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Das Khanat Chiwa oder Chanat Chiwa von persisch خانات chanat war ein unabhangiges Khanat Furstentum in Choresm im westlichen Zentralasien Es wurde 1512 gegrundet wurde ab dem 17 Jahrhundert Khanat Chiwa genannt stand ab 1873 unter dem Protektorat Russlands und bestand bis 1920 Altstadt von Chiwa Tor der Zitadelle Konya Ark und das unvollendete Minarett Kalta MinorFlagge von Chiwa 1917 1920Die Hauptstadt war zunachst Alt Urgentsch Nach einer Laufanderung des Amudarja wurde sie zwischen 1592 und 1620 nach Chiwa verlegt Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Grundung 1 2 Innenpolitische Situation 1 3 Vom 16 bis zum 18 Jahrhundert 1 4 Das 19 Jahrhundert Dynastiewechsel 1 5 Russisches Protektorat ab 1873 2 Liste der Khane 3 Literatur 4 Weblinks 5 AnmerkungenGeschichte BearbeitenGrundung Bearbeiten Das Khanat entstand als die Usbeken unter der Scheibaniden Dynastie um 1500 Transoxanien eroberten und die Landereien anschliessend aufteilten Ilbars regierend 1512 1518 grundete 1512 in Choresm mit den Stadten Alt Urgentsch und Chiwa eine unabhangige Herrschaft nachdem die Bevolkerung eine Armee der persischen Safawiden aus dem Land vertrieben hatte Ilbars war zwar ein Scheibanide aber er 1 und seine Nachfolger standen in keinem guten Verhaltnis zum verwandten Usbeken Khanat auch deshalb weil sie aus einem entfernteren Zweig der Familie stammten den Arabschahiden Arabsahiden 1592 nach anderen Angaben am Anfang des 17 Jahrhunderts wurde die Hauptstadt des Reiches nach Chiwa verlegt das seit dem 6 Jahrhundert bestand Die alte Hauptstadt Alt Urgentsch musste aufgegeben werden da der Amudarja seinen Lauf geandert hatte Nun setzte sich zuerst in Russland der Name Khanat Chiwa fur diesen Staat durch 2 3 Innenpolitische Situation Bearbeiten Ein Grossteil der Usbeken konzentrierte sich im Norden Choresms im Raum des Aralsees wo sie ihre Stammesidentitat aufrechterhielten In den Stadten und Landgebieten im Suden Choresms lebten uberwiegend Sarten 4 d h die sesshaften Nachkommen der altiranischen Bevolkerung Die Usbeken wanderten aber auch dort ein und vermischten sich frei mit ihnen Die usbekische Aristokratie hatte einen etwas hoheren sozialen Status aber die Khane bemuhten sich sie mit Aufsteigern aus anderen Gruppen auszubalancieren Die Siedlungsgebiete der Turkmenen schlossen sich an den Randern der Oasen im Suden und Westen des Landes an Sie waren ebenfalls in Stammesgruppen organisiert Ferner gab es noch kleine separate Gruppen besonders die Karakalpaken am Aralsee Insgesamt war das Khanat von Chiwa das turkischste der mittelasiatischen Usbekenkhanate mit dem Tschagataisch als Sprache der Literatur und Verwaltung wahrend das Persische nur von den Gebildeten und ggf Teilen der Sarten als Zweitsprache benutzt wurde 5 Vom 16 bis zum 18 Jahrhundert Bearbeiten Das Khanat in Choresmien war politisch okonomisch kulturell und militarisch weniger bedeutend als das seiner Verwandten in Buchara und Samarkand Zu dem traditionellen Spannungsverhaltnis zwischen Nomaden und Bauern bevorzugt Usbeken gegen Tadschiken traten hier auch die Turkmenen als ein bedeutender Unruhefaktor hinzu Die Dynastie litt unter den Rivalitaten dieser Bevolkerungsgruppen ebenso wie unter den Familien bzw Thronstreitigkeiten konnte sich aber dennoch gegen die Anspruche der Nachbarn halten Der Hauptrivale war zweifellos der Khan in Buchara So scheiterte um 1538 ein Eroberungsversuch Ubaidullah Khans reg 1533 1539 von Buchara der blutige Familienstreitigkeiten zu einem Eingriff ausnutzte und den Khan Avanish Avanek totete aber von einem der Prinzen wieder hinausgeworfen wurde Als der machtige Usbekenkhan Abdullah II reg 1556 83 1598 gleichfalls Choresm zuruckerobern wollte setzte sich Hajji Muhammad reg 1558 1602 ca 1594 96 mit ihm auseinander und verbundete sich zu dem Zweck erfolgreich mit den Safawiden in Persien Sein Nachfolger Arab Muhammad reg 1603 1621 wies einen ersten russischen Vorstoss auf Urgentsch zuruck Zwar hatten die Kosaken vom Yaik ca 1603 einen erfolgreichen Plunderungszug gegen Urgentsch gewagt aber der Khan schnitt ihnen den Ruckweg ab und massakrierte sie Arab Muhammad erlitt jedoch ca 1613 eine Niederlage gegen die Kalmucken und wurde bei einer Revolte seiner Sohne abgesetzt Zudem musste um 1620 die Hauptstadt von Alt Urgentsch ins besser gesicherte Chiwa verlagert werden Die Regierung in Chiwa war islamisch ahnlich orthodox wie die Bucharas Immerhin betatigte sich der Khan Abu l Ghazi Bahadur reg 1643 1663 als Dichter und mit dem Schadschareh ye Turk auch als Geschichtsschreiber Abu l Ghazi schlug 1648 und 1652 53 zwei Angriffe der Kalmucken erfolgreich zuruck und zog 1661 gegen den Usbekenkhan Abd al Aziz reg 1645 1678 bis vor Buchara Er war der bekannteste Furst dieser Dynastie auch wenn sein Sohn Anuscha reg 1663 1687 ahnlich energisch und gebildet war Beide gingen zudem gegen die Turkmenen vor welche oftmals Karawanen uberfielen und Sklavenhandel betrieben Der Sturz Anuschas durch seinen Sohn und unzufriedene Emire beendete die Abfolge der relativ stabilen Regierungen Mit dem beginnenden 18 Jahrhundert schwand auch in Chiwa die Macht der Khane und ihre Affaren gerieten durcheinander Die Herrschaft der Scheibaniden Dynastie endete zu einem unbekannten Zeitpunkt zwischen 1687 und 1714 Danach waren die Khane Chiwas gewohnlich machtlose Dschingisidenprinzen die von den Kasachen Karakalpaken oder aus Buchara importiert wurden oder deren Herkunft schlicht unbekannt ist Die Usbeken im Norden d h am Aralsee erkannten die Autoritat der Khane Chiwas haufig nur noch nominell an und gingen stattdessen Allianzen mit umherstreifenden Gruppen der Kasachen ein Im Suden wanderten neue Turkmenengruppen ein die aus Chorasan und von den Ufern des Kaspischen Meeres kamen und sich mit diversen Fraktionen der Usbeken in feudalen Streitigkeiten verbundeten Shir Ghazi reg 1715 1728 war der letzte effektive Khan Chiwas aber seine Regierung war recht unruhig und mit der Ermordung dieses Patrons der Gelehrsamkeit und Literatur brachen Stammesrivalitaten aus Schon 1717 schickte der Zar Peter I ein Armeekorps unter dem Fursten Bekowitsch Tscherkasski gegen Chiwa aber das wurde in der Wuste aufgerieben und vor Chiwa hintergangen was der Khan Jahre spater mit den feindlichen Absichten Bekowitschs entschuldigte 6 Shir Ghazi plunderte zudem 1716 und 1719 Mashhad in Chorassan 7 Das folgende Jahrzehnt liegt im Dunkeln Ilbars II reg 1728 1740 versuchte im Rahmen der Feldzuge des persischen Eroberers Nadir Schah seine Chance zu nutzen und Buchara zu besetzen als der dortige Khan Abu l Faiz abwesend war Er geriet aber nur selbst in den Fokus Nadir Schahs wurde in zwei Schlachten geschlagen in Khanka Khanqah belagert und nach seiner Kapitulation hingerichtet 8 Anschliessend eroberte der Schah Chiwa und setzte einen neuen Khan ein so dass das Land vorubergehend unter seine nominelle Oberhoheit kam Die folgenden Jahre rivalisierten die Fuhrer der Mangit und Qungrat Klans um die Macht in Choresm den letztere in den 1750ern gewannen als Ghaib Khan Kaip Khan die Fuhrer der Mangit hinrichten liess aber selbst ca 1758 vor einer Revolte wegen zu hoher Steuern aus dem Land fliehen musste Der Herrscher Bucharas setzte daraufhin Timur Ghazi Sultan als Khan ein aber dieser wurde 1764 getotet und seitdem waren die Khane nur noch die Marionetten der Qungrat Emire So plunderten die Yomut Turkmenen 1767 70 das offene Land und selbst Chiwa und mussten durch Muhammed Amin Inak den Fuhrer der Qungrat besiegt werden 9 Uberwiegend wurde das 18 Jahrhundert von standigen Konflikten zwischen Nomaden und Sesshaften dominiert und weder die Geistlichkeit noch die Zivilgesellschaft kamen zu grosseren Einfluss Fruhere Bewasserungskanale verfielen Ackerland wich der Steppe und Chiwas Regierung verlor selbst im Amudarja Delta ihren Einfluss Das 19 Jahrhundert Dynastiewechsel Bearbeiten Im Jahr 1804 ubernahm der Qungrat Klan unter Iltuzar das Khanat nachdem dieser bereits im spaten 18 Jahrhundert die Minister und Armeebefehlshaber gestellt und so die Geschicke des Landes dominiert hatte Die neue Dynastie fuhrte ihre Herkunft auf den Stamm in der mongolischen Hochebene zuruck der durch vielfaltige Heiratsverbindungen mit den Dschingisiden verbunden gewesen war und legitimierte sich auf diese Weise Sie regierte bis zu ihrem Sturz 1920 Iltuzar wurde 1806 von der Armee Bucharas an den Ufern des Amudarja besiegt und ertrank auf der Flucht Sein jungerer Bruder und Nachfolger Muhammad Rahim I war erfolgreicher unterdruckte diverse Rebellionen und brachte 1811 das Gebiet am Aralsee wieder unter Kontrolle Zudem drangte er die Bucharer weit zuruck und eroberte 1822 sogar Merw das dann bis 1843 zum Khanat gehorte Fast jahrlich fiel seine Armee entweder bei den Turkmenen und Persern oder in Buchara ein plunderte das offene Land und siedelte die Bevolkerung mehr oder minder zwangsweise nach Choresm um Besonders die kriegerischen Turkmenen wurden dabei massenhaft in die Armee integriert und mit Land zur Bewirtschaftung und mit Steuerfreiheiten belohnt Die 1840er sahen den Bau von Bewasserungskanalen zur Erschliessung neuen Landes besonders im westlichen Teil Choresms Die so gewonnenen Gebiete wurden von den zwangsumgesiedelten Turkmenen und Tadschiken bewirtschaftet aber in Folge von Rebellionen der Turkmenen knapp zwei Jahrzehnte spater wieder aufgegeben In Folge dieser noch bis 1867 andauernden Rebellionen wurde das Khanat erheblich geschwacht so dass es alle Positionen im Suden verlor Andererseits mischten sich die Khane aber noch bei den Kasachen u a in Mangischlak ein was den Russen missfiel Russisches Protektorat ab 1873 Bearbeiten nbsp Die russische Eroberung Samarkands Bild von Wassili Wassiljewitsch Wereschtschagin nbsp Turkestan um das Jahr 1900Am 12 24 August 1873 wurde Chiwa im Zuge der Russischen Eroberung Turkestans zum russischen Protektorat gemacht und damit begrundet dass sich Russland gegen die Raubereien dieses Brigantennests schutzen musse Militarisch war das Khanat kein Gegner das einzige Problem war die Durchquerung der Wuste durch Kaufmanns Truppen Sie ruckten in funf Kolonnen von verschiedenen Seiten auf Chiwa vor koordiniert uber Petersburg und nur eine kam nicht ans Ziel Der Sturm auf die Stadt kostete die Russen elf Tote Im Vertrag mit dem Khan Said Muhammad Rahim II reg 1863 1910 annektierte Russland den rechten Teil des Amudarja Gebietes offnete Handel und Schifffahrt fur sich schaffte die Sklaverei ab und verlangte eine Kriegsentschadigung von 2 2 Millionen Rubel Im Einklang mit der offentlichen Meinung wurde das Khanat aber nicht vollig annektiert sondern nur ein Protektorat Erst im Zuge von Oktoberrevolution und russischem Burgerkrieg wurde das Khanat 1920 durch die Grundung der Volksrepublik Choresmien endgultig beseitigt Liste der Khane Bearbeiten nbsp Khan Said Muhammad Rahim II Arabschahiden Ilbars reg 1512 1518 Sultan Haji Hassan Kuli Sufyan Bujugha Avanish Avanek 1538 Qal regierte ca 1539 1546 10 Aqatay regierte 1546 10 oder bis in die 1550er 11 Dust Muhammad reg ca 1546 1558 10 Hajji Muhammad reg 1558 1602 Arab Muhammad reg 1603 1621 Izfendiar reg 1622 1643 Abu l Ghazi Bahadur reg 1643 1663 Anush reg 1663 1687 Muhammad Erenke reg ca 1687 1688 10 Ishaq Agha Shah Niyaz reg ca 1688 1702 10 unklare Herrschaftsfolge verschiedener Thronanwarter Khane verschiedener Herkunft Shir Ghazi reg 1715 1728 buchar Herkunft Ilbars II reg 1728 1740 kasach Herkunft Tahir reg 1740 1 pers Vasall regierte sechs Monate Abul Muhammed pers Vasall Abu al Ghazi II Muhammad reg ca 1742 1745 10 Ghaib Kaip Khan ein Kasachenfurst reg ca 1745 70 10 Timur Ghazi Sultan 1764 regelmassig wechselnde Marionettenkhane des Qongirat Klans bis 1804 Qongirat auch Qungrat Muhammed Amin reg ca 1755 1790 war aber formal nur der Inak fur den Khan Evez Muhammad reg 1790 1804 war aber formal nur der Inak fur den Khan Iltuzar reg 1804 1806 machte sich zum Khan Muhammad Rahim I reg 1806 1825 Alla Kuli reg 1825 1842 Muhammad Rahim Quli 1842 1845 Muhammad Amin reg 1845 1855 drei machtlose Khane innerhalb eines Jahres Rebellionen von Turkmenen Sayyid Muhammad reg 1856 1864 Said Muhammad Rahim II 1864 1910 Esfendijar 1910 1920 nbsp Esfendijar Isfandjar Dschurdschi Bahadur Foto des Farbfotografie Pioniers Sergei Prokudin Gorski Literatur BearbeitenHenry Hoyle Howorth History of the Mongols from the 9th to the 19th Century Part 2 The So Called Tartars of Russia and Central Asia Div 1 2 Longmans Green amp Co London 1880 Nachdruck Burt Franklin New York NY 1970 Burt Franklin Research amp Source Work Series 85 ZDB ID 844446 8 Gavin Hambly Hrsg Zentralasien 62 63 Tsd Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt am Main 1995 ISBN 3 596 60016 2 Fischer Weltgeschichte 16 Jurgen Paul Zentralasien Frankfurt am Main 2012 Neue Fischer Weltgeschichte Band 10 Marion Linska Andrea Handl und Gabriele Rasuly Paleczek Einfuhrung in die Ethnologie Zentralasiens Skriptum Wien 2003 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Khanat Chiwa Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienAnmerkungen Bearbeiten Yuri Bregel The new Uzbek states Bukhara Khiva and Khoqand c 1750 1886 und H H Howorth History of the Mongols Part 2 Marion Linska Andrea Handl Gabriele Rasuly Paleczek S 70 Jurgen Paul Zentralasien 2012 S 280 Der historische Begriff Sarten kennzeichnete die sesshaften Nachkommen der altiranischen Bevolkerung die im Laufe der Zeiten zumindest teilweise die turkische Sprache ubernommen hatten Er ist im 20 Jahrhundert aus politischen Grunden abgeschafft worden und daher nicht mehr gebrauchlich Man verwendet stattdessen oft den Begriff Tadschiken der schon fruher eine vergleichbare Bedeutung hatte Yuri Bregel The new Uzbek states Bukhara Khiva and Khoqand c 1750 1886 in The Cambridge History of Inner Asia Part Five S 403 Vgl Howorth History of the Mongols Part 2 S 907 ff Yuri Bregel The new Uzbek states Bukhara Khiva and Khoqand c 1750 1886 in The Cambridge History of Inner Asia Part Five S 414 Jurgen Paul Zentralasien 2012 S 356 Howorth History of the Mongols Part 2 S 913 Jurgen Paul Zentralasien 2012 S 382 Yuri Bregel The new Uzbek states Bukhara Khiva and Khoqand c 1750 1886 in The Cambridge History of Inner Asia Part Five S 398 f a b c d e f g Die Namen und dazugehorigen Jahreszahlen stammen aus Branko Soucek Svat Soucek A History of Inner Asia S 327 Sie sind aber angesichts standiger Machtkampfe nicht mehr als ein Anhaltspunkt V V Barthold Four Studies on the History of Centralasia Band 3 S 140 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Khanat Chiwa amp oldid 236538320