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Der Gewerkschaftsstreit war eine Auseinandersetzung innerhalb des katholischen Milieus nach der Wende zum 20 Jahrhundert Dabei ging es letztlich um die Frage nach Legitimitat der christlichen Gewerkschaften im Rahmen der katholischen Kirche Inhaltsverzeichnis 1 Positionen 2 Verlauf und Folgen 3 Literatur 4 EinzelnachweisePositionen BearbeitenInnerhalb des katholischen Milieus gab es vor dem Ersten Weltkrieg grundsatzliche Auseinandersetzungen zwischen modernen und antimodernen Tendenzen Wahrend die erste insbesondere vom Sozialkatholizismus reprasentiert wurde hat man die Anhanger der Gegenseite einige Zeit spater als Integralisten bezeichnet Diese Auseinandersetzungen wurden auf sozialpolitischer Ebene im so genannten Gewerkschaftsstreit ausgetragen Im katholischen Milieu hatten sich im Zusammenhang mit der Industrialisierung und der Urbanisierung neben den im engeren Sinn kirchlichen Vereinen und Bruderschaften gegen Ende des 19 Jahrhunderts einige grosse sozialpolitisch aktive Organisationen gebildete Zu diesen gehorte etwa der Volksverein fur das katholische Deutschland In das Umfeld gehorten auch die von ihrem Anspruch her uberkonfessionellen aber faktisch doch uberwiegend katholisch gepragten christlichen Gewerkschaften Hinter dem Streit standen konkret das Problem nach der katholischen Legitimitat der christlichen Gewerkschaften und die Frage ob Katholiken sich auch nichtkatholischen Organisationen anschliessen durften Vor allem die Integralisten lehnten daruber hinaus demokratische Tendenzen und soziale Emanzipationstendenzen innerhalb des Katholizismus wie sie die so genannten Kolner und Monchengladbacher Richtung um den Volksverein vertrat strikt ab und beharrten darauf dass die Kirche das gesamte wirtschaftliche und soziale Leben zu durchdringen habe Zentrale Vertreter der Kolner und Monchengladbacher Richtung waren unter anderem Franz Hitze August Pieper und Heinrich Brauns Fuhrende Kopfe auf Seiten der Integralisten waren die Bischofe von Trier und Breslau Michael Felix Korum und Georg von Kopp sowie der Berliner Maximilian Beyer Bischof Korum ausserte etwa Auch wenn die Gewerkschaften nur katholische Mitglieder aufwiesen die Leitung aber einem Arbeiter zuwiesen mussten wir sie bekampfen Alles kommt darauf an dass die Geistlichen die katholischen Arbeiter in der Hand behalten 1 Zwischen beiden Seiten wurde der Streit mit Vehemenz und Polemik bis zum Kriegsausbruch gefuhrt Verlauf und Folgen BearbeitenDer Konflikt fuhrte zunachst zur Spaltung der katholischen Arbeitervereine Die Vereine aus Nord und Ostdeutschland standen dabei auf der Seite der Integralisten Sie organisierten sich 1903 unter der Fuhrung von Geistlichen im Verband der katholischen Arbeitervereine Sitz Berlin 1913 124 000 Mitglieder Dieser lehnte die Mitgliedschaft in Gewerkschaften ab Zwar gab es sogenannte Fachabteilungen aber diese waren kein Ersatz fur eine gewerkschaftliche Interessenvertretung Der weitaus grossere Teil blieb als westdeutscher Verband der Arbeitervereine mit uber 450 000 Mitgliedern ein wichtiger Teil der Koln Monchengladbacher Richtung Auch die suddeutschen Arbeitervereine lehnten den Integralismus ab Innerhalb der christlichen Gewerkschaften selbst fuhrte der Streit ebenfalls zu erheblichen Spannungen Wahrend August Brust und der von ihm geleitete Christliche Bergarbeiterverband letztlich fur eine Uberwindung der richtungsgewerkschaftlichen Spaltung der deutschen Gewerkschaftsbewegung eintrat was auf eine Zusammenarbeit mit den sozialdemokratisch orientierten freien Gewerkschaften und eine Einheitsgewerkschaft hinausgelaufen ware stand Franz Wieber und der von ihm gefuhrte christliche Metallarbeiterverband CMV fur eine katholische Ausrichtung der christlichen Gewerkschaften Dies fuhrte zeitweise zum Ausschluss des CMV aus dem Gesamtverband der christlichen Gewerkschaften Stattdessen sollte der uberwiegend protestantische Siegerlander Metall und Bergarbeiterverband und der katholische Sauerlander Gewerkverein eine neue Zentralorganisation bilden Als dieser Versuch scheiterte wurde der CMV zwar wieder aufgenommen damit war der Kurs zur Uberwindung der Richtungsgewerkschaften aber blockiert Insgesamt konnten sich die nicht integralistischen Positionen zwar behaupten mussten aber erhebliche Einschrankungen hinnehmen Eine papstliche Enzyklika von 1912 Singulari quadam sprach sich eindeutig fur konfessionelle Arbeitervereine und ihre Fachabteilungen aus Christliche Gewerkschaften wurden in Landern wie Deutschland danach zwar geduldet aber nur insoweit ihre katholischen Mitglieder gleichzeitig auch in den Arbeitervereinen organisiert waren und die Gewerkschaften nicht gegen die kirchliche Lehrmeinung verstiessen Dieser Kompromiss war nur zustande gekommen weil sich der Kolner Erzbischof Fischer die Fuhrung der Zentrumspartei und auch die Reichsregierung bei Pius X gegen eine Verurteilung der christlichen Gewerkschaften eingesetzt hatten Dennoch war der Streit innerhalb des deutschen Katholizismus nicht beendet Erst die Enzyklika Quadragesimo anno von 1931 beendete ihn im Wesentlichen zugunsten der Gewerkschaften Negative Auswirkungen hatten die Auseinandersetzungen nicht zuletzt fur die christlichen Gewerkschaften Sie waren zeitweise fast handlungsunfahig Angesichts der papstlichen Entscheidung von 1912 konnten sie es nicht wagen sich etwa an Streiks zu beteiligen Nicht zuletzt aus diesem Grund fand der grosse Bergarbeiterstreik von 1912 im Ruhrgebiet ohne die Beteiligung des christlichen Bergarbeiterverbandes statt Im Saarrevier hatte der Trierer Bischof Korum sich schon 1903 gegen die Beteiligung der christlichen Gewerkschaften gewandt Die sozialdemokratisch orientierten freien Gewerkschaften haben von dieser Schwache profitiert Auch der sozialpolitisch engagierte Volksverein fur das katholische Deutschland sah sich vor dem Hintergrund der Auseinandersetzungen genotigt einen vorsichtigen Kurs zu steuern Die Zentrumspartei konnte zwar ihre Unabhangigkeit bewahren aber wahrend des parallel stattfindenden Zentrumsstreits scheiterte der Versuch zur Uberwindung der Konfessionsgrenzen Es gibt auch Hinweise darauf dass der Gewerkschaftsstreit zur Abwendung katholischer Arbeiter vom Zentrum gefuhrt hat Hatten noch 1903 68 der katholischen Wahler fur diese Partei gestimmt waren es 1912 nur noch 54 Literatur BearbeitenJan Dirk Busemann Katholische Laienemanzipation und Romische Reaktion Die Indexkongregation im Literatur Gewerkschafts und Zentrumsstreit Romische Inquisition und Indexkongregation Bd 17 Paderborn Ferdinand Schoningh 2017 ISBN 978 3 506 77789 8 Thomas Nipperdey Deutsche Geschichte 1866 1918 Arbeitswelt und Burgergeist Munchen 1990 S 465 468 Friedrich Hartmannsgruber Die christlichen Volksparteien 1848 1933 Idee und Wirklichkeit In Geschichte der Christlich Demokratischen und Christlich Sozialen Bewegungen in Deutschland Teil 1 Bonn 1984 ISBN 3 923423 20 9 S 274 276 Helga Grebing Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung Munchen 1966 S 133 135 Einzelnachweise Bearbeiten zit nach Grebing S 134 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gewerkschaftsstreit amp oldid 236264532