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Postgeheimnis bezeichnet die deutsche Ausformung des demokratischen Grundrechts Briefgeheimnis Zusatzlich zu diesem ist es wie das Fernmeldegeheimnis in Art 10 Abs 1 Grundgesetz verankert und seine Verletzung durch strafrechtlich 206 StGB sanktioniert Ihm unterliegen nach der Legaldefinition der 39 Abs 1 Postgesetz und 206 Abs 5 Satz 1 StGB die naheren Umstande des Postverkehrs bestimmter naturlicher oder juristischer Personen sowie der Inhalt von Postsendungen Nach Abs 2 ist dazu verpflichtet wer geschaftsmassig Postdienste erbringt oder daran mitwirkt Die Pflicht besteht auch nach dem Ende der Tatigkeit fort durch die sie begrundet worden ist Damit ist sein Schutzbereich sachlich weiter sowie zeitlich bzw prozessual enger gefasst als im Briefgeheimnis das nur verschlossene schriftliche Mitteilungen schutzt die eine von aussen sichtbare Empfangerangabe enthalten denn es umfasst grundsatzlich alle Postsendungen von der Ubernahme der Sendung durch das Postunternehmen bis zu ihrer Auslieferung an die Empfanger Das Postgeheimnis erstreckt sich strafrechtlich auch auf die reibungslose Postubermittlung weshalb bereits die Postunterdruckung nach 206 Abs 2 Nr 2 strafbewehrt ist Inhaltsverzeichnis 1 Einschrankung des Postgeheimnisses 2 Geschichte 2 1 1918 2 2 1933 2 3 1945 2 4 1968 2 5 DDR 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseEinschrankung des Postgeheimnisses BearbeitenEinschrankungen des Postgeheimnisses unterliegen dem Gesetzesvorbehalt So normiert das G 10 Gesetz zur Beschrankung des Brief Post und Fernmeldegeheimnisses Ausnahmen fur die Nachrichtendienste der Lander den Bundesnachrichtendienst das Bundesamt fur Verfassungsschutz und den Militarischen Abschirmdienst Uber die Anwendung dieser Massnahmen wacht die G 10 Kommission Zweitens bestimmt das Postgesetz selbst in 39 Abs 4 Ausnahmen zum Verstoss gegen das Briefgeheimnis als Bestandteil des Postgeheimnisses soweit die dort bezeichneten Handlungen erforderlich sind um 1 bei entgeltbegunstigten Postsendungen das Vorliegen tariflicher Voraussetzungen zu prufen 2 den Inhalt beschadigter Postsendungen zu sichern 3 den auf anderem Weg nicht feststellbaren Empfanger oder Absender einer unanbringlichen Postsendung zu ermitteln 4 korperliche Gefahren abzuwenden die von einer Postsendung fur Personen und Sachen ausgehen Ausserdem regelt Abs 5 Ausnahmen zur Geheimhaltung der naheren Umstande des Postverkehrs Mitteilungen uber den Postverkehr einer Person sind zulassig soweit sie erforderlich sind um Anspruche gegen diese Person gerichtlich oder aussergerichtlich geltend zu machen die im Zusammenhang mit der Erbringung einer Postdienstleistung entstanden sind oder um die Verfolgung von Straftaten zu ermoglichen die beim Postverkehr zum Schaden eines Postunternehmens begangen wurden Drittens ist nach 99 StPO in bestimmten Fallen die Beschlagnahme von Postsendungen und Telegrammen zulassig die sich im Gewahrsam von Personen oder Unternehmen befinden die geschaftsmassig Post oder Telekommunikationsdienste erbringen oder daran mitwirken Betroffene sind von dieser Massnahme nach 101 StPO zu benachrichtigen sobald dies ohne Gefahrdung des Untersuchungszwecks der offentlichen Sicherheit von Leib oder Leben einer Person sowie der Moglichkeit der weiteren Verwendung eines eingesetzten nicht offen ermittelnden Beamten geschehen kann Diese Benachrichtigung findet jedoch in der Praxis nicht immer statt es liegt insoweit ein faktisches Vollzugsdefizit vor Das Grundrecht des Art 10 GG kann auch durch andere Bundesgesetze 1 eingeschrankt werden Ausserdem ermoglichen einige Landesgesetze die Einschrankung des Art 10 GG Geschichte BearbeitenFur ihre regelmassigen Boteneinrichtungen erliessen viele Fursten und Stadte Botenordnungen in den die Boten auf Wahrung des Briefgeheimnisses eidlich verpflichtet waren und hohe Strafen drohten In der preussischen Postordnung vom 10 August 1712 wird in Kapitel VIII 4 das Unterschlagen Erbrechen oder die Aushandigung in fremde Hand unter Strafe gestellt Der Delinquent hatte erstens den entstandenen Schaden zu ersetzen und erhielt zudem eine Strafe von 100 Talern im Wiederholungsfalle wurde er zudem entlassen Im 17 und 18 Jahrhundert war es um die Wahrung des Postgeheimnisses schlecht bestellt Es entstanden so genannte Schwarze Kabinette Beim Ubergang von der absolutistischen zur konstitutionellen Staatsform drangte die offentliche Meinung darauf dass die Unverletzlichkeit des Briefgeheimnisses als Grundrecht der Staatsburger in der Verfassung anerkannt wurde In der preussischen Verfassungs Urkunde vom 31 Januar 1850 steht Das Briefgeheimnis ist unverletzlich Die bei strafgerichtlichen Untersuchungen und in Kriegsfallen notwendigen Beschrankungen sind durch die Gesetzgebung festzustellen Das Volk war beruhigt allerdings wurden diese Passagen weder ins preussische Postgesetz vom 5 Juni 1852 noch in das Reglement dazu aufgenommen Sowohl die Verfassung des Norddeutschen Bundes vom 26 Juli 1867 als auch die Verfassung des Deutschen Reiches vom 16 April 1871 enthielten keine Bestimmungen zum Grundrecht des Briefgeheimnisses Dafur wird im Postgesetz im 5 vom Briefgeheimnis gesprochen darunter ist jedoch das Postgeheimnis zu verstehen Unter Briefgeheimnis versteht man das in 299 Reichsstrafgesetzbuch geschutzte Recht der Unverletzlichkeit irgendeiner verschlossenen Nachricht So wird das Offnen einer verschlossenen Nachricht die nicht zu seiner Kenntnis bestimmt ist unter Strafe gestellt Eine Postvollmacht ermachtigt einen Dritten seine Post in Empfang zu nehmen und zu offnen der Inhalt ist damit zu seiner Kenntnis bestimmt In der Reichsverfassung von 1919 wird zum ersten Mal das Postgeheimnis zum Grundrecht erklart Mit Art 117 der Weimarer Verfassung wird bestimmt dass das Postgeheimnis unverletzlich sei 1918 Bearbeiten Durch Befehl vom 16 Dezember 1918 konnte der Postbetrieb wieder aufgenommen werden Gleichzeitig wurde die Briefzensur eingefuhrt Wahrend der Verkehr innerhalb der besetzten Gebiete nur wenigen Beschrankungen unterlag war der Post Telefon und Telegrafendienst zwischen den besetzten und nichtbesetzten Gebieten nur in den wichtigsten Verwaltungsangelegenheiten in Sachen Eisenbahn und Versorgung zulassig Sofort wurden in den belgischen britischen amerikanischen und franzosischen Besatzungszonen Zensurburos eingerichtet Erst gegen Ende des Jahres 1924 wurde die Postuberwachung an Rhein und Ruhr durch die alliierten Besatzungsmachte eingestellt 1933 Bearbeiten Mit der Verordnung des Reichsprasidenten zum Schutz von Volk und Staat vom 28 Februar 1933 kommt es zur Aufhebung des Post Telegraphen und Fernsprechgeheimnisses Neben der Beschrankung der personlichen Freiheit des Rechts auf freie Meinungsausserung einschliesslich der Pressefreiheit des Vereins und Versammlungsrechts waren Eingriffe in das Brief Post Telegraphen und Fernsprechgeheimnis Anordnungen von Haussuchungen und von Beschlagnahme sowie Beschrankung des Eigentums auch ausserhalb des sonst hierfur bestimmten gesetzlichen Grenzen zulassig 1945 Bearbeiten Durch Gesetz Nr 76 des Oberbefehlshabers der Alliierten Streitkrafte betreffend Post Fernsprech Funk und Rundfunkwesen mit den dazugehorigen Zensurbestimmungen wurden im Jahre 1945 alle Nachrichten in Deutschland der alliierten Kontrolle unterworfen Nachdem das Gesetz Nr 5 der Alliierten Hohen Kommission uber die Presse den Rundfunk die Berichterstattung und die Unterhaltungsstatten vom 21 September 1949 diese Bestimmungen zum Teil aufgehoben hatte hob das Gesetz Nr A 14 der Alliierten Hohen Kommission vom 15 Februar 1951 sie ganz auf Zum Schutze der Sicherheit und des Ansehens der alliierten Streitkrafte gab es seit 1949 eine Sonderbefugnis Durch den Deutschlandvertrag 1952 ist auch diese letzte Postuberwachungsmoglichkeit aufgehoben worden Dennoch wurden bis 1968 ohne Rechtsgrundlage 300 Millionen Briefe aus der DDR und anderen sozialistischen Staaten unter hochster Geheimhaltung vernichtet wie Nachforschungen des Historikers Josef Foschepoth ergaben 2 Als Grundlage hierfur diente unter anderem das Funf Broschuren Urteil 1968 Bearbeiten Die 1968 verabschiedeten Notstandsgesetze bildeten eine rechtliche Grundlage fur die Uberwachung von Telekommunikation und Postverkehr 3 Das Gesetz zur Beschrankung des Brief Post und Fernmeldegeheimnisses regelte die Befugnisse der deutschen Nachrichtendienste bezuglich Artikel 10 des Grundgesetzes Zudem traf die Bundesregierung mit den West Alliierten mehrere Verwaltungsvereinbarungen die den Geheimdiensten der West Alliierten einen fortgesetzten Zugriff auf die Post der Bundesburger erlaubten Diese Verwaltungsvereinbarungen waren bis 2012 als geheim eingestuft 4 DDR Bearbeiten nbsp Heissluftgeblase der Stasi zum Offnen von Briefen nbsp Die Zollverwaltung entfernte einen Prospekt des Huttenwerks Rheinhausen aus einem PackchenDie Verletzung des Postgeheimnisses war in der DDR formal in den 135 und 202 StGB DDR unter Strafe gestellt 5 Dennoch erfolgte eine systematische Kontrolle aller Postsendungen aus oder in die Bundesrepublik oder West Berlin durch die Abteilung M des Ministeriums fur Staatssicherheit MfS 6 Diese arbeitete mit der Deutschen Post der DDR zusammen Innerhalb der Post firmierte die Postkontrolle unter der Tarnbezeichnung Abteilung 12 oder Dienststelle 12 Die Postkontrolle des MfS begann 1950 mit drei Referaten und einigen Dutzend Mitarbeitern und wurde kontinuierlich ausgebaut Am Ende verfugte der Bereich 1989 uber zehn Abteilungen mit knapp 2200 Mitarbeitern Die Bedeutung die die SED der Postkontrolle beimass zeigte sich daran dass der Leiter des Bereichs Rudi Strobel im Range eines Generalmajors stand und seit 1982 einem Verantwortungsbereich unterstand der von Erich Mielke direkt geleitet wurde 7 In den 1980er Jahren offnete das MfS pro Tag etwa 90 000 Briefe 8 und 60 000 Pakete 9 Fand das MfS beim Offnen Geld oder Wertgegenstande so wurden diese gelegentlich entwendet und dem Staatshaushalt der DDR zugefuhrt Im Zeitraum von 1984 bis 1989 nahm das MfS auf diese Weise rund 32 Millionen DM ein 10 Literatur BearbeitenHandworterbuch des Postwesens 2 Auflage S 520 525 Aschenborn Schneider Das Gesetz uber das Postwesen des Deutschen Reichs nebst den grundlegenden Bestimmungen uber die Verfassung der Deutschen Reichspost 2 Auflage Julius Springer Berlin 1928 S 134 ff Niggl II Deutsches Postrecht Band 81 der Sammlung Post und Telegraphie in Wissenschaft und Praxis 2 Auflage R v Decker s Verlag G Schenck Berlin 1931 S 120 ff Schuster Postrechtpraxis Erich Herzog Goslar 1950 S 50 ff Archiv fur das Post und Fernmeldewesen Hrsg im Auftrag des Bundesministers fur das Post und Fernmeldewesen Verlag Postamt Frankfurt Main 1 1949 S 65 1951 S 122 und 278 Werner Steven Konrad Meyer Postzensur wahrend der Besatzungszeit des Rheinlandes und des Ruhrgebiets nach dem Ersten Weltkrieg Selbstverlag W Steven Braunschweig 1991 zu 206 StGB Wolfgang Joecks Strafgesetzbuch Studienkommentar 6 Auflage Beck Munchen 2005 ISBN 3 406 53845 2 Horst Deinert Kay Lutgens Betreuung und Postverkehr In BtPrax 2009 S 212 217 Josef Foschepoth Postzensur und Telefonuberwachung in der Bundesrepublik Deutschland 1949 1968 In ZfG 57 2009 S 413 426 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Postgeheimnis Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Stasi Mediathek Dokumentensammlung PostkontrolleEinzelnachweise Bearbeiten Bundesrecht das Artikel 10 des Grundgesetzes einschrankt Josef Foschepoth Zeitschrift fur Geschichtswissenschaft Postzensur und Telefonuberwachung in der Bundesrepublik Deutschland 1949 1968 PDF 188 kB Mai 2009 Uberwachungsstaat BRD Postgeheimnis unter alliierter Kontrolle ausgehebelt hintergrund de 22 November 2012 abgerufen am 25 Oktober 2013 Thomas Gutschker Marie Katharina Wagner Markus Wehner Amerika darf Deutsche abhoren faz net 6 Juli 2013 abgerufen am 25 Oktober 2013 StGB DDR Memento des Originals vom 7 Mai 2018 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot www verfassungen de Vgl Dienstanweisung Nr 3 85 zur politisch operativen Kontrolle und Auswertung von Postsendungen durch die Abteilung M des MfS auf demokratie statt diktatur de einem Angebot der Stasi Unterlagen Behorde Hanna Labrenz Weiss MfS Handbuch Abteilung M Postkontrolle Die Bundesbeauftragte fur die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik Berlin 2003 Memento vom 3 Oktober 2009 im Internet Archive Vgl Hubertus Knabe Die Tater sind unter uns Uber das Schonreden der SED Diktatur Berlin 2007 S 83 Vgl Jens Gieseke Deutsche Demokratische Republik In Lukasz Kaminski Jens Gieseke Hrsg Handbuch der kommunistischen Geheimdienste in Osteuropa 1944 1991 Analysen und Dokumente Wissenschaftliche Reihe des BStU Bd 33 Gottingen 2009 S 199 264 hier S 221 Vgl Christoph Schaefgen Zehn Jahre Aufarbeitung des Staatsunrechts in der DDR In Neue Justiz 1 2000 S 1 5 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Normdaten Sachbegriff GND 4046899 9 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Postgeheimnis amp oldid 239110245