grossmacht II 4 Die Ausbreitung des Antisemitismus 2 Auflage Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt am Main 1997 Zitiert nach Volker Ullrich Die nervose Grossmacht II 4 Die Ausbreitung des Antisemitismus 2 Aufl 1997 Im Jahr 1909 waren etwa 10 der Privatdozenten judischer Abstammung jedoch nur 7 der Extraordinarien und 2 der Ordinarien Nach Ernest Hamburger Juden im offentlichen Leben Deutschlands Regierungsmitglieder Beamte und Parlamentarier in der monarchischen Zeit 1848 1918 Kapitel Die Personalpolitik vom Beginn der dritten Emanzipationsperiode bis 1914 Mohr Siebeck Tubingen 1968 Zitiert nach Hamburger Kapitel Juden in Regierung und Verwaltung Dagmar Bussiek Mit Gott fur Konig und Vaterland Die Neue Preussische Zeitung Kreuzzeitung 1848 1892 Lit Munster 2002 Heinrich August Winkler Geschichte des Westens Von den Anfangen in der Antike bis zum 20 Jahrhundert 2 Auflage Beck Munchen 2010 ISBN 978 3 406 59235 5 S 1154 Michael Rademacher Fremdsprachige Minderheiten im Deutschen Reich Online Material zur Dissertation Osnabruck 2006 In eirenicon com Abgerufen am 20 Januar 2010 Gesamtubersicht Muttersprache der Bevolkerung nach der Volkszahlung vom 1 12 1900 Deutschland Abschnitt nichtdeutsche Bevolkerung In Meyers Konversations Lexikon 4 Auflage Band 4 Verlag des Bibliographischen Instituts Leipzig Wien 1885 1892 S 814 Vgl dazu grundlegend Martina G Luke Zwischen Tradition und Aufbruch Deutschunterricht und Lesebuch im Deutschen Kaiserreich Frankfurt am Main 2007 ISBN 978 3 631 56408 0 Wehler Gesellschaftsgeschichte Bd 3 S 961 965 Nipperdey Machtstaat vor der Demokratie S 266 285 Ullmann Kaiserreich S 129 Angelika Schaser Partizipationsmoglichkeiten fur Frauen in der Politik im 19 und fruhen 20 Jahrhundert vor Erhalt des Frauenwahlrechts in Deutschland 1918 in Digitales Deutsches Frauenarchiv online veroffentlicht am 13 September 2018 Vgl Oskar Stillich Die politischen Parteien in Deutschland Band I Die Konservativen Band II Der Liberalismus Verlag W Klinkhardt Leipzig 1908 11 Historische Ausstellung des deutschen Bundestages PDF Ergebnisse der Reichstagswahlen 1871 bis 1912 In Deutscher Bundestag Deutscher Bundestag S 2 abgerufen am 12 Dezember 2020 Ergebnisse der Reichstagswahlen von 1871 1912 PDF In Bundeszentrale fur politische Bildung Bundeszentrale fur politische Bildung abgerufen am 13 Dezember 2020 Ergebnisse der Reichstagswahlen von 1884 1912 Karl Rohe Wahlen und Wahlertraditionen in Deutschland Kulturelle Grundlagen deutscher Parteien und Parteisysteme im 19 und 20 Jahrhundert Frankfurt 1992 ISBN 3 518 11544 8 Ullmann Kaiserreich S 26 137 zu den wirtschaftlichen Interessenverbanden s auch Pierenkemper Gewerbe und Industrie S 74 87 zur wissenschaftlichen Diskussion in Bezug auf die Milieubildung vgl etwa Ewald Frie Das Deutsche Kaiserreich Kontroversen um die Geschichte Darmstadt 2004 S 94 117 Erinnerung an eine Sedansfeier in den 1870er Jahren auf germanhistorydocs und hinsichtlich der Erziehung von Jugendlichen Luke S 82 f 216 292 und 362 ff Nipperdey Machtstaat S 250 266 Winkler Weg nach Westen S 214 246 Ullmann Kaiserreich S 51 f 58 Loth Kaiserreich S 44 Ullmann Kaiserreich S 52 54 Loth Kaiserreich S 46 f Loth Kaiserreich S 51 Winkler Weg nach Westen Bd 1 S 222 Loth Kaiserreich S 51 130 a Strafgesetzbuch sogenannter Kanzelparagraph vom 10 Dezember 1871 Gesetz zum Verbot des Jesuitenordens vom 4 Juli 1872 Gesetz betreffend die Beaufsichtigung des Unterrichts und Erziehungswesens 11 Marz 1872 Ullmann Kaiserreich S 55 57 Winkler Weg nach Westen Bd 1 S 224 f Loth Kaiserreich S 49 Briefauszug an Eduard Lasker von Karl Biedermann zu den Ausnahmegesetzen von 1872 Ullmann Kaiserreich S 58 f Nipperdey Machtstaat S 361 Loth Kaiserreich S 49 Ullmann Kaiserreich S 60 68 Winkler Weg nach Westen S 227 Max von Forckenbeck an Franz von Stauffenberg uber die Notwendigkeit nationalliberaler Opposition 19 Januar 1879 auf germanhistorydocs Erklarung der liberalen Sezessionisten 30 August 1880 auf germanhistorydocs Frie Kaiserreich S 32 38 Ullmann Kaiserreich S 70 Zum Schwenk der Liberalen etwa Winkler Weg nach Westen S 240 Eduard Stephani an Rudolf von Bennigsen uber nationalliberale Motive Bismarck zu unterstutzen 14 Juli 1878 auf germanhistorydocs August Bebel verurteilt die vorgeschlagene antisozialistische Gesetzgebung im Reichstag 16 September 1878 auf germanhistorydocs Ullmann Kaiserreich S 70 72 Winkler Weg nach Westen S 240 242 Winkler Weg nach Westen S 238 f Winkler Weg nach Westen S 242 244 Ullmann Kaiserreich S 73 76 Zum Entstehen der Bismarckschen Sozialversicherung vgl Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1867 bis 1914 I Abteilung Von der Reichsgrundungszeit bis zur Kaiserlichen Sozialbotschaft 1867 1881 Band 2 5 u 6 Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1867 bis 1914 II Abteilung Von der Kaiserlichen Sozialbotschaft bis zu den Februarerlassen Wilhelms II 1881 1890 2 Band Teil 1 u 2 Band 5 u 6 Nipperdey Arbeitswelt und Burgergeist S 341 ff Ullmann Kaiserreich S 180 f Hans Ulrich Wehler Das deutsche Kaiserreich 1871 1918 Vandenhoeck und Ruprecht Gottingen 1977 S 147 f Ullmann S 85 88 Zahlen nach Tormin Geschichte deutscher Parteien S 282 f Hinweise Sozialdemokraten umfassen bis 1874 die SDAP und den ADAV unter Minderheiten sind subsumiert Welfen Polen Danen Elsass Lothringer unter Sonstige finden sich bis 1878 Alt Liberale Deutsche Volkspartei 1881 und 1884 nur Deutsche Volkspartei 1887 ausserdem 1 Abg der Christlich Sozialen Partei und 2 weitere Abg Ullmann Kaiserreich S 89 91 Zitiert nach Ullmann Kaiserreich S 78 Ullmann Kaiserreich S 76 79 Ziele der deutschen Kolonialgesellschaft auf germanhistorydocs Ullmann Kaiserreich S 80 82 Ullmann Kaiserreich S 83 85 Winkler Weg nach Westen S 257 Ullmann Kaiserreich S 158 Winkler Weg nach Westen S 259 f Ullmann Kaiserreich S 91 93 Hans Hermann Freiherr von Berlepsch Warum betreiben wir die soziale Reform 1903 auf germanhistory docs Programm des BdL auf germanhistorydocs Tivoliprogramm der Deutschkonservativen Partei 1892 auf germanhistorydocs Ullmann Kaiserreich S 138 145 Zuchthausvorlage auf germanhistorydocs Ullmann Kaiserreich S 145 147 Winkler Weg nach Westen S 269 f Winkler Weg nach Westen S 270 272 Ullmann Kaiserreich S 147 149 Die Flotte und die deutsch englischen Beziehungen Brief des Konteradmirals Tirpitz an Admiral von Stosch 13 Februar 1896 auf germanhistorydocs Aufgaben und Tatigkeit des Nachrichtenburos auf germanhistorydocs Ullmann Kaiserreich S 150 f Winkler Weg nach Westen S 272 274 Vertrag zwischen Deutschland und England uber die Kolonien und Helgoland 1 Juli 1890 auf germanhistorydocs Kundigung des Ruckversicherungsvertrages auf germanhistorydocs Gabriele Yonan Ein vergessener Holocaust Die Vernichtung der christlichen Assyrer in der Turkei Eine Dokumentation Hrsg Gesellschaft fur Bedrohte Volker Gottingen 1989 S 9783922197256 David Gaunt Naures Atto and Soner O Barthoma Let Them Not Return Sayfo The Genocide Against the Assyrian Syriac and Chaldean Christians in the Ottoman Empire Hrsg David Gaunt 2018 ISBN 978 1 78920 051 5 von Bulows zu den Zielen der Aussenpolitik 1899 auf germanhistorydocs Bernhard von Bulow uber Deutschlands Platz an der Sonne 1897 auf germanhistorydocs Wilhelm II Hunnenrede auf germanhistorydocs Pachtvertrag zwischen China und dem Deutschen Reich 6 Marz 1898 auf germanhistorydocs Ullmann Kaiserreich S 154 163 Winkler Weg nach Westen S 274 277 Bernhard von Bulow lost aufgrund der kolonialen Streitfrage den Reichstag auf 13 Dezember 1906 auf germanhistorydocs Loth Kaiserreich S 115 123 Ullmann Kaiserreich S 163 167 Sylvesterbrief von Bulows 1906 auf germanhistorydocs Zahlen nach Loth Kaiserreich S 236 Unter Linksliberale sind Deutsche Friesinnige Partei ab 1893 Freisinnige Volkspartei und Freisinnige Vereinigung ab 1910 Fortschrittliche Volkspartei subsumiert Daily Telegraph Affare auf germanhistorydocs Loth Kaiserreich S 123 131 Ullmann Kaiserreich S 167 172 Ullmann Kaiserreich S 204 206 Bericht uber die Verfassungsberatungen der Reichstagskommission auf germanhistorydocs Ullmann Kaiserreich S 206 f Chronik 1913 Deutsches Historisches Museum abgerufen am 22 Dezember 2012 Parlamentsdebatte zur Zabernaffare auf germanhistorydocs Ullmann Kaiserreich S 210 f Ullmann Kaiserreich S 212 214 Alfred von Kiderlen Wachter uber seine aussenpolitischen Ziele 1911 auf germanhistorydocs Vgl dazu Hans H Hildebrand Albert Rohr Hans Otto Steinmetz Schiffsbiographien von Lutzow bis Preussen Mundus Verlag Ratingen o J S 212 f Die deutschen Kriegsschiffe Biographien ein Spiegel der Marinegeschichte von 1815 bis zur Gegenwart Bd 6 Ullmann Kaiserreich S 214 f General Bernardi Die Unvermeidlichkeit des Krieges 1912 auf germanhistorydocs Ullmann Kaiserreich S 216 219 Der Blankoscheck Ladislaus Graf von Szogyeny Marich Berlin an Leopold Graf von Berchtold 5 Juli 1914 auf germanhistorydocs Intervention der Armee anlasslich der Julikrise Helmuth J L von Moltke an Theobald von Bethmann Hollweg 29 Juli 1914 auf germanhistorydocs Ullmann Kaiserreich S 219 227 Ullmann Kaiserreich S 228 234 Beschaftigungsentwicklung Manner und Frauen Preissteigerungen 1913 1920 auf germanhistorydocs Ubersicht uber Prinzipien der Rationalisierung auf germanhistorydocs Bei aller Kritik immer noch grundlegend Jurgen Kocka Klassengesellschaft im Krieg Deutsche Sozialgeschichte 1914 1918 Gottingen 1978 Der Kaiser spricht vom Balkon des koniglichen Schlosses 1 August 1914 auf germanhistorydocs Die Sozialisten unterstutzen den Krieg 4 August 1914 auf germanhistorydocs Loth Kaiserreich S 142 144 Loth Kaiserreich S 144 147 Der Hindenburgplan 1916 auf germanhistorydocs Hilfsdienstgesetz Dezember 1916 auf germanhistorydocs Loth S 147 149 Admiral von Holtzendorff zu den Zielsetzungen des uneingeschrankten U Boot Krieges auf germanhistorydocs Offentliche Stimmung Marz 1917 auf germanhistorydocs Osterbotschaft Wilhelms II April 1917 USPD Grundlinien April 1917 auf germanhistorydocs Erich Ludendorff gegen Theobald von Bethmann Hollweg Juli 1917 auf germanhistorydocs Loth Kaiserreich S 149 157 Vaterlandspartei 1917 auf germanhistorydocs Loth Kaiserreich S 157 160 Zit nach Michalka u Niedhart Hrsg Deutsche Geschichte 1918 1933 S 20 f Januarstreiks 1918 auf germanhistorydocs Forderungen nach der Parlamentarisierung Oktober 1917 auf germanhistorydocs Erich Ludendorff gesteht die Niederlage ein aus den Tagebuchnotizen vom Albrecht von Thaer Oktober 1 1918 auf germanhistorydocs Loth Kaiserreich S 162 166 Zit nach Frie Deutsches Kaiserreich S 3 Frie Deutsches Kaiserreich S 3 f Frie Deutsches Kaiserreich S 5 Frie Deutsches Kaiserreich S 119 Frie Deutsches Kaiserreich S 5 f Loth Kaiserreich S 205 Frie Deutsches Kaiserreich S 6 f Loth Kaiserreich S 204 Frie Deutsches Kaiserreich S 10 S 119 Frie Deutsches Kaiserreich S 8 10 S 120 Frie Deutsches Kaiserreich S 119 f Frie Deutsches Kaiserreich S 121 f Hedwig Richter Moderne Wahlen Eine Geschichte der Demokratie in Preussen und den USA im 19 Jahrhundert Hamburg Hamburger Edition 2017 S 321 350 zu aktuellen Debatten Tagungsbericht Das Deutsche Kaiserreich in der Kontroverse Probleme und Perspektiven Bundesstaaten des Deutschen Kaiserreichs 1871 1918 Konigreiche Bayern Preussen Sachsen Wurttemberg Flagge des Deutschen Kaiserreichs Grossherzogtumer Baden Hessen Darmstadt Mecklenburg Schwerin Mecklenburg Strelitz Oldenburg Sachsen Weimar EisenachHerzogtumer Anhalt Braunschweig Sachsen Altenburg Sachsen Coburg und Gotha Sachsen MeiningenFurstentumer Lippe Reuss alterer Linie Reuss jungerer Linie Schaumburg Lippe Schwarzburg Rudolstadt Schwarzburg Sondershausen Waldeck PyrmontStadtrepubliken Bremen Hamburg LubeckReichsland Elsass LothringenDeutsche Staatssysteme Vor der Reichsgrundung Flagge des Norddeutschen Bundes Norddeutscher BundDeutsches Reich Flagge des Deutschen Kaiserreichs Deutsches Kaiserreich Flagge der Weimarer Republik Weimarer Republik Flagge des Deutschen Reiches von 1935 bis 1945 span