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Das obligatorische Referendum ist eine spezielle Ausformung des Referendums und ein Instrument der direkten Demokratie Im Gegensatz zu anderen Referendumsformen muss es nicht von Parlament Regierung oder Bevolkerung anberaumt werden sondern wird unter bestimmten Bedingungen zumeist bei Verfassungsanderungen automatisch ausgelost Obligatorische Referenden gibt es in einer ganzen Vielzahl von Staaten weltweit wobei die tatsachliche Bedeutung des Instruments in der Politik dieser Lander sehr stark variiert Wahrend in der Schweiz das obligatorische Referendum eines der wichtigsten Merkmale der halbdirekten Demokratie bildet spielt es hingegen in Deutschland nur eine untergeordnete in Osterreich keine nennenswerte Rolle in der Politik Inhaltsverzeichnis 1 Etymologie 2 Das obligatorische Referendum in den deutschsprachigen Staaten 2 1 Deutschland 2 2 Osterreich 2 3 Schweiz 3 Missbrauchsgefahr 4 Weblinks 5 Einzelnachweise 6 Siehe auchEtymologie BearbeitenDas deutsche Wort Referendum ist ein Fremdwort aus dem Lateinischen und setzt sich aus der Vorsilbe re zuruck und dem Verb ferre tragen oder bringen zusammen Die Voranstellung obligatorisch leitet sich vom lateinischen Verb obligare verpflichten oder verbindlich machen ab In einem obligatorischen Referendum ist die gewahlte Vertretung Parlament oder Regierung also dazu verpflichtet oder daran gebunden die Entscheidung uber einen politischen Gegenstand an den Souveran das Volk zuruckzutragen bzw zuruckzubringen Das obligatorische Referendum in den deutschsprachigen Staaten BearbeitenDeutschland Bearbeiten In Deutschland ist ein obligatorisches Referendum auf Bundesebene nur in zwei sehr eng eingegrenzten Fallen vorgesehen Zum einen bei der Ablosung des Grundgesetzes durch eine andere Verfassung Art 146 GG zum anderen im Falle einer Neugliederung des Bundesgebietes Art 29 Abs 3 GG Der erste Fall ist in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland noch nicht aufgetreten auch wenn nach der Deutschen Wiedervereinigung intensiv uber diese Frage diskutiert wurde Abstimmungsberechtigt waren bei diesem obligatorischen Referendum alle wahlberechtigten Burger Zur Neugliederung des Bundesgebietes wurden seit Bestehen der BRD zwei obligatorische Referenden durchgefuhrt 1952 bei der Grundung des Bundeslandes Baden Wurttemberg und bei der geplanten aber 1996 von der Bevolkerung abgelehnten Zusammenlegung der Bundeslander Berlin und Brandenburg wobei hier jeweils nur die in den von der Gebietsneugliederung betroffenen Burger abstimmungsberechtigt sind In den Landern ist das obligatorische Referendum nicht uberall vorzufinden In vielen Bundeslandern existiert dieses Instrument uberhaupt nicht in einigen ist es analog zum Bund nur im Fall der Ausarbeitung einer neuen Landesverfassung vorgesehen z B Brandenburg Lediglich Bayern und Hessen haben hier eine weiterreichende Ausgestaltung da dort alle Verfassungsanderungen dem obligatorischen Referendum unterworfen sind In Bayern fanden bis Ende Dezember 2019 insgesamt 14 in Hessen 24 obligatorische Referenden zu den verschiedensten Themen statt 1 In Berlin und Bremen existiert jeweils eine Sonderregelung In Berlin sind obligatorische Referenden fur den Fall einer Anderung der direktdemokratischen Regelungen in der Landesverfassung vorgesehen was bislang zu einem Praxisfall 2006 fuhrte in Bremen gilt seit 2013 ein obligatorisches Referendum bei Privatisierungen sofern der zugrunde liegende Parlamentsbeschluss nicht mit Zweidrittelmehrheit verabschiedet wird Aus der Zivilgesellschaft wurde bereits verschiedentlich die Forderung erhoben alle Anderungen des Grundgesetzes einem obligatorischen Referendum zu unterwerfen 2 wie dies in der Schweiz aber auch in Bayern und Hessen der Fall ist Dies wurde der Bevolkerung eine grossere Kontrolle uber das hochste Rechtsgut des Staates die Verfassung sichern und leichtfertige Eingriffe in das Grundgesetz durch die im Bundestag vertretenen Parteien wirksam verhindern Die Gegner dieses Vorschlages argumentieren dies konne notwendige aber unpopulare Anderungen des Grundgesetzes verhindern und dadurch eine Lahmung der Politik bewirken Osterreich Bearbeiten In Osterreich ist ein obligatorisches Referendum auf Bundesebene im Fall einer Gesamtanderung der Bundesverfassung vorgesehen Art 44 Abs 3 B VG Eine Gesamtanderung der Verfassung liegt vor wenn eines oder mehrere der Bauprinzipien der Verfassung demokratisches bundesstaatliches rechtsstaatliches gewaltentrennendes bzw liberales Bauprinzip gravierend geandert werden 3 Umstritten ist ob nur der Nationalrat oder auch der Bundesprasident entscheiden darf ob eine Verfassungsanderung als gesamtandernd zu qualifizieren ist und ob daher eine Volksabstimmung durchzufuhren ist 4 Laut Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kann die Durchfuhrung einer Volksabstimmung nicht erzwungen werden sondern wird durch den Nationalrat endgultig entschieden Eine Nichtdurchfuhrung einer Volksabstimmung im Falle einer Gesamtanderung der Bundesverfassung kann nur als Verfahrensmangel im Gesetzgebungsverfahren gerugt werden Die Volksabstimmung vom 12 Juni 1994 uber den EU Beitritt Osterreichs war ein obligatorisches Referendum auf Bundesebene 5 Ein Beschluss der Bundesversammlung den Bundesprasidenten vor Ablauf der Funktionsperiode abzusetzen Art 60 Abs 6 B VG lost ein obligatorisches Referendum aus Bislang gibt es dafur keinen Anwendungsfall Im Sommer 2008 wenige Wochen nach erfolgter Ratifizierung des Lissabon Vertrags hat sich die SPO fur verpflichtende Volksabstimmungen uber wesentliche Anderungen der EU Vertrage positioniert 6 Ein entsprechender parlamentarischer Initiativantrag fur obligatorische Volksabstimmungen uber wesentliche EU Vertragsanderungen 7 fand zwar zunachst eine parlamentarische Mehrheit scheiterte aber letztlich am Erfordernis der Zwei Drittel Mehrheit Auf Landesebene sind obligatorische Volksabstimmungen in den Bundeslandern Vorarlberg und Salzburg vorgesehen In Salzburg ist jede Gesamtanderung der Landesverfassung vor der Kundmachung im Landesgesetzblatt einer Volksabstimmung zu unterziehen 8 In Vorarlberg wird eine verpflichtende Volksabstimmung fur einzelne eigens bezeichnete grundlegende Anderungen angeordnet 9 In Salzburg kam es 1998 zu einer obligatorischen Volksabstimmung uber die Abschaffung der verpflichtenden Proporzwahl der Landesregierung 10 Auf Gemeindeebene ist das obligatorische Referendum in der Stadt Salzburg vorgesehen Im Fall einer wesentlichen Anderung der fur das Stadtbild pragenden Stadtlandschaften ist eine Volksabstimmung durchzufuhren 11 Dadurch wird der in der Grunlanddeklaration 12 der Stadt Salzburg verankerte Schutz der Stadtlandschaften besonders gegen Verschlechterungen abgesichert In Karnten besteht eine verpflichtende Volksbefragung im Fall eines geplanten Untergangs einer Gemeinde 13 Schweiz Bearbeiten Auf Bundesebene wird das obligatorische Referendum durch die Bundesverfassung in Art 140 geregelt Es ist eine der zentralen politischen Ausdrucksformen sowohl der halbdirekten Demokratie als auch des Schweizer Foderalismus Alle Anderungen der Bundesverfassung bedurfen dabei sowohl der Zustimmung durch die Mehrheit des Schweizervolks als Ganzes als auch durch diejenige der Mehrheit der Bevolkerung der einzelnen Stande um in Kraft treten zu konnen Diese Regelung soll die Gleichstellung der kleinen Kantone mit den bevolkerungsstarken Kantonen gewahrleisten nbsp Beispiel eines obligatorischen Referendums die Volksabstimmung uber den UNO Beitritt der Schweiz 1986Ebenfalls dem obligatorischen Referendum unterliegt der Beitritt der Schweiz zu einer supranationalen Gemeinschaft oder einer Organisation fur kollektive Sicherheit Art 140 Abs 1 Lit b Die Rede ist vom obligatorischen Staatsvertragsreferendum Die Volksabstimmungen vom 19 Marz 1986 und 3 Marz 2002 uber den Beitritt der Schweiz zu den Vereinten Nationen fanden gestutzt auf Artikel 140 der Bundesverfassung statt Auch alle Kantone und politische Gemeinden kennen das obligatorische Referendum Generell gilt es bei Anderungen der Kantonsverfassung sowie der Gemeindeordnung Gemeindeverfassung bei allgemein formulierten Volksinitiativen und bei ausformulierten Volksinitiativen die vom Kantonsparlament nicht angenommen werden Es wird sodann generell ausgelost durch einzelne Ausgaben der offentlichen Hand die eine gewisse in Verfassung oder Gesetz festgelegte Hohe uberschreiten siehe Finanzreferendum Das fruher weit verbreitete obligatorische Gesetzesreferendum ist hingegen in den meisten Kantonen abgeschafft und durch das fakultative Referendum ersetzt worden Missbrauchsgefahr Bearbeiten nbsp Dieser Abschnitt stellt die Situation in Deutschland dar Bitte hilf uns dabei die Situation in anderen Staaten zu schildern Die Gefahr der missbrauchlichen Anwendung ist beim obligatorischen Referendum deutlich geringer als bei anderen Referendumsformen da es nicht aktiv initiiert bzw vom Parlament nur mit einer Zweidrittelmehrheit ausgelost werden kann Eine der Gefahren besteht allerdings in der Verquickung unterschiedlicher Verfassungsanderungen in einer so genannten Paketlosung Soweit dies durch die jeweilige Verfassung nicht ausdrucklich verboten ist konnen verschiedene Verfassungsanderungen miteinander verbunden werden Die Wahler haben dann keine Moglichkeit jeder einzelnen Anderung zuzustimmen oder diese abzulehnen sondern konnen nur alle Anderungen zusammen annehmen oder ablehnen Auf diese Weise ist es unter Umstanden moglich die Zustimmung zu an sich mehrheitlich abgelehnten Verfassungsanderungen durch weitere popularere Anderungen zu erkaufen In der Schweiz steht solchem Missbrauchspotenzial der Grundsatz der Einheit der Materie entgegen Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Referendum Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen nbsp Wiktionary obligatorisch Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Mehr Demokratie e V Fachverband fur direkte Demokratie Deutschland Initiative and Referendum Institute Europe mehr demokratie die parteiunabhangige initiative fur eine starkung direkter demokratie Osterreich Einzelnachweise Bearbeiten Ubersicht bei Mehr Demokratie e V Das Ende der Salami Taktik Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Vertrag von Lissabon In Zeitschrift fur Direkte Demokratie Nr 83 3 09 Theo Ohlinger Verfassungsrecht 8 Auflage Wien 2009 Rz 62ff Theo Ohlinger Verfassungsrecht 8 Auflage Wien 2009 Rz 453 FN 18 Ergebnis der Volksabstimmung vom 12 Juni 1994 Brief an den Herausgeber der Kronen Zeitung Memento vom 11 Juli 2012 im Webarchiv archive today Initiativantrag von FPO SPO und BZO zu Volksabstimmungen uber EU Vertrage Memento vom 11 September 2012 im Webarchiv archive today eingebracht am 12 September 2008 Art 23 Abs 2 Salzburger Landes Verfassungsgesetz Artikel 35 Absatz 2 Vorarlberger Landesverfassung Memento vom 24 Februar 2014 im Webarchiv archive today Klaus Poier Sachunmittelbare Demokratie in Osterreichs Landern und Gemeinden Rechtslage und empirische Erfahrungen im Uberblick In Neumann Renger Sachunmittelbare Demokratie im interdisziplinaren und internationalen Kontext 2008 2009 2010 S 44f doi 10 5771 9783845227313 31 Artikel 53a Absatz 1 Salzburger Stadtrecht Geschutztes Grunland Anhang zum Raumlichen Entwicklungskonzept REK 2007 PDF Artikel 3 Absatz 3 Karntner Landesverfassung Memento vom 12 Juli 2012 im Webarchiv archive today Siehe auch BearbeitenDirekte Demokratie Referendum Fakultatives Referendum Gesamtanderung der Bundesverfassung Osterreich Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Obligatorisches Referendum amp oldid 234399304