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Konstitutionalismus ist ein Begriff der Verfassungsgeschichte Er beschreibt eine Staatsform bei der Rechte und Pflichten der Staatsgewalt besonders des Monarchen und der Burger in einer Verfassung verankert sind Je nach Land und Sprache konnen im Einzelnen unterschiedliche Ausgestaltungen gemeint sein Unterzeichnung der amerikanischen Verfassung 1787 Historiengemalde von Howard Chandler Christy 1940 In der deutschen Geschichte wird der Begriff vornehmlich fur die Phase von 1814 bis 1918 gebraucht als es zwar bereits Verfassungen gab aber die parlamentarische Regierungsweise sich rechtlich oder faktisch noch nicht durchgesetzt hatte Man spricht auch von einer Abfolge der absolutistischen Monarchie der konstitutionellen Monarchie und der parlamentarischen Monarchie In der konstitutionellen Monarchie muss sich ein Monarch anders als in der absolutistischen Monarchie an eine Verfassung halten in der parlamentarischen kommt hinzu dass die Regierung letztlich vom Vertrauen des Parlaments abhangt Inhaltsverzeichnis 1 Deutsche Geschichte 2 Monarchisches Prinzip 3 Verfassungsgebung 4 Legislative 5 Exekutive 6 Oberbefehl uber das Heer 7 Siehe auch 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseDeutsche Geschichte BearbeitenIm Heiligen Romischen Reich gab es einige wichtige Entscheidungen heute als Verfassungsdokumente bezeichnet Wahrend der Franzosenzeit gab es in Teilen Deutschlands etwa 1793 bis 1814 Staaten mit Verfassungen als erste die Verfassung der Mainzer Republik Diese gelten heute nicht als eigentliche Reprasentativverfassungen Mit einer solchen Verfassung ist gemeint dass die Burger oder zumindest ein Teil der Burger eine Volksvertretung wahlen die an der Gesetzgebung teilnimmt Laut der Bundesakte von 1815 die den Deutschen Bund begrundete sollte ein deutscher Staat eine landstandische Verfassung haben Eine genaue Definition dafur fehlte aber Nach 1815 entstanden Verfassungen zunachst in Suddeutschland unter anderem in Bayern am 26 Mai 1818 in Baden am 22 August 1818 in Wurttemberg am 25 September 1819 Dann kam es nach 1830 ausgelost durch die Juli Revolution in Frankreich zu Verfassungen in einigen norddeutschen Staaten unter anderem in Hessen am 5 Januar 1831 in Sachsen am 4 September 1831 1 in Braunschweig am 12 Oktober 1832 2 und in Hannover am 26 September 1833 3 In den neu entstandenen Verfassungen finden sich dabei Zugestandnisse an das Volk zum Teil Abschaffung der Leibeigenschaft gegen einmalige Zahlungen Land etc denn diese wurden nicht oktroyiert sondern in Vereinbarung mit den Standen beziehungsweise deren Vertretungen in Versammlungen erarbeitet Allerdings gab es auch nach 1830 noch aufgezwungene Verfassungen Der grosste Staat in Norddeutschland Preussen oktroyierte am 5 Dezember 1848 eine Reprasentativverfassung als Reaktion auf die vorangegangene Marzrevolution welche eine solche Verfassung forderte Osterreich gab sich sogar erst nach einigen fruheren Ansatzen endgultig 1867 eine vom Herrscher auferlegte Verfassung Dezemberverfassung Monarchisches Prinzip BearbeitenDie Herrschaft des Monarchen beruht auf dem monarchischen Prinzip Dieses rechtfertigt die herausragende und unverletzliche Stellung des Monarchen und fuhrt diese wie zu Zeiten des Absolutismus auf das Gottesgnadentum zuruck Friedrich Julius Stahl 1845 Das monarchische Prinzip besagt dass der Monarch die Rechtfertigung fur sein Handeln in sich selbst tragt Sie kommt ihm kraft seiner Stellung zuteil und ist ihm weder durch die Verfassung noch durch das Volk oder Dritte eingeraumt Der Konig ist als Herrscher nicht auf dem Boden der Verfassung vielmehr steht er neben der Verfassung Die Verfassung ist daher nicht Grundlage der Herrschaftsgewalt des Konigs sondern dient lediglich deren Beschrankung Damit ist der Monarch selbst die verfassungsgebende Gewalt vgl unten Verfassungsgebung also pouvoir constituant und nicht bloss verfasste Gewalt pouvoir constitue Wahrend Volk und Volksvertretung fur jedes politische Handeln eines verfassungsrechtlichen Titels bedurfen tragt der Monarch diesen Titel also die Berechtigung zum Handeln in sich selbst Anders als jedoch im Absolutismus treten Staat und Staatsoberhaupt formlich auseinander Das Staatsgebiet wird der rechtsgeschaftlichen Verfugungsmacht des Herrschers entzogen sein Privatgut wird vom Staatsgut getrennt Typisches Beispiel hierfur ist die Formulierung im Titel II 1 der Verfassung des Konigreichs Bayern von 1818 Der Konig ist Oberhaupt des Staats vereinigt in sich alle Rechte der Staatsgewalt und ubt sie unter den von ihm gegebenen in der gegenwartigen Verfassungsurkunde festgesetzten Bestimmungen aus Das monarchische Prinzip das auf die Schlussakte des Wiener Kongress zuruckgeht diente in Reaktion auf revolutionare und liberale Bestrebungen der Abwehr von jeder Form der Volksreprasentation Verfassungsgebung Bearbeiten Friedrich Wilhelm IV war der Konig der im Dezember 1848 Preussen eine Verfassung gab Da er sie einseitig erliess nennt man diese Verfassung Preussens eine oktroyierte auferlegte aufgezwungene Verfassung Trotz der von ihm ausgehenden Staatsgewalt unterlag der Herrscher in deren Ausubung den Bindungen der Verfassung Diese wurde entweder von ihm selbst erlassen oktroyierte Verfassung oder im Einvernehmen mit den Vertretern der Stande vereinbart Entscheidendes Kennzeichen des Konstitutionalismus war dass die auch einseitig vom Konig oktroyierte Verfassung nicht mehr einseitig abander oder rucknehmbar war Eine Anderung musste von Monarch und Volksvertretung gemeinsam beschlossen werden ahnlich wie bei gewohnlichen Gesetzen Als beispielsweise der Konig von Hannover 1837 die Verfassung einseitig ausser Kraft setzte wurde dies als Rechtsbruch angesehen die das am 18 September 1837 durch sieben Professoren der Landesuniversitat Gottingen entsprechend zum Ausdruck brachten Zum ersten Mal in der deutschen Geschichte und mit dem Risiko der Gefahrdung des eigenen Lebens postulierten sie die Weitergeltung der Verfassung des Staatsgrundgesetzes als eine der landesstandischen Verfassungen der Bundesakte Legislative BearbeitenDie Gesetzgebung konnte nur durch gemeinsame Zustimmung von Konig und Volksvertretung erfolgen Dem Konig stand daher neben der alleinigen Inhaberschaft der Exekutive eine Teilhabe an der Legislative zu Fur den Umfang der Beteiligung der Volksvertretung war daher entscheidend inwieweit eine Angelegenheit durch Gesetz geregelt werden musste Nur in diesem Fall war die Zustimmung der Volksvertretung zwingende Voraussetzung in allen anderen Fallen oblag dem Konig als Trager der Regierung die alleinige Zustandigkeit Als Kriterium fur die Beteiligung der Legislative wurde der Vorbehalt des Gesetzes herangezogen Eine gesetzliche Regelung war immer dann erforderlich wenn Eingriffe in Eigentum und Freiheit im Raum standen Der Volksvertretung stand dabei jedoch kein Selbstversammlungsrecht zu sie konnte auch keine Gesetzesinitiative ergreifen An diese Stelle trat die Einberufung durch den Monarchen und die Gesetzespetition als Appell an den Monarchen eine entsprechende gesetzliche Regelung zu erlassen Exekutive BearbeitenRegierung und Verwaltung blieben dem Monarchen vorbehalten Die Minister standen dem Monarchen nicht als Abgesandte der Volksvertretung gegenuber sondern waren seine von ihm ernannten Gehilfen Die Regierung war damit personell und institutionell von der Volksvertretung unabhangig Die Kompetenz des Monarchen war unbeschrankt insbesondere in der Aussenpolitik der Heeresverfassung und der Organisation der Verwaltung Es gab zwar einen Gesetzesvorbehalt der die Macht des Monarchen einschrankte Allerdings bestimmte der Monarch allein uber Verordnungen die oft wichtiger waren als ein Gesetz weil sie Details und damit die Anwendung regelten Allerdings konnte die Volksvertretung Gesetze ablehnen und damit den Monarchen dazu bewegen die Wunsche der Volksvertretung zu berucksichtigen In manchen Landern fuhrte diese Entwicklung dazu dass ein Monarch seine Regierung nicht mehr im Amt halten konnte wenn die Volksvertretung die Regierung ablehnte Auf diese Weise konnte sich das parlamentarische Prinzip durchsetzen egal ob es in der Verfassung formlich verankert worden ist oder nicht Aus diesem Grund wird in manchen Landern etwa in Grossbritannien und den Niederlanden nicht so scharf zwischen konstitutioneller und parlamentarischer Monarchie unterschieden Von Bedeutung war ausserdem die Ministerverantwortlichkeit Wenn auch der Monarch selbst unantastbar war so achtete die Volksvertretung darauf ob sich die Minister an Recht und Gesetz hielten Indirekt konnte so gegebenenfalls das Handeln des Monarchen kontrolliert werden Was die Ministerverantwortlichkeit im Einzelnen bedeutete hing von der jeweiligen Verfassung aber auch von der Verfassungswirklichkeit ab Gangig war es dass die Volksvertretung die Minister herbeizitieren und befragen durfte Rechenschaftspflicht der Minister Die wurttembergische Verfassung kannte auch eine Anklage der Minister vor dem Staatsgerichtshof Die Verfassungsgeber des 19 Jahrhunderts auch die liberalen schreckten meist aber davor zuruck der Volksvertretung formell das Recht zu geben die Regierung zum Rucktritt zu zwingen Selbst noch in der Verfassung des Deutschen Reiches von 1871 gab es keine Moglichkeit des Reichstages den Kanzler zum Rucktritt zu zwingen Als im Zuge der Zabern Affare die Reichstagsmehrheit 1913 Kanzler Theobald von Bethmann Hollweg mit Mehrheit das Misstrauen aussprach hatte dies nicht seinen Rucktritt zur Folge da Kaiser Wilhelm II weiter zu ihm hielt Die Regelung der Weimarer Reichsverfassung welche es dem Parlament jederzeit erlaubte per Misstrauensvotum sowohl den Kanzler als auch einzelne Minister aus dem Amt zu entfernen mag wohl vor dem Hintergrund der Frustration vieler Mitglieder eben jener Reichstagsmehrheit von 1913 angesichts ihrer damaligen Machtlosigkeit erwachsen sein denn in der Weimarer Nationalversammlung hatten die Parteien des interfraktionellen Ausschusses als Weimarer Koalition die Mehrheit Oberbefehl uber das Heer BearbeitenDem Monarchen stand der Oberbefehl uber das Heer zu Auf diesen und nicht etwa die Verfassung wurde es normalerweise auch vereidigt Akte die aus dem Oberbefehl folgten galten als gegenzeichnungsfrei unterlagen also nicht der Zustimmung durch die Volksvertretung Siehe auch BearbeitenKonstitutionelle Okonomie RechtsstaatLiteratur BearbeitenDietmar Willoweit Deutsche Verfassungsgeschichte 5 Auflage C H Beck Munchen 2005 Weblinks BearbeitenEintrag in Edward N Zalta Hrsg Stanford Encyclopedia of Philosophy Vorlage SEP Wartung Parameter 1 und weder Parameter 2 noch Parameter 3Einzelnachweise Bearbeiten Verfassungsurkunde fur das Konigreich Sachsen Volltext Neue Landschaftsordnung fur das Herzogtum Braunschweig auf verfassungen de Grundgesetz des Konigreiches Hannover Memento des Originals vom 4 Marz 2016 im Internet Archive Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www verfassungen de auf verfassungen deNormdaten Sachbegriff GND 4165087 6 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Konstitutionalismus amp oldid 230627645