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Als The Great Game oder Das Grosse Spiel 1 wird der historische Konflikt zwischen dem Vereinigten Konigreich und Russland um die Vorherrschaft in Zentralasien bezeichnet Er dauerte von den Napoleonischen Kriegen bis zum Vertrag von Sankt Petersburg im Jahr 1907 Ahnliche Folgekonflikte gab es zwischen der Oktoberrevolution im Jahr 1917 und bis zum Jahr des britischen Ruckzugs aus Indien 1947 Der afghanische Emir Schir Ali mit seinen Freunden Russland Bar und Vereinigtes Konigreich Lowe Karikatur von 1878 Inhaltsverzeichnis 1 Begriff 2 Geschichte 3 Halford Mackinders Heartland Theorie 4 Siehe auch 5 Literatur 6 EinzelnachweiseBegriff BearbeitenDie Bezeichnung The Great Game wird gewohnlich dem 1835 bis 1840 in Mittelasien eingesetzten britischen Geheimdienstoffizier Arthur Conolly zugeschrieben grossere Verbreitung fand der Ausdruck durch Rudyard Kiplings Roman Kim Now I shall go far and far into the North playing the Great Game 2 Im akademischen Kontext wird der Begriff auf eine Rede von H W C Davis von 1926 zuruckgefuhrt 3 Heute werden fallweise auch geostrategische Konflikte zwischen den Vereinigten Staaten der Sowjetunion bzw Russland China und Indien als The Great Game 4 oder The New Great Game bezeichnet 5 wobei es nicht immer um Zentralasien geht sondern auch um andere Regionen wie etwa die Kustenlander des Indischen Ozeans 6 Geschichte Bearbeiten nbsp Zentralasien um 1850Gegenstand des Grossen Spiels war die Vorherrschaft in Zentralasien Der russische Staat versuchte uber Turkestan zum Indischen Ozean vorzustossen um an einen eisfreien Hafen zu gelangen Dies war seit Peter I ein vorrangiges Ziel der russischen Aussenpolitik Schon 1807 berichteten britische Agenten Napoleon und Zar Alexander I hatten sich verabredet gemeinsam Indien anzugreifen und dem Britischen Weltreich den Subkontinent zu entreissen Dieser Plan wurde zwar nie umgesetzt trotzdem bemuhte sich das Vereinigte Konigreich die Expansion des Zarenreichs in diesem Raum zu verhindern 1837 war der russische Leutnant Jan Wiktorowitsch Witkewitsch auf dem Weg zum afghanischen Herrscher Dost Mohammed Sein Unternehmen war Teil der 1835 begonnenen Annaherung Afghanistans an Russland In Kabul traf er auf den britischen Offizier und Vertrauten Dost Mohammeds Alexander Burnes Dieser war im Auftrag der britischen Regierung in Kabul um einen Vertrag auszuhandeln Kernproblem dieser Verhandlungen war der Status von Peschawar Der britische Generalgouverneur von Kalkutta Baron Auckland forderte Dost Mohammed auf seine Anspruche auf Peschawar sowie seine Annaherung an Russland aufzugeben Da diese Forderungen als unannehmbar galten wurde Burnes aus Kabul ausgewiesen Gleichzeitig hatte der russische Botschafter Graf Iwan Ossipowitsch Simonitsch das Kommando uber die persische Armee ubernommen Daraufhin landeten britische Truppen am Persischen Golf Dies hatte zur Folge dass sich die persischen Truppen zuruckzogen und sowohl Simonitsch als auch Witkewitsch nach Russland zuruckbeordert wurden Schliesslich kam es aus dieser Situation zum Ersten Anglo Afghanischen Krieg nbsp Michail Grigorjewitsch TschernjajewGeneral Michail Grigorjewitsch Tschernjajew eroberte 1864 65 Taschkent und forcierte damit unter Zar Alexander II die Ausdehnung Russlands in den transkaspischen Raum und nach Zentralasien Das spatere Kasachstan war bereits ab der Mitte des 18 Jahrhunderts sukzessive dem russischen Zarenreich eingegliedert worden Es kam in der Folge dort zur Bildung der drei kasak kirgisischen Horden Im 19 Jahrhundert kam es vermehrt zu kasachischem Widerstand gegen die russische Herrschaft Auf dem Gebiet des einstigen Kasachen Khanates wurde nun die Bokey Horde begrundet die das Khanat restaurieren wollte Doch wurde das nachmalige Kasachstan durch General Konstantin Petrowitsch von Kaufmann 1818 1882 unterworfen und in der Folge dem Generalgouvernement Turkestan unterstellt in dem die gesamten russischen Erwerbungen in Zentralasien zusammengefasst wurden An dessen Spitze stand Kaufmann Unter ihm wurde vorubergehend auch das Kuldschagebiet heute Gulja oder Yining Teil des Uigurischen Autonomen Gebiets Xinjiang eingenommen welches jedoch 1881 an China zuruckgegeben werden musste nbsp Turkestan um 1900Danach fielen in rascher Folge auch Chudschand Jizzax und Samarkand bedeutende Knotenpunkte der Seidenstrasse in russische Hand 1881 85 wurde das transkaspische Gebiet im Zug eines Feldzugs annektiert den die Generale Michail Nikolajewitsch Annenkow und Michail Dmitrijewitsch Skobelew leiteten unter anderem Aschgabat und Merw beide im heutigen Turkmenistan vgl Vertrag von Achal zwischen dem Russischen Reich und Persien kamen unter russische Kontrolle Kuschka heutzutage in Turkmenistan gelegen stellte den sudlichsten Punkt der russischen Expansion dar Infolge des Panjdeh Zwischenfalls kam die russische Expansion sudwarts 1887 zum Stillstand als mit dem Kontrahenten Grossbritannien die afghanische Nordgrenze festgelegt wurde die gleichzeitig als Demarkationslinie der Interessen und Einflussspharen festgeschrieben worden war Afghanistan wurde so zum Pufferstaat zwischen den beiden imperialen Machten was 1907 im Vertrag von Sankt Petersburg bekraftigt wurde Das Emirat Buchara sowie das Khanat Chiwa blieben formell unabhangig waren jedoch im Wesentlichen Protektorate entlang der Kette von Furstenstaaten im Norden Britisch Indiens Chiwa ab 1873 Ab den 1870er und 1880er Jahren spielte Turkestan auch durch den Baumwollanbau eine relativ bedeutende okonomische Rolle im Russischen Reich durch die Folgen des Amerikanischen Burgerkriegs waren die Weltmarktpreise fur den Rohstoff erheblich gestiegen Die transkaspische Eisenbahn von Krasnowodsk heute Turkmenbasy uber Samarkand nach Taschkent sowie die Trans Aral Eisenbahn von Orenburg nach Taschkent wurden gebaut Die Turkestan Sibirische Eisenbahn Turksib war bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs noch in Planung und wurde erst zwischen 1927 und 1931 fertiggestellt Vor dem Ersten Weltkrieg dominierten andere Prioritaten die Aussenpolitik der Kontrahenten Durch den Beitritt Russlands zur Entente cordiale 1907 wurde diese zur Triple Entente erweitert die vornehmlich gegen die weltpolitischen Ambitionen des Deutschen Kaiserreichs gerichtet war siehe dazu Bagdadbahn Deutsche Militars und Politiker planten im Ersten Weltkrieg Truppen nach Zentralasien zu schicken 7 Zudem war Japan zu einem neuen Gegner Russlands auf dem asiatischen Kontinent bzw in Fernost avanciert vgl Russisch Japanischer Krieg Die letzte koloniale Erwerbung des Russischen Kaiserreichs war Tuwa das 1911 von russischen Truppen besetzt wurde und formal als Protektorat galt In den 1920er und 1930er Jahren verlagerte sich das Great Game nach Turkestan und Afghanistan sowie auf politische Konflikte und Reibereien in der Turkei Persien und Britisch Indien Halford Mackinders Heartland Theorie Bearbeiten nbsp Laut Mackinder ist die Pivot Area entscheidend fur die globale DominanzDas Great Game wurde auch zum Thema des zu Beginn des 20 Jahrhunderts aufkommenden Forschungsgebiets der Geopolitik Der britische Geograph Halford Mackinder formulierte in seiner im Januar 1904 vor der Londoner Royal Geographical Society prasentierten im gleichen Jahr im Geographical Journal veroffentlichten Schrift The Geographical Pivot of History etwa Der geografische Drehpunkt der Geschichte die Heartland Theorie als Teil der britischen imperialen Strategie Deren Hauptthese war die Beherrschung Eurasiens als pivot area Kernland sei der Schlussel zur Weltherrschaft Grossbritannien konne als fuhrende Seemacht aufgrund seiner Insellage diese weitraumigen Gebiete nicht beherrschen und musse mit dem Aufkommen eines gefahrlichen ebenfalls nach Expansion strebenden Konkurrenten auf dem Kontinent rechnen vor allem mit Russland Mackinder betonte im Verlauf der Geschichte hatten sich sowohl Land als auch Seemacht als entscheidende Faktoren erwiesen Auf das Kolumbische Zeitalter seit 1492 in dem Seemacht die ausschlaggebende Rolle gespielt hatte wurde im 20 Jahrhundert aller Voraussicht nach ein Zeitalter folgen in dem Landmachte des eurasischen Kontinents die Dominanz erringen wurden Mackinders Papier war von dem zu diesem Zeitpunkt bereits absehbaren russisch japanischen Konflikt um die Kontrolle der Mandschurei beeinflusst in dem die Eisenbahn als militarstrategisches Transportmittel eine entscheidende Rolle spielen wurde Eine starke eurasische Landmacht wie Russland oder auch Deutschland oder eine Kombination dieser Machte konne somit die britische Vormachtstellung in Sudasien jederzeit herausfordern 8 Laut Gerard Toal einem fuhrenden Vertreter der wissenschaftlichen Disziplin der Kritischen Geopolitik sind die Ideen Mackinders von 1904 und 1919 ein Versuch einer Elite eine aus den Fugen geratende Welt mit ihrer imperialistischen Perspektive zu disziplinieren 9 Siehe auch BearbeitenImperialismus Anglo Afghanische Kriege Militarkampagnen im Nordwesten Britisch Indiens SeidenstrassenstrategieLiteratur BearbeitenMartin Ewans Hrsg The Great Game Britain and Russia in Central Asia 8 Bande RoutledgeCurzon London 2004 ISBN 0 415 31638 3 Peter Hopkirk The Great Game On Secret Service in High Asia Neuausgabe Oxford University Press Oxford u a 2001 ISBN 0 7195 6447 6 erste Ausgabe 1990 Rudolf A Mark Im Schatten des Great Game Deutsche Weltpolitik und russischer Imperialismus in Zentralasien 1871 1914 Ferdinand Schoningh Verlag Paderborn 2012 ISBN 978 3 506 77579 5 Karl E Meyer Shareen Blair Brysac Tournament of Shadows The Great Game and the Race for Empire in Central Asia Counterpoint Washington DC 1999 ISBN 1 58243 028 4 Einzelnachweise Bearbeiten Conrad J Schetter Kleine Geschichte Afghanistans C H Beck Munchen 2007 ISBN 978 3 406 51076 2 S 55 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche abgerufen am 22 November 2023 Rudyard Kipling Kim Wordsworth Hertfordshire 1994 ISBN 978 1 85326 099 5 S 194 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche abgerufen am 22 November 2023 Malcolm Yapp The Legend of the Great Game PDF Proceedings of the British Academy 111 2001 S 180 abgerufen am 7 August 2021 Boris Shiryayev Grossmachte auf dem Weg zur neuen Konfrontation Das Great Game am Kaspischen Meer Eine Untersuchung der neuen Konfliktlage am Beispiel Kasachstan Kovac Hamburg 2008 ISBN 978 3 8300 3749 1 Soren Scholvin Ein neues Great Game um Zentralasien PDF 0 7 MB GIGA Focus 2 2009 abgerufen am 1 November 2022 Rani D Mullen Cody Poplin The New Great Game A Battle for Access and Influence in the Indo Pacific In Foreign Affairs 29 September 2015 abgerufen am 14 Januar 2016 David X Noack The German Planning for Soviet and Chinese Turkestan 1914 to 1918 On the Way to British India in Pervaya mirovaya vojna prolog XX veka Materialy mezhdunarodnoj nauchnoj konferencii Otvetstvennyj redaktor E Yu Sergeev Chast 1 M IVI RAN 2014 S 98 101 Robin A Butlin The Pivot and Imperial Defence Policy In Brian Blouet Hrsg Global Geostrategy Mackinder and the Defence of the West Frank Cass 2005 S 36 54 Gearoid o Tuathail Geopolitik Zur Entstehungsgeschichte einer Disziplin In Yves Lacoste et al Geopolitik Zur Ideologiekritik politischer Raumkonzepte Promedia Verlag Wien 2001 S 9 28 hier S 16 zitiert nach David X Noack Kleiner Uberblick uber die Geopolitik theheartlandblog wordpress com 19 Oktober 2013 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title The Great Game amp oldid 239364593