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Das Prinzip der Volkssouveranitat bestimmt das Volk zum souveranen Trager der Staatsgewalt Die Verfassung als politisch rechtliche Grundlage eines Staates beruht danach auf der verfassungsgebenden Gewalt des Volkes Nicht ein absoluter Monarch sondern das Volk in seiner Gesamtheit steht einzig uber der Verfassung Grundgedanken der Demokratie Sonderbriefmarke der Deutschen Bundespost von 1981Es ist der Gegenbegriff zum monarchischen Prinzip Volkssouveranitat leitet sich von dem Wort Souveranitat ab das von franzosisch souverainete hochste Staatsgewalt kommt welches seinerseits vom lateinischen superioritas Oberherrschaft stammt Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung 2 Geltendes Recht 2 1 Rechtslage in Deutschland 3 Rechtsphilosophische Sichtweise 3 1 Rechtssouveranitat 3 2 Kritische Uberlegungen zum Verstandnis von Volkssouveranitat im Allgemeinen 4 Literatur 5 EinzelnachweiseEntstehung BearbeitenFruh schon findet sich die Forderung nach einer eigentlichen Souveranitat des Volkes in der auf dem Aristotelismus aufbauenden und vor allem gegen den Papst gerichteten Schrift Defensor pacis dt Verteidiger des Friedens fertiggestellt 1324 des Marsilius von Padua Systematisch entwickelt dann der Aufklarer Jean Jacques Rousseau in seiner staatstheoretischen Schrift Vom Gesellschaftsvertrag oder Prinzipien des Staatsrechtes im franz Original Du contrat social ou Principes du droit politique 1762 die Idee der Volkssouveranitat Sein Begriff der Volkssouveranitat unterscheidet sich von dem des Hugo Grotius Nach Grotius kann das Volk einer Person seine Souveranitat in beliebigem Umfang ubertragen 1 Das Volk hat nach Rousseau die unteilbare und unverausserliche Souveranitat inne und kann diese im Gesellschaftsvertrag einem Herrscher nur zur Ausubung uberlassen 2 Diese Sicht gab die theoretische Grundlage fur Revolutionen gegen souverane Herrscher Der Volkssouveranitatsbegriff wurde in Deutschland vom Kameralisten und Staatstheoretiker Johann Heinrich Gottlob von Justi aufgegriffen Die Gelehrten wurden sich lange Zeit nicht einig wem im Volk die Aufgabe zukommen solle die Verfassung zu erlassen Erst nach Abschluss des Ubergangs von der standischen Gesellschaft in eine burgerliche Gesellschaft konnte in Deutschland erstmals im Jahre 1919 mit der Weimarer Reichsverfassung eine Verfassung auf der Grundlage des Prinzips der Volkssouveranitat erlassen werden in der Schweiz hingegen war das schon 1848 mit der Abstimmung zur neuen Bundesverfassung klar Zunachst hatte der Begriff Volkssouveranitat mehr eine volkerrechtliche Bedeutung Im 19 und 20 Jahrhundert wurde die Volkssouveranitat zur Bezeichnung fur die verfassunggebende konstituierende Gewalt pouvoir constituant und fur die demokratische Legitimation des Staates Der Streit verlagerte sich damit in den innenpolitischen Bereich Hierdurch entstand der Streit daruber ob das beherrschte Volk oder eine andere Herrschaftsinstitution der wahre Souveran sei Durch Formulierungen wie Alle Macht kommt vom Volke hat die Volkssouveranitat inzwischen auch in den neuesten Verfassungen des osteuropaischen Raumes ihren Ausdruck gefunden und wird damit als grundlegendes Prinzip der Legitimation demokratisch politischer Herrschaft angesehen Geltendes Recht BearbeitenRechtslage in Deutschland Bearbeiten Die Volkssouveranitat im Sinne deutschen Verfassungsrechts ist Bestandteil des Demokratieprinzips und gehort als solcher zu den verfassungsrechtlichen Staatsformmerkmalen der Bundesrepublik Deutschland Der Grundsatz der Volkssouveranitat ist in Art 20 Abs 2 Grundgesetz GG geregelt Die Bestimmung lautet wie folgt Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeubt Im Einzelnen ergibt sich aus dieser Bestimmung Samtliche Staatsgewalt geht in Deutschland unmittelbar oder mittelbar vom Volk aus Das Volk ist in diesem Sinne der Souveran im Staate ist gleichsam Herrscher uber sich selbst Dabei ist unter Volk in diesem Zusammenhang ausschliesslich das Staatsvolk im Sinne der Drei Elemente Lehre zu verstehen Dazu gehort jeder der i S v Art 116 GG die deutsche Staatsangehorigkeit hat Auslander Nicht Deutsche haben daher keinen Anspruch darauf an der Ausubung der Staatsgewalt insbesondere an Wahlen und Abstimmungen auf Bundesebene teilzunehmen Ihnen darf ein Auslanderwahlrecht auch nicht eingeraumt werden weil nur Deutschen die Staatsgewalt Art 20 Abs 2 GG zusteht Nur bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind gemass Art 28 Abs 1 Satz 3 GG Auslander soweit sie Unionsburger also Angehorige eines Mitgliedsstaates der Europaischen Union EU sind aktiv und passiv wahlberechtigt Aus dieser Bestimmung folgt ebenfalls dass ein Auslanderwahlrecht sowohl auf Bundes als auch auf Landesebene unzulassig ist Das Staatsvolk ubt seine Staatsgewalt unmittelbar durch Wahlen und Abstimmungen aus Die Ausubung der Staatsgewalt durch Abstimmungen ist im Grundgesetz abschliessend geregelt Abstimmungen finden ausschliesslich bei Neugliederungen des Bundesgebietes Art 29 und Art 118 GG statt oder zum Beschluss einer neuen Verfassung Art 146 GG Die Einfuhrung weiterer konstitutiver Volksabstimmungen oder entscheide ware nur durch Verfassungsanderung nicht aber durch einfaches Gesetz moglich Ausserhalb der Wahlen und Abstimmungen ubt das Volk die Staatsgewalt ausschliesslich mittelbar und zwar durch die Organe der Gesetzgebung Legislative der Verwaltung Exekutive und der Rechtsprechung Judikative aus Die unmittelbare Ausubung der Staatsgewalt ist daher im Wesentlichen auf die Teilnahme an Wahlen beschrankt Die deutsche Demokratie ist in diesem Sinne eine rein reprasentative Demokratie Rechtsphilosophische Sichtweise BearbeitenRechtssouveranitat Bearbeiten Aus rechtspositivistischer Sicht gibt es am Beispiel des geltenden deutschen Verfassungsrechts kein deutsches Recht das dem Zugriff des deutschen Souverans des Volkes entzogen ware Denn das Volk ube seine Staatsgewalt aus in dem es Recht setze und vollziehe Recht im rechtswissenschaftlichen Sinne gemeint sei daher nicht Voraussetzung und Grenze der Souveranitat des Volkes sondern Ausdruck und Folge seiner Souveranitat und Medium in dem die Souveranitat sich entfalte Das Volk sei daher im Prinzip noch nicht einmal gehindert notfalls durch Neuschaffung der Verfassung Zwangsarbeit zu erlauben Eigentum abzuschaffen oder die Unverletzlichkeit der Wohnung aufzuheben Ubergeordnete Rechtssatze an die auch der Souveran im Rechtssinne absolut gebunden ware gebe es nicht Sollte sich der Souveran an bestimmte Werte aus moralischen ethischen oder sonstigen Grunden gebunden fuhlen etwa an die Unantastbarkeit der Menschenwurde oder die freie Meinungsausserung so werde er sie berucksichtigen Rechtlich verpflichtet aber sei er dazu nicht Demgegenuber vertritt eine am Naturrecht orientierte Rechtsphilosophie die Auffassung auch in demokratischen Staaten solle die Rechtssouveranitat der Volkssouveranitat vorangestellt werden Das heisst bestimmte Rechtsgrundsatze wie z B die Menschenrechte durften als Grundlage des politischen Lebens in einer Demokratie nicht verletzt werden Die demokratische Anwendung des Volkssouveranitatsprinzips bestehe nicht in einer Durchsetzung des Willkurwillens der Mehrheit sondern in der Achtung der Rechte einzelner und der gesellschaftlichen Minderheiten und Gruppen durch die demokratisch qualifizierte Mehrheit Kritische Uberlegungen zum Verstandnis von Volkssouveranitat im Allgemeinen Bearbeiten Verschiedene Initiativen verstehen unter dem Volkssouveranitatsprinzip eine weitergehende Forderung Sie lehnen die reprasentative Demokratie als grundsatzlich undemokratisch ab und akzeptieren lediglich direkte Demokratien als demokratisch Nach deren Verstandnis soll es keine dem Volk ubergeordnete staatliche oder staatsahnliche Ebene wie z B Bundesstaatsebene oder EU Ebene die gegenuber dem Volk des jeweiligen Staates weisungsbefugt ist geben Auch innerhalb des Staates werden dem Volk ubergeordnete weisungsbefugte Instanzen wie Parlamente Verfassungsgerichte Regierungen Verwaltung Aristokraten Diktatoren etc abgelehnt Nach Otfried Hoffe hat die Mitwirkung der Burger in einer Demokratie Grenzen Eine Demokratie die selbst fur die grundlegenden Menschenrechte Mehrheiten zulasst verletzt ihre Legitimitat 3 Hoffe begrundet es damit dass legitime Herrschaft von Menschen ausgeht Prinzip Volkssouveranitat und ihnen zugute kommen muss Prinzip Menschenrechte 3 Zumindest die Anderung einer Verfassung muss direkt vom Volke ausgehen Ist eine Volksvertretung z B eine Regierung berechtigt ohne Volksentscheid Anderungen selbst an grundlegenden Menschenrechten vorzunehmen welche in der Verfassung geregelt werden wird nach dieser Auffassung die Legitimitat der Demokratie schwer verletzt womit das Bestehen einer Volkssouveranitat nicht gegeben sein kann Literatur BearbeitenPhilipp Erbentraut Volkssouveranitat Ein obsoletes Konzept Tectum Marburg 2009 ISBN 978 3 8288 9903 2 Peter Graf Kielmansegg Volkssouveranitat Eine Untersuchung der Bedingungen demokratischer Legitimitat Klett Cotta Stuttgart 1977 1994 ISBN 3 608 95962 9 zugleich Habil Schr TU Darmstadt 1991 unter dem Titel Volkssouveranitat als Legitimitatsproblem Ingeborg Maus Uber Volkssouveranitat Elemente einer Demokratietheorie Suhrkamp Frankfurt am Main 2011 ISBN 978 3 518 29607 3 Winfried Veil Volkssouveranitat und Volkersouveranitat in der EU Mit direkter Demokratie gegen das Demokratiedefizit Nomos Verlag Baden Baden 2007 ISBN 978 3 8329 2510 9 Georg Vobruba Der postnationale Raum Die Transformation von Souveranitat und Grenzen in Europa Beltz Juventa Weinheim Basel 2012 ISBN 978 3 7799 2722 8 Einzelnachweise Bearbeiten De Jure Belli ac Pacis Vom Recht des Krieges und des Friedens Paris 1625 1 Buch Kapitel 3 Abschnitt 8 f Jean Jacques Rousseau Vom Gesellschaftsvertrag oder Grundsatze des Staatsrechts Ubers u hrsg von Hans Brockard u Mitarb von Eva Pietzcker Reclam Stuttgart 1977 Abschnitt II 1 und 2 Erstausgabe 1762 a b Otfried Hoffe Ist die Demokratie zukunftsfahig Uber moderne Politik Beck Munchen 2009 ISBN 978 3 406 58717 7 S 80 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Normdaten Sachbegriff GND 4137541 5 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Volkssouveranitat amp oldid 233297881