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Die direkte Demokratie ist in der Schweiz so ausgestaltet dass die Stimmburger als Souveran auf allen Staatsebenen Gemeinde Kanton Bundesstaat als Inhaber der obersten Gewalt Souveran in Sachfragen abschliessend entscheiden konnen Fur die uberwiegende Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer ist die direkte Demokratie ein zentrales Element der Schweizer Staatsordnung 1 Nach Ansicht des Okonomen Gebhard Kirchgassner gibt es in keinem anderen Staat der Welt auf nationaler Ebene auch nur annahernd so weitgehende direkte Volksrechte 2 Die Landsgemeinde Albert Welti 1910 12 Inhaltsverzeichnis 1 Begriff und Forschungsobjekt 2 Entstehung und Entwicklung der demokratischen Institutionen 2 1 Die genossenschaftliche Demokratie im fruhneuzeitlichen Graubunden 2 2 Die Entwicklung der modernen Demokratie in den Kantonen und Gemeinden 2 3 Die Entwicklung der direkten Demokratie auf Bundesebene 3 Zentrale Elemente der eidgenossischen Demokratie 3 1 Reprasentative und direkte Demokratie 3 2 Rechtsstaatliche Demokratie 3 3 Bundesstaatliche Demokratie 3 4 Verhaltnis von Regierung und Parlament 3 5 Konkordanzdemokratie 4 Kategorien direktdemokratischer Rechte 4 1 Referendum 4 2 Initiativen 5 Okonomische Aspekte der direkten Demokratie 6 Identitatsstifter und gelebte Solidaritat 7 Bedrohungen 8 Literatur 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseBegriff und Forschungsobjekt BearbeitenDer Demokratiebegriff als sozialer Hilfsbegriff kann trotz ausserlich ubereinstimmender Verfassungsmerkmale von Land zu Land grundverschieden sein Fur dessen Wesensinhalt ist die geistespolitische Einstellung der einzelnen Volker massgebend Diese grundet in der Schweiz auf einem historisch gewachsenen Selbstverwaltungssystem der Gemeinden und der weitgespannten Dezentralisation der Verwaltung Der Begriff wurde bereits 1618 in einer Quelle aus dem Kanton Graubunden als Gegenbegriff zu Monarchie und Aristokratie verwendet und gehorte zur politisch sozialen Sprache der Alten Eidgenossenschaft und der Zugewandten Orte Die schweizerische direkte Demokratie mit ihrer spezifischen politischen Kultur entwickelte sich im 19 Jahrhundert in den einzelnen Kantonen sehr unterschiedlich 3 wobei sie an republikanische und kommunalistische Strukturen anknupfte und durch Aufklarung und Helvetik unterstutzt wurde Die direkte Demokratie in der Schweiz ist historisch wenig erforscht Man befasste sich vor allem mit der Sozial und Wirtschaftsgeschichte der Demokratie wahrend die politische Geschichte mit ihrem historischen Kontext weitgehend unbearbeitet blieb Seit 2006 nimmt sich das Forum zur Erforschung der direkten Demokratie mit verschiedenen Projekten Arbeitstreffen und Konferenzen dieses Themas an 4 nbsp Landsgemeinde Kanton Appenzell Innerrhoden 2005 nbsp Landsgemeinde Kanton Glarus 2006Die neuere verfassungsgeschichtliche Forschung sieht die Wurzeln der direkten Demokratie in der Kontinuitat der versammlungsdemokratisch gepragten politischen Kultur der freien Gemeinden Gemeindeversammlungen und der Landsgemeinden seit dem Spatmittelalter dem foderativen Referendum in den zugewandten Orten und den Amteranfragen auch Volksanfragen unverbindliche Meinungsumfragen der Obrigkeit in den Stadterepubliken Die Gemeindefreiheit umfasst in erster Linie das Recht der Gemeinden zum Erlass eigener Rechtsnormen und zur Selbstverwaltung Sie war im Freistaat Drei Bunden heutiges Graubunden des 16 Jahrhunderts am weitesten entwickelt 5 Die kantonale Entwicklung wurde zudem durch die Montagnardverfassung und den Girondistenentwurf von 1793 inspiriert die beide auf Jean Jacques Rousseau zuruckfuhren 6 Entstehung und Entwicklung der demokratischen Institutionen BearbeitenSeit dem Mittelalter gab es in einigen Kantonen die direktdemokratische Institution der Landsgemeinde In den freien Gemeinden der Drei Bunden war die direkte Demokratie am weitesten entwickelt In der Neuzeit wurde die demokratische Entwicklung in der Schweiz von den grosseren Kantonen mit ihren eher reprasentativen Systemen bestimmt 1840 waren sieben Kantone mit Landsgemeinden Appenzell Innerrhoden Appenzell Ausserrhoden Glarus Nidwalden Obwalden Uri Schwyz sechs mit halbdirekter Demokratie Baselland Graubunden Luzern St Gallen Wallis Zug elf mit rein reprasentativer Demokratie Aargau Bern Basel Freiburg Genf Schaffhausen Solothurn Thurgau Tessin Waadt Zurich und einer als konstitutionelle Monarchie Neuenburg ausgestaltet Der Staatenbund der alten Schweiz hatte mit der Tagsatzung ein reprasentatives Gremium ebenso wie der neue Bundesstaat mit der Bundesversammlung Die Bundesverfassung von 1848 enthielt nur wenige Elemente der direkten Demokratie wie die Initiative auf Totalrevision der Verfassung Die wichtigsten Volksrechte auf Bundesebene wurden 1874 mit dem fakultativen Gesetzesreferendum und 1891 mit der Verfassungsinitiative eingefuhrt Damals wurde die Schweiz zu jenem Staat der weltweit die am starksten ausgebaute direkte Demokratie hat 7 Die genossenschaftliche Demokratie im fruhneuzeitlichen Graubunden Bearbeiten Nach der 1499 erfolgten faktischen Trennung der Drei Bunde Ratischer Freistaat vom Heiligen Romischen Reich entwickelten sie sich zu einem im fruhneuzeitlichen Europa einzigartigen Gebilde Der dreisprachige und nach 1520 auch konfessionell vielgestaltige Freistaat stand seit dem 16 Jahrhundert unter einer kommunalen Herrschaft die ihre Entscheide nach dem Mehrheitsprinzip traf Die Bundner Burger schworen auf ihre Freiheit der Selbstregierung und behaupteten dass sie keinen Herrn uber sich hatten ausser Gott allein In einem Verband selbstandiger politischer Gemeinden lebend beanspruchten sie die Gewalt je nach Mehrheit Gesetze zu machen und aufzuheben Bundnisse mit fremden Fursten und Gemeinschaften zu schliessen uber Krieg und Frieden zu bestimmen und alle anderen Angelegenheiten zu beraten welche hohere und niedere Gewalt betrafen Wie die Eidgenossenschaft blieb der Freistaat ein Bundesstaat aus souveranen Gliedern Trotz der vielen Trennlinien zum Beispiel wurden im Engadin lateinische Statuten errichtet welche italienische Entwicklungen aufnahmen wahrend deutschsprachige Gemeinden im Norden gleichzeitig ihr Gewohnheitsrecht schriftlich festhielten entwickelten sich gemeinsame politische Institutionen und eine gemeinsame politische Identitat Gegen Ende des 16 Jahrhunderts spiegelte sich dieses gemeinsame Bewusstsein auch in gemeinsamen Werten und sogar landesgeschichtlichen Mythen Um 1620 erschien eine Fulle von Texten mit kommunalen Ideen zur politischen Macht und Legitimitat die sich auf die politische Erfahrung von einem Jahrhundert Gemeindepolitik und einer innen und aussenpolitischen Krise stutzten 8 Die Entwicklung der modernen Demokratie in den Kantonen und Gemeinden Bearbeiten Die moderne Demokratie entwickelte sich in der Schweiz ab den 1830er Jahren parallel mit dem Ausbau des Pressewesens und der verfassungsmassigen Verankerung der Pressefreiheit die bereits wahrend der Helvetik bestanden hatte Das Pressewesen stellte einen wichtigen Faktor in der politischen Auseinandersetzung und der Verbreitung des direktdemokratischen Gedankengutes dar Die theoretischen Grundlagen und rechtlichen Begrundungen waren in der Schweiz bereits im 18 Jahrhundert von der Westschweizer Naturrechtsschule und Jean Jacques Rousseau gelegt worden Die Entwicklung fand in den Kantonen statt und wurde von unten von den demokratischen Bewegungen in den meist landlichen Gemeinden und Untertanengebieten angestossen Um die verschiedenen Forderungen nach dem Ausbau der demokratischen Rechte durchsetzen zu konnen wurde mit Petitionen und Memorials die Anderung der Kantonsverfassungen verlangt Entscheidendes neues direktdemokratisches Instrument um die Volkssouveranitat absichern zu konnen wurde das Volksveto ein Vorlaufer des fakultativen Gesetzesreferendums mit dem sich das souverane Volk die Sanktion aller Gesetzesanderungen vorbehielt Der Kanton Appenzell Innerrhoden war einer der ersten in dem die Kabinettspolitik der herrschenden Familien in der Landsgemeindedemokratie vom Volk nicht mehr toleriert und mit der Verfassung von 1829 eine moderne Demokratie nach dem Gusto des Volkes errichtet wurde Hauptartikel Direkte Demokratie im Kanton Appenzell Innerrhoden Dem Kanton St Gallen gelang 1831 mit der Einfuhrung des Vetos eine Pionierleistung Sie war das Resultat einer politischen Kompromisslosung zwischen der burgerlich liberalen und landlich demokratischen Stromung im Verfassungsrat und dem Einfluss des fruhen Theoretikers der direkten Demokratie Franz Anton Good Hauptartikel Direkte Demokratie im Kanton St Gallen Der Kanton Basel Landschaft wollte sich 1832 mit der Einfuhrung des modernen Vetorechts die wahrend der Trennungswirren errungenen Souveranitats und Freiheitsrechte direktdemokratisch absichern Mit dem Veto und besonders mit dem obligatorischen Referendum 1863 besass er eine eigentliche Vorreiterrolle Kein anderer Kanton kannte eine derartige Vielfalt direktdemokratischer Rechte Hauptartikel Direkte Demokratie im Kanton Basel Landschaft Der Kanton Basel Stadt fuhrte die direkte Demokratie als funftletzter Kanton 1875 ein Damit war er spat dran dafur fuhrte er gleich beide zentralen Instrumente der direkten Demokratie das fakultative Referendum und die Volksinitiative ein Hauptartikel Direkte Demokratie im Kanton Basel Stadt Der Kanton Luzern war 1841 der dritte Kanton der ein Gesetzesveto einfuhrte und der erste der dazu eine eigentliche Vetodebatte in Presse Parlament und Offentlichkeit durchfuhrte Die Luzerner Stimmberechtigten erhielten mit dem Instrument des Vetos an den Vetogemeinden ein Mitspracherecht bei Gesetzgebung Bundnissen Vertragen usw und wurden damit im Sinne der Volkssouveranitat oberste gesetzgebende Instanz Nirgendwo sonst in der Eidgenossenschaft besass eine kantonale Bevolkerung soviel Macht Diese Debatte war fur die weitere Entwicklung der direkten Demokratie in den anderen Kantonen und auf Bundesebene bahnbrechend 9 Hauptartikel Direkte Demokratie im Kanton Luzern Die neue Verfassung des Kantons Zurich die am 18 April 1869 von uber 60 Prozent der Stimmenden angenommen wurde war die erste direktdemokratische Verfassung in der Schweiz Vor Zurich hatte kein Kanton einen solch radikalen Wandel von einem reinen Reprasentativsystem zu einem Modell mit weitreichenden direktdemokratischen Elementen vollzogen Die Idee der reinen Volksherrschaft wurde in einer den modernen Kulturverhaltnissen entsprechenden Form eingefuhrt 10 Hauptartikel Direkte Demokratie im Kanton Zurich Die Entwicklung der direkten Demokratie auf Bundesebene Bearbeiten Im 19 Jahrhundert wurde die aus dem Spatmittelalter stammende politische und genossenschaftliche Kultur Landsgemeinden fortgesetzt und verstarkt die besonders bei der Schweizer Landbevolkerung auf grosses Interesse stiess Volkstage als Landsgemeinden ab 1830 Verschiedene Krafte auf unterschiedlichen theoretischen Wegen waren am politischen Prozess zur Entwicklung der direkten Demokratie auf Bundesebene beteiligt Der Katholizismus hatte zur Entwicklung der direkten Demokratie mit seinem Einfluss auf die Volksschule und die hoheren Schulen beigetragen Die erste organisierte Gemeindeform in der Schweiz war die genossenschaftlich und dezentral aufgebaute Kirchgemeinde Kirchgenossen die die Gemeindefreiheit Selbstbestimmung auf naturrechtlicher Grundlage forderte 11 Der Liberalismus pragte mit der liberalen Staatsidee der Aufklarungs und franzosischen Revolutionszeit leitende Grundsatze der helvetischen Verfassungen und forderte die Volksschule favorisierte die reprasentative Demokratie bekampfte die direkte Demokratie und den Foderalismus und negierte das moderne Naturrecht 12 Die Fruhsozialisten festigten aufgrund des Naturrechts und mit Bezug zur Genossenschaftstradition die direktdemokratischen staatlichen Grundlagen 13 Der entscheidende Durchbruch der direkten Demokratie auf Bundesebene erfolgte durch die temporare Verbindung und gegenseitige Befruchtung von fruhsozialistischen liberal radikalen Ansatzen mit katholisch konservativen Vorstellungen Mit dem Widerstand der Katholisch Konservativen Beharren auf der kantonalen Souveranitat und dem Sonderbundskrieg wurde 1848 als Kompromiss eine bundesstaatlich foderalistische Losung moglich Das gemeinsame Ziel wurde die Schaffung der direkten Demokratie und damit die Konkretisierung der Volkssouveranitat Die Volksbewegung der landlichen Bevolkerung war die Haupttragerin direktdemokratischer Konzepte und Forderungen Sie konnte schliesslich die direkte Demokratie durchsetzen 14 Zentrale Elemente der eidgenossischen Demokratie BearbeitenReprasentative und direkte Demokratie Bearbeiten In keinem anderen Staat wird die Volkssouveranitat so konsequent umgesetzt wie in der Schweiz Das Volk entscheidet ausnahmslos uber alle Verfassungsfragen und wichtige Erlasse des Parlaments unterstehen der Nachentscheidung durch die Stimmburger Die Zustimmung des Volks bildet die Legitimationsgrundlage des Staates und seiner Einrichtungen Obschon sich absolute Volkssouveranitat nicht verwirklichen lasst wird die Demokratie vom Grundsatz getragen dass die Burger die staatliche Willensbildung tragen wenngleich nicht jedes einzelne Gesetz und jeder einzelne Beschluss die Zustimmung aller Gruppen finden kann 15 Die ausgebauten Volksrechte sind das herausragende Merkmal der schweizerischen Demokratie Wahrend sich die Mitwirkungsmoglichkeiten der Bevolkerung in einer reprasentativen Demokratie auf die Wahl der gesetzgebenden Gewalt Legislative beschrankt trifft das Schweizer Volk die grundlegenden Sachentscheide oder es bestatigt Beschlusse des Parlaments 16 Die Mischform von reprasentativen und direktdemokratischen Elemente wird in Lehre und Praxis 17 zum Teil als halbdirekte Demokratie bezeichnet wobei verschiedene neuere Lehrmeinungen 18 von dieser Begrifflichkeit abkehren da sie entbehrlich und nicht aussagekraftig sei Der Ausdruck suggeriere falschlicherweise dass es auch eine nur direkte Demokratie gebe was im modernen Staat undenkbar ist 19 Die direktdemokratischen Mitbestimmungsrechte andern aber nichts daran dass Bund und Kantone primar reprasentative Demokratien sind Die Volksrechte sind eingebettet in einen geordneten politischen Entscheidfindungsprozess bei dem die demokratisch gewahlten Reprasentativorgane einen erheblichen Anteil an der staatlichen Willensbildung haben 20 Die Mehrheit der politischen Entscheidungen erfolgen ohne Mitwirkung des Volkes nur etwa gegen 7 der referendumspflichtigen Erlasse auf Bundesebene wird es auch wirklich ergriffen 21 Die Referenden knupfen zudem alle an Parlamentsentscheide an Das Volk kann den Inhalt der Vorlage daher nicht andern Die Volksinitiative auf Totalrevision der Verfassung beauftragt im Fall ihrer Annahme das Art 193 Abs 3 BV Parlament zur Ausarbeitung einer neuen Verfassung die Volk und Standen vorzulegen ist Einzig die Volksinitiative auf Teilrevision hat revolutionaren Charakter denn sie verwirklicht eine parlamentsunabhangige Verfassungsrevision die Volksinitiativen sind jedoch selten erfolgreich 22 Rechtsstaatliche Demokratie Bearbeiten Die Schweiz ist ein Verfassungsstaat in dem die Herrschaft des Rechts verwirklicht ist Die Demokratie ist als rechtsstaatliche Demokratie ausgestaltet und ist dadurch an das Legalitatsprinzip gebunden wonach alles staatliche Handeln einer rechtlichen Grundlage bedarf Anders als in anderen Staaten z B Frankreich wo der Prasident dem Volk jedes Gesetz zur Annahme oder Verwerfung vorlegen kann sind Volksabstimmungen aus rein politischen Grunden ausgeschlossen 23 Das Recht ist nicht nur Grundlage Art 5 Abs 1 BV sondern auch Schranke der Demokratie und soll der willkurlichen Machtausubung einen Riegel vorschieben 24 Demokratie und Rechtsstaat stehen in einem Spannungsverhaltnis Wahrend die Verwirklichung der Demokratie moglichst weitreichende Entscheidungsbefugnisse fur die Burger verlangt setzt der Rechtsstaat voraus dass auch demokratisch zustandegekommene Entscheide illegitim und illegal sein konnen und zum Schutz von unantastbaren Grundrechten aufgehoben werden mussen 25 Im Unterschied zu Deutschland und den Vereinigten Staaten kennt die Schweiz keine umfassende Verfassungsgerichtsbarkeit Zwar darf das Bundesgericht ein Bundesgesetz fur verfassungswidrig erklaren Art 190 BV stellt kein Prufungsverbot dar Jene Behorden die das Recht anwenden Gerichte Verwaltungen mussen eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung gleichwohl anwenden die Verurteilung als verfassungswidrig ist somit folgenlos Die richterliche solle sich nicht uber die gesetzgebende Gewalt erheben sondern innerhalb des gesetzlichen Rahmens entscheiden 26 Das demokratische Prinzip wird in der Schweiz starker gewichtet als das rechtsstaatliche Abgesehen von der fehlenden Verfassungsgerichtsbarkeit zeigt das die Tatsache dass die Verfassung mit einem einfachen Mehr 50 der Parlamentarier der beiden Kammern mussen zustimmen geandert werden kann wahrend es in Deutschland einer Zweidrittelmehrheit bedarf Unantastbare Grundprinzipien sind dadurch weniger stark geschutzt 25 Auch Analysen aus Befragungen zeigen dass fur die Burger die Beteiligung an einer Volksabstimmung wichtiger als der Grundrechtsschutz ist 27 Fur gewisse Autoren stellt dieses Ungleichgewicht einen Missstand dar und wollen daher den Rechtsstaat starken 28 29 wahrend andere den Status quo verteidigen 30 Abgesehen von den Spannungsfeldern die es zwischen Demokratie und Rechtsstaat gibt wirken beide Strukturprinzipien symbiotisch aufeinander Der Rechtsstaat bedingt die Demokratie und vice versa 31 Der exzessive Gebrauch von Notrecht durch die Regierung gefahrdet beispielsweise nicht nur den Rechtsstaat indem die Macht des Parlaments ausgehohlt wird sondern ebenso die Mitwirkungsrechte des Volkes Die demokratischen Rechte konnen nur dann verwirklicht werden wenn sie umfassenden gerichtlichen Schutz erfahren 32 Bundesstaatliche Demokratie Bearbeiten Siehe auch Foderalismus in der Schweiz Der foderalistische Aufbau der Schweiz bestimmt das Wesen der Demokratie in vielerlei Hinsicht Dank der bundesstaatlichen Struktur ist eine politische Teilnahme des Volks in einem lokalen ihnen nahen Rahmen moglich Die Aufgabenteilung ist so strukturiert dass immer die unterste Ebene soweit moglich und sinnvoll eine Aufgabe erfullen muss wodurch die Legitimitation des staatlichen Handelns erhoht wird 33 Nur die weitreichende Organisationsautonomie der Kantone erlaubte es dass sich eine grosse Vielfalt demokratischer Institutionen herausbilden konnten Daher unterscheiden sich kantonale Demokratien bisweilen erheblich voneinander Wahrend die Kantone im 19 Jahrhundert als Vorbilder fur die Demokratie im Bund dienten ist die Demokratisierung zu einem Mittel geworden um im Lichte der schleichenden Zentralisierung ihre Eigenstandigkeit zu behaupten 34 Foderalismus und Demokratie sind jedoch weniger eng miteinander verknupft als die Demokratie mit dem Rechtsstaat Der Foderalismus ist nicht an die Demokratie gebunden und die Demokratie ist das zeigen die politischen Systeme Frankreichs und des Vereinigten Konigreichs ohne den Foderalismus denkbar 35 Der Foderalismus schrankt die Demokratie auch ein mehr noch In der Sache bilden Foderalismus und Demokratie Gegensatze jedenfalls forderte die direkte Demokratie der Kantone die Zentralisierung und deren sukzessive Entmachtung 36 Das Standemehr wirkt zugunsten der kleineren Kantonen und dient dem Minderheitenschutz einem ahnlichen Zweck folgt der Standerat indem eine Majorisierung durch die dicht bevolkerten Kantone verhindert soll Das Standemehr bricht jedoch mit der fundamentalen Regel der Demokratie one man one vote und hat zur Folge dass eine Stimme unter Umstanden im Kanton Obwalden deutlich mehr Gewicht hat als eine im Kanton Zurich 37 Dadurch wird eine allfallige negative Entscheidung der Kantone hoher gewichtet als die Zustimmung des Volkes Damit entsteht zwischen dem bundesstaatlichen Machtausgleich auf der einen und der demokratischen Mehrheitsregel auf der anderen Seite ein Widerspruch der jedoch dadurch etwas abgefedert wird dass die Standesstimmen ebenfalls demokratisch zustande kommen 38 Dieser Widerspruch zwischen Foderalismus und Demokratie ist aber gewollt Die Kantone bestanden schon vor 1848 wahrenddessen die Bundesverfassung von 1848 das schweizerische Volk als Verfassungsorgan neu schuf Die Kantone traten unter der Bedingung in den Bund ein dass ihr Fortbestehen gesichert ist Mit der Standesstimme steht ihnen ein Mittel zur Hand mit dem sie einer vom Volksmehr ermoglichten Zentralisierung Einhalt gebieten und ihre Autonomie und Souveranitat schutzen konnen Das Erfordernis des Standemehrs ist das mit Abstand wirksamste Mittel der Kantone zu ihrer Behauptung im Bundesstaat Der Standerat erwies sich dagegen fur den Foderalismus als ineffektiv 38 allen voran wegen des Instruktionsverbots Art 161 Abs 1 BV das verlangt dass die National und Standerate ohne Weisung stimmen Auch die Standerate sind Abgeordnete der Bundesversammlung wie die US Senatoren und keine Delegierten der Kantone anders als die Mitglieder des deutschen Bundesrats 39 Verhaltnis von Regierung und Parlament Bearbeiten Hauptartikel Gewaltenteilung Dem Schweizer Staatswesen liegt eine Gewaltenteilung zugrunde die dem Schutz der Grundrechte des Foderalismus und der Demokratie dient Die Gewaltenteilung folgt dem klassen Konzept Montesquieus wonach die Staatsgewalten moglichst unabhangig voneinander sein sollen Hierin unterscheidet sich das schweizerische vom deutschen System das dem parlamentarischen Typus folgt in dem das Schicksal von Regierung und Parlament wegen des Misstrauensvotums und der Vertrauensfrage aneinander geknupft ist Die Regierungen sind auf sie zuverlassig unterstutzende Mehrheiten im Parlament angewiesen ansonsten drohen Neuwahlen 40 Das System der Gewaltenteilung geht auf den Staat des 19 Jahrhunderts zuruck und vermag die vorherrschende Staatswirklichkeit nicht adaquat zu beschreiben Es beruht zu sehr auf der Trennung der Gewalten und berucksichtigt deren Zusammenwirken nur unzureichend zudem uberlappen die Funktionen der drei klassischen Gewalten So ist der Bundesrat die oberste Exekutivbehorde doch ist ihm ein wichtiger Teil der Rechtsetzung die zentrale Aufgabe des Parlaments zugewiesen Art 182 BV Verordnungsgebung 41 Der Bundesversammlung kommt eine starke Rolle im Gewaltengefuge zu Nach Art 148 Abs 1 BV ubt sie die oberste Gewalt unter Vorbehalt der Volksrechte Parlamentssuprematie Daraus folgt aber keine rigorose hierarchische Abstufung in dem Sinne dass die Exektuvie bloss das Recht das von der ubergeordneten Legislative erlassen wurde vollzieht das wird schon daran ersichtlich dass die Bundesversammlung nicht die oberste Gewalt ist sondern sie nur ausubt 42 43 Wegen der Vormachtstellung des Parlaments kennt die Schweiz anders als die Vereinigten Staaten kein System der checks and balances Der Bundesrat verfugt uber keine rechtlichen Mittel kein Vetorecht bei Parlamentsbeschlussen um die Gewalt der Bundesversammlung zu begrenzen die hemmenden Befugnisse sind vor allem dem Parlament ubertragen Art 169 BV Oberaufsicht der Bundesversammlung uber den Bundesrat und die Bundesverwaltung Das Parlament untersteht seinerseits der Kontrolle des Volkes und derjenigen der Medien 43 Uber die personelle Gewaltenteilung hinaus wird die Regierung nicht vom Volk sondern dem Parlament gewahlt Das Parlament verfugt uber umfassende Informations und Initiativrechte und dessen Erlasse konnen vom Bundesgericht nicht wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben werden 44 Konkordanzdemokratie Bearbeiten Hauptartikel Konkordanzdemokratie Politische Entscheidungen werden in der Schweiz nach dem Modell einer Konkordanzdemokratie gefallt die sich zwischen den Extremen der reinen Konkurrenzdemokratie in der fur einen Beschluss genugen 50 Prozent plus eine Stimme genugen und der Konsensdemokratie in der fast alle mit dem Beschluss einverstanden sein mussen bewegt Die Begrifflichkeiten sind jedoch nicht einheitlich nach der Typologie Arend Lijpharts ist die Schweiz der Prototyp der Konsensdemokratie 45 Im konkurrenzdemokratischen System dem dasjenige des Vereinigten Konigreichs am nachsten kommt 46 wird alles nach dem Willen der parlamentarischen Mehrheit entschieden Die von ihr gebildete Regierung kann ihr politisches Programm durchsetzen ohne dabei Rucksicht auf andere Parteien und Gruppierungen nehmen zu mussen Regierung und Parlamentsmehrheit stehen als Einheit einer parlamentarischen Opposition gegenuber Referenden sind konkurrenzdemokratischen Systemen folglich fremd Die Konsensdemokratie bezeichnet dagegen ein politisches System das wesentlich auf Verhandlungen zwischen den einzelnen politischen Kraften basiert 47 Fur die Schweizer Konkordanzdemokratie ist das Fehlen einer festgelegten Opposition wie es sie in Deutschland oder den Vereinigten Staaten gibt zentral Stattdessen existiert eine Koalition die alle grossen Parteien umfasst Sie verantwortet die Regierungsgeschafte wahrend die ausserparlamentarischen Krafte mittels direktdemokratischer Rechte punktuell opponieren Deswegen haben wechselnde Krafteverhaltnisse im Parlament weniger Einfluss auf die Regierungspolitik als in Konkurrenzdemokratien Die Konkordanzdemokratie ist darauf ausgerichtet die Autonomie subnationaler Einheiten Gliedstaaten Regionen Gemeinden zu schonen und sie ist in der Lage gesellschaftliche Gruppen die sich religios sprachlich oder ethnisch voneinander abgrenzen zu integrieren Damit eine Konkordanzdemokratie funktionieren kann ist es elementar dass die politischen Eliten der verschiedenen Gruppen miteinander kooperieren 48 In der schweizerischen Konkordanzdemokratie streben die politischen Akteure danach moglichst grosse Mehrheiten zu bilden Minderheiten zu integrieren und Kompromisse zu suchen sodass moglichst alle politischen Krafte an der Entscheidfindung beteiligt sind und sich in den Entscheidungen wiederfinden konnen Die starkste Auspragung dessen findet sich in der Organisation des Bundesrats als Kollegialbehorde die nach der Zauberformel die durch einen Parteienproporz bestimmt wird zusammengesetzt ist 49 Aber auch Parteien die nicht Teil der Regierung sind Grune Grunliberale sind teil des Konkordanzsystems halt im Parlament Auch sie unterstutzen bisweilen Vorlagen der Regierung um in anderen Fallen Vorlagen zusammen mit Parteien die in der Regierung vertreten sind zu bekampfen Da in der Regierung dadurch die grossen politischen Krafte vertreten sind steigen die Chancen dass diese Regierung Gesetzesentwurfe ausarbeitet die im Parlament und im Volk Mehrheiten finden Die Konkordanz ist somit eine notwendige Folge sowohl der wechselnden Mehrheiten im Parlament als auch der direktdemokratischen Instrumente der Stimmberechtigten 50 Auch die Zusammensetzung des Bundesgerichts entspricht weitgehend den parlamentarischen Krafteverhaltnissen Die Bundesversammlung mochte damit erreichen dass auch die politischen Richtungen verhaltnismassig vertreten werden 51 Kategorien direktdemokratischer Rechte BearbeitenReferendum Bearbeiten Mit dem Referendum bestatigt oder verwirft das Volk einen parlamentarischen Beschluss wobei der Abstimmungstext nicht geandert werden kann Der Beschluss des Parlaments ist somit nicht endgultig sondern bedarf entweder zwingend oder auf Verlangen der Stimmberechtigten der Zustimmung des Volkes Negative Entscheide also die Ablehnung eines Beschlusses unterstehen grundsatzlich nicht dem Referendum 52 Das konstruktive Referendum ist ein Sonderfall des Referendums da es die einzige Ausformung des Referendums ist mit dem das Volk den Inhalt tatsachlich bestimmen kann Es gibt einer bestimmten Zahl von Stimmberechtigten das Recht einem Erlass der dem fakultativen Referendum untersteht einen Gegenentwurf gegenuberzustellen Das konstruktive Referendum existiert auf Bundesebene nicht 53 Eine Volksinitiative die es auf Bundesebene einfuhren wollte wurde 2001 mit 65 9 Nein Stimmen abgelehnt 54 Ein Referendum ist obligatorisch oder fakultativ Das obligatorische Referendum unterstellt einen Parlamentsbeschluss von Amtes wegen der Volksabstimmung Auf einen Beschluss des Parlaments muss daher eine Volksabstimmung folgen Das fakultative Referendum wird hingegen von einem Teil der Stimmberechtigten oder von anderen Akteuren ausdrucklich verlangt Ob ein Erlass dem fakultativen respektive dem obligatorischen Referendum untersteht bestimmt die Verfassung oder das Gesetz 55 Das Referendum entfaltet bremsende Wirkung im Gegensatz zur Volksinitiative Wahrend Volksinitiaven selten angenommen werden es ist jedoch eine Tendenz zu erfolgreichen Initiativen auf Bundesebene festzustellen haben Referenden eine erhebliche Chance Beschlusse des Parlaments zu Fall zu bringen Das liegt vor allem an der grossen Personenzahl die ein Referendum hinter sich vereinigen kann Das sind zum einen die Anhanger des bisherigen Zustandes und die Befurworter kleinerer Anderungen die finden ein Beschluss sei unnotig oder wolle zu viel Hinzu kommen noch jene Kreise denen der Beschluss zu wenig weit geht und die sogenannten chronischen Neinsager 56 Da Parlamentsvorlagen verhaltnismassig leicht in der Volksabstimmung umgeworfen werden konnen hat das Referendum erhebliche Vorwirkungen auf die Ausarbeitung des Beschlusses Die Moglichkeit fur Schweizer Stimmburger ein fakultatives Referendum zu ergreifen war massgeblich fur die Herausbildung der Konkordanzdemokratie verantwortlich Bundesrat und Parlament ist es daran gelegen eine Vorlage moglichst referendumssicher auszugestalten um eine Abstimmung zu verhindern bei der sie moglicherweise vom Volk abgelehnt wird Durch das Referendum kann ein grosser Teil der Bevolkerung politisch partizipieren Aber auch wenn eine Vorlage in der Abstimmung abgelehnt wird greift sie das Parlament zum Teil wieder auf wobei jene Argumente die im Abstimmungskampf dominierten mit einbezogen werden 57 Initiativen Bearbeiten Siehe auch Volksinitiative Schweiz Mit der Initiative kann eine bestimmte Zahl an Stimmberechtigten entweder direkt dem Volk oder zunachst dem Parlament einen Beschluss vorschlagen Wahrend das Referendum an einen Beschluss des Parlaments anknupft unterbreitet die Initiative einen Vorschlag Sie unterscheidet sich jedoch grundlegend von anderen Vorschlagsrechten zum Beispiel der Petition Mit einer Petition Art 33 BV kann jedermann den Behorden auch dem Parlament ein Anliegen vortragen doch muss die Petition nicht einmal beantwortet werden 58 Nicht nur das Volk sondern ebenfalls die einzelnen Parlamentsmitglieder und die Regierung im Bund auch die beiden Kammern der Bundesversammlung parlamentarische Initiative und die Kantone Standesinitiative verfugen uber ein Initiativrecht Art 160 und Art 181 BV Dem Parlament steht es jedoch frei diesen Auftrag weiterzuverfolgen oder ihn zu verwerfen Gleiches gilt fur Volksmotionen Die Volksinitiative fuhrt hingegen zur Volksabstimmung entweder immer oder zumindest dann wenn ihr nicht entsprochen wird siehe Art 138 Abs 2 und Art 139 Abs 4 und 5 BV denn ihr kann ein Gegenentwurf unterbreitet werden und die Initianten konnen die Initiative zu dessen Gunsten zuruckziehen 58 Volksinitiativen nehmen in der Schweiz verschiedene Formen an Die beiden wichtigsten sind die allgemeine Anregung und der ausgearbeitete Entwurf Mit der allgemeinen Anregung wird das Parlament angewiesen in bestimmter Weise tatig zu werden Die Gesetzesinitiative in der Form der allgemeinen Anregung beispielsweise verlangt dass ein Gesetz in bestimmter Weise geandert werden soll Die Ausarbeitung des Gesetzestextes ist Sache des Parlaments die allgemeine Anregung gibt nur die Richtung der Revision an Der ausgearbeitete Entwurf hingegen uberlasst dem Parlament keinen Spielraum die Bestimmung zu konkretisieren und schlagt einen endgultigen Wortlaut vor Der ausgearbeitete Entwurf ist die radikalere und durchsetzungskraftigere Form der Volksinitiative und entsprechend wesentlich beliebter als die allgemeine Anregung 20 der ca 500 lancierten Initiativen waren in der Form der allgemeinen Anregung Mit einer Initiative kann ebenso ein Verfahren auf Totalrevision z B der Verfassung begonnen werden Art 138 Nebst der Volksinitiative kennt der Kanton Zurich eine Behorden oder Einzelinitiative 59 Aus demokratischen Gesichtspunkten ist die Volksinitiative radikaler als das Referendum da das Parlament umgangen wird Wahrend das Referendum konservativ wirkt ist die Volksinitiative dynamisch Sie vermag die bremsenden Wirkungen des Referendums teilweise zu kompensieren indem sie die politische Innovation ob direkt oder indirekt fordert siehe die Solarinitiative von 2000 Zudem fuhrt sie zur starkeren Berucksichtigung jener politischen Akteure deren Interessen im reprasentativ demokratischen System vernachlassigt werden 60 Sie tragt auch der Tatsache Rechnung dass der einzelne Stimmberechtigte je nach Sachgebiet einmal zur Mehrheit und ein anderes Mal zu einer Minderheit gehort Diesen zahlreichen Minderheiten gibt das Initiativrecht die Moglichkeit sich im Volk gegen die Parlamentsmehrheit in einer bestimmten Frage durchzusetzen 61 Entgegen ihrer eigentlichen Funktion eine Volksabstimmung herbeizufuhren versuchen Initiativen zunehmend das Parlament in ihrem Sinn zu beeinflussen und zur Ausarbeitung eines Gegenentwurfs zu bewegen zu dessen Gunsten die Initiative meistens zuruckgezogen wird Auch Initiativbegehren die in der Abstimmung verworfen werden sich jedoch vergleichsweise einer hohen Unterstutzung erfreuten konnen die Tatigkeit des Parlaments beeinflussen 62 Okonomische Aspekte der direkten Demokratie BearbeitenDie uber 150 jahrige Geschichte des Bundesstaates ist eine Erfolgsgeschichte Die Schweiz blieb nicht nur von Kriegen verschont sie hat sich von einem der armsten Lander zum Flachenstaat mit einem der hochsten Lebensstandards entwickelt Wahrend in der zweiten Halfte des 19 Jahrhunderts viele Schweizer aus wirtschaftlichen Grunden nach Amerika auswanderten ist die Schweiz zu einem Einwanderungsland mit der hochsten Auslanderquote Europas geworden Die Schweiz verdankt diese positive Entwicklung vor allem ihrer foderalen Struktur sowie den direkten Volksrechten die den Burgern eine starke Identifikation mit ihrem politischen System ermoglichen Die systematische Erforschung mit Hilfe okonomisch statistischer Verfahren zeigt dass die direkte Demokratie in aller Regel besser abschneidet als die rein reprasentative Demokratie Studien zeigen dass die direkte Demokratie der Schweiz nicht nur modern und erfolgreich sondern auch entwicklungs und sogar exportfahig ist 2 Der Okonom und Glucksforscher Bruno Frey untersuchte die Moglichkeiten zur politischen Mitbestimmung in den Kantonen und stellte fest dass die Menschen dort wo es mehr Mitbestimmung gibt und die Hurden fur direkte Volksabstimmungen kleiner sind glucklicher sind 63 Die Effizienz der direkten Demokratie zeigt sich zum Beispiel daran dass es in den 1990er Jahren mit Zustimmung des Volkes und trotz des Einflusses von Interessengruppen gelungen ist drastische Massnahmen zur Begrenzung des staatlichen Defizites und der Ausgaben sowie einen Schuldenabbau durchzusetzen Schuldenbremse 64 65 Wie Vergleichsstudien zeigen bewirken direkte Volksrechte dass im Durchschnitt etwa dreissig Prozent weniger Steuern hinterzogen werden und Staatsausgaben und Staatsschulden geringer sind Die politischen Institutionen sind effizienter und das wirtschaftliche System weist eine hohere Produktivitat aus 66 Identitatsstifter und gelebte Solidaritat BearbeitenDie direkte Demokratie braucht gemeinschaftliche Werte die durch Erziehung und Bildung schon beim zukunftigen Stimmburger gelegt und im politischen Bereich vorgelebt werden mussen Im schweizerischen Bundesstaat leben unterschiedliche Kulturen und Sprachgemeinschaften gleichwertig nebeneinander und miteinander Die Achtung der Verschiedenartigkeit und der Wunsch nach Erhalt grosstmoglicher Freiheit im Innern wie nach aussen bilden dabei ebenso die Grundlage des foderalistischen Staatsaufbaus wie der Ausgleich zwischen Starken und Schwachen im Sinne gegenseitiger Hilfe und Solidaritat Bedrohungen BearbeitenNach dem Zweiten Weltkrieg gab es Anzeichen dass der Bundesrat vom sogenannten Vollmachten Regime das er und das Parlament kriegs und wirtschaftskrisenbedingt beansprucht hatten zu weiten Teilen nicht mehr abrucken wollte Aus diesem Grund wurde die Eidgenossische Volksinitiative Ruckkehr zur direkten Demokratie lanciert die in der Volksabstimmung vom 11 September 1949 knapp gutgeheissen wurde Literatur BearbeitenYvo Hangartner Andreas Kley Nadja Braun Binder Andreas Glaser Die demokratischen Rechte in Bund und Kantonen der Schweizerischen Eidgenossenschaft 2 Auflage Dike Zurich Basel 2023 ISBN 978 3 03891 250 7 Open Access Zugang Oliver Diggelmann Maya Hertig Randall Benjamin Schindler Hrsg Verfassungsrecht der Schweiz Droit constitutionnel suisse 2 Auflage Schulthess Zurich Basel Genf 2020 ISBN 978 3 7255 7995 2 S 287 528 Band I Wolf Linder Sean Mueller Schweizerische Demokratie 4 Auflage Haupt Verlag 2017 ISBN 978 3 258 08009 3 Rene Rhinow Markus Schefer Peter Uebersax Schweizerisches Verfassungsrecht 3 Auflage Helbing Lichtenhan Basel 2016 ISBN 978 3 7190 3366 8 S 381 487 Adrian Vatter Das politische System der Schweiz 4 Auflage Nomos Baden Baden 2020 S 381 487 ISBN 978 3 8487 6564 5 S 351 403 Giovanni Biaggini BV Kommentar Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft 2 Auflage Orell Fussli Zurich 2017 ISBN 978 3 280 07320 9 Andreas Suter Georg Kreis Demokratie In Historisches Lexikon der Schweiz Rolf Graber Demokratie und Revolten Die Entstehung der direkten Demokratie in der Schweiz Chronos Zurich 2017 ISBN 978 3 0340 1384 0 Adrian Vatter Kantonale Demokratien im Vergleich Entstehungsgrunde Interaktionen und Wirkungen politischer Institutionen in den Schweizer Kantonen Verlag Leske Budrich Opladen 2002 ISBN 3 8100 3431 2 Rene Roca Andreas Auer Hrsg Wege zur direkten Demokratie in den schweizerischen Kantonen Schriften zur Demokratieforschung Band 3 Zentrum fur Demokratie Aarau und Verlag Schulthess AG Zurich Basel Genf 2011 ISBN 978 3 7255 6463 7 Andreas Auer Staatsrecht der schweizerischen Kantone Stampfli 2016 ISBN 978 3 7272 3217 6 Martina Flick Witzig Adrian Vatter Direkte Demokratie in den Gemeinden NZZ Libro Basel 2023 ISBN 978 3 907396 24 7 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Direkte Demokratie in der Schweiz Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Publikationen des Zentrums fur Demokratie Schriften zur Demokratieforschung Publikationensreihe des Zentrums fur Demokratie Aarau Einzelnachweise Bearbeiten Gemass der Univox II B Umfrage zu den direktdemokratischen Einrichtungen 2006 2007 mochten 58 der Befragten den Status quo der direktdemokratischen Institutionen beibehalten 25 sind fur einen Ausbau und weniger als 10 fur eine Einschrankung Archiv a b Gebhard Kirchgassner Lars P Feld Marcel R Savioz Die direkte Demokratie Modern erfolgreich entwicklungs und exportfahig Helbling amp Lichtenhahn Basel Genf Munchen 1999 ISBN 3 7190 1837 7 Wege zur direkten Demokratie in den schweizerischen Kantonen Forum zur Erforschung der direkten Demokratie Memento vom 21 Februar 2014 im Internet Archive Randolph C Head Demokratie im fruhneuzeitlichen Graubunden Chronos Verlag Zurich 2001 ISBN 3 0340 0529 6 Demokratie in der Schweiz Landerbericht 2008 2009 Gebhard Kirchgassner Direkte Demokratie Universitat St Gallen 2010 Randolph C Head Verein fur Bundner Kulturforschung Hrsg Demokratie im fruhneuzeitlichen Graubunden Gesellschaftsordnung und politische Sprache in einem alpinen Staatswesen 1470 1620 Chronos Zurich 2001 ISBN 3 0340 0529 6 Eduard His Luzerner Verfassungsgeschichte der neuern Zeit 1798 1940 Luzern 1940 NZZ vom 17 April 2019 Der Tag an dem Zurich sich fur eine wahrhaft demokratische Verfassung entscheidet Rene Roca Hrsg Katholizismus und moderne Schweiz Beitrage zur Erforschung der Demokratie Band 1 Schwabe Verlag Basel 2016 ISBN 978 3 7965 3498 0 Rene Roca Hrsg Liberalismus und moderne Schweiz Beitrage zur Erforschung der Demokratie Band 2 Schwabe Verlag Basel 2017 ISBN 978 3 7965 3639 7 Rene Roca Hrsg Fruhsozialismus und moderne Schweiz Beitrage zur Erforschung der Demokratie Band 3 Schwabe Verlag Basel 2018 ISBN 978 3 7965 3819 3 Rolf Graber Demokratie und Revolten Die Entstehung der direkten Demokratie in der Schweiz Chronos Zurich 2017 ISBN 978 3 0340 1384 0 Hangartner Kley et al Die demokratischen Rechte in Bund und Kantonen der Schweizerischen Eidgenossenschaft 2 Auflage 2023 S 133 136 Adrian Vatter Das politische System der Schweiz 4 Auflage 2020 S 351 Vatter Das politische System der Schweiz 2020 S 351 Rhinow Schefer Uebersax Schweizerisches Verfassungsrecht 2016 Rz 2055 B Ehrenzeller Direkt halbdirekt oder einfach demokratisch In Zentralblatt fur Staats und Verwaltungsrecht Nr 11 2016 S 566 Biaggini BV Kommentar Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft 2017 S 1074 K Ehrenzeller St Galler Kommentar 2023 S 3596 Rz 8 Hangartner Kley et al Die demokratischen Rechte in Bund und Kantonen 2 Auflage 2023 S 136 Andreas Kley Verfassungsrecht der Schweiz 2 Auflage Band 1 2020 S 88 Rene Rhinow Markus Schefer Markus Uebersax Schweizerisches Verfassungsrecht 3 Auflage 2016 S 424 Ubersicht in Zahlen Bundeskanzlei abgerufen am 20 Juli 2023 Hangartner Kley et al Die demokratischen Rechte in Bund und Kantonen der Schweizerischen Eidgenossenschaft 2 Auflage 2023 S 138 f Johannes Reich Verfassungsrecht der Schweiz 2 Auflage Band 1 2020 S 340 a b Daniel Kubler Verfassungsrecht der Schweiz 2 Auflage Band 1 2020 S 326 Johannes Reich Verfassungsrecht der Schweiz 2 Auflage Band 1 2020 S 350 f Anna Christmann Die Grenzen direkter Demokratie Volksentscheide im Spannungsverhaltnis von Demokratie und Rechtsstaat Politik und Demokratie in den kleineren Landern Europas 1 Auflage Nomos Baden Baden 2012 ISBN 978 3 8329 7337 7 S 86 Andreas Kley Alexander Schaer Gewahrleistet die Religionsfreiheit einen Anspruch auf Minarett und Gebetsruf 2009 S 98 doi 10 5167 UZH 23694 uzh ch Guisep Nay Demokratie und Rechtsstaat Eckpfeiler unseres Verfassungsstaates In Georg Kreis Hrsg Erprobt und entwicklungsfahig zehn Jahre neue Bundesverfassung Neue Zurcher Zeitung Zurich 2009 ISBN 978 3 03823 519 4 S 173 Regina Kiener Melanie Krusi Bedeutungswandel des Rechtsstaates und Folgen fur die direkte Demokratie am Beispiel volkerrechtswidriger Volksinitiativen In Zentralblatt fur Staats und Verwaltungsrecht Nr 110 Januar 2009 S 237 258 Pierre Tschannen Staatsrecht der Schweizerischen Eidgenossenschaft Stampflis juristische Lehrbucher 5 Auflage Stampfli Verlag Bern 2021 ISBN 978 3 7272 8928 6 S 98 Rz 251 Benjamin Schindler Die schweizerische Bundesverfassung St Galler Kommentar 4 Auflage Band 1 2023 ISBN 978 3 03891 222 4 S 214 Pierre Tschannen Staatsrecht der Schweizerischen Eidgenossenschaft Stampflis juristische Lehrbucher 5 Auflage Stampfli Verlag Bern 2021 ISBN 978 3 7272 8928 6 S 99 Kaspar Ehrenzeller Die schweizerische Bundesverfassung St Galler Kommentar 4 Auflage Band 2 2023 S 3596 f Andreas Kley Verfassungsrecht der Schweiz 2 Auflage Band 1 2020 S 628 Andreas Kley Verfassungsrecht der Schweiz 2 Auflage Band 1 2020 S 636 Pierre Tschannen Staatsrecht der Schweizerischen Eidgenossenschaft Stampflis juristische Lehrbucher 5 Auflage Stampfli Verlag Bern 2021 ISBN 978 3 7272 8928 6 S 100 a b Andreas Kley Verfassungsrecht der Schweiz 2 Auflage Band 1 2020 S 629 Giovanni Biaggini BV Kommentar Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft 2 Auflage 2017 S 1229 Ruth Luthi Die Stellung der Bundesversammlung im politischen System der Schweiz In Martin Graf Cornelia Theler Moritz von Wyss Hrsg Parlamentsrecht und Parlamentspraxis der Schweizerischen Bundesversammlung Kommentar zum Parlamentsgesetz ParlG vom 13 Dezember 2002 Helbing amp Lichtenhahn Basel 2014 ISBN 978 3 7190 2975 3 S 6 sgp ssp net Rene Rhinow Markus Schefer Peter Uebersax Schweizerisches Verfassungsrecht 3 Auflage 2016 S 430 f Biaggini BV Kommentar Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft 2 Auflage 2017 S 1170 a b Rene Rhinow Markus Schefer Peter Uebersax Schweizerisches Verfassungsrecht 3 Auflage 2020 S 432 f Adrian Vatter Das politische System der Schweiz 4 Auflage 2020 S 266 Arend Lijphart Patterns of Democray 2 Auflage Yale University Press New Haven 2012 ISBN 978 0 300 17202 7 S 32 f Arend Lijphart Patterns of Democracy 2 Auflage Yale University Press New Haven 2012 ISBN 978 0 300 17202 7 S 9 Andreas Kley Verfassungsrecht der Schweiz 2 Auflage Band 1 2020 S 90 Andreas Kley Verfassungsrecht der Schweiz 2 Auflage Band 1 2020 S 91 Bernhard Ehrenzeller Die schweizerische Bundesverfassung St Galler Kommentar 4 Auflage Band 1 2023 S 4153 f Ruth Luthi Die Stellung der Bundesversammlung im politischen System der Schweiz In Martin Graf Cornelia Theler Moritz von Wyss Hrsg Parlamentsrecht und Parlamentspraxis der Schweizerischen Bundesversammlung Kommentar zum Parlamentsgesetz ParlG vom 13 Dezember 2002 Helbing amp Lichtenhahn Basel 2014 ISBN 978 3 7190 2975 3 S 8 f sgp ssp net Pierre Tschannen Staatsrecht der Schweizerischen Eidgenossenschaft 5 Auflage Bern 2021 ISBN 978 3 7272 8928 6 S 543 Hangartner Kley et al Die demokratischen Rechte in Bund und Kantonen der Schweizerischen Eidgenossenschaft 2 Auflage 2023 S 153 Hangartner Kley et al Die demokratischen Rechte in Bund und Kantonen der Schweizerischen Eidgenossenschaft 2 Auflage 2023 S 156 Initiative fur ein konstruktives Referendum In Swissvotes Institut fur Politikwissenschaft der Universitat Bern abgerufen am 20 Juni 2023 Hangartner Kley et al Die demokratischen Rechte in Bund und Kantonen der Schweizerischen Eidgenossenschaft 2 Auflage 2023 S 154 f Hangartner Kley et al Die demokratischen Rechte in Bund und Kantonen der Schweizerischen Eidgenossenschaft 2 Auflage 2023 S 164 Rene Rhinow Markus Schefer Peter Uebersax Schweizerisches Verfassungsrecht 3 Auflage 2016 S 387 389 S 424 a b Hangartner Kley et al Die demokratischen Rechte in Bund und Kantonen der Schweizerischen Eidgenossenschaft 2 Auflage 2023 S 163 Hangartner Kley et al Die demokratischen Rechte in Bund und Kantonen der Schweizerischen Eidgenossenschaft 2 Auflage 2023 S 164 f Adrian Vatter Das politische System der Schweiz 4 Auflage 2020 S 392 Hangartner Kley et al Die demokratischen Rechte in Bund und Kantonen der Schweizerischen Eidgenossenschaft 2 Auflage 2023 S 167 Hangartner Kley et al Die demokratischen Rechte in Bund und Kantonen der Schweizerischen Eidgenossenschaft 2 Auflage 2023 S 168 Bruno S Frey Wie vertragen sich direkte Demokratie und Wirtschaft In Neue Zurcher Zeitung 19 Marz 2014 Marcel Amrein Schuldenbremse Diese Kuh verdient es heilig zu sein In Neue Zurcher Zeitung 19 Oktober 2016 Konjunkturforschungsstelle der ETH Zurich Eine Schuldenbremse fur den deutschen Bundeshaushalt Zurich Marz 2007 PDF Gebhard Kirchgassner Auswirkungen der direkten Demokratie auf die offentlichen Finanzen Empirische Ergebnisse fur die Schweiz PDF In Schweizerische Zeitschrift fur Volkswirtschaft und Statistik 2002 Vol 138 4 S 411 426 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Direkte Demokratie in der Schweiz amp oldid 236734613