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Das Grundgesetz der Republik Estland estnisch Eesti Vabariigi pohiseadus ist seit 1992 die estnische Verfassung Das Grundgesetz wurde am 28 Juni 1992 durch eine Volksabstimmung verabschiedet und trat am 3 Juli 1992 in Kraft Flagge und Staatswappen der Republik Estland am Parlamentsgebaude in Tallinn Inhaltsverzeichnis 1 Entstehungsgeschichte 2 Aufbau 2 1 Gliederung 3 Inhalt 3 1 Praambel 3 2 Grundrechte 3 3 Staatsorganisationsrecht 3 4 Gerichtsverfassung 3 5 Verfassungsanderung 4 Texte 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseEntstehungsgeschichte BearbeitenAm 24 Februar 1918 erlangte Estland seine staatliche Unabhangigkeit von Russland 1920 wurde das erste Grundgesetz der Republik Estland erlassen Im Oktober 1933 wurde eine neue Verfassung erlassen die am 24 Januar 1934 in Kraft trat Sie galt bis zum Inkrafttreten eines neuen Grundgesetzes am 1 Januar 1938 1940 besetzte die Sowjetunion die Republik Estland Estland verlor damit de facto seine staatliche Selbstandigkeit Das Land wurde als Estnische Sozialistische Sowjetrepublik dem sowjetischen Staatsverband einverleibt Die meisten westlichen Staaten u a die Vereinigten Staaten von Amerika und die Bundesrepublik Deutschland erkannten die Besetzung Estlands volkerrechtlich nicht an Am 24 Februar 1990 beschloss der Oberste Sowjet in Tallinn die Streichung des Machtmonopols der Kommunistischen Partei aus Artikel 6 der Verfassung 1 Am 20 August 1990 erklarte Estland die Loslosung von der Sowjetunion und die Wiederherstellung seiner staatlichen Souveranitat Eine verfassungsgebende Versammlung arbeitete vom 13 September 1991 bis 10 April 1992 ein neues Grundgesetz aus 2 Es wurde durch eine Volksabstimmung am 28 Juni 1992 mit einer Mehrheit von 91 1 der Abstimmenden 3 angenommen und trat wenige Tage spater auf der Grundlage von 1 der estnischen Verfassung von 1938 in Kraft Die neue Verfassung greift viele Elemente der estnischen Verfassungen von 1920 und 1938 auf Sie versucht einen Mittelweg zwischen der Schwache der im extremen Parlamentarismus verankerten Verfassung von 1920 und den autoritaren Zugen der ganz auf die Exekutive ausgerichteten Verfassungen von 1934 und 1938 zu gehen 4 Die Erfahrungen mit der Sowjetunion bilden einen weiteren Hintergrund der freiheitlich demokratischen Verfassungsordnung Aufbau BearbeitenDie estnische Verfassung von 1992 ist eine moderne europaische Verfassung die starke Inspiration aus dem Grundgesetz fur die Bundesrepublik Deutschland erfahren hat Sie gliedert sich in eine Praambel und 15 Abschnitte peatukk Nach allgemeinen Staatsgrundsatzen werden die Grundrechte garantiert Danach folgen das Staatsorganisationsrecht das Gesetzgebungsverfahren die Haushaltsgrundsatze die volkerrechtlichen Beziehungen und die Grundzuge der Wehrverfassung In den anschliessenden Abschnitten sind die Justizgrundrecht und die kommunale Selbstverwaltung garantiert Artikel 15 enthalt Vorschriften zur Anderung des Grundgesetzes Gliederung Bearbeiten Abschnitt Deutsch Estnisch Praambel Preambula 1 1 7 Allgemeine Grundsatze Uldsatted2 8 55 Grundrechte Freiheiten und Pflichten Pohioigused vabadused ja kohustused3 56 58 Volk Rahvas4 59 76 Parlament Riigikogu5 77 85 Staatsprasident Vabariigi President6 86 101 Regierung Vabariigi valitsus7 102 110 Gesetzgebung Seadusandlus8 111 119 Finanzen und Staatshaushalt Rahandus ja riigieelarve9 120 123 Auswartige Beziehung und volkerrechtliche Vertrage Valissuhted ja valislepingud10 124 131 Landesverteidigung Riigikaitse11 132 138 Rechnungshof Riigikontroll12 139 145 Rechtskanzler Oiguskantsler13 146 153 Gericht Kohus14 154 160 Kommunale Selbstverwaltung Kohalik omavalitsus15 161 168 Anderung des Grundgesetzes Pohiseaduse muutmineInhalt BearbeitenPraambel Bearbeiten Die Praambel ist ein rechtlich verbindlicher Teil der estnischen Verfassung 5 Sie enthalt das unwiderrufliche Recht zur staatlichen Selbstbestimmung des estnischen Volkes auf der Grundlage von Freiheit Gerechtigkeit und Recht Die Praambel betont die ununterbrochene staatliche Kontinuitat der Republik Estland von 24 Februar 1918 bis heute Grundrechte Bearbeiten In den Paragraphen 8 bis 55 sind die grundlegenden Menschen und Burgerrechte garantiert Sie sind unmittelbar geltendes Recht Die Grundrechte durfen nur in Ubereinstimmung mit dem Grundgesetz eingeschrankt werden Die Prinzipien des demokratischen und sozialen Rechtsstaats werden garantiert Sie schutzen Leben und korperliche Unversehrtheit das Recht auf freie Entfaltung der Personlichkeit die Freiheit der Person die Meinungsfreiheit das Post und Fernmeldegeheimnis den Schutz von Familie und Privatsphare die Berufsfreiheit und das Recht auf materielles und geistiges Eigentum Die Verfassung garantiert die Freiheit des Glaubens und der Weltanschauung die Freiheit der Kunst und die Freiheit von Wissenschaft und Forschung Die Vereinigungsfreiheit und das Recht auf Bildung von Gewerkschaften werden ebenso wie das Petitionsrecht verbrieft Jedem Esten wird die Freiheit zur Ausreise aus Estland zugestanden Leistungsrechte betreffen den Schutz der Gesundheit die Gewahrleistung der Sozialhilfe sowie die soziale Unterstutzung kinderreicher Familien und der Behinderten ausserdem das Recht auf Bildung Das Bildungssystem steht unter der Aufsicht des Staates Die Staats und Verwaltungssprache ist Estnisch In Gebieten in denen die Halfte der Bevolkerung einer Minderheit angehort kann sich diese in ihrer Sprache an die Behorden wenden und hat das Recht auf eine Antwort in derselben Sprache Jeder hat das Recht seine Zugehorigkeit zu einer nationalen Gruppe zu bewahren Minderheiten wird die Bildung von Selbstverwaltungskorperschaften nach dem Gesetz uber die Kulturautonomie garantiert Als Pflichten des einzelnen nennt die Verfassung den Schutz der Natur Daneben ist jeder estnische Staatsangehorige zur Treue gegenuber der verfassungsmassigen Ordnung sowie zur Verteidigung der estnischen Selbstandigkeit verpflichtet Staatsorganisationsrecht Bearbeiten Estland ist ein Einheitsstaat ohne foderale Gliederung Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus Sie wird in Wahlen und Abstimmungen ausgeubt 56 Wahlberechtigt ist jeder estnische Staatsangehorige der das 18 Lebensjahr vollendet hat 57 Die Wahlen zum Parlament sind allgemein direkt frei und geheim Estland hat ein Einkammersystem Die gesetzgebende Gewalt liegt ausschliesslich beim Parlament Riigikogu Es hat 101 Mitglieder die nach den Grundsatzen der Verhaltniswahl bestimmt werden 60 Wahlbar ist jeder estnische Staatsburger der das 20 Lebensjahr vollendet hat Die Legislaturperiode betragt vier Jahre Die Sitzungen des Parlaments sind offentlich wenn nicht eine Mehrheit von zwei Drittel seiner Mitglieder das Gegenteil beschliesst 72 Die Abgeordneten sind bei Abstimmungen frei und nur ihrem Gewissen unterworfen Sie geniessen Immunitat vor strafrechtlicher Verfolgung Das Parlament beschliesst die Gesetze und den Staatshaushalt Es ratifiziert die volkerrechtlichen Vertrage Estlands Dem Parlament kommen die wichtigsten Wahlfunktionen im Staate zu Es hat die Aufgabe den Staatsprasidenten fur eine Amtszeit von funf Jahren zu wahlen Dessen anschliessende Wiederwahl ist nur einmal zulassig 79 Das Parlament wahlt auf Vorschlag des Staatsprasidenten mit einfacher Mehrheit den Ministerprasidenten der daraufhin seine Regierung bildet 89 Der Regierung obliegt die exekutive Gewalt in Estland Sie ist dem Parlament rechenschaftspflichtig Das Parlament kann dem Ministerprasidenten oder einem einzelnen Minister jederzeit das Misstrauen aussprechen was dessen Rucktritt zur Folge hat Die Amtszeit der Regierung endet automatisch mit dem Ende der Legislaturperiode Das Parlament wahlt daruber hinaus die Richter des Staatsgerichtshofs Riigikohus den Prasidenten des Rechnungshofs riigikontrolor den Rechtskanzler oiguskantsler den Prasidenten der Eesti Pank und die Mitglieder des estnischen Zentralbankrates sowie den militarischen Befehlshaber der estnischen Streitkrafte kaitsevae juhataja 65 Gerichtsverfassung Bearbeiten Die rechtsprechende Gewalt ist ausschliesslich den Gerichten ubertragen 146 Die Richter sind unabhangig und nur dem Gesetz unterworfen Sie durfen nur wegen eines Verbrechens auf Vorschlag des Staatsgerichtshofs vom estnischen Staatsprasidenten entlassen werden 153 Der Instanzenzug ist dreistufig mit Land und Stadtgerichten bzw Verwaltungsgerichten in erster Instanz Kreisgerichten in zweiter Instanz und dem Staatsgerichtshof als hochster Instanz 148 Ausnahmegerichte sind unstatthaft Verfassungsanderung Bearbeiten Ein Gesetzentwurf zur Anderung der Verfassung kann von einem Funftel der Mitglieder des Parlaments oder vom Staatsprasidenten eingebracht werden Das Verfahren zur Verfassungsanderung ist kompliziert Der Antrag muss vom Parlament in zwei aufeinander folgenden Legislaturperioden mit Mehrheit der gesetzlichen Mitgliederzahl wortgleich beschlossen werden ausser der Anderungsentwurf wurde in einer Volksabstimmung gebilligt die vom Parlament mit einer Mehrheit von drei Funfteln der gesetzlichen Mitgliederzahl beschlossen worden war Die Abschnitte 1 und 15 der Verfassung konnen nur durch Volksabstimmung geandert werden Daneben hat das Parlament die Moglichkeit auf Antrag von vier Funfteln seiner gesetzlichen Mitgliederzahl eine Verfassungsanderung bereits wahrend einer Legislaturperiode anzunehmen ohne dass es in diesem Fall einer zweiten Parlamentsabstimmung in der kommenden Legislaturperiode bedarf Bei der Abstimmung uber den Anderungsvorschlag im Schnellverfahren ist dann eine Mehrheit von drei Funfteln der Abgeordneten erforderlich Texte BearbeitenOriginaltext Ubersetzung ins Deutsche Ubersetzung ins EnglischeLiteratur BearbeitenViljar Peep Hrsg Pohiseadus ja Pohiseaduse Assamblee Tallinn 1997 ISBN 9985 822 69 2 Eesti Vabariigi pohiseadus Kommenteeritud valjaanne Tallinn 2002 ISBN 9985 75 089 6 Manfred H Wiegandt Grundzuge der estnischen Verfassung von 1992 In Jahrbuch des offentlichen Rechts der Gegenwart Band 45 1997 S 151 175 Wolfgang Drechsler und Taavi Annus Die Verfassungsentwicklung in Estland von 1992 bis 2001 In Jahrbuch des offentlichen Rechts der Gegenwart Band 50 2002 S 473 492Weblinks BearbeitenAusgabe der Zeitschrift Juridica international zum 15 Jahrestag der estnischen Verfassung von 1992 I 2007 Estonian Constitutional Law Institute Universitat Tartu Einzelnachweise Bearbeiten 24 02 1990 Tagesschau ARD 24 Februar 1990 abgerufen am 27 Juni 2018 http www riigikogu ee id 34582 amp langchange 1 http www juridicainternational eu index php id 10550 Archivlink Memento des Originals vom 27 September 2007 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www estonica org siehe Heinrich Schneider Pohiseaduse preambula Tema tahtsus ja oiguslik loomus In Juridica 1996 Nr 9 S 442 450Verfassungen Estlands 1920 1934 1938 1940 1978 1992Verfassungen der Staaten Europas 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