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Das Zuchthaus hatte im Laufe der Zeit verschiedene Aufgaben Ab dem 18 Jahrhundert war es ein Gefangnis mit strafverscharfenden Haftbedingungen fur Haftlinge die wegen Verbrechen verurteilt waren Wesentlicher Bestandteil der Zuchthausstrafe war der Zwang zu harter korperlicher Arbeit oft bis zur Erschopfung zum Beispiel in Steinbruchen oder beim Torfstechen Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Abschaffung 3 Umgangssprachliche Begriffe fur die Insassen 4 Trivia 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten nbsp Rasphuis in Amsterdam eines der fruhesten niederlandischen Zuchthauser 1662 nbsp Zuchthauslerinnen bei der Hanf Verarbeitung im Bridewell Prison in London William Hogarth 1732 nbsp Verarmte alleinstehende Frauen im Bridewell Prison 1808 Haftstrafen sind ein geschichtlich junges Pendant zu Leibes und Lebensstrafen Das erste Zuchthaus wurde in der fruhen Neuzeit in den Niederlanden eroffnet das Rasphuis Kurz darauf wurden nach diesem Konzept in den meisten deutschen Stadten ebenfalls Zuchthauser errichtet Die Idee des Zuchthauses machte in weiten Teilen Europas Schule Die ersten deutschen Zuchthauser entstanden in Bremen 1609 Lubeck 1613 Hamburg 1620 1 oder 1622 und Danzig 1629 Das Zuchthaus diente ursprunglich nicht als Strafanstalt im eigentlichen Sinne da es sich bei den Insassen nicht primar um Kriminelle handelte Man verstand das Zuchthaus damals als soziale Einrichtung die arbeitsunwillige Menschen therapieren und wieder in die Gesellschaft zuruckfuhren sollte So wurden herrenlose Frauen Bettler Prostituierte und Menschen die sich Geld auf eine unehrenhafte aber nicht kriminelle Weise verdienten in Zuchthauser gebracht Bauern durften Knechte und Magde zur Besserung ins Zuchthaus bringen um etwas gegen Leistungsdefizite zu unternehmen Harte Arbeits und Haftbedingungen sah man dabei als geeignetes Mittel die Menschen zu bessern Die Einlieferung ins Zuchthaus war nicht an einen Gerichtsbeschluss gebunden und die Dauer eines Zuchthausaufenthaltes richtete sich meist nach der Willkur des Personals Die Gefangenen sollten so lange im Zuchthaus bleiben bis sie sich gebessert hatten Da es fur eine Besserung keine objektiven Kriterien gab konnte das Personal letztlich frei entscheiden wann eine Besserung stattgefunden hatte Da hinter den Zuchthausern auch ein okonomisches Interesse stand wurde meist grosser Wert auf Vollbelegung gelegt so dass Entlassungen erst stattfanden wenn neue Insassen nachruckten Die burgerliche Gesellschaft empfand die Armen als storend was zur Folge hatte dass Einrichtungen wie Zuchthauser neben Irrenhausern und Waisenhausern eingefuhrt wurden um diese sozialen Randgruppen aus der Gesellschaft zu verbannen Im 18 Jahrhundert ging diese Entwicklung in Deutschland noch einen Schritt weiter indem die verschiedenen Einrichtungen fur Menschen die aus der Gesellschaft entfernt bleiben sollten zusammengelegt wurden So entstand eine Anstalt in der von Waisenkindern uber psychisch Kranke sterbende Menschen und der Zuchthausklientel alle Insassen dieser Einrichtungen gemeinsam untergebracht und unter gleichen Bedingungen behandelt wurden Dieses Prinzip konnte aber nur in begrenztem Umfang umgesetzt werden Aus dem Zuchthaus hat sich wiederum uber die Zeit das Gefangnis als Strafeinrichtung entwickelt Nach dem Ende des Absolutismus gab es eine langsame Massigungsbewegung Nach und nach wurde ein Rechtssystem umgesetzt und die Voraussetzungen fur eine Zuchthauseinweisung wurden verscharft So entstand aus dem Zuchthaus allmahlich eine Strafanstalt im eigentlichen Sinne Fur unterschiedlich schwere Verbrechen benotigte man unterschiedlich schwere Strafen So wurden neben dem Zuchthaus weitere Arten von Haftanstalten eingefuhrt Im Deutschen Reich war die Zuchthausstrafe im Reichsstrafgesetzbuch von 1871 geregelt Die Zuchthausstrafe stellte in allen Belangen die harteste von insgesamt vier Formen der Freiheitsstrafe dar die in den Paragraphen 14 bis 19 beschrieben waren die weiteren Formen in der Reihenfolge ab nehmende Harte Gefangnis Haft und Festungshaft unterschieden sich hinsichtlich Arbeitsverpflichtungen Umgebungsbedingungen Haftlingsrechten und Dauer voneinander Paragraph 14 bestimmte dass eine lebenslange Zuchthausstrafe nur verhangt werden konnte wenn die Strafe ausdrucklich im Gesetz als lebenslanglich angedroht wurde Wenn also in einem Gesetz nichts anderes bestimmt wurde galt eine Hochstgrenze von 15 Jahren und ein Mindestmass von 1 Jahr 2 Neben einer Zuchthausstrafe konnte auf Verlust der burgerlichen Ehrenrechte erkannt werden Wahrend der Zeit des Nationalsozialismus wurden Zuchthauser durch Straflager erweitert um die Haftkapazitaten zu erhohen Auch dienten die Zuchthaus Straflager der Scharfung von Strafen durch einen entbehrungsreichen Vollzug Ab 1936 war das Strafvollzugssystem eng in den Vierjahresplan einbezogen und diente mehr und mehr rustungspolitischen Zielen Hier spielten Zuchthausgefangene eine wichtige Rolle da deren Straflange uberwiegend hoher war als bei Inhaftierten in Gefangnissen Sie konnten so langerfristig eingeplant werden Ab 1940 wurden in Zuchthausern zunehmend Rustungsbetriebe errichtet Gleichzeitig fullten sich die Straflager mit verurteilten Wehrmachtssoldaten da das Militar keinen eigenen Zuchthausvollzug ausfuhrte Zuchthausler waren als unwurdig vom Wehrdienst ausgeschlossen ab 1942 ruckte man bei der Aufstellung der Bewahrungseinheiten 999 teilweise davon ab Zu einer Zuchthausstrafe verurteilte Soldaten sollten unter besonders grausamen Bedingungen Zwangsarbeit in den Zuchthaus Straflagern der Justizverwaltung vgl Emslandlager leisten Im September 1944 stellte die Wehrmacht schliesslich Zuchthaus Kompanien als eigene Vollzugsform auf um Haftlinge im Zuge der totalen Mobilisierung zu Schanzarbeiten an gefahrlichen Abschnitten der Front heranzuziehen 3 Abschaffung BearbeitenIn Osterreich wo die Zuchthausstrafe nach dem Anschluss 1938 eingefuhrt worden war ist sie mit Wirkung vom 29 Juli 1945 entfallen die Strafart schwerer Kerker bestand im Strafgesetz noch bis 1974 Umgangssprachlich wird der Ausdruck Zuchthaus in Osterreich und Suddeutschland manchmal noch als Synonym fur Gefangnis verwendet Auch das 1968 eingefuhrte Strafgesetzbuch der DDR welches das bis dahin in beiden deutschen Staaten fortgeltende Reichsstrafgesetzbuch abloste kannte die Zuchthausstrafe nicht mehr Umgangssprachlich wurde die althergebrachte Bezeichnung weiterverwendet Bekannt waren die Zuchthauser von Bautzen im Volksmund Gelbes Elend genannt Waldheim Hoheneck und Brandenburg Mit der Abkurzung Z wurde im Jargon eine Zuchthausstrafe verhullt z B drei Jahre Z Zuchthausstrafen galten als entehrend und hatten auch soziale Konsequenzen etwa bei der Wohnungs oder Arbeitssuche In der Bundesrepublik Deutschland wurde die Zuchthausstrafe im Rahmen der Grossen Strafrechtsreform durch das Erste Strafrechtsreformgesetz vom 25 Juni 1969 BGBl I S 645 zum 1 April 1970 abgeschafft Das Zuchthaus hatte durch Reform und Liberalisierungsprozesse uber die Jahre hinweg seine ursprungliche Bestimmung teilweise verloren und diente zuletzt als Strafanstalt fur schwere Verbrechen unter verscharften Haft und Sicherheitsbedingungen Mittlerweile wird prinzipiell der Begriff Freiheitsstrafe benutzt Es gibt Justizvollzugsanstalten mit milderen und harteren Strafbedingungen Abhangig von der Gesamtdauer einer Freiheitsstrafe werden unterschiedliche Anstalten ausgesucht Die Kriterien konnen abhangig von landerspezifischen Ordnungen variieren In Hessen gibt es z B Anstalten mit milden Bedingungen fur Gefangene mit einer Strafe von unter zwei Jahren und Anstalten mit harteren Bedingungen fur Gefangene mit einer Strafe von uber zwei Jahren Das Schweizer Strafgesetzbuch kannte die Zuchthausstrafe noch bis Ende 2006 in Artikel 35 unterschied sie jedoch in der Anwendung nicht mehr von der gewohnlichen Gefangnisstrafe sondern nur in der Lange Wahrend eine Gefangnisstrafe eine Lange von drei Tagen bis drei Jahren haben konnte dauerte die Zuchthausstrafe mindestens ein Jahr und maximal 20 Jahre sofern diese nicht durch das jeweilige Gesetz anders festgelegt wurde In der Revision des allgemeinen Teils des Strafrechtes die 2007 in Kraft getreten ist wurde diese begriffliche Unterscheidung aufgehoben und es ist wie in Deutschland und Osterreich nur noch von der Freiheitsstrafe die Rede In Belgien wo Deutsch neben Franzosisch und Niederlandisch eine Amtssprache ist wird noch immer Stand 2023 im Strafgesetzbuch der Begriff Zuchthaus als Strafe fur schwere Verbrechen verwendet Umgangssprachliche Begriffe fur die Insassen BearbeitenZuchthausler Zuchthausler war in Deutschland eine umgangssprachliche und deutlich abwertende geradezu stigmatisierende Bezeichnung fur einen Haftling im Zuchthaus bzw fur jemanden der eine Zuchthausstrafe verbusst hat Mit der Abschaffung dieser Form des Strafvollzugs in Deutschland 1969 ist seither auch der Begriff weitgehend in Vergessenheit geraten Zuchtling Zuchtling ist eine veraltete aber nicht ganz so abschatzige Bezeichnung wie Zuchthausler Trivia BearbeitenSowohl auf Banknoten in Reichsmark wie auch auf DM Banknoten der dritten Serie war auf der Ruckseite der Hinweis aufgedruckt Wer Banknoten nachmacht oder verfalscht oder nachgemachte oder verfalschte sich verschafft und in Verkehr bringt wird mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren bestraft Nach 1974 wurde auf den Banknoten der Begriff Zuchthaus durch Freiheitsstrafe ersetzt Siehe auch BearbeitenArbeitshaus Spinnhaus Festungshaft Justizvollzugsanstalt Bagno GaleerenstrafeLiteratur BearbeitenGerhard Ammerer Alfred Stefan Weiss Hrsg Strafe Disziplin und Besserung Osterreichische Zucht und Arbeitshauser von 1750 bis 1850 Lang Frankfurt am Main 2006 ISBN 978 3 631 54136 4 Wolfgang Wust Die gezuchtigte Armut Sozialer Disziplinierungsanspruch in den Arbeits und Armenanstalten der vorderen Reichskreise In Zeitschrift des Historischen Vereins fur Schwaben Heft 89 1996 S 95 124 Wolfgang Wust Arbeitsstrafen Die Rolle der Zucht und Arbeitshauser in Suddeutschland in Wolfgang Wust Hrsg Marina Heller Red Historische Kriminalitatsforschung in landesgeschichtlicher Perspektive Fallstudien aus Bayern und seinen Nachbarregionen 1500 1800 Franconia 9 Beihefte zum Jahrbuch fur frankische Landesforschung Erlangen 2017 S 47 66 ISBN 978 3 940049 23 0 Michel Foucault Uberwachen und Strafen Die Geburt des Gefangnisses Originaltitel Surveiller et punir la naissance de la prison Paris 1975 ubersetzt von Walter Seitter 9 Auflage Suhrkamp Taschenbuch 2271 Frankfurt am Main 1994 deutsche Erstausgabe Neuauflage 2008 ISBN 978 3 518 38771 9 Andreas Bienert Gefangnis als Bedeutungstrager Lang Frankfurt am Main 1996 ISBN 3 631 30581 8 Ulrich Eisenbach Zuchthauser Armenanstalten und Waisenhauser in Nassau Fursorgewesen und Arbeitserziehung vom 17 bis zum Beginn des 19 Jahrhunderts Historische Kommission fur Nassau Wiesbaden 1994 ISBN 978 3 922244 95 0 Willy Borngasser Blick hinter Gitter Kriminalistik Verlag f kriminalistische Fachliteratur Hamburg 1965 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Zuchthaus Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenEinzelnachweise Bearbeiten Klaus Dorner Burger und Irre Zur Sozialgeschichte und Wissenschaftssoziologie der Psychiatrie 2 Auflage Frankfurt am Main 1984 S 21 14 StGB lautete Die Zuchthausstrafe ist eine lebenslangliche oder eine zeitige Der Hochstbetrag der zeitigen Zuchthausstrafe ist funfzehn Jahre ihr Mindestbetrag ein Jahr Wo das Gesetz die Zuchthausstrafe nicht ausdrucklich als eine lebenslangliche androht ist dieselbe eine zeitige Peter Kalmbach Wehrmachtjustiz Metropol Verlag Berlin 2012 S 170 ff und 266 ff Normdaten Sachbegriff GND 4117696 0 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Zuchthaus amp oldid 237390595