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Die Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft franzosisch Constitution federale de la Confederation suisse italienisch Costituzione federale della Confederazione Svizzera ratoromanisch Constituziun federala da la Confederaziun svizra vom 18 April 1999 abgekurzt BV SR 101 ist die Verfassung der Schweiz Sie geht zuruck auf die erste Bundesverfassung vom 12 September 1848 mit der die Schweiz vom Staatenbund zum Bundesstaat geeint wurde BasisdatenTitel Bundesverfassung der Schweizerischen EidgenossenschaftKurztitel BundesverfassungAbkurzung BVArt VerfassungGeltungsbereich Schweizerische EidgenossenschaftRechtsmaterie VerfassungsrechtSystematische Rechtssammlung SR 101Ursprungliche Fassung vom 18 April 1999Inkrafttreten am 1 Januar 2000Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten Original der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 12 September 1848 Bild zum Blattern Schweizer Bundesverfassung Umschlag der amtlichen AusgabeErste Seite der Bundesverfassung Stand 1 Januar 2008 Inhaltsverzeichnis 1 Stellung in der Rechtshierarchie 2 Gliederung und Inhalt 3 Geschichte 3 1 Bundesrevisionskommission von 1848 3 2 Bundesverfassung von 1848 3 3 Revision von 1866 3 4 Totalrevisionen von 1872 und 1874 3 5 Letzte Totalrevision von 1999 4 Revisionsmoglichkeiten 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseStellung in der Rechtshierarchie BearbeitenDie Bundesverfassung steht auf der obersten Stufe des schweizerischen Rechtssystems Ihr sind samtliche Verordnungen und Erlasse des Bundes sowie die Verfassungen Gesetze Verordnungen und Erlasse der Kantone und der Gemeinden untergeordnet Grundsatzlich durfen diese daher der Bundesverfassung nicht widersprechen Eine Ausnahme bildet das zwingende Volkerrecht ius cogens dem die Bundesverfassung untergeordnet ist 1 Die Bundesverfassung schliesst allerdings die direkte abstrakte gerichtliche Anfechtung von Akten d h rechtsetzenden Bestimmungen und Einzelakten der Bundesversammlung und des Bundesrates aus Art 189 Die Uberprufung einer Verordnung des Bundesrates oder der Bundesversammlung durch das Bundesgericht auf ihre Verfassungsmassigkeit ist aber in konkreten Anwendungsfallen moglich ausser wenn ihr Inhalt durch die nicht anfechtbare Delegationsbestimmung im Gesetz gedeckt ist Bundesgesetze und Volkerrecht sind fur das Bundesgericht und die anderen rechtsanwendenden Behorden massgebend Art 190 d h gegen ihre Anwendung ist keine Beschwerde vor Gericht moglich Es gibt somit keine Verfassungsgerichtsbarkeit fur Bundesgesetze Diese spezielle Regelung ist Ausdruck der starkeren Gewichtung des Demokratieprinzips gegenuber dem Rechtsstaatsprinzip Die von der Volksvertretung erlassenen und allenfalls in einem Referendum vom Stimmvolk angenommenen Gesetze sollen nicht durch ein Gericht ausser Kraft gesetzt werden konnen Gliederung und Inhalt BearbeitenDie Verfassung wird mit der Praambel eingeleitet die mit dem Gottesbezug Im Namen Gottes des Allmachtigen beginnt Der eigentliche Verfassungstext ist in sechs Titel gegliedert Titel 1 enthalt allgemeine Bestimmungen wie etwa zum Staatszweck Art 2 zur Stellung der Kantone Art 3 zu den Landessprachen Art 4 und zu den Grundsatzen rechtsstaatlichen Handelns Art 5 Titel 2 umschreibt die Grundrechte Art 7 36 die Burgerrechte Art 37 40 und die Sozialziele Art 41 Titel 3 nennt sich Bund Kantone und Gemeinden und regelt in den Art 43 135 die Kompetenzaufteilung zwischen den drei staatlichen Gliederungsebenen Darin ist insbesondere die umfassende Liste der Zustandigkeiten des Bundes Art 54 125 von Bedeutung Jeder Erlass des Bundes muss sich auf eine solche Norm stutzen Existiert keine explizite Bundeskompetenz in einem bestimmten Gebiet so sind dafur die Kantone zustandig und der Bund ist darin nicht befugt gesetzgeberisch tatig zu werden siehe Foderalismus in der Schweiz Subsidiaritat Die Kompetenzen des Bundes sind im Laufe der Zeit standig erweitert worden und auch heute ist diese Liste relativ haufigen Anderungen unterworfen sei es durch Anstoss der Bundesbehorden mittels obligatorischen Referendums oder durch Volksinitiativen Der vierte Titel ist mit Volk und Stande uberschrieben und regelt in Art 136 die politischen Rechte des Volkes und der Kantone insbesondere die direktdemokratischen Volksrechte Initiative und Referendum Titel 5 ist den Bundesbehorden gewidmet und umreisst die Organisation und Kompetenzen der Bundesversammlung Legislative Art 143 173 des Bundesrates und der Bundesverwaltung Exekutive Art 174 187 sowie des Bundesgerichtes und der anderen richterlichen Behorden Judikative Art 188 191 sowie Art 191a c Der sechste und letzte Titel enthalt die Revisionsmoglichkeiten der Verfassung Art 192 195 siehe unten und die Ubergangsbestimmungen Art 196 und Art 197 Geschichte Bearbeiten nbsp Darstellung zur Erinnerung an das Inkrafttreten der ersten Bundesverfassung am 12 September 1848Bundesrevisionskommission von 1848 Bearbeiten Die Tagsatzung hatte am 16 August 1847 beschlossen eine Kommission zur Revision des Bundesvertrages einzusetzen 2 3 Am 17 Februar 1848 traten die Verfassungsmacher von 1848 im Rathaus zum Ausseren Stand Bern zu ihrer ersten Sitzung zusammen Es waren mehrheitlich Kantonsoberhaupter und Mitglieder von Kantonsregierungen Sechs der dreiundzwanzig Kommissionsmitglieder wurden im neuen Staat in den allerersten Bundesrat gewahlt Die Bundesrevisionskommission von 1848 wurde vom Berner Ulrich Ochsenbein prasidiert Die Arbeit der Kommission beanspruchte 31 Sitzungen in 51 Tagen und endete am 8 April mit der Prasentation eines Verfassungsentwurfs Dieser wurde anschliessend den Kantonalinstanzen und der Tagsatzung unterbreitet wo nur wenige Retuschen angebracht wurden 4 Bundesverfassung von 1848 Bearbeiten nbsp Siegel der Bundesverfassung von 1848Grundlage fur die heutige Bundesverfassung ist die Verfassung vom 12 September 1848 als die Schweiz vom Staatenbund zum Bundesstaat wurde 5 Diese Verfassung wurde am 14 September 1848 vom letzten Prasidenten der Tagsatzung Alexander Ludwig Funk und dem Kanzler der Eidgenossenschaft Johann Ulrich Schiess unterzeichnet 6 Der Einfuhrung der Verfassung von 1848 war der kurze Sonderbundskrieg vorausgegangen Die Verfassung von 1848 wurde im Juli und August 1848 vom Schweizer Volk nur Manner in kantonalen Volksabstimmungen mit Ausnahme des Kantons Freiburg fur welchen das Kantonsparlament abstimmte 7 mit 145 584 Jastimmen 72 8 gegen 54 320 Neinstimmen 27 2 angenommen Ja stimmten ZH BE LU GL FR SO BS BL SH AR SG GR AG TG VD NE GE Nein stimmten UR SZ OW NW ZG AI TI VS 8 Der Kanton Luzern nahm die Verfassung nur deswegen an weil die Nichtstimmenden als Jastimmen gezahlt wurden 9 10 Die neue Verfassung war von der Verfassung der Vereinigten Staaten das Zweikammerparlament ist dem amerikanischen Reprasentantenhaus und Senat nachgebildet sowie dem Gedankengut der Franzosischen Revolution Burgerrechte beeinflusst Sie sah vor dass die Kantone eigenstandig souveran seien soweit sie diese Souveranitat nicht explizit einschranke 11 Die Zustandigkeit des Bundes war damals eng begrenzt und umfasste im Wesentlichen die Aussenpolitik das Munzregal die Festlegung der Masse und Gewichte sowie die Errichtung oder Unterstutzung offentlicher Werke Revision von 1866 Bearbeiten Die Verfassung von 1848 wurde 1866 teilweise revidiert Die Juden erhielten die Gleichstellung hingegen lehnte es das Volk ab den Niedergelassenen auch schweizerischer Nationalitat das kantonale und kommunale Wahl und Stimmrecht zu gewahren 12 Totalrevisionen von 1872 und 1874 Bearbeiten nbsp Flugblatt der Gegner der Totalrevision von 1874Eine Auseinandersetzung im Parlament um die Einfuhrung der Zivilehe setzte eine Debatte in Gang an deren Ende die Ausarbeitung einer neuen Verfassung stand Die vorgeschlagene Totalrevision von 1872 war sehr zentralistisch gepragt und rief nicht nur den Widerstand der Katholisch Konservativen hervor sondern auch von Foderalisten in der Romandie denen die Einschrankung der Kantonshoheit zu weit ging In der Abstimmung am 12 Mai 1872 scheiterte sie am Volks und Standemehr Da die Abstimmungsniederlage relativ knapp ausgefallen war machte sich das Parlament umgehend daran eine gemassigtere Totalrevision auszuarbeiten Sie sah unter anderem die Einfuhrung des Gesetzesreferendums auf eidgenossischer Ebene vor Durch den im Vergleich zu 1872 eingeschrankten Ausbau der Bundeskompetenzen konnten die Bedenken der Foderalisten ausgeraumt werden Die Totalrevision von 1874 wurde am 19 April von Volk und Standen angenommen und trat am 29 Mai in Kraft 11 Seit 1891 enthalt die Verfassung das Initiativrecht auf Teilrevision der Bundesverfassung Demzufolge kann ein Bruchteil der Stimmberechtigten derzeit 100 000 den Erlass die Anderung oder Aufhebung einzelner Bestimmungen der Bundesverfassung vorschlagen und eine Abstimmung von Volk und Standen Kantonen erwirken Teilrevisionen der Verfassung sind also jederzeit moglich Letzte Totalrevision von 1999 Bearbeiten nbsp Medienkonferenz am 26 Juni 1995 zur Vernehmlassung zur Reform der BundesverfassungDie bisher letzte Totalrevision der Schweizer Verfassung datiert aus dem Jahre 1999 Der Bundesrat bezeichnete seinen Entwurf vom 20 November 1996 als Nachfuhrung in deren Rahmen nicht geschriebenes Verfassungsrecht entstanden im Rahmen der hochstrichterlichen Rechtsprechung durch das Bundesgericht kodifiziert wurde und nicht auf Verfassungsebene gehorende Bestimmungen z B Absinthverbot herabgestuft wurden Die Bundesversammlung folgte diesem Konzept einer Nachfuhrung zum grosseren Teil nahm aber auch einige uber den Entwurf des Bundesrates hinausgehende inhaltliche Neuerungen auf insbesondere im Bereich der Organisation der Bundesbehorden wo die Stellung der Bundesversammlung gegenuber dem Bundesrat wesentlich gestarkt wurde Die neue Bundesverfassung wurde von Volk und Standen am 18 April 1999 mit 59 2 respektive 12 ganzen und 2 halben von 20 ganzen und 6 halben Standesstimmen gutgeheissen Sie ersetzte die Bundesverfassung vom 29 Mai 1874 alte Bundesverfassung kurz aBV und hat unter anderem neun verschiedene bis dahin lediglich in Entscheiden des Bundesgerichts und Rechtskommentaren festgehaltene Grundrechte erfasst Europaweites Novum war ausserdem der Schutz der Wurde der Kreatur in Art 120 Die Totalrevision trat am 1 Januar 2000 in Kraft 11 Revisionsmoglichkeiten BearbeitenDie Bundesverfassung kann jederzeit abgeandert werden Dabei bedarf die Abanderung der Zustimmung der Mehrheit des Volkes und der Kantone Inhaltlich ist der Abanderbarkeit dadurch Schranken gesetzt dass die Verfassung zwingendes Volkerrecht nicht verletzen darf Die Teilrevision darf zudem nicht gegen den Grundsatz der Einheit der Materie verstossen Art 193 und Art 194 BV Als ungeschriebene Voraussetzung ist auch die faktische Durchfuhrbarkeit einer Verfassungsanderung auf dem Weg der Volksinitiative anerkannt Ob weitere inhaltliche Schranken bestehen indem die Kernbereiche der fundamentalen Normen der Verfassung wie Grundrechte Foderalismus Demokratie und Rechtsstaat verbindlich sind wird in der Praxis der Bundesversammlung bisher verneint von der juristischen Lehre aber uneinheitlich beurteilt Eine Verfassungsanderung kann durch einen Beschluss der Bundesversammlung oder vom Volk durch eine Volksinitiative verlangt werden Die Bundesverfassung der Schweiz ist im Gegensatz zum Beispiel zur Verfassung der Vereinigten Staaten eine Verfassung die haufig modifiziert wird Siehe auch BearbeitenVerfassungsgeschichte der Schweiz Bundesvertrag Vorlaufer der Bundesverfassung 1815 1848 Mediationsakte Vorlaufer der Bundesverfassung 1803 1813 Politisches System der Schweiz Grundrechte Schweiz Literatur BearbeitenBernhard Ehrenzeller Philippe Mastronardi Rainer J Schweizer Klaus A Vallender Hrsg Die schweizerische Bundesverfassung St Galler Kommentar 4 Auflage Dike sowie Schulthess Zurich 2023 ISBN 978 3 7255 7994 5 Giovanni Biaggini BV Kommentar Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft 2 Auflage Orell Fussli Zurich 2017 ISBN 978 3 280 07320 9 Bernhard Waldmann Eva Maria Belser Astrid Epiney Bundesverfassung BV Basler Kommentar 1 Auflage Helbing Lichtenhan Basel 2015 ISBN 978 3 7190 3318 7 Vincent Martenet Jacques Dubey Constitution federale Commentaire romand 1 Auflage Helbing Lichtenhahn Basel 2021 ISBN 978 3 7190 4000 0 Oliver Diggelmann Maya Hertig Randall Benjamin Schindler Verfassungsrecht der Schweiz Droit constitutionnel suisse 2 Auflage Schulthess 2020 ISBN 978 3 7255 7998 3Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Die schweizerische Bundesverfassung Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Dossier zur aktuellen Bundesverfassung und derjenigen von 1848 auf der Seite der Bundesversammlung Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18 April 1999 Systematische Sammlung des schweizerischen Bundesrechts mit Listen aller angenommenen Volksinitiativen und aller angenommener Referenden Historische Verfassungen der Schweiz 1291 1999 Andreas Kley Bundesverfassung BV In Historisches Lexikon der Schweiz Constitutio ch Vorlesen der 193 Artikel durch verschiedene Personen in den Landessprachen Projekt von Dominic ButtnerEinzelnachweise Bearbeiten Ulrich Hafelin Walter Haller Helen Keller Daniela Thurnherr Schweizerisches Bundesstaatsrecht 10 Auflage Schulthess Zurich 2020 S 625 N 1922 Bundesrevision Alfred Escher Briefedition Alfred Escher Stiftung abgerufen am 17 Oktober 2017 Die Neuerfindung der Schweiz in 51 Tagen Die Verfassung die keiner wollte In Neue Zurcher Zeitung vom 10 April 2023 Rolf Holenstein Wie die Schweiz 1848 den Stein der Weisen fand In NZZ Geschichte Nr 17 Juli 2018 S 28 Bericht uber den Entwurf einer Bundesverfassung vom 8 April 1848 erstattet von der am 16 August 1847 von der Tagsatzung ernannten Revisionskommission 1848 e rara ch abgerufen am 17 September 2023 Dossier zur Bundesverfassung auf parlament ch Andreas Kley Bundesverfassung BV In Historisches Lexikon der Schweiz Wolf Linder Christian Bolliger Yvan Riedle Handbuch der eidgenossischen Volksabstimmungen 1848 bis 2007 Haupt Verlag Bern 1 Auflage 2010 ISBN 978 3 258 07564 8 S 19 Die erste Volksabstimmung der neuen Schweiz In Neue Zurcher Zeitung vom 7 September 2023 Die Schweiz auf Zwang und Konsens gebaut In Neue Zurcher Zeitung vom 4 April 2023 a b c Dossier zur Bundesverfassung auf parlament ch Siehe Liste der eidgenossischen Volksabstimmungen Verfassungen der Staaten Europas Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen und VatikanstadtAlbanien Andorra Belarus Belgien Bosnien und Herzegowina Bulgarien Danemark Deutschland Estland Finnland Frankreich Griechenland Irland Island Italien Kasachstan 1 Kroatien Lettland Liechtenstein Litauen Luxemburg Malta Moldau Monaco Montenegro Niederlande Nordmazedonien Norwegen Osterreich Polen Portugal Rumanien Russland 1 San Marino Schweden Schweiz Serbien Slowakei Slowenien Spanien Tschechien Turkei 1 Ukraine Ungarn Vatikanstadt Vereinigtes KonigreichUmstrittene GebieteKosovo Transnistrien1 Liegt grosstenteils in Asien 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