Das Reichsstrafgesetzbuch (RStGB, Langform Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich) ist die Bezeichnung für die Fassung des deutschen Strafgesetzbuches in der Zeit bis zur Neubekanntmachung durch das Dritte Strafrechtsänderungsgesetz vom 4. August 1953 (BGBl. 1953 I S. 735 ff.). Ursprünglich trat das Gesetz als Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund (NdStGB) am 1. Januar 1871 in Kraft. Nach der Reichseinigung erfolgte die Neufassung im Deutschen Kaiserreich (RGBl. 1871 S. 127) und trat neugefasst am 1. Januar 1872 in Kraft. Das Strafgesetzbuch gilt im Wesentlichen bis heute als Strafgesetzbuch (StGB) in der Bundesrepublik fort.
Basisdaten | |
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Titel: | Strafgesetzbuch |
Abkürzung: | RStGB |
Art: | Reichsgesetz |
Geltungsbereich: | Deutsches Reich Beachte auch §§ 3–7 StGB für Auslandstaaten |
Rechtsmaterie: | Strafrecht |
Ursprüngliche Fassung vom: | 15. Mai 1871 (RGBl. S. 127) 31. Mai 1870 StGB für Norddeutschen Bund (BGBl. NDB 1870, Nr. 16, Seite 197) |
Inkrafttreten am: | 1. Januar 1872 1. Januar 1871 (Norddeutscher Bund) |
Neubekanntmachung vom: | 26. Februar 1876 (RGBl. S. 39) |
Außerkrafttreten: | Gilt als Strafgesetzbuch in der Bundesrepublik Deutschland fort |
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten. |
Das RStGB unterteilte die Straftaten in drei Klassen: Verbrechen, Vergehen und Übertretung. In der DDR entfiel der Deliktstyp der Übertretung zum 1. Juli 1968 durch Einführung des Strafgesetzbuchs der DDR. In der Bundesrepublik wurde er durch die 1969 beschlossene Große Strafrechtsreform zum 1. Januar 1975 abgelöst durch Unterteilung der Bagatelldelikte in strafbare Vergehen beziehungsweise Ordnungswidrigkeiten. Die Sanktionen für Verbrechen bestanden in den Rechtsfolgen Todesstrafe, Zuchthaus und Festungshaft. Für Vergehen drohte Gefängnisstrafe und für Übertretungen in der Regel Geldstrafe beziehungsweise kurzzeitige Haft.
Geschichte Bearbeiten
Im 19. Jahrhundert durchlief die Vereinheitlichung des Strafrechts im späteren Deutschen Reich verschiedene Phasen. Zunächst war ein Streben nach einem einheitlichen deutschen Strafrecht auf den wissenschaftlichen Diskurs beschränkt. Die deutschen Staaten waren nach der Restitution des Wiener Kongress 1815 darauf bedacht den Souveränitätsgedanken zu priorisieren. Sie standen einer gesamtdeutschen Strafrechtskodifikation skeptisch gegenüber und beschränkten sich auf Kodifikationen in ihren einzelnen Territorien.
Dies änderte sich mit der Märzrevolution, die eine Diskussion über eine deutsche Nationalgesetzgebung wiederbelebte, so auch die einer gemeinsamen Strafgesetzgebung. Zwar scheiterten die Kodifikationsbestrebungen der Revolutionäre, jedoch führten sie zu einer Änderung der Gesetzgebung im Deutschen Bund. Dieser ging, um seine Legitimation zu bewahren, dazu über die deutsche Rechtsvereinheitlichung zu fördern. Insbesondere nutze er Artikel VI der Bundesakte zu mehreren Reformprojekten, wie dem Allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuch 1861. Zu einer Vereinheitlichung des Strafrechtes kam es aufgrund der Streitigkeiten Deutschlands und Österreichs nicht mehr. Auch wurden die Divergenzen zwischen den Staaten als zu groß angesehen.
Die letzte Phase begann nach dem Sieg Preußens gegen Österreich im Krieg von 1866 und der Gründung des Norddeutschen Bundes. Bereits 1867 hatte Preußen in den annektierten Staaten das preußische Strafgesetzbuch von 1851 (prStGB) eingeführt. Bei den Beratungen zur Verfassung des Norddeutschen Bundes sah Art. 4 Nr. 13 zunächst nur Kompetenzen des Bundes für Privat- und Wirtschaftsrecht vor. Auf Initiative des Reichstages wurde dies um das formelle und materielle Strafrecht ergänzt.
Am 30. März 1868 beantragten die Abgeordneten Wagner und Planck den Bundeskanzler Bismarck aufzufordern ein Strafgesetzbuch zu erarbeiten. Diesem kam der Reichstag nach und Bismarck beauftragte am 17. Juni 1868 den Justizminister Leonhardt ein Strafgesetzbuch für das Gebiet des Norddeutschen Bundes auszuarbeiten. Für die Erstellung wurde Heinrich von Friedberg beauftragt und ihm wurden die Richter Ernst Traugott Rubo und Rüdorff zur Seite gestellt. Friedberg entschied sich keinen neuen Entwurf zu erarbeiten, sondern das bestehende preußische Strafgesetzbuch zu überarbeiten und es zu verbessern. Friedberg erarbeitete einen Entwurf, der im Juli 1869 vorgestellt wurde. Eine wichtige Änderung zum bisher geltenden Recht, war die Streichung der Todesstrafe für zahlreiche Delikte, womit sie im Frieden nur noch für zwei statt 14 Tatbeständen als Strafmaß angedroht war: Für vollendeten Mord gemäß § 211 RStGB, für Mordversuch an Kaiser oder Landesherrn als schwerer Fall des Hochverrats gemäß § 80 RStGB. Im Krieg war sie gemäß § 4 Einführungsgesetz für weitere Tatbestände, z. B. Landesverrat, vorgesehen. Als Hinrichtungsmethode wurde gemäß § 13 RStGB Enthauptung festgelegt.
Ansonsten wurde der Versuch im Vergleich zur Vollendung milder bestraft. Auch eingeführt wurde ein Strafmündigkeitsalter von 12 Jahren. Die Intention von Friedberg war jedoch möglichst geringe Änderungen zum PrStGB vorzunehmen.
Die fehlende Berücksichtigung von außerpreußischen Strafgesetzbüchern rief insbesondere in den sächsischen und thüringischen Gebieten Kritik hervor. Der Vorschlag Friedbergs wurde dem Bundesrat vorgelegt, der eine Kommission einsetzte. Zahlreiche Änderungsvorschläge wurden eingebracht, davon drei Viertel von den nichtpreußischen Mitgliedern Friedrich Oskar Schwarze (Königreich Sachsen) und Ferdinand Donandt (Bremen). Diese Änderungen scheiterten jedoch zumeist an der preußischen Mehrheit in der Kommission. So gab es zwar kleine Änderungen im Entwurf, grundlegende Änderungsvorschläge scheiterten jedoch.
Auch im Reichstag wurde der Entwurf diskutiert und verhandelt. Der Entwurf drohte an der vom Reichstag zunächst geforderten Abschaffung der Todesstrafe zu scheitern, wurde dann jedoch am 25. Mai 1870 vom Reichstag mit Änderungen genehmigt.
Nachdem Bundesrat und Reichstag zugestimmt hatten, wurde es am 31. Mai 1870 von König Wilhelm I. als Inhaber des Bundespräsidiums unterzeichnet und am 8. Juni des Jahres im Bundesgesetzblatt des Norddeutschen Bundes verkündet. Es tat am 1. Januar 1871 in Kraft. Gemäß Artikel 80 der Verfassung des Deutschen Bundes sollte es ab 1. Januar 1872 als dessen Gesetz fortgelten. Durch das Gesetz betreffend die Redaktion des Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund als Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich vom 15. Mai 1871 erhielt es zum 1. Januar 1872 den Titel Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich und gleichzeitig eine formell völlig neue, inhaltlich fast unveränderte, Textfassung.
Das RStGB wurde ab 1923 durch die Einführung des Jugendgerichtsgesetzes, die Geldstrafenverordnung von 1924 und die Bestimmungen zur Zweispurigkeit des Strafrechts sowie über die Maßregeln von 1933 umfassend reformiert.
In der Bundesrepublik Deutschland gilt das RStGB nach umfassenden Änderungen bis heute fort. In der DDR hingegen wurde mit Wirkung zum 1. Juli 1968 das RStGB, das bereits 1958 durch das Strafrechtsergänzungsgesetz wesentlich reformiert worden war, durch das Strafgesetzbuch der DDR ersetzt.
Aufbau Bearbeiten
Das Strafgesetzbuch ist in zwei Hauptabschnitte unterteilt:
Allgemeiner Teil Hier ist Grundsätzliches geregelt, wie zum Beispiel:
- Geltungsbereich des Gesetzes
- Gesetzliche Definitionen
- (Vorsatz und Fahrlässigkeit) und Schuldfähigkeit
- Täterschaft und Teilnahme (Täter, Mittäter, Anstiftung, Beihilfe)
- Rechtfertigungsgründe (Notwehr, Nothilfe)
- Sanktionenrecht (Geldstrafe, Freiheitsstrafe, sonstige Maßnahmen)
- Verjährung
Besonderer Teil Dieser enthält die einzelnen Straftatbestände, geordnet nach geschützten Rechtsinteressen (sogenannte Rechtsgüter):
- I. Abschnitt (ab § 80): Hochverrat und Landesverrat
- II. u. III. Abschnitt (ab § 94): Beleidigung des Landesherrn beziehungsweise von Bundesfürsten
- IV. Abschnitt (ab § 102): Feindliche Handlungen gegen befreundete Staaten
- V. Abschnitt (ab § 105): Verbrechen und Vergehen in Beziehung auf die Ausübung staatsbürgerlicher Rechte (beispielsweise Wahlfälschung, Nötigung von Legislativorganen)
- VI. Abschnitt (ab § 110): Widerstand gegen die Staatsgewalt
- VII. Abschnitt (ab § 123): Verbrechen und Vergehen wider die öffentliche Ordnung
- VIII. Abschnitt (ab § 146): Münzverbrechen und -vergehen
- IX. Abschnitt (ab § 153): Meineid
- X. Abschnitt (ab § 164): Falsche Anschuldigung
- XI. Abschnitt (ab § 166): Vergehen, welche sich auf die Religion beziehen (bspw. Störung des Gottesdienstes, aber auch öffentliche Gotteslästerung)
- XII. Abschnitt (ab § 169): Verbrechen und Vergehen in Beziehung auf den Personenstand (z. B. Kindesverwechslung)
- XIII. Abschnitt (ab § 171): Verbrechen und Vergehen wider die Sittlichkeit (nach heutigen Begrifflichkeiten Sexualstrafrecht)
- XIV. Abschnitt (ab § 185): Beleidigung
- XV. Abschnitt (ab § 201): Zweikampf (Verbot des Duells)
- XVI. Abschnitt (ab § 211): Verbrechen und Vergehen wider das Leben
- XVII. Abschnitt (ab § 223): Körperverletzung
- XVIII. Abschnitt (ab § 234): Verbrechen und Vergehen wider die persönliche Freiheit
- XIX. u. XX. Abschnitt (ab § 242): Diebstahl, Unterschlagung, Raub, Erpressung
- XXI. Abschnitt (ab § 257): Begünstigung und Hehlerei
- XXII. Abschnitt (ab § 263): Betrug und Untreue
- XXIII. Abschnitt (ab § 267): Urkundenfälschung
- XXIV. Abschnitt (ab § 281): Bankerutt (Bankrott)
- XXV. Abschnitt (ab § 284): Strafbarer Eigennutz (bspw. Veranstaltung illegalen Glücksspieles) und Verletzung fremder Geheimnisse
- XXVI. Abschnitt (ab § 303): Sachbeschädigung
- XXVII. Abschnitt (ab § 306): Gemeingefährliche Verbrechen und Vergehen
- XVIII. Abschnitt (ab § 331): Verbrechen und Vergehen im Amte
- XXIX. Abschnitt (ab § 360): Übertretungen (Sammlung diverser Tatbestände wie Bettelei, Verstoß gegen polizeiliche Auflagen usw.)
Obwohl in zeitlich nachgehenden Reformen teilweise weitreichende Änderungen vorgenommen wurden und zahlreiche Vorschriften ersatzlos entfielen (s. u.), gilt das RStGB – nunmehr als StGB – besonders im Bereich der Straftaten gegen Leben und körperliche Unversehrtheit sowie der Eigentumsdelikte in der obigen, 1871 verkündeten Form weitgehend fort.
Nach 1945 Bearbeiten
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges und dem Untergang des NS-Staats wurde das Strafgesetzbuch mehrfach novelliert. Insbesondere der Alliierte Kontrollrat bemühte sich um eine Revision von Vorschriften, die zwischen 1933 und 1945 ergangen und vom Nationalsozialismus geprägt waren. Hierzu ergingen etwa das Kontrollratsgesetz Nr. 11 vom 30. Januar 1946 und das Kontrollratsgesetz Nr. 55 vom 20. Juni 1947 sowie von bundesdeutscher Seite das Strafrechtsänderungsgesetz vom 30. August 1951.
Zahlreiche weitere Novellierungen folgten, die teils neue, durch veränderte Lebens- und Wirtschaftsbedingungen erforderlich gewordene Straftatbestände einfügten (beispielsweise Computerbetrug gemäß § 263a StGB); viele Vorschriften des RStGB verloren jedoch umgekehrt ihre Geltung, hauptsächlich aus dem XIII. Abschnitt, wodurch der Gesetzgeber sich wandelnden Moralvorstellungen in der Gesellschaft Rechnung trug und Strafen enger an die Verletzung von Rechtsgütern knüpfte. Zu den prominentesten Vorschriften des allgemeinen Teiles sowie den Strafzumessungsregeln des StGB, die nach 1945 abgeschafft wurden, gehören überdies die Abschaffung der Todesstrafe (bedingt bereits durch Art. 102 GG) sowie die Abschaffung der Zuchthausstrafe als verschärfter Form der Gefängnishaft.
Anwendung in der DDR Bearbeiten
Eine eigene Entwicklung nahm das Reichsstrafgesetzbuch in der DDR. 1968 wurde es neu gefasst und nach mehrfachen Änderungen lag es den Verhandlungen im Rahmen des Vertrages über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland vom 18. Mai 1990 zugrunde. In diesem wurde festgelegt, dass das Strafgesetzbuch der Deutschen Demokratischen Republik durch Aufhebung […] der §§ 90, 99, 105, 106, 108, 213, 219, 249 geändert wird. Dadurch konnten eine Reihe politischer Handlungen und Verhaltensweisen nicht länger als Straftaten verfolgt werden. Das übrige Strafgesetzbuch in seiner Gesetzesfassung erledigte sich mit der Wiedervereinigung, wobei das bundesdeutsche Strafgesetzbuch als deren Weiterentwicklung des Reichsstrafgesetzbuches in einigen Paragraphen (z. B. Abschnitte über die Sicherungsverwahrung und die §§ 175, 182, 218 bis 219 d, 236) nach Anlage I Kapitel III Sachgebiet C Abschnitt III Nr. 1 (BGBl. II Nr. 35, 885, 957) nicht auf das Beitrittsgebiet, also die ehemalige DDR erstreckt wurden, womit z. B. in der DDR vorgenommene Handlungen, die nach dem damaligen Strafrecht der Bundesrepublik (auch rückwirkend) strafbar gewesen wären, von der Rechtsanwendung ausgenommen wurden.
Bundesrepublik Bearbeiten
Todesstrafe Bearbeiten
Durch Artikel 102 Grundgesetz wurde die Todesstrafe 1949 abgeschafft.
Entfallene und reformierte Straftatbestände des XIII. Abschnittes (Auszug) Bearbeiten
§ 175 RStGB (Unzucht zwischen Männern)
Die widernatürliche Unzucht, welche zwischen Personen männlichen Geschlechts oder von Menschen mit Thieren begangen wird, ist mit Gefängniß zu bestrafen; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. (Fassung von 1871)
Ein Mann, der mit einem anderen Mann Unzucht treibt oder sich von ihm zur Unzucht mißbrauchen läßt, wird mit Gefängnis bestraft. Bei einem Beteiligten, der zu Zeit der Tat noch nicht einundzwanzig Jahre alt war, kann das Gericht in besonders leichten Fällen von Strafe absehen. (Fassung von 1935)
Diese Vorschrift wurde zunächst 1969 auf Handlungen zwischen Männern, die in einem Abhängigkeitsverhältnis stehen, auf Männer über 18 Jahren, die Handlungen mit Männern unter 21 Jahren begehen und auf die gewerbsmäßige Begehung beschränkt; 1973 auf Handlungen eines Mannes über 18 Jahren mit einem Minderjährigen enger gefasst; und 1994 ganz aufgehoben.
§ 180 RStGB (Vorschubleisten der Unzucht; sogenannte Kuppelei)
Wer gewohnheitsmäßig oder aus Eigennutz durch seine Vermittlung oder durch Gewährung oder Verschaffung von Gelegenheit der Unzucht Vorschub leistet, wird wegen Kuppelei mit Gefängniß bestraft; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, sowie auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden. (Fassung von 1871)
§ 181 RStGB (Schwere Kuppelei)
Die Kuppelei ist, selbst wenn sie weder gewohnheitsmäßig noch aus Eigennutz betrieben wird, mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren zu bestrafen, wenn
1. um der Unzucht Vorschub zu leisten, hinterlistige Kunstgriffe angewendet werden, oder
2. der Schuldige zu den Personen, mit welchen die Unzucht getrieben worden ist, in dem Verhältnis von Eltern zu Kindern, von Vormündern zu Pflegebefohlenen, von Geistlichen, Lehrern oder Erziehern zu den von ihnen zu unterrichtenden oder zu erziehenden Personen steht.
(2) Neben der Zuchthausstrafe ist der Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auszusprechen; auch kann auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden. (Fassung von 1871)
Seit 1973 ist im § 180 (neue Fassung) nur noch die Kuppelei mit unter 16-Jährigen als Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger unter Strafe gestellt und mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bedroht. Sorgeberechtigte machen sich nur strafbar, wenn sie dadurch gleichzeitig ihre Erziehungspflicht gröblich verletzen. Die Kuppelei mit unter 18-Jährigen wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft, wenn es sich um entgeltliche sexuelle Handlungen handelt. Wird der Jugendliche unter Ausnutzung einer mit einem Erziehungs-, Ausbildungs-, Betreuungs-, Dienst- oder Arbeitsverhältnis verbundenen Abhängigkeit zu sexuellen Handlungen bestimmt, richtet sich seit 1. Juli 2021 auch bei sexuellen Handlungen mit Dritten die Bestrafung nach § 174 (sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen).
§ 184 RStGB (Verbreitung von Pornographie; auch bekannt als „Lex Heinze“)
Mit Gefängniß bis zu Einem Jahre und mit Geldstrafe bis zu eintausend Mark oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, wer
- Unzüchtige Schriften, Abbildungen oder Darstellungen feilhält, verkauft, vertheilt, an Orten, welche dem Publikum zugänglich sind, ausstellt oder anschlägt oder sonst verbreitet, sie zum Zwecke der Verbreitung herstellt oder zu demselben Zwecke vorräthig hält, ankündigt oder anpreist;
- Unzüchtige Schriften, Abbildungen oder Darstellungen einer Person unter sechzehn Jahren gegen Entgelt überläßt oder anbietet;
- Gegenstände, die zu unzüchtigem Gebrauche bestimmt sind, an Orten, welche dem Publikum zugänglich sind, ausstellt oder solche Gegenstände dem Publikum ankündigt oder anpreist;
- Öffentliche Ankündigungen erläßt, welche dazu bestimmt sind, unzüchtigen Verkehr herbeizuführen.
Neben der Gefängnisstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte sowie auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden. (Fassung von 1900)
Diese Vorschrift (seit 2008 § 184 bis § 184d StGB) wurde 1975 enger gefasst.
Siehe auch Bearbeiten
Weblinks Bearbeiten
- Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich vom 15. Mai 1871. Historisch-synoptische Edition. 1871–2009 (PDF; 4,4 MB) – sämtliche Fassungen seit dem Inkrafttreten mit Geltungszeitraum und Synopsen
Einzelnachweise Bearbeiten
- ↑ Benedikt Beßmann: Das Strafrecht des Herzogtums Braunschweig im 19. Jahrhundert bis zum Reichsstrafgesetzbuch. De Gruyter, 2019, S. 205–206, 221–225.
- RGBl. 1871, 127
- Herbert Tröndle: Strafgesetzbuch, S. 1.
- Gesetz zum Schutz der persönlichen Freiheit vom 15. Juli 1951, BGBl. 1951 I S. 448; Strafrechtsänderungsgesetz vom 30. August 1951, BGBl. 1951 I S. 739.
- BGBl. I S. 645
- s:Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich (1871)#§. 175.
- § 175 StGB