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Als Demokratische Bewegungen im engeren Sinn werden in der Schweizer Geschichte die sich ab 1860 bildenden reformorientierten Volksbewegungen bezeichnet die direktdemokratische sozialistische und staatsinterventionistische Veranderungen anstrebten Das Ende der Demokratischen Bewegung wird mit der Revision der Bundesverfassung 1874 datiert Die Demokratische Bewegung kann als Epoche Zeitalter oder Ara verstanden werden Sie wurde in der Romandie als Ecole de Winterthour bezeichnet da die Demokratische Bewegung in Winterthur beim Kampf um die Revision der Zurcher Kantonsverfassung ihren Anfang nahm Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Anfange in den Kantonen 3 Folgen fur die Bundesverfassung 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseVorgeschichte Bearbeiten nbsp Landsturm bei Solothurn 1798Die Vorherrschaft der Stadtstaaten gegenuber der Landschaft fuhrte in der Alten Eidgenossenschaft zwischen der stadtischen Herrschaft und Teilen der Landschaft periodisch zu Aufstanden Schweizer Bauernkrieg die sich dabei auf alte Rechte und die Landsgemeinden in den Urkantonen beriefen Der konfliktreiche kontinuierliche Prozess hatte seit dem spaten Mittelalter autonome Kleinraume in Form von genossenschaftlich verfassten Gemeinden Einwohner Ortsburger oder Korporationsgemeinden geschaffen Auf dieser politischen Ebene erhielt der Burger eine verstarkte politische Basisschulung die mit dem Ausbau der Volksschule einherging und sich auf die Versammlungstradition seit der Helvetischen Republik stutzte Die politischen Mitwirkungsmoglichkeiten des Volkes Politische Rechte und moderne demokratische Elemente wie das Veto das Referendum und die Volksinitiative wurden an Volkstage und Volksversammlungen Landsgemeinden gefordert und waren in den neuen Verfassungen einzelner Kantone Appenzell Innerrhoden 1829 Einzelinitiative St Gallen 1831 Volksveto Basel Landschaft 1832 Volksveto Luzern 1841 Vetodebatte und Vetoeinfuhrung bereits wahrend der Regeneration verankert worden 1 Bei der Grundung des modernen Bundesstaates 1848 waren der Bund und die Kantone mehrheitlich reprasentative Demokratien mit direktdemokratischen Elementen Von 1845 bis 1854 verlangten oppositionelle Gruppen im Kanton Zurich vergeblich die Erweiterung der Volksrechte sowie staatliche Interventionsmoglichkeiten in wirtschaftlichen und sozialen Belangen Diese Oppositionellen wurden von ihren Gegnern 1854 erstmals mit dem Begriff Demokratische Bewegung bezeichnet Anfange in den Kantonen BearbeitenDie Demokratische Bewegung war in den industrialisierten Kantonen der Nordwest und der Ostschweiz aktiv Sie war eine Reaktion der betroffenen Schichten auf die Auswirkungen fortschreitender Industrialisierung in der zweiten Halfte des 19 Jahrhunderts sowie auf die Machtkonzentration bei den erfolgreichen Industriellen System Escher und dem dominierenden rechtsliberalen Freisinn Die Demokraten forderten im Gegensatz zu den liberalen Radikalen eine verstarkte direktdemokratische Kontrolle In der Westschweiz und im Agrarkanton Bern fand die Auseinandersetzungen zwischen den konservativen Liberalen und den Radikalen Fruhsozialisten statt Demokratische Bewegungen in den Kantonen entstanden 1867 in Zurich 1881 bzw 1888 in St Gallen 1891 im Thurgau 1902 in Glarus und 1906 in Appenzell Ausserrhoden Die Demokratische Bewegung wurde uberwiegend vom landlichen und kleinstadtischen Burgertum getragen Sie waren Handwerker kleine Industrielle Bauern aber auch Arbeiter Ihre programmatischen und organisatorischen Fuhrer stammten aus der landlichen Intelligenz Lehrer Pfarrer Redaktoren Beamte Arzte Juristen Fabrikanten die ihre Ideen in der eigenen auch in der Landschaft verbreiteten Presse Winterthurer Landboten Bulacher Volksfreund propagierte Die Kontrolle des Staatswesens lag bei dem im Freisinn reprasentierten etablierten Burgertum Die Demokratische Bewegung wollte das von diesem vertretene Reprasentativsystem durch direktdemokratische und staatsinterventionistische Einrichtungen ersetzen Die ersten Verfassungsanderungen wurden in den Kantonen durchgesetzt Es wurden Volksversammlungen organisiert Unterschriften gesammelt und Initiativen fur eine Verfassungsanderung eingereicht Sobald das Volk die Verfassungsanderungsinitiative gutgeheissen hatte wurde ein Verfassungsrat fur den Entwurf einer neuen Verfassung gewahlt Der Forderungskatalog enthielt unter anderem das obligatorische und das fakultative Referendum Direktwahl der Exekutive und Judikative das Initiativrecht sowie sozialpolitische Postulate wie kostenloser Schulbesuch Steuerprogression und die Errichtung von Kantonalbanken die gunstige Kredite gewahren sollten die Abschaffung der Todesstrafe Auch die Fabrikgesetzgebung und die Schaffung von Sozialversicherungen durften nicht fehlen Erfolgreich waren die Bemuhungen zuerst in den Kantonen Basel Landschaft Zurich und Thurgau teilweise erfolgreich in Luzern Bern und Aargau Diese Errungenschaften wirkten sich auf Kantone ohne Volksbewegungen wie Solothurn Schaffhausen oder St Gallen aus wo ebenfalls direktdemokratische Verfassungsrevisionen erfolgten 2 Folgen fur die Bundesverfassung Bearbeiten nbsp Gedenkblatt zur Annahme der revidierten BV 1874 U a sind Datum kurze Revisionstexte und Abstimmungsresultate der Kantone erkennbar Der Erfolg der demokratischen Bewegung in vielen Kantonen wirkte sich auch auf die Bundesebene aus Anderungen waren nur uber eine Totalrevision moglich Diese wurde durch die Diskussion uber das Jesuitenverbot Ausbau und der Wunsch die Armee dem Bund zu unterstellen befordert Die Totalrevision der Bundesverfassung scheiterte 1872 an einigen als zu zentralistisch empfundenen Bestimmungen Die uberarbeitete Version man ging auf die foderalistisch gesinnte Gegnerschaft zu und beschrankte sich auf den Kampf gegen die Katholisch Konservativen von 1874 fand eine grosse Mehrheit und wurde umgesetzt Durch die neue Bundesverfassung erhielt der Bund die Kompetenzen zur Verwaltung der Armee Das Bundesgericht mit Sitz in Lausanne wurde bestandig Die Rechtsvereinheitlichung wurde gesichert Der Bund erhielt das Recht zur Arbeiterschutzgesetzgebung erstes gesamtschweizerisches Fabrikgesetz 1877 Neben dem Jesuitenverbot kam das Verbot neue Kloster zu errichten und neue Bistumer und Orden durften nur mit Zustimmung des Bundes gegrundet werden Zivilstandsangelegenheiten wurden zur reinen Staatssache erklart Ubergang von der reprasentativen zur direkten Demokratie Das fakultative Referendum wurde eingefuhrt Die Gewerbe Glaubens und Gewissensfreiheit wurde garantiert Jeder Kantonsburger darf als Schweizerburger an seinem Wohnort an Wahlen teilnehmen die Niederlassungsfreiheit wurde erweitertDie direktdemokratische Bundesverfassung von 1874 starkte den Bund insgesamt in dem ihm mehr Aufgaben ubertragen wurden obwohl das fakultative Referendum als politische Bremse wirken konnte Da ein grosser Teil ihrer Forderungen erfullt waren loste sich die Demokratische Bewegung auf Interessengruppen und sozial politische Bedurfnisse bestanden jedoch weiter was zur Grundung demokratischer Parteien fuhrte Nachfolger der Demokratischen Bewegung wurde die Demokratische Partei Siehe auch BearbeitenListe eidgenossischer Volksabstimmungen Politisches System der SchweizLiteratur BearbeitenMarkus Burgi Demokratische Bewegung In Historisches Lexikon der Schweiz Christian Koller Vor 150 Jahren Die Demokratische Bewegung pflugt den Kanton Zurich um in Sozialarchiv Info 6 2018 Martin Schaffner Die demokratische Bewegung der 1860er Jahre Beschreibung und Erklarung der Zurcher Volksbewegung von 1867 Basler Beitrage zur Geschichtswissenschaft Bd 146 Helbing und Lichtenhahn Basel Frankfurt am Main 1982 ISBN 3 7190 0800 2 Die Schweiz und Ihre Geschichte Vom Ancien Regime bis zur Gegenwart Lehrmittelverlag des Kantons Zurich 2005 ISBN 3 03713 064 4 Chronik der Schweiz Chronik Verlag in der Harenberg Kommunikation Verlags und Mediengesellschaft mbH amp Co KG Dortmund und Ex Libris Verlag Zurich 1987 ISBN 3 611 00031 0Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Demokratische Bewegung Schweiz Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Publikationen von und uber die Demokratische Bewegung Schweiz im Katalog Helveticat der Schweizerischen NationalbibliothekEinzelnachweise Bearbeiten Blog Nationalmuseum Regeneration Volkstage um 1830 Sozialarchiv Vor 150 Jahren Die Demokratische Bewegung pflugt den Kanton Zurich um Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Demokratische Bewegung Schweiz amp oldid 224759304