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Das Schweizer Burgerrecht schweizerhochdeutsch auch Schweizerburgerrecht geschrieben franzosisch nationalite suisse italienisch Cittadinanza svizzera ratoromanisch Burgais svizzer ist die rechtliche Zugehorigkeit einer naturlichen Person zur Schweizerischen Eidgenossenschaft also die schweizerische Staatsburgerschaft Der Schweizer Pass 2022 dient zum Nachweis des Schweizer Burger rechts ebenso die Identitatskarte 1 Sie wird in den Artikeln 37 und 38 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft BV und im Burgerrechtsgesetz BuG geregelt Inhaltsverzeichnis 1 Verhaltnis zu Kantons und Gemeindeburgerrecht 2 Erwerb 2 1 Erwerb von Gesetzes wegen 2 2 Einburgerung 2 2 1 Ordentliche Einburgerung 2 2 2 Erleichterte Einburgerung 2 2 3 Wiedereinburgerung 3 Verlust 4 Rechte und Pflichten 5 Geschichte 6 Siehe auch 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseVerhaltnis zu Kantons und Gemeindeburgerrecht BearbeitenDas Schweizer Burgerrecht kann gemass Art 37 Abs 1 der Bundesverfassung nicht ohne gleichzeitigen Erwerb des Burgerrechts einer Gemeinde beziehungsweise in Appenzell Innerrhoden eines Landesteils und des Burgerrechts des Kantons erworben werden Die verschiedenen Burgerrechte also Gemeinde und Kantonsburgerrecht konnen fur Auslander nur gemeinsam erlangt werden bedingte Zusicherungen sind allerdings moglich Gemeinde und Kantonsburgerrecht vermitteln das Schweizerburgerrecht In Art 38 Abs 2 der Bundesverfassung ist festgehalten dass der Bund Mindestvorschriften fur die Einburgerung von Auslandern durch die Kantone definiert und die Einburgerungsbewilligung erteilt Die Gemeinde deren Gemeinde Burgerrecht ein Schweizer besitzt wird Burgerort auch Heimatort genannt Dieser ist heute in der Praxis von geringer Bedeutung Fur die Ausubung der politischen Rechte ist der Wohnsitz eines Schweizer Burgers massgebend und nicht dessen kantonales bzw kommunales Burgerrecht Hauptartikel BurgerortErwerb BearbeitenDer Erwerb des Schweizer Burgerrechts erfolgt entweder von Gesetzes wegen oder durch Einburgerung Erwerb von Gesetzes wegen Bearbeiten Beim Erwerb von Gesetzes wegen erhalten alle Personen die bestimmte Voraussetzungen erfullen das Burgerrecht automatisch Tragendes Prinzip ist dabei das ius sanguinis wonach die Abstammung und nicht der Geburtsort fur das Burgerrecht massgebend ist Das eheliche Kind einer Schweizerin oder eines Schweizers und das nicht eheliche Kind einer Schweizerin erwerben das Schweizer Burgerrecht von Gesetzes wegen mit der Geburt Art 1 Abs 1 BuG Ebenso erwirbt das nicht eheliche unmundige Kind eines Schweizer Vaters das Schweizer Burgerrecht wie wenn der Erwerb mit der Geburt erfolgt ware durch die Vaterschaftsanerkennung Art 1 Abs 2 BuG Ein unmundiges auslandisches Kind das von einem Schweizer Burger adoptiert wird erwirbt damit ebenfalls das Schweizer Burgerrecht Art 4 BuG Nach Artikel 3 BuG erhalt auch ein in der Schweiz gefundenes Kind mit unbekannter Abstammung Findelkind das Schweizer Burgerrecht Dieses geht allerdings wieder verloren falls wahrend der Unmundigkeit eine Staatsangehorigkeit durch die Abstammung festgestellt und das Kind dadurch nicht staatenlos wird Einburgerung Bearbeiten Beim Erwerb des Burgerrechts durch Einburgerung wird zwischen der ordentlichen und der erleichterten Einburgerung unterschieden Der Eingeburgerte muss seine ursprungliche Staatsangehorigkeit nicht aufgeben mehrfache Staatsangehorigkeit ist nach Schweizer Recht seit 1992 uneingeschrankt moglich Fur die Einburgerung durfen seit 2006 nur noch kostendeckende Gebuhren erhoben werden zuvor machten Kantone und Gemeinde im ordentlichen Einburgerungsverfahren die Gebuhr nicht selten vom Einkommen und Vermogen des Gesuchstellers abhangig sowie in bestimmten Fallen bei mannlichen Bewerbern vom bis anhin ersparten Militarpflichtersatz Ordentliche Einburgerung Bearbeiten In der Schweiz wird die ordentliche Einburgerung grundsatzlich nicht vom Bund sondern von einer Gemeinde durch Verleihung des Gemeindeburgerrechts durchgefuhrt Dabei pruft der Bund aber im Vorfeld ob die von ihm erlassenen Mindestvorschriften erfullt sind dieser erteilt sodann eine raumlich und zeitlich begrenzte Einburgerungsbewilligung Anschliessend kommen die Bestimmungen des Kantons und der Gemeinde zur Anwendung Auf Ebene des Bundes wird verlangt dass der Gesuchsteller insgesamt zehn Jahre in der Schweiz gelebt hat davon drei in den letzten funf Jahren vor Einreichung des Einburgerungsgesuches Die Zeit wahrend welcher der Bewerber zwischen seinem vollendeten 8 und 18 Lebensjahr in der Schweiz gelebt hat wird dabei doppelt gezahlt Art 9 BuG Reduzierte Fristen gelten fur Personen die seit drei Jahren in einer eingetragenen Partnerschaft mit einem Schweizerburger resp einer Schweizerburgerin leben Verlangt werden in diesem Fall funf Jahre Wohnsitz in der Schweiz davon ein Jahr unmittelbar vor der Gesuchstellung Art 10 BuG Weiter verlangt der Bund dass der Bewerber erfolgreich integriert und mit den schweizerischen Lebensverhaltnissen vertraut ist sowie die innere und aussere Sicherheit der Schweiz nicht gefahrdet Art 11 BuG Eine erfolgreiche Integration zeigt sich insbesondere im Beachten der offentlichen Sicherheit und Ordnung in der Respektierung der Werte der Bundesverfassung in der Fahigkeit sich im Alltag in Wort und Schrift in einer Landessprache zu verstandigen in der Teilnahme am Wirtschaftsleben oder am Erwerb von Bildung und in der Forderung und Unterstutzung der Integration der Ehefrau oder des Ehemannes der eingetragenen Partnerin oder des eingetragenen Partners oder der minderjahrigen Kinder uber welche die elterliche Sorge ausgeubt wird Art 12 BuG Der Wohnsitzkanton und falls das kantonale Recht dies vorsieht die Wohnsitzgemeinde prufen das Vorliegen dieser Voraussetzungen und leiten das Gesuch an das Staatssekretariat fur Migration SEM weiter das die Einburgerungsbewilligung des Bundes erteilt falls alle formellen und materiellen Voraussetzungen erfullt sind Art 13 BuG Die Kantone konnen weitere Integrationskriterien vorsehen Art 12 Abs 3 BuG Die Anforderungen welche die Kantone und Gemeinden stellen sind hochst unterschiedlich Allerdings werden die Unterschiede durch bundesrechtliche Vorgaben zunehmend ausgeglichen Der Kanton Schwyz etwa verlangt zusatzlich zu den bundesrechtlichen Anforderungen einen tadellosen Leumund und Wohnsitz wahrend funf der letzten zehn Jahre in einer schwyzerischen Gemeinde 2 Im Kanton Graubunden wiederum sind unter anderem die Vertrautheit mit einer Kantonssprache und eine gesicherte Existenzgrundlage erforderlich 3 Auf Gemeindeebene werden ublicherweise Eingliederung und gute Kenntnisse der Sprache verlangt Zudem muss ein Kandidat eine Mindestdauer meist ohne Unterbrechung in der betreffenden Gemeinde und oder Kanton wohnhaft gewesen sein In der Regel sind es zwei bis funf Jahre doch es gibt Ausnahmen wie zum Beispiel im Kanton Genf wo es nur eine Mindestdauer fur den Kanton gibt 2 Jahre davon 12 Monate vor der Antragsstellung und keine fur die betreffende Gemeinde 4 Je nach Gemeinde nimmt eine spezielle Einburgerungskommission die Gemeindeexekutive oder die Gemeindelegislative den Einburgerungsakt vor Der Bewerber kann einer mundlichen Befragung unterzogen werden damit die Behorde uber die sprachlichen Fahigkeiten und die Integration in die Wohngemeinde Bescheid weiss Andere Gemeinden schicken Einburgerungswillige zu schriftlichen Tests uber Sprach und Orts Geschichts und Staatskundekenntnisse Immer wieder wurden Bewerber von der Gemeindeversammlung abgelehnt weil sie aus einem bestimmten Land stammten Beispielhaft war der Fall Emmen bei dem zwolf Italiener eingeburgert wurden 38 Ex Jugoslawen und einige Polen aber nicht Abgewiesene Auslander klagten dann bis zum Bundesgericht welches 2003 festhielt 5 dass bei Einburgerungen die Bestimmungen der Bundesverfassung wie Willkurverbot Diskriminierungsverbot und Anspruch auf rechtliches Gehor zu beachten sind In der Folge wurde auch das Gesetz angepasst Die Ablehnung eines Einburgerungsgesuches ist zu begrunden Art 16 BuG Somit ist die unbegrundete anonyme Stimmabgabe in der Gemeindelegislative in Einburgerungsfragen verfassungswidrig Erleichterte Einburgerung Bearbeiten Die erleichterte Einburgerung wird direkt von der Bundesbehorde dem Staatssekretariat fur Migration SEM vorgenommen Dabei wird der Kanton vorgangig angehort Art 25 BuG Fur eine erleichterte Einburgerung gelten dieselben materiellen Voraussetzungen wie fur die ordentliche Einburgerung Art 11 12 und 26 BuG Ein Gesuch um erleichterte Einburgerung kann stellen Art 21 24a BuG der Ehemann bzw die Ehefrau eines Schweizer Burgers Hierzu muss der Gesuchsteller insgesamt funf Jahre in der Schweiz gewohnt haben das letzte Jahr in der Schweiz verbracht haben und seit drei Jahren in ehelicher Gemeinschaft mit dem Schweizer Burger leben der Ehemann bzw die Ehefrau eines Auslandschweizers Hierzu muss der Gesuchsteller seit sechs Jahren mit dem Schweizer Burger in ehelicher Gemeinschaft leben und mit der Schweiz eng verbunden sein ein staatenloses Kind das insgesamt funf Jahre in der Schweiz gelebt hat und das letzte Jahr in der Schweiz verbrachte wer funf Jahre gutglaubig annahm Schweizer Burger zu sein und in dieser Zeit von kantonalen oder kommunalen Behorden als solcher behandelt wurde ein auslandisches Kind das in die Einburgerung eines Elternteils nicht einbezogen wurde Hierzu darf es zum Zeitpunkt des Gesuchs das 22 Lebensjahr nicht vollendet haben weiter muss es insgesamt funf Jahre in der Schweiz gewohnt haben und die letzten drei Jahre in der Schweiz verbracht haben Eine Person der dritten Auslandergeneration kann bis zu ihrem vollendeten 25 Altersjahr ein Gesuch um erleichterte Einburgerung einreichen Sie muss in der Schweiz geboren sein eine Niederlassungsbewilligung besitzen und wahrend mindestens funf Jahren die obligatorische Schule in der Schweiz besucht haben Ein Elternteil muss eine Niederlassungsbewilligung erworben sich mindestens zehn Jahre in der Schweiz aufgehalten und wahrend mindestens funf Jahre die obligatorische Schule in der Schweiz besucht haben Ein Grosselternteil muss in der Schweiz geboren worden sein oder es muss glaubhaft sein dass er ein Aufenthaltsrecht erworben hat Diese am 15 Februar 2018 in Kraft getretene Regelung 6 ist Folge der Annahme der Erganzung von Art 38 der Bundesverfassung mit einem neuen Absatz 3 in der Volksabstimmung vom 12 Februar 2017 7 Wiedereinburgerung Bearbeiten Uber die Wiedereinburgerung wird vom Bundesamt nach Anhorung des Kantons entschieden Art 29 BuG Wer das Schweizer Burgerrecht verloren hat kann innert zehn Jahren einen Wiedereinburgerungsantrag stellen nach Ablauf der Frist sind drei Jahre Aufenthalt in der Schweiz erforderlich Art 27 BuG Es gelten dieselben materiellen Voraussetzungen wie bei der ordentlichen Einburgerung Art 11 12 und 26 BuG Das Wiedereinburgerungsgesuch kann auch bei Wohnsitz im Ausland gestellt werden wenn sie oder er eng mit der Schweiz verbunden ist Art 26 Abs 1 Bst b BuG e Verlust BearbeitenDer Verlust des Schweizer Burgerrechts kann auf verschiedene Arten eintreten Ein im Ausland geborenes Kind eines Schweizers verwirkt sein Schweizer Burgerrecht wenn es eine weitere Staatsburgerschaft besitzt und nicht bis zur Vollendung des 25 Lebensjahres einer schweizerischen Behorde gemeldet worden ist Art 7 BuG Im Ausland lebende Doppelburger konnen auf eigenes Gesuch aus dem Schweizer Burgerrecht entlassen werden falls sie eine weitere Staatsburgerschaft besitzen oder ihnen diese zugesichert ist Art 37 BuG Wird eine Einburgerung durch falsche Angaben oder durch Verheimlichung von erheblichen Tatsachen erschlichen so kann die Einburgerung innerhalb acht Jahren fur nichtig erklart werden Art 36 BuG Einem Doppelburger kann das Schweizer Burgerrecht entzogen werden wenn sein Verhalten den Interessen oder dem Ansehen der Schweiz erheblich nachteilig ist Art 42 BuG Art 30 BuV Diese Massnahme ist aber nur bei schweren Verbrechen moglich beispielsweise bei Kriegsverbrechern und setzt eine rechtskraftige Verurteilung voraus sofern diese moglich ist 2019 hat das Staatssekretariat fur Migration erstmals einem Doppelburger die Schweizer Staatsburgerschaft entzogen weil der Jihadist fur eine islamistische Terrororganisation Propaganda betrieben und Kampfer rekrutiert hatte 8 Wird das Kindesverhaltnis zum Schweizer Elternteil aufgehoben so verliert das Kind das Schweizer Burgerrecht sofern es dadurch nicht staatenlos wird Art 5 BuG Wird ein minderjahriges Kind von einem Auslander adoptiert so geht das Schweizer Burgerrecht verloren falls es dadurch eine andere Staatsburgerschaft erwirbt oder diese bereits besitzt und kein Kindesverhaltnis zu einem Schweizer mehr besteht Art 6 BuG Ohne Nachweis uber den Besitz einer fremden Staatsangehorigkeit darf aufgrund des volkerrechtlichen Ubereinkommen zur Verminderung der Staatenlosigkeit die Staatszugehorigkeit nicht entzogen werden damit soll die Schaffung von Staatenlosen vermieden werden Rechte und Pflichten BearbeitenDas Schweizer Burgerrecht begrundet Rechte und Pflichten Zu den Rechten gehoren erster Linie die politischen Rechte also die Teilnahme an Wahlen und Abstimmungen sowie die Unterzeichnung von Referenden und Volksinitiativen Art 39 Art 136 BV sofern das 18 Lebensjahr vollendet ist und keine Entmundigung wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwache vorliegt Weitere Rechte sind der Anspruch auf konsularischen und diplomatischen Schutz im Ausland 3 Titel des Auslandschweizergesetzes ASG die Niederlassungsfreiheit Art 24 BV sowie das Ausweisungs und Auslieferungsverbot Art 25 BV Auslieferung nur mit dem Einverstandnis des Betroffenen Andererseits begrundet das Schweizer Burgerrecht unter anderem die Wehrpflicht Art 59 BV fur Manner wobei unter Voraussetzungen die Moglichkeit eines zivilen Ersatzdienstes besteht und das Verbot des Dienstes in einer fremden Armee Art 94 Militarstrafgesetz Ausnahme bildet gemass Bundesratsbeschluss vom 15 Februar 1929 der Dienst in der Papstlichen Schweizergarde 9 Zudem werden Schweizer Burger im Kanton Schaffhausen verpflichtet an kantonalen Wahlen teilzunehmen Stimm und Wahlpflicht 10 Das Freizugigkeitsabkommen mit der Europaischen Union gewahrt Schweizer Burgern dort die Freizugigkeit Geschichte BearbeitenEin allgemeines Schweizer Burgerrecht wurde erstmals in der helvetischen Verfassung von 1798 festgeschrieben nach franzosischem Vorbild Der Bundesvertrag von 1815 sah dieses aber bereits nicht mehr vor einzelne Kantone sicherten sich in Konkordaten aber zu ihren Burgern gegenseitig Niederlassungsfreiheit zu gewahren Die Bundesverfassung von 1848 erklarte alle Kantonsburger zu Schweizer Burgern Die Festlegung der Bedingungen fur Erwerb und Verlust des Burgerrechts blieb allerdings Sache der Kantone 11 Schweizweit rechtlich gleichgestellt waren allerdings vorerst nur die Manner christlicher Konfession 12 die mannlichen Juden folgten 1867 Mit der neuen Bundesverfassung von 1874 erhielt der Bund die Aufsicht uber die Einburgerungen 1888 bekam er zudem die Kompetenz das Burgerrecht aus familienrechtlichen Grunden zu regeln 11 In der Bundesverfassung von 1848 wurde ausdrucklich festgehalten dass das Schweizer Burgerrecht nicht entzogen werden kann Art 43 Kein Kanton darf einen Burger des Burgerrechtes verlustig erklaren Dies stand jedoch im Widerspruch zur Rechtspraxis dass jede Schweizerin die einen Auslander ehelichte das Schweizer Burgerrecht verlor Zudem wurden durch die Teilrevision der Bundesverfassung von 1928 weitere Ausburgerung ermoglicht Im Zuge des Vollmachtenregimes wahrend des Zweiten Weltkriegs wurde dazu zwei Bundesratsbeschlusse von 1941 und 1943 erlassen welche bis 1947 in Kraft waren Diese erlaubten es das Schweizer Burgerrecht wegen unschweizerischen Verhaltens zu entziehen 13 Das Heimatlosengesetz 14 von 1850 legte die Grundlage fur die formalrechtliche Integration der Heimatlosen in die Gesellschaft In der ersten Halfte des 19 Jahrhunderts lebten im Gebiet der heutigen Schweiz tausende von Heimatlosen Personen die in keiner Gemeinde oder Korporation ein Burgerrecht besassen Bei den Meisten wurde das Burgerrecht bereits ihren Vorfahren aberkannt Grunde dafur waren Mittellosigkeit liederlicher Lebenswandel aussereheliche Geburten ungesetzliche Eheschliessungen oder konfessionelle Konversionen Die kleinere Gruppe betraf die Fahrenden Heimatlose durften sich nirgends niederlassen und zogen deshalb von Ort zu Ort Sie durften nicht legal heiraten und waren von der kommunalen Armenfursorge ausgeschlossen Sie lebten in bitterer Armut Zwischen 1850 und 1878 wurden rund 30 000 Personen teilweise gegen den Widerstand der betroffenen Gemeinden zwangsweise eingeburgert Das Gesetz hatte jedoch auch zum Ziel die fahrende Lebensweisen zum Verschwinden zu bringen Ein Grossteil der Neuburger bzw ihrer Nachkommen konnte sich aus ihrer misslichen Lebenslage befreien und gliederte sich in die burgerliche Gesellschaft ein Ein Teil der Fahrenden entzog sich der Assimilation und setzte das Leben auf der Landstrasse fort 15 16 Seit Ende des 19 Jahrhunderts kam es wie in anderen europaischen Landern auch zu einer Debatte uber und die Bekampfung der Uberfremdung Im Jahr 1952 Inkrafttreten 1 Januar 1953 beschloss die Bundesversammlung das Bundesgesetz uber Erwerb und Verlust des Schweizerburgerrechts 17 Hatte bisher eine Schweizerin durch die Heirat mit einem Nichtschweizerburger ihr Burgerrecht verloren konnte sie es neu behalten wenn sie eine entsprechende Erklarung vor oder wahrend der Eheschliessung abgab Gleichzeitig erhielten Frauen die wegen ihrer Verheiratung mit einem Nichtschweizerburger ihr Schweizerburgerrecht verloren hatten ihr Burgerrecht auf Gesuch hin zuruck was in den Jahren ab 1953 zu einer grossen Zahl von Wiedereinburgerungen geburtiger Schweizerinnen fuhrte 18 Es gab immer wieder Falle in denen ausgeburgerte Schweizerinnen wegen Armut oder Krankheit in das haufig fremde Land ihrer Ehemanner ausgeschafft wurden In einigen dokumentierten Fallen wurden die Frauen in Nazi Konzentrationslagern ermordet 19 Mehrere Volksinitiativen zur Einwanderungspolitik in der Schweiz die so genannten Schwarzenbach Initiativen die auch Bestimmungen uber die Einburgerung vorsahen scheiterten in Volksabstimmungen der 70er Jahre So wurden 1970 und 1977 die Initiativen abgelehnt die vor einer Uberfremdung und zu leichter Einburgerung warnten und diese deswegen restriktiver handhaben wollten So wollte die Initiative von 1970 auch in der Verfassung festschreiben dass nur eine einzige Massnahme zur Reduzierung des Auslanderanteils zulassig sein sollte namlich dass das Kind auslandischer Eltern von Geburt an Schweizerburger ist wenn seine Mutter von Abstammung Schweizerburgerin war und die Eltern zur Zeit der Geburt ihren Wohnsitz in der Schweiz haben Diese Idee steht in einer langeren Tradition Schon seit Ende des 19 Jahrhunderts waren Massnahmen zur Bekampfung der Uberfremdung diskutiert wurden darunter auch erleichterte Einburgerungen 1928 hatte eine Volksabstimmung einer Revision der Bundesverfassung mit dem gleichen Inhalt zugestimmt zu einem entsprechenden Gesetz kam es jedoch nie 20 Wenn die Initiative angenommen worden ware hatte dies ein verfassungsmassiges Verbot der Einfuhrung des Ius soli in der Schweiz bedeutet 1974 wurde eine Initiative verworfen welche die Zahl der Einburgerungen auf jahrlich 4000 beschranken wollte 21 Das restriktive Einburgerungsklima wurde 1978 in dem erfolgreichen Spielfilm Die Schweizermacher persifliert In den 70er und 80er Jahren kam Kritik an der Ungleichbehandlung von Mannern und Frauen beim Burgerrecht auf Als Folge erhielten 1978 die Kinder von Schweizerinnen die mit einem Auslander verheiratet waren automatisch das Gemeinde und Kantonsburgerrecht der schweizerischen Mutter Da diese Regel ruckwirkend eingefuhrt wurde stieg die Zahl der Einburgerung in den Jahren 1978 79 vorubergehend markant an Ab 1988 mussten Frauen keine Erklarung mehr abgeben um bei der Heirat mit einem Auslander das Schweizer Burgerrecht zu behalten Zum 1 Januar 1992 entfiel die Regelung dernach eine Auslanderin durch die Heirat mit einem Schweizerburger automatisch dessen Gemeinde und Kantonsburgerrecht und somit das Schweizerburgerrecht erwarb Gleichzeitig erhielten mit einer Schweizerin verheiratete Auslander die Moglichkeit der erleichterten Einburgerung Manner und Frauen waren bezuglich Einburgerung durch Heirat damit gleichgestellt Im gleichen Jahr wurde auch schweizerseits die doppelte und mehrfache Staatsangehorigkeit uneingeschrankt moglich 18 Wiederholt gab es Bestrebungen in der Schweiz aufgewachsenen jugendlichen Auslandern Secondos die erleichterte Einburgerung zu ermoglichen Entsprechende Verfassungsanderungen resp Bundesbeschlusse wurden jedoch in den Abstimmungen von 1983 22 1994 23 und 2004 24 durch Volk und Stande deutlich verworfen Auch die 2017 angenommene erleichterte Einburgerung der in der Schweiz geborenen Enkel eingewanderter Auslander war 2004 noch deutlich abgelehnt worden 24 Gegen Ende der 90er Jahre reichte die SVP in verschiedenen Gemeinden Initiativen ein die forderten dass uber Einburgerungsgesuche in einer Volksabstimmung entschieden werden sollte Die Verfassungsmassigkeit solcher Abstimmungen war umstritten so erklarte der Gemeinderat der Stadt Zurich 2000 eine Initiative mit diesem Ziel fur ungultig ein Entscheid den das Bundesgericht 2003 letztinstanzlich bestatigte 25 In anderen Gemeinden wie dem luzernischen Emmen wurden hingegen Urnenabstimmungen uber Einburgerungen eingefuhrt Im April 2000 erhoben mehrere Personen deren Einburgerungsgesuche von der Gemeinde Emmen abgelehnt wurden Beschwerde Das Bundesgericht hiess ihre Beschwerden 2003 gut und kam zum Schluss dass Urnenabstimmungen uber Einburgerungen verfassungswidrig seien da Einburgerungsentscheide einen Verwaltungsakt darstellen und begrundet sein mussen 5 Dies ist aber bei Urnenabstimmungen inharent nicht gegeben Als Reaktion auf dieses Urteil lancierte die Schweizerische Volkspartei die Eidgenossische Volksinitiative fur demokratische Einburgerungen 26 Diese verlangte folgende Verfassungsbestimmung Die Stimmberechtigten jeder Gemeinde legen in der Gemeindeordnung fest welches Organ das Gemeindeburgerrecht erteilt Der Entscheid dieses Organs uber die Erteilung des Gemeindeburgerrechts ist endgultig Die Initiative wurde in der Volksabstimmung vom 1 Juni 2008 vom Stimmvolk verworfen so dass Urnenabstimmungen uber Einburgerungen verboten blieben Das Parlament hat am 20 Juni 2014 eine Totalrevision des Burgerrechtsgesetzes angenommen welche die Integrationskriterien Einburgerungsverfahren und die Gebuhren auf Bundesebene angepasst und die Anforderungen fur die Erlangung des Schweizer Burgerrechts verscharft hat 27 Gestutzt auf das Gesetz verabschiedete der Bundesrat am 17 Juni 2016 die Burgerrechtsverordnung BuV das Gesetz und die Verordnung sind auf den 1 Januar 2018 in Kraft getreten Demnach muss ein Antragsteller zur Erlangung des Schweizer Burgerrechts uber eine Niederlassungsbewilligung Ausweis C verfugen seit zehn Jahren in der Schweiz wohnhaft sein integriert sein mindestens einer Landessprache machtig sein die offentliche Sicherheit und Ordnung sowie die Werte der Bundesverfassung achten am Wirtschaftsleben oder am Bildungserwerb teilnehmen sich fur die Integration der eigenen Familie einsetzen mit den Lebensverhaltnissen in der Schweiz vertraut sein und er darf die innere und aussere Sicherheit der Schweiz nicht gefahrden Siehe auch BearbeitenSchweizer Pass Mehrfache Staatsburgerschaft Doppelburger Liste bekannter Schweizer PersonenLiteratur BearbeitenRainer J Schweizer Burgerrecht In Historisches Lexikon der Schweiz Silke Margherita Redolfi Die verlorenen Tochter Chronos Verlag Zurich 2019 ISBN 978 3 0340 1504 2 Weblinks BearbeitenWie werde ich Schweizerin oder Schweizer Staatssekretariat fur Migration SEM Handbuch Burgerrecht fur Gesuche ab 1 1 2018 Staatssekretariat fur Migration SEM Einzelnachweise Bearbeiten Art 1 Abs 2 Bundesgesetz vom 22 Juni 2001 uber die Ausweise fur Schweizer Staatsangehorige Ausweisgesetz AwG und Art 1 der Verordnung uber die Ausweise fur Schweizer Staatsangehorige Ausweisverordnung VAwG PDF 188 kB Beantwortung der Motion M 8 08 Beschluss Nr 534 2009 Memento vom 5 Oktober 2013 im Internet Archive PDF 29 kB Regierungsrat des Kantons Schwyz 19 Mai 2009 Burgerrechtsgesetz des Kantons Graubunden KBuG vom 31 August 2005 Naturalisation ordinaire conditions a remplir 9 Juni 2017 abgerufen am 23 Juli 2019 franzosisch a b Urteil 1P 228 2002 vom 9 Juli 2003 publiziert in BGE 129 I 217 Fall Emmen 08 432 Parlamentarische Initiative Marra Die Schweiz muss ihre Kinder anerkennen In Geschaftsdatenbank Curiavista des schweizerischen Parlaments Links zu Ratsverhandlungen Berichten Beschlussen usw Abgerufen am 21 August 2020 Bundeskanzlei Volksabstimmung vom 12 02 2017 Abgerufen am 21 August 2020 Schweiz entzieht erstmals einem Jihadisten den Pass In 20 Minuten vom 11 September 2019 1929 Lateranvertrage Die papstliche Garde kann nicht als auslandische bewaffnete Einheit gemass Artikel 94 des militarischen Strafrechts betrachtet werden da diese Truppe eine einfache Wachpolizei ist kann jeder wie bisher in ihren Dienst treten ohne die Zustimmung des Gesamtbundesrates einzuholen Website der Schweizergarde abgerufen am 25 Oktober 2017 Verfassung des Kantons Schaffhausen vom 17 Juni 2002 Art 23 Stimm und Wahlrecht PDF 109 kB Kanton Schaffhausen Abgerufen am 28 April 2013 a b Rainer J Schweizer Burgerrecht In Historisches Lexikon der Schweiz Patrick Kury im Interview Die Schweiz hat nie aus rein humanitaren Grunden Migranten aufgenommen Marc Tribelhorn Martin Beglinger in NZZ 27 August 2018 Der Verlust des Burgerrechts und seine politischen und individuellen Folgen Nationalfonds Projekt von Prof Dr Regina Wecker und Prof Dr Josef Mooser admin ch Bundesgesetz die Heimathlosigkeit betreffend vom 3 Dezember 1850 Rolf Wolfensberger Heimatlos In Historisches Lexikon der Schweiz Marco Jorio Die Sans Papiers von 1850 In NZZ Geschichte Nr 27 Marz 2020 S 110 Bundesgesetz uber Erwerb und Verlust des Schweizer Burgerrechts In Sammlung der eidgenossischen Gesetze Bundeskanzlei 31 Dezember 1952 abgerufen am 24 Mai 2022 a b Diskussionspapier von Avenir Suisse Kap 4 1 Memento vom 17 Oktober 2007 im Internet Archive Tausende Schweizerinnen verloren bis 1952 ihre Burgerrechte weil sie Auslander heirateten In watson ch vom 14 Juli 2019 Regula Argast Staatsburgerschaft und Nation Ausschliessung und Integration in der Schweiz 1848 1933 Gottingen 2011 S 307 Abstimmungstexte und Ergebnisse auf der Website der Bundesbehorden 1 2 Vorlage Toter Link www admin ch Seite nicht mehr abrufbar festgestellt im Januar 2023 Suche in Webarchiven Info Der Link wurde automatisch als defekt markiert Bitte prufe den Link gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis Volksabstimmung vom 4 Dezember 1983 uber die Erleichterung gewisser Einburgerungen Volksabstimmung vom 12 Juni 1994 Erleichterte Einburgerung fur junge Auslander a b Volksabstimmung vom 26 September 2004 uber die ordentliche Einburgerung sowie uber die erleichterte Einburgerung junger Auslanderinnen und Auslander der zweiten Generation Bundesgericht BGE 129 I 232 Urteil vom 9 April 2003 SVP prasentiert Einburgerungs Initiative news ch 28 Mai 2004 11 022 Burgerrechtsgesetz Totalrevision In Geschaftsdatenbank Curiavista mit Links auf Botschaft des Bundesrates Verhandlungen der Eidgenossischen Rate und weiteren Parlamentsunterlagen Parlamentsdienste abgerufen am 24 Mai 2022 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Schweizer Burgerrecht amp oldid 234816317