www.wikidata.de-de.nina.az
Staatsgewalt in der Verfassungslehre auch Staatsmacht bezeichnet die Ausubung hoheitlicher Macht innerhalb des Staatsgebietes eines Staates durch dessen Organe und Institutionen wie z B Staatsoberhaupt und Regierung Verwaltung besonders Polizei und Armee Parlament und Gerichte in Form von Hoheitsakten Inhaltsverzeichnis 1 Begriff und Funktion der Staatsgewalt 2 Hoheitsgewalt und Volkerrecht 3 Verfasste Gewalt 4 Macht und Gewaltmonopol des Staates 4 1 Polizeigewalt 4 2 Selbstjustiz 4 3 Ausnahmen 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseBegriff und Funktion der Staatsgewalt BearbeitenDie Staatsgewalt das Staatsgebiet und das Staatsvolk sind die drei Elemente eines Staates 1 Schon nach der Lehre Jean Bodins 2 ist es wesentliches Merkmal eines Staates dass er eine von innerstaatlichen und ausseren Machten unabhangige souverane Gewalt ausubt 3 Die Staatsgewalt ist also nicht von anderen Instanzen abgeleitet sondern besteht aus sich selbst heraus Erst durch ihre Existenz macht sie ein bestimmtes Gebiet zum Staatsgebiet und die dort ansassige Bevolkerung zum Staatsvolk 4 Mithin aussert sich die Staatsgewalt gegenuber dem Staatsvolk als Personalhoheit gegenuber dem Staatsgebiet als Gebietshoheit Nach Thomas Hobbes findet die Staatsgewalt eine wesentliche Legitimation darin in einer politischen Gemeinschaft ein bellum omnium contra omnes Krieg aller gegen alle zu verhuten 5 und Rechtssicherheit und ein friedliches und geordnetes Zusammenleben zu gewahrleisten Insbesondere als Rechtsstaat kann ein Gemeinwesen nur funktionieren wenn in ihm die Staatsgewalt zur Durchsetzung des Rechts bereitsteht und eingesetzt wird Hierzu muss sie das Monopol legitimer physischer Gewalt gegen Gewalttatigkeiten energisch und wirksam behaupten Wenn die Ausgestaltung oder die Ausubung der staatlichen Kompetenzen dieser Aufgabe nicht genugt wird eines der fundamentalen Bedurfnisse der Rechtsgemeinschaft enttauscht Dann verliert die Staatsgewalt ihre Glaubwurdigkeit und mit der Verlasslichkeit der staatlichen Ordnung wird auch deren Fortbestand aufs Spiel gesetzt wie bereits Hobbes gesehen hat Leviathan Kap 21 6 Hoheitsgewalt und Volkerrecht BearbeitenNationalstaaten welche in supranationale Organisationen wie z B die Europaische Union eingebunden sind haben Teile ihrer Staatshoheit an diesen Staatenverbund abgetreten Ihre souverane Staatsgewalt wird dadurch zwar mehr und mehr begrenzt aber nicht aufgehoben Die Wahrnehmung von Hoheitsgewalt durch die Europaische Union grundet sich auf limitierte nach Handlungsmitteln und Regelungsintensitat abgestuften Ermachtigungen souveran bleibender Staaten Volkerrechtlich liegt die Kompetenz Kompetenz bei den Mitgliedsstaaten 7 Verfasste Gewalt BearbeitenIst die Staatsgewalt an eine Verfassung gebunden so wird diese auch als pouvoir constitue bezeichnet als verfasste Gewalt Eine Verfassung entsteht kraft verfassunggebender Gewalt kraft des pouvoir constituant Im demokratischen Verfassungsstaat ist die verfassunggebende Gewalt ein unverausserliches Recht des Volkes Verfassung und die daraus entspringende Staatsgewalt sind durch das Prinzip der Volkssouveranitat legitimiert So lautet z B der Artikel 20 Absatz 2 des Grundgesetzes fur die Bundesrepublik Deutschland Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeubt In freiheitlich demokratischen Verfassungsstaaten westlicher Pragung zeichnen sich die staatlichen Institutionen durch eine als Checks and Balances bezeichnete dreifache Gewaltenteilung aus so dass von der verfassten Staatsgewalt nicht nur im Singular sondern auch im Plural als pouvoirs constitues als verfasste Staatsgewalten gesprochen werden kann Bei der klassischen Dreiteilung staatlicher Gewalt auch trias politica genannt unterscheidet man gesetzgebende Gewalt Legislative ausfuhrende Gewalt Exekutive und richterliche Gewalt Judikative Hoheitsakte der Legislative sind die Gesetze Hoheitsakte der Exekutive sind Verwaltungsakte und Hoheitsakte der Judikative sind gerichtliche Entscheidungen Diese drei Staatsgewalten kontrollieren und bremsen sich durch weitreichende Verschrankungen gegenseitig tarieren ihre Machtpositionen untereinander aus Eine Konzentration staatlicher Gewalt in einer Hand soll auf diese Weise verhindert werden Baron de Montesquieu auf den das Prinzip der Gewaltenteilung zuruckgeht spricht im franzosischen Original von la distribution des trois pouvoirs von der Verteilung der drei Gewalten Ziel sei es durch Machtbegrenzung dem Missbrauch der Macht vorzubeugen Macht steht gegen Macht Pour qu on ne puisse abuser du pouvoir il faut que par la disposition des choses le pouvoir arrete le pouvoir Damit niemand die Macht missbrauchen kann muss durch die Anordnung der Dinge die Macht der Macht Einhalt gebieten 8 Tout serait perdu si le meme homme ou le meme corps des principaux ou des nobles ou du peuple exercaient ces trois pouvoirs celui de faire des lois celui d executer les resolutions publiques et celui de juger les crimes ou les differends des particuliers Alles ware verloren wenn ein und derselbe Mann beziehungsweise die gleiche Korperschaft entweder der Machtigsten oder der Adligen oder des Volkes folgende drei Machtvollkommenheiten ausubte Gesetze erlassen offentliche Beschlusse in die Tat umsetzen Verbrechen und private Streitfalle aburteilen 9 Neben dieser dreifachen horizontalen Gewaltenteilung besteht in foderalistischen Staaten noch eine vertikale Gewaltenteilung Die Gliedstaaten eines Bundesstaates besitzen unabhangige Kompetenzbereiche und haben ein Mitwirkungsrecht bei der Bundesgesetzgebung Macht und Gewaltmonopol des Staates BearbeitenIm Kompositum Staatsgewalt besitzt das Teilwort Gewalt zwei Bedeutungen In einem abstrakten Sinne meint Gewalt die Macht uber jemanden zu herrschen also Herrschafts Macht In der Wendung Gewaltmonopol des Staates ist die Gewalt im konkreten Sinne des Wortes gemeint namlich als Ausubung von unmittelbarem physischen Zwang Ihre Eingrenzung kann aber auch auf die vom Sozio und Politologen Johan Galtung gepragte strukturelle Gewalt ausgedehnt werden Dies gilt beispielsweise fur staatliche Eingriffsmoglichkeiten wie Enteignung Polizeigewalt Bearbeiten Dieser Artikel oder Absatz stellt die Situation in Deutschland dar Bitte hilf uns dabei die Situation in anderen Staaten zu schildern Hauptartikel Polizeirecht Deutschland Staatsrechtlich gehort die Polizei zur Exekutive und ubt nach Art 20 Abs 2 des Grundgesetzes einen Teil der Staatsgewalt die Polizeigewalt aus Dabei ist sie nach Absatz 3 an Gesetz und Recht gebunden Polizei aufgaben gesetze bilden einen materiellrechtlichen Handlungsrahmen fur polizeiliches Handeln 10 Ein wichtiger Grundsatz ist das Verhaltnismassigkeitsprinzip das den legitimen Zweck der Massnahme die Geeignetheit der Massnahme zur Erfullung des Zwecks die Erforderlichkeit dieser und keiner milderen Massnahme und die Angemessenheit der Massnahme umfasst Siehe auch Polizeibegriff in Deutschland Selbstjustiz Bearbeiten Hauptartikel Selbstjustiz Amtsanmassung und Selbstjustiz sind bei Strafe verboten die Staatsgewalt beansprucht fur sich das alleinige Recht Gewaltmonopol des Staates Handlungen eines offentlichen Amtes wie die Ausubung unmittelbaren korperlichen Zwanges Verhaftungen oder Verurteilungen ausuben zu durfen Gesetze regeln welche Trager der Staatsgewalt als Vollzugskrafte zur Ausubung des unmittelbaren Zwanges eigens ermachtigt sind Widerstand gegen die Staatsgewalt Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Widerstand gegen oder tatlicher Angriff auf Personen die Vollstreckungsbeamten gleichstehen sind nach dem deutschen Strafgesetzbuch eine Straftat 113 StGB Siehe auch Unmittelbarer Zwang Ausnahmen Bearbeiten Ausnahmen vom Gewaltmonopol des Staates bilden z B das Notwehrrecht d h das Recht zur Verteidigung die erforderlich ist um einen gegenwartigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden das Selbsthilferecht d h das Recht eine ungewollte Handlung an seinem Besitz zu beenden oder zivilrechtliche Anspruche zu sichern das Notstandsrecht d h das Recht eine gegenwartige Gefahr abzuwehren und das Widerstandsrecht d h das an bestimmte Bedingungen gebundene Recht sich gegen die Staatsgewalt auflehnen zu durfen wenn andere Abhilfe nicht moglich ist siehe auch Tyrannenmord 11 Siehe auch BearbeitenAlleinvertretungsanspruch Auswartige Gewalt Gubernative Regierungsgewalt Autonomie Politikwissenschaft Literatur BearbeitenSiegfried Frech Frank Meier Hrsg Unterrichtsthema Staat und Gewalt Kategoriale Zugange und historische Beispiele Wochenschau Verlag Schwalbach am Taunus 2012 ISBN 978 3 89974 820 8 Heide Gerstenberger Die subjektlose Gewalt Theorie der Entstehung burgerlicher Staatsgewalt 2 verbesserte Auflage Westfalisches Dampfboot Munster 2006 zuerst 1990 Christian Hillgruber Souveranitat Verteidigung eines Rechtsbegriffs In Juristenzeitung JZ 11 2002 S 1072 1080 Holger Kremser Anna Leisner Verfassungsrecht III Staatsorganisation Munchen 1999 ISBN 3 406 44967 0 Wolfgang Reinhard Geschichte der Staatsgewalt Eine vergleichende Verfassungsgeschichte Europas von den Anfangen bis zur Gegenwart 3 Auflage C H Beck Munchen 2002 ISBN 978 3 406 47442 2 Jurgen Schwabe Grundkurs Staatsrecht De Gruyter Berlin 1995 ISBN 3 11 014633 9 Weblinks Bearbeiten Wikiquote Staatsgewalt Zitate Wiktionary Staatsgewalt Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenEinzelnachweise Bearbeiten Staatsbegriff des Volkerrechts allgemeine Staatsdefinition nach Georg Jellinek Allgemeine Staatslehre 3 Aufl Kap 13 Jean Bodin Six livres de la republique 1576 Buch I Kap 1 S 8 Reinhold Zippelius Allgemeine Staatslehre 17 Aufl 9 I 1 Hartmut Maurer Staatsrecht I 2010 1 Rn 6 f Thomas Hobbes De Cive Vorwort 1642 1651 London 1651 Reinhold Zippelius Allgemeine Staatslehre 17 Aufl 9 I 1 So Christian Hillgruber Souveranitat Verteidigung eines Rechtsbegriffs JZ 2002 S 1077 Charles de Montesquieu De l esprit des lois dt Vom Geist der Gesetze Genf 1748 Livre XI Chapitre IV Continuation du meme sujet Memento vom 19 April 2012 im Internet Archive franzosisch Charles de Montesquieu Vom Geist der Gesetze eingeleitet von Kurt Weigand Reclam Stuttgart 1994 S 216 f Livre XI Chapitre VI De la constitution d Angleterre Memento vom 19 April 2012 im Internet Archive Welchen Spielraum die Polizei beim Einsatz hat sueddeutsche de 12 Februar 2013 abgerufen am 25 Februar 2013 Vgl dazu Stichwort Gewaltmonopol Webseite der Bundeszentrale fur politische Bildung bpb abgerufen am 9 Januar 2017 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Normdaten Sachbegriff GND 4056648 1 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Staatsgewalt amp oldid 234282721