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Das Staatsvolk ist die Gesamtheit der durch die Herrschaftsordnung eines Staates vereinigten Menschen Neben dem Staatsgebiet und der Staatsgewalt ist es eines der drei Elemente des Staatsbegriffs im Volkerrecht Inhaltsverzeichnis 1 Begriff und Abgrenzung 2 Rechtliche Anknupfungen an die Zugehorigkeit zum Staatsvolk 3 Das Staatsvolk im bundesdeutschen Verfassungsrecht 4 Das Staatsvolk im osterreichischen Recht 5 Siehe auch 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseBegriff und Abgrenzung BearbeitenUnter Staatsvolk versteht man nach Reinhold Zippelius das im Staatsgebiet lebende Volk wozu er nicht nur die Staatsangehorigen rechnet sondern alle die der Regelungsmacht des Staates unterliegen also auch Auslander und Staatenlose 1 Hans Kelsen vertrat bereits 1925 den Standpunkt auch der Fremde gehore zum Staatsvolk er habe lediglich nicht die Rechte der Staatsburger 2 Der Verfassungsjurist Karl Brinkmann erklart es fur gleichgultig ob die einem Staat angehorenden Menschen zu einem Volk zahlen oder nicht weshalb er den Ausdruck Bevolkerung bevorzugt 3 Die herrschende Meinung definiert das Staatsvolk dagegen als die Summe der Staatsangehorigen die zu ihrem Staat in einem rechtlichen Verhaltnis stehen und der ihnen moglicherweise staatsrechtlich prinzipiell gleichgestellten Personen 4 Gemeint ist damit aber kein Volk im ethnischen Sinne oder Teil eines Volkes der in einem Staat lebt Volksgruppe 5 gemeint sind vielmehr Menschen mit gemeinsamer Staatsburgerschaft also Burger eines Staates Staatsburger unabhangig von der Nationalitat Ethnie Herkunft des einzelnen Burgers Als Gesellschaft tritt fur die Staatsangehorigen zu der regelmassigen Unterworfenheit unter die Staatsgewalt jedenfalls bei Aufenthalt im Inland eine besondere personale Beziehung zum Staat hinzu Staatsangehorigkeit ist ein Status der wechselseitige Rechte jedenfalls in Demokratien und Pflichten fur Staatsangehorige begrundet Zu unterscheiden ist der Begriff des Staatsvolks von dem Begriff der Gewaltunterworfenen das sind alle die sich im Staatsgebiet aufhalten und folglich der Gebietshoheit unterworfen sind d h die der Gebietsherrschaft eines Staates unterliegenden Personen also etwa auch Auslander oder Durchreisende unabhangig von Staatsburgerschaft und Nationalitat dem Begriff des Staatsburgervolkes darunter versteht man die Gesamtheit derjenigen die am status activus insbesondere am Wahlrecht teilhaben Dies wird durch das jeweilige Staatsrecht bestimmt meist wird Wohnsitz im Inland und immer ein Mindestalter vorausgesetzt fur Deutschland vgl Art 38 Abs 2 GG und 12 ff Bundeswahlgesetz entspricht dem Demos welches die Grundlage der Volksherrschaft der Demokratie bildet 6 dem Begriff der Bevolkerung oder Gebietsgesellschaft 7 das sind alle Personen mit Wohnsitz im Staatsgebiet ein bestimmtes Gebiet wird von Menschen bevolkert bewohnt dem Begriff des Volkszugehorigen das sind Personen mit einer gemeinsamen ethnischen Abstammung wie die Staatsangehorigen z B die deutschen Volkszugehorigen im Sinne von 6 Bundesvertriebenengesetz BVFG hierunter fallen fremde Staatsangehorige und Staatenlose Das Staatsvolk alle Burger eines Staates als konstitutives Staatselement wird im internationalen Recht uber das formelle Bindeglied der Staatsangehorigkeit bestimmt 8 Aus der Anknupfung an die Staatsangehorigkeit folgt dass auch Vielvolkerstaaten nur ein Staatsvolk besitzen Das konstituierte Staatsvolk pouvoir constitue ist in hohem Masse ein rechtliches Konstrukt weil es erst durch die Rechtsordnung hervorgebracht und dieser daher nachgelagert ist Wahrend das Staatsvolk nur durch die gemeinsame Zugehorigkeit zur Herrschaftsordnung eines Staates bestimmt wird beruht das Selbstbestimmungsrecht der Volker auf den ethnischen kulturellen und gesellschaftlichen Merkmalen eines Volks oder einer Volksgruppe Laut dem Rechtswissenschaftler Ulrich Vosgerau kommt dem Staatsvolk und dessen Willen zur staatlichen und staatsrechtlichen Einheit die entscheidende Bedeutung fur das volkerrechtliche Bestehen und Fortbestehen eines Staates zu 9 Rechtliche Anknupfungen an die Zugehorigkeit zum Staatsvolk BearbeitenDer Umfang der Rechte des Staatsvolks kann sehr unterschiedlich sein in freiheitlichen Demokratien ist er weit in Diktaturen kann er auf ein Nichts zusammenschrumpfen In der Regel bleiben den Staatsangehorigen die politischen Mitwirkungsrechte status activus vorbehalten etwa Zulassung zu offentlichen Amtern Wahlrecht zwingend ist dies jedoch nicht So besteht mittlerweile aufgrund europarechtlicher Vorgaben das Kommunalwahlrecht fur alle Staatsangehorigen eines Mitgliedstaates der Europaischen Union in jedem anderen Mitgliedstaat Auch positive Anspruchsrechte status positivus bleiben haufig den Staatsangehorigen vorbehalten So gelten z B gesetzliche Anspruche aus Sozialhilfe nur teilweise vgl fur die Bundesrepublik Deutschland etwa 23 Zwolftes Buch Sozialgesetzbuch Insbesondere haben nur die Staatsangehorigen Anspruch auf konsularische Betreuung im Ausland Auch Freiheits und Abwehrrechte sind teilweise den Mitgliedern des Staatsvolkes vorbehalten So kennt etwa das Grundgesetz Grundrechte die jedermann und solche die nur Deutschen zustehen Eine einfachgesetzliche Gleichbehandlung ist dadurch aber grundsatzlich nicht ausgeschlossen Fur Angehorige eines EG Mitgliedstaates kann sich ein Anspruch auf Gleichbehandlung etwa aus den europarechtlichen Grundfreiheiten ergeben So wie es sich bei vorstehenden Rechten und Pflichten um typische aber nicht um notwendige Besonderheiten der Rechtsstellung von Staatsangehorigen handelt stehen sich Staatsangehorige und Auslander regelmassig lediglich in der allgemeinen Gesetzesunterworfenheit status passivus gleich Das Staatsvolk im bundesdeutschen Verfassungsrecht BearbeitenAusdrucklich erwahnt ist der Begriff Staatsvolk im Grundgesetz fur die Bundesrepublik Deutschland nicht Allerdings setzt das Bundesverfassungsgericht 10 den Begriff Deutsches Volk vgl Praambel Art 56 Art 146 GG bzw Volk vgl Art 20 Abs 2 Satz 1 GG Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus des Grundgesetzes mit dem Begriff Staatsvolk rechtlich gleich obgleich es sich hier um Verschiedenheiten handelt welches wiederum prinzipiell durch die Staatsangehorigkeit bestimmt wird das Bundesverfassungsgericht rechnet zum Staatsvolk ebenso die in Art 116 Abs 1 GG Definition des Oberbegriffs des Deutschen im Sinne des Grundgesetzes den deutschen Staatsangehorigen gleichgestellte Statusdeutsche Damit war gemeint wer als Fluchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehorigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkommling in dem Gebiete des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31 Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat Diese Rechtsstellung haben heute nur noch Spataussiedler ab ihrer Aufnahme im Bundesgebiet und der Ausstellung einer Bescheinigung zum Nachweis ihrer Spataussiedlereigenschaft gemass Bundesvertriebenengesetz gewahrt mit der sie die deutsche Staatsangehorigkeit erwerben 11 Entscheidend fur die Zugehorigkeit zum deutschen Volk im Sinne des bundesdeutschen Grundgesetzes ist mithin primar der rechtliche Status als Staatsburger und nicht die Zugehorigkeit zu einem Volk oder Volksstamm etwa im ethnischen oder soziologischen Sinne Eine Legaldefinition wer zum deutschen Volk gehort gibt es im deutschen Recht nicht 12 Eingeburgerte Migranten nichtdeutscher Nationalitat gehoren somit zum deutschen Volk und konnen sich daher unter anderem an politischen Wahlen beteiligen ohne dass dadurch ein Widerspruch zum Grundgesetz bestehen wurde Das Staatsvolk im osterreichischen Recht BearbeitenAhnlich wie in der Bundesrepublik Deutschland wird der Begriff des Staatsvolkes in der osterreichischen Bundesverfassung und den osterreichischen Bundesgesetzen zwar nicht ausdrucklich erwahnt findet aber im Begriff der Staatsburgerschaft seine Entsprechung Die Staatsburgerschaft in Osterreich ist ein rechtlicher Status der von der ethnischen Zugehorigkeit des Burgers unabhangig ist Osterreichische Staatsburger sind zugleich Landesburger desjenigen Bundeslandes in dem sie ihren Hauptwohnsitz haben Art 6 B VG Alle osterreichischen Staatsburger sind vor dem Gesetz gleichgestellt Art 7 B VG Im Unterschied zur absoluten Menge der osterreichischen Staatsburger bezeichnet der Begriff des Bundesvolkes die Teilmenge der wahlberechtigten osterreichischen Staatsburger Art 26 B VG Das Bundesvolk ubt mit Wahlen Volksabstimmungen und Volksbefragungen eine wesentliche Funktion in der Gesetzgebung der Republik Osterreich aus Insbesondere erfordert eine Gesamtanderung der Bundesverfassung eine Abstimmung des Bundesvolkes Art 44 Abs 3 Art 45 B VG zuletzt beim EU Beitritt Osterreichs Bestimmungen hinsichtlich Erwerb und Verlust der osterreichischen Staatsburgerschaft sowie diesbezuglicher Verfahren sind Gegenstande des Staatsburgerschaftsgesetzes von 1985 Im Jahr 2005 beschloss der osterreichische Nationalrat eine vom osterreichischen Bundesrat beanspruchte 13 Gesetzesnovelle mit der die Bestimmungen hinsichtlich der Verleihung der osterreichischen Staatsburgerschaft an Fremde Auslander verscharft wurden 14 Die Novelle sieht unter anderem vor dass fremde Staatsburgerschaftswerber als Voraussetzung fur eine Verleihung der osterreichischen Staatsburgerschaft ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache sowie Grundkenntnisse der demokratischen Ordnung sowie der Geschichte Osterreichs und des jeweiligen Bundeslandes nachweisen die sie unter Umstanden in Form einer schriftlichen Prufung unter Beweis stellen mussen 10a Abs 1 und 5 StbG Siehe auch BearbeitenNation Staat und Gesellschaft Souveranitat TitularnationWeblinks Bearbeiten Wiktionary Staatsvolk Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenEinzelnachweise Bearbeiten Reinhold Zippelius Allgemeine Staatslehre Ein Studienbuch 16 Auflage C H Beck Munchen 2010 S 63 f Hans Kelsen Allgemeine Staatslehre 1966 S 160 Karl Brinkmann Verfassungslehre 2 erganzte Auflage R Oldenbourg Verlag Munchen Wien 1994 ISBN 978 3 486 78678 1 S 7 abgerufen uber De Gruyter Online Josef Isensee Paul Kirchhof Hrsg Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland Bd X Deutschland in der Staatengemeinschaft 3 Auflage C F Muller Heidelberg 2012 S 47 226 zur h M Ulrich Vosgerau Das Selbstbestimmungsrecht in der Weltgemeinschaft In Josef Isensee Paul Kirchhof Hrsg Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland Bd XI Internationale Bezuge 3 Aufl 2013 S 95 vgl etwa fur die Bundesrepublik Deutschland Art 116 Abs 1 GG vgl ferner BVerfGE 83 37 51 Auslanderwahlrecht I Werner Freistetter Volksgruppen und ethnische Minderheiten als Frage des Menschenbildes in ders Rudolf Weiler Hrsg Die Einheit der Kulturethik in vielen Ethosformen Duncker amp Humblot Berlin 1993 S 107 f Christoph Schnellbach Minderheitenpolitik in Ostmitteleuropa im Prozess der EU Erweiterung Wiener Verlag fur Sozialforschung Bremen 2013 S 33 f Eva Maria Tieke Das Subjekt demokratischer Legitimation in der Europaischen Union Tectum Verlag Marburg 2016 S 132 Vgl Hermann Heller Staatslehre Tubingen 1983 1934 S 230 Marcel Kau Der Staat und der Einzelne als Volkerrechtssubjekte In Wolfgang Graf Vitzthum und Alexander Proelss Hrsg Volkerrecht 7 Auflage de Gruyter Berlin Boston 2016 ISBN 978 3 11 044130 7 S 199 Rn 77 abgerufen uber De Gruyter Online Ulrich Vosgerau Staatliche Gemeinschaft und Staatengemeinschaft Grundgesetz und Europaische Union im internationalen offentlichen Recht der Gegenwart Mohr Siebeck Tubingen 2016 S 92 BVerfG Urteil vom 31 Oktober 1990 BVerfGE 83 37 50 f Sachstand Zu den Begriffen deutsches Volk Deutsche und deutsche Volkszugehorigkeit im Grundgesetz Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages WD 3 3000 026 19 2019 S 4 f Eckart Klein Der Status der deutschen Volkszugehorigen und die Minderheiten im Ausland In Josef Isensee und Paul Kirchhof Hrsg Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland Bd X Deutschland in der Staatengemeinschaft C F Muller Heidelberg 2012 S 229 212 Rn 7 Republik Osterreich Parlament Memento vom 29 September 2007 im Internet Archive BGBl I Nr 37 2006Normdaten Sachbegriff GND 4182683 8 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Staatsvolk amp oldid 230890096