www.wikidata.de-de.nina.az
Die Schweizer Bundesverfassung 1848 begrundete den Schweizer Bundesstaat in der in den Grundzugen heute noch bestehenden Form Sie wurde nach dem Ende des Sonderbundskriegs ausgearbeitet und loste den Bundesvertrag von 1815 ab Die Verfassung bildete die Grundlage des modernen Schweizer Bundesstaates nach den Prinzipien des Foderalismus und der zum damaligen Zeitpunkt reprasentativen Demokratie die spater zu einer direkten Demokratie ausgebaut wurde Sie setzte den Schlusspunkt unter einen langen und heftigen Konflikt zwischen den massgebenden politischen Bewegungen jener Zeit den liberalen Freisinnigen und den Katholisch Konservativen Die erste Seite der Bundesverfassung auf Deutsch Inhaltsverzeichnis 1 Ausgangslage 2 Inhalt 3 Ergebnis 4 Auswirkungen 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseAusgangslage BearbeitenDie Tagsatzung der Alten Eidgenossenschaft beschloss am 16 August 1847 eine Kommission zur Revision des Bundesvertrags von 1815 einzusetzen 1 Am 17 Februar 1848 zweieinhalb Monate nach dem Ende des Sonderbundskriegs trat die ausschliesslich von Freisinnigen besetzte Revisionskommission im Rathaus zum Ausseren Stand in Bern zu ihrer ersten Sitzung zusammen Sechs der 23 Kommissionsmitglieder wurden spater im neuen Staat in den ersten Bundesrat gewahlt Die Arbeit der von Ulrich Ochsenbein prasidierten Kommission beanspruchte 31 Sitzungen an 51 Tagen und endete am 8 April mit der Prasentation eines Verfassungsentwurfs Dieser wurde anschliessend den Instanzen der Kantone sowie der Tagsatzung unterbreitet und erfuhr nur wenige Retuschen 2 Inhalt Bearbeiten nbsp Das Original der Bundesverfassung von 1848 zum BlatternIm Wesentlichen sah die Bundesverfassung vier Elemente vor Ubergang vom Staatenbund zum Bundesstaat an den die 25 Kantone und Halbkantone einen Teil ihrer Hoheitsrechte abtreten Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen wobei der Bund vor allem fur die Wahrung der Unabhangigkeit und die Forderung der gemeinsamen Wohlfahrt zustandig ist Prinzip des Foderalismus das in den Bundesangelegenheiten jedem Kanton eine gleiche Stimme unabhangig von seiner Grosse einraumt Einrichtung einer demokratischen Grundordnung mit Exekutive Zweikammerparlament Grundrechten Gewaltentrennung und freien Wahlen 3 Da die Konservativen wahrend des Revisionsprozesses fast vollstandig abseits standen und zu keiner gemeinsamen Haltung fanden konnten sie sich kaum bemerkbar machen Eine Konfliktlinie entstand jedoch innerhalb des Freisinns zwischen dem etablierten liberalen Zentrum und der radikaleren demokratischen Linken Letztere war mit dem Entwurf nicht zufrieden und forderte ohne Erfolg die Einfuhrung eines Verfassungsrates Als die Abstimmung naherruckte war aber auch in der radikalen Presse ein Stimmungswandel zugunsten der Vorlage festzustellen Die Befurworter priesen die moderate Zentralisierung der Verfassungsorgane doch bereits dies ging den Katholisch Konservativen zu weit So war abzusehen dass die meisten Kantone des gewaltsam aufgelosten Sonderbundes die Verfassung ablehnen wurden 3 Die drei Hauptsprachen der Schweiz Deutsch Franzosisch und Italienisch wurden zu Nationalsprachen des Bundes bestimmt Ergebnis Bearbeiten nbsp Beschluss der Tagsatzung vom 14 Herbstmonat 1848 betreffend die Einfuhrung der Bundesverfassung der schweizerischen Eidgenossenschaft vom 12 Herbstmonat 1848 Da es weder ein schweizerisches Staatsvolk noch eine rechtliche Bestimmung uber die Durchfuhrung eidgenossischer Volksabstimmungen gab regelten die Kantone das Verfahren auf unterschiedliche Weise Nur in 14 Kantonen und zwei Halbkantonen gab es an verschiedenen Tagen im Juli und August 1848 Volksabstimmungen nach heutigem Verstandnis Im Kanton Freiburg entschied der Grosse Rat im Kanton Graubunden die Mehrheit der Gerichtsgemeinden In den Kantonen Appenzell Ausserrhoden Appenzell Innerrhoden Glarus Nidwalden Obwalden und Uri fiel der Beschluss an einer ausserordentlichen Landsgemeinde Der Kanton Luzern zahlte alle Nichtstimmenden zu den Ja Stimmen 4 Am 12 September 1848 erklarte die Tagsatzung dass die Verfassung damit angenommen sei und als Grundgesetz der Eidgenossenschaft gelte Der alte Bundesvertrag blieb gemass Artikel 7 der Ubergangsbestimmungen noch wahrend einiger Wochen neben der neuen Verfassung in Kraft bis zur Wahl des Bundesrates durch die erste Bundesversammlung am 16 November 1848 5 Nr Stimm berechtigte Abgegebene Stimmen Beteiligung Gultige Stimmen Ja Nein Ja Anteil Nein Anteil Stande Ergebnis1 6 k A k A k A 199 904 145 584 54 320 72 83 27 17 15 6 jaAngenommen in den Kantonen Aargau Appenzell Ausserrhoden Bern Basel Landschaft Basel Stadt Freiburg Genf Glarus Graubunden Luzern Neuenburg St Gallen Schaffhausen Solothurn Thurgau Waadt Zurich Abgelehnt in den Kantonen Appenzell Innerrhoden Nidwalden Obwalden Schwyz Tessin Uri Wallis ZugAuswirkungen Bearbeiten nbsp Bundesverfassung mit allegorischer FigurengruppeDa die Kantone weiterhin souveran blieben und nur eine massvolle Zentralisierung vorgenommen worden war waren die Befugnisse des Bundesstaates auch mit dieser Verfassung eher bescheiden Neben der gesamten Aussenpolitik umfassten sie nur das Zoll und das Postwesen das Munzregal die Festlegung von Massen und Gewichten sowie die Errichtung offentlicher Bauwerke Auf der anderen Seite behielten die Kantone in vielen Bereichen ihre Kompetenzen uber das Zivilrecht das Strafrecht das Prozessrecht und die Polizei Ebenso blieben sie verantwortlich fur das Unterrichtswesen den Verkehr den grossten Teil des Militars und die Gesetzgebung uber die wichtigsten Wirtschaftszweige 5 Nach dem Vorbild der Vereinigten Staaten umfasste die Bundesversammlung zwei gleichberechtigte Kammern Im Nationalrat waren die Kantone entsprechend ihrer Einwohnerzahl vertreten die Wahlen fanden alle drei Jahre im Majorzverfahren in unterschiedlich grossen Wahlkreisen statt In den Standerat entsandte jeder Kanton zwei Vertreter die Halbkantone je einen ihre Wahl erfolgte in den ersten Jahrzehnten ausschliesslich durch die Kantonsparlamente Dem Beispiel der kantonalen Regenerationsverfassungen folgend vereinte die Exekutive das Departementsprinzip und das Kollegialitatsprinzip Die sieben Mitglieder des Bundesrates standen einzelnen Departementen der Bundesverwaltung vor und bildeten als Korperschaft gemeinsam Regierung und Staatsoberhaupt mit dem Bundesprasident als primus inter pares Das Bundesgericht nahm eine sehr schwache Stellung ein und war kein standiges Gericht mit vollamtllichen Richtern sondern wurde nur von Fall zu Fall in wenigen meist zivilrechtlichen Streitsachen einberufen Die ordentliche Rechtspflege war Sache der Kantone die Staatsrechtspflege jene des Bundesrates 5 Im Unterschied zu heute war die Schweiz damals eine fast rein reprasentative Demokratie Die Stimmberechtigten konnten den Nationalrat wahlen und in sehr seltenen Fallen bei obligatorischen Referenden entscheiden erstmals 1866 ausserdem konnten 50 000 Stimmberechtigte die Totalrevision der Bundesverfassung verlangen Etliche Verfassungsbestimmungen betrafen die Erleichterung des Handels und des Personenverkehrs zwischen den Kantonen Durch die Abschaffung der Zolle im Innern entstand ein Binnenmarkt Christliche Schweizerburger erhielten die Niederlassungsfreiheit die Juden jedoch erst 1866 Auch hob die in der Verfassung verankerte Religionsfreiheit zunachst nur die gegenseitige Diskriminierung von Katholiken und Reformierten in Kantonen mit anderer Mehrheitskonfession auf Ebenfalls in der Bundesverfassung enthalten war ein Verbot der Todesstrafe fur politische Verbrechen 5 Siehe auch BearbeitenGeschichte der Schweizerischen BundesverfassungLiteratur BearbeitenRolf Holenstein Stunde Null Die Neuerfindung der Schweiz im Jahr 1848 Die Privatprotokolle und Geheimberichte der Erfinder Echtzeit Verlag Basel 2018 ISBN 978 3 905800 70 8 Christian Koller Vor 175 Jahren Die Schweiz und das Revolutionsjahr 1848 In SozialarchivInfo 2 2023 S 12 45 Wolf Linder Christian Bolliger und Yvan Rielle Hrsg Handbuch der eidgenossischen Volksabstimmungen 1848 2007 Haupt Verlag Bern 2010 ISBN 978 3 258 07564 8 Weblinks BearbeitenChronologie Volksabstimmungen mit allen Abstimmungen auf Bundesebene seit 1848 admin ch Swissvotes Datenbank zu den Schweizer Volksabstimmungen Universitat Bern Verfassungstext von 1848 Bundesverfassung 1848 Die moderne Schweiz wird 170 Jahre alt In Zeitblende von Schweizer Radio und Fernsehen vom 8 September 2018 Audio Der Weg zur modernen Schweiz Die Geschichte des Bundesrats In Zeitblende von Schweizer Radio und Fernsehen vom 3 Dezember 2022 Audio Einzelnachweise Bearbeiten Bjorn Koch Joseph Jung Bundesrevision Alfred Escher Briefedition Alfred Escher Stiftung abgerufen am 2 April 2021 Rolf Holenstein Wie die Schweiz 1848 den Stein der Weisen fand In NZZ Geschichte Nr 17 Juli 2018 Seite 28 a b Christian Bolliger Die Grundung des schweizerischen Bundesstaates 1848 In Handbuch der eidgenossischen Volksabstimmungen 1848 2007 S 19 20 Annahme und Einfuhrung der Bundesverfassung Die Abstimmungsergebnisse In Abschied der ordentlichen eidgenossischen Tagsatzung des Jahres 1848 II Teil S 63 66 abgerufen am 11 Oktober 2021 a b c d Andreas Kley Bundesverfassung BV In Historisches Lexikon der Schweiz 3 Mai 2011 abgerufen am 2 April 2021 Kapitel Die Bundesverfassung von 1848 Vorlage Nr 1 In Chronologie Volksabstimmungen Bundeskanzlei 2020 abgerufen am 2 April 2021 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Schweizer Bundesverfassung 1848 amp oldid 234497408