www.wikidata.de-de.nina.az
Als Vermogensdelikte bezeichnet man in Kriminologie und Strafrechtsvergleichung Delikte die sich gegen das Vermogen richten Inhaltsverzeichnis 1 Rechtsfamilien 1 1 Romisches Recht 1 2 Common Law 1 3 Romanischer Rechtskreis 1 4 Deutscher Rechtskreis 2 Literatur 3 EinzelnachweiseRechtsfamilien BearbeitenRomisches Recht Bearbeiten Hauptartikel furtum Das fur das romische Recht wichtigste Vermogensdelikt war das furtum Man unterschied dabei ahnlich der Unterscheidung von Raub und Diebstahl im mittelalterlichen deutschen Recht fur das Strafmass zwischen fur manifestum und fur nec manifestum also danach ob der Dieb am Tag der Tat noch ertappt wurde Eine Unterscheidung danach ob der Tater die Sache in Gewahrsam hatte vergleichbar Diebstahl und Unterschlagung war unbekannt 1 Unter das Delikt des furtum fielen auch betrugerische Verhaltensweisen Ein allgemeines Delikt das Vermogensverschiebungen durch Tauschung unter Strafe stellte gab es nicht Vielmehr bestanden hierfur einzelne Delikte wie die fraus patroni fur betrugerische Benachteiligung eines Schutzbefohlenen und das crimen falsi 2 Common Law Bearbeiten Hauptartikel Larceny und Diebstahl England und Wales Das englische Strafrecht zeigt im Vergleich der rechtlichen Ausgestaltungen beispielhaft eine einspurige Grundkonzeption mit einem weiten Einheitstatbestand von folgendem Grundtypus Wer in der Absicht sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermogensvorteil zu verschaffen das Vermogen eines anderen durch Aneignung diesem gehoriger beweglicher Sachen oder durch Tauschung oder Zwang beschadigt wird bestraft 3 In der englischen Rechtslehre wird entsprechend der Diebstahl als Universaldelikt aller Vermogensdelikte betrachtet Eine weitere allgemein anerkannte Einteilung dieser Delikte ist nicht existent Eine Unterscheidung geschieht allenfalls danach ob die Beeintrachtigung des Vermogens durch Verschiebung oder durch Beschadigung fremden Guts geschah Das Criminal Law Revision Committee fasst Zueignungs und Tauschungsdelikte in seinem Eight Report unter die Uberschrift Theft and related offences Der Diebstahl nimmt somit eine uberragende Funktion ein 4 Hauptvorteil dieses weiten Grundtatbestands ist die hohe Flexibilitat die den Gerichten mehr oder weniger freies Ermessen einraumt und dogmatisch feinsinnige Unterscheidungen uberflussig macht 5 Wir scheiden Diebstahl Unterschlagung Raub Betrug Erpressung mit einer Scharfe als handle es sich dabei um im Leben vollig getrennte eigenartige Erscheinungen Tatsachlich fliesst das alles haufig ineinander und die Differenzierung erscheint fur eine der Wirklichkeit entsprechende Beurteilung des Angriffs bedeutungslos Adolf Wach 3 Dieser fur das Common Law typische weite Spielraum der richterlichen Entscheidung wird in Staaten mit anderer Gerichts und Verfassungstradition aber aus Grunden fehlender Rechtssicherheit abgelehnt Als weitere Kritik wird das Problem des fair labelling vorgebracht Die unterschiedliche Bezeichnung bringe zugleich auch das unterschiedliche Gewicht der rechtsfeindlichen Gesinnung zum Ausdruck 4 Romanischer Rechtskreis Bearbeiten Hauptartikel Diebstahl Frankreich und Escroquerie Die Vermogensdelikte sind im franzosischen Strafrecht im Dritten Buch des Code penal geregelt Zentraler Straftatbestand ist der Diebstahl nach Art 311 1 Code penal auch im franzosischen Recht ist der Diebstahl gegenuber dem Betrug der weitere und wichtigere Tatbestand da der Betrugstatbestand konsequent zur Ablehnung unechter Unterlassungsdelikte in Frankreich nur positive Tauschungshandlungen erfasst 6 Deutscher Rechtskreis Bearbeiten Hauptartikel Vermogensdelikt Deutschland Diebstahl Deutschland und Betrug Deutschland Fur das germanische Recht und das deutsche Recht des Mittelalters ist der Diebstahl das wichtigste Vermogensdelikt Wie in vielen primitiven Rechtsordnungen wird danach unterschieden ob der Diebstahl heimlich oder als Raub d h offen begangen wurde 1 Eine Voraussetzung fur den Tatbestand sowohl des Diebstahls als auch des Raubes war der Bruch des Gewahrsams im germanischen Recht die Gewere 7 Ein abstrakter Betrugstatbestand war hingegen unbekannt Falschungen und Tauschungen waren bis ins Mittelalter vor allem im Bereich der Munz Mass und Urkundenfalschungen ponalisiert ohne dass hierfur stets auf einen Vermogensschaden abgestellt worden ware Im Ubrigen war der Betrogene hauptsachlich auf das Zivilrecht angewiesen 2 Durch die Rezeption des romischen Rechts kam es zur Herausbildung mannigfaltiger Diebstahlsdelikte wie die Art 157 bis 175 der Constitutio Criminalis Carolina zeigen Die Fortwirkung des frankischen Rechts zeigt sich in der Unterscheidung von kleinem unter funf Gulden und grossem Diebstahl 1 ahnlich grand larceny und petit larceny im common law Synonym fur Betrug und Unterschlagung steht der veraltete Ausdruck Defraudation aus dem lateinischen 8 Defraudanten werden in den Romanen Liebe deinen Nachsten von Erich Maria Remarque und Der Golem von Gustav Meyrink genannt Die Zeit bezeichnet Kenneth Lay als Grossdefraudant en des Enron Konzerns 9 Der Betrug wird fur das deutsche Recht an relevanter Stelle erstmals im Preussischen Allgemeinen Landrecht definiert allerdings ohne ein Strafmass hierfur vorzusehen Jede Veranlassung eines Irrthum wodurch jemand an seinem Rechte gekrankt werden soll ist strafbarer Betrug Preussisches Allgemeines Landrecht 1794 1256 Abs 2 Tauschungen werden rechtsdogmatisch weiterhin nur im Rahmen der Falschungsdelikte erortert Auch im Bayerischen Strafgesetzbuch von 1813 bezieht sich der Betrug nur auf Tauschungen einschliesslich der Verleumdung ohne einen Vermogensbezug aufzuweisen Die Ansicht der Betrug sei auf Vermogensverletzungen einzuschranken gewann erst im Laufe des 19 Jahrhunderts an Unterstutzern Hierbei wurde vorgebracht dass ein als Wahrheitsdelikt gedeuteter Betrug die Grenzen zwischen Recht und Moral unnotig verschwimmen lasse Zentral fur die Vorstellung wurde die escroquerie nach Art 405 des franzosischen Code penal von 1810 Das Preussische Strafgesetzbuch von 1851 hat unter diesem Einfluss folgenden fur nachfolgende Kodifikationen beispielhaften Straftatbestand aufgestellt 2 Wer in gewinnsuchtiger Absicht das Vermogen eines Anderen dadurch beschadigt dass er durch Vorbringen falscher oder durch Entstellung oder Unterdruckung wahrer Thatsachen einen Irrthum erregt begeht einen Betrug Preussisches Strafgesetzbuch 1851 241 Das heutige deutsche Recht folgt systematisch beispielhaft der Trennungslehre und unterscheidet Eigentumsdelikte im engeren Sinne und Vermogensdelikte Die Eigentumsdelikte sind im deutschen Strafgesetzbuch im 19 20 und 27 Abschnitt eingeordnet Das zentrale Schutzgut dieser Delikte das Eigentum ist dabei nicht definiert in der Rechtslehre werden verschiedene Eigentumsbegriffe vertreten Sie unterscheiden sich in ihrer Akzessorietat zum Zivilrecht formaler Eigentumsbegriff bzw ihrer Anknupfung an eine wirtschaftlich faktische Betrachtungsweise Zentraldelikt der Eigentumsdelikte ist der Diebstahl nach 242 StGB Von diesem grenzt das deutsche Recht die Unterschlagung nach 246 StGB ab Diese Differenzierung ist vergleichsweise jungeren Datums und war im romischen Recht noch unbekannt sie geht auf Feuerbachs bayerisches Strafgesetzbuch von 1824 zuruck Die Vermogensdelikte knupfen demgegenuber gerade nicht an eine zivilrechtliche Position an Das Vermogen wird als originar strafrechtlicher Begriff verstanden 10 Literatur BearbeitenRechtsvergleichung Caroline Brazel Der Diebstahl nach section 1 1 des Theft Act 1968 im Rechtsvergleich mit 242 Abs 1 StGB Dr Kovac Hamburg 2012 C Rechtsvergleichung Frank Och Der strafrechtliche Schutz gegen ungerechtfertigte Vermogensverschiebungen in England und Wales im Vergleich mit dem deutschen Strafrecht Lang Frankfurt am Main 2004 Adolf Wach Legislative Technik In Karl von Birkmeyer u a Hrsg Vergleichende Darstellung des deutschen und auslandischen Strafrechts Allgemeiner Teil Band IV Otto Liebmann Berlin 1908 Kriminologie Fiona Brookman Hrsg Handbook on crime Willan Publishing 2010 ISBN 978 1 84392 372 5 Part I Conventional property crime Part II Fraud and Fakes Einzelnachweise Bearbeiten a b c Urs Kindhauser StGB 242 Diebstahl In Kindhauser Neumann Paeffgen Hrsg Strafgesetzbuch 3 Auflage C H Beck Munchen 2010 Rn 1 a b c Urs Kindhauser StGB 263 Betrug In Kindhauser Neumann Paeffgen Hrsg Strafgesetzbuch 3 Auflage C H Beck Munchen 2010 Rn 1 8 a b Adolf Wach Legislative Technik In Karl von Birkmeyer u a Hrsg Vergleichende Darstellung des deutschen und auslandischen Strafrechts Allgemeiner Teil Band IV Otto Liebmann Berlin 1908 S 69 a b Caroline Brazel Der Diebstahl nach section 1 1 des Theft Act 1968 im Rechtsvergleich mit 242 Abs 1 StGB Dr Kovac Hamburg 2012 S 201 203 Caroline Brazel Der Diebstahl nach section 1 1 des Theft Act 1968 im Rechtsvergleich mit 242 Abs 1 StGB Dr Kovac Hamburg 2012 S 203 207 Ulrich Hubner Vlad Constantinesco Einfuhrung in das franzosische Recht 4 Auflage C H Beck Munchen 2001 S 139 141 Siehe Wolfgang Bittner Der Gewahrsamsbegriff und seine Bedeutung fur die Systematik der Vermogensdelikte Sudwestdeutscher Verlag fur Hochschulschriften Saarbrucken 2008 ISBN 978 3 8381 0051 7 Defraudation In Mayers Grosses Taschenlexikon in 24 Banden Band 4 BI Taschenbuchverlag ISBN 3 411 11007 4 Gesamtwerk bzw ISBN 3 411 11047 3 Band 4 Michael Naumann Wirtschaftskrise in den USA Wir waren einmal reich und schon In Die Zeit Nr 4 2009 Caroline Brazel Der Diebstahl nach section 1 1 des Theft Act 1968 im Rechtsvergleich mit 242 Abs 1 StGB Dr Kovac Hamburg 2012 S 195 201 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Normdaten Sachbegriff GND 4129990 5 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Vermogensdelikt amp oldid 237448998