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Dieser Artikel beschreibt die Strafform Galeerenstrafe fur den Galeerensklaven siehe Galeerensklave Die Galeerenstrafe war eine im Mittelmeerraum vom ausgehenden 15 bis ins 20 Jahrhundert hinein verhangte Strafe fur diverse schwere Vergehen wie Hochverrat oder Mord Auch Angehorige von Glaubensgemeinschaften wie den Schweizer Taufern Mennoniten oder den franzosischen Hugenotten Kamisarden wurden auf diese Weise bestraft Galeerenstraflinge auf Ruderbanken im Museu Maritim de BarcelonaDie Verurteilten mussten im Inneren der Galeere angekettet auf Banken sitzend die Ruder der Schiffe bedienen Die Galeerenstrafe wurde typischerweise alternativ zur Todesstrafe verhangt Aber auch als zeitlich beschrankte Strafe kam sie fur viele einem Todesurteil gleich Die Zahl der verhangten Urteile richtete sich nach dem Bedarf der Seemachte wie Genua oder Venedig die die Verurteilten den jeweiligen Landesfursten auch aus Deutschland abkauften Auch als es keine Galeeren mehr gab blieb der Begriff als Synonym fur die Zwangsarbeit in bestimmten Strafanstalten den sogenannten Bagni erhalten die sich aus den Galeerengefangnissen entwickelt hatten Im heutigen franzosischen und vor allem italienischen Sprachgebrauch ist der Ausdruck franzosisch aller en galere resp italienisch andare in galera jeweils deutsch auf die Galeere gehen immer noch eine gangige Floskel fur ins Gefangnis gehen oder eine schwere Strafe absitzen mussen Inhaltsverzeichnis 1 Antike 2 Neuzeit 2 1 Galeerenstrafe im Habsburgerreich 2 2 Galeerenstraflinge in Frankreich 2 3 Weitere Lander 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseAntike BearbeitenIm Gegensatz zur popularen Vorstellung von angeketteten Straflingen wie sie durch Spielfilme wie Ben Hur verbreitet wurde gibt es keine Anhaltspunkte dafur dass schon antike Seestreitkrafte verurteilte Verbrecher als Ruderer einsetzten 1 Der antike Galeerensklave ist folglich ein Anachronismus Eiserne Beinfesseln die Peitsche Galeeren die schwimmende Konzentrationslager waren all das gehort zur Welt des sechzehnten bis achtzehnten Jahrhunderts und zu keiner fruheren Epoche 2 Neuzeit BearbeitenDer Verurteilte musste als Ruderer auf einer Galeere seine Strafe verbussen mit Eisenketten an die Ruderbank angeschmiedet auf die Galeeren schmieden Es gab sowohl die zeitlich begrenzte aber stets mehrjahrige als auch die lebenslange Verbussung Bei Antritt der Strafe konnten die Verurteilten mit einem Brandzeichen versehen werden und lebenslange Haftlinge wurden fur burgerlich tot erklart Ein Testament solcher Personen hatte keine Gultigkeit da ihr Vermogen als konfisziert galt Geringste Vergehen an Bord wurden mit harter Leibesstrafe geahndet Selbstverstummelung welche zum Rudern unfahig machte wurde mit dem Tod geahndet Auch die allgemeinen Bedingungen waren miserabel Todesfalle unter den Gefangenen keine Seltenheit Die Strafe traf Bauern und einfache Burger Hochgestellte Burger oder Adelige sofern sie nicht den Adelsstand selbst zu sehr entehrt hatten wurden dagegen verbannt und ihr Eigentum konfisziert In Rom wurde die Galeerenstrafe 1471 eingefuhrt in Spanien ab 1502 und im Kirchenstaat ab 1511 Von der Strafrechtspflege der Binnenstaaten in Suddeutschland Baden Wurttemberg Bayern Osterreich und der Schweiz wurde sie im 17 Jahrhundert ubernommen begrenzte Experimente gab es schon davor Nach einer bayerischen Landesverordnung vom 16 Mai 1695 sollten beispielsweise uberall herumvagierende oder sonst verdachtige Freyleut und Schinder gefangen genommen und den Venezianern ubergeben werden Nach dem Munchner Blutbannbuch von 1568 waren 24 Personen zur Galeere verurteilt und warteten auf ihren Abtransport Der Transport ging uber Innsbruck wo sie von den Italienern ubernommen wurden 3 Galeerenstrafe im Habsburgerreich Bearbeiten In den Habsburgischen Erblanden wurde sie von 1556 bis 1768 Einfuhrung der Constitutio Criminalis Theresiana verwendet 4 Neapel stand von 1713 bis 1734 unter der Herrschaft der osterreichischen Habsburger Mit kaiserlicher Verordnung vom 2 Januar 1716 fuhrte Karl VI die Galeerenstrafe fur Urfehdebruch anstelle des Abhauens des Fingers ein Mit Patent vom 11 Februar 1716 trat sie an die Stelle der Rutenstrafe 5 Mit Verordnung vom 28 November 1716 wurde die Brandmarkung der zur Galeere Verurteilten anbefohlen 6 Im ab 1703 erschienenen Wienerischen Diarium wurde zwischen Juni 1716 und April 1732 uber 263 Tater aus Bohmen Mahren Niederosterreich mit Wien sowie Passau berichtet Sie wurden ublicherweise zu ein bis zehn Jahren Galeere in Neapel verurteilt einer erhielt eine lebenslange Galeerenstrafe Letzterer war wegen Betrugs verurteilt worden er hatte sich als Priester verkleidet 7 Im Jahre 1728 wurde an Stelle der Galeerenstrafe Zwangsarbeit in den oberungarischen Bergwerken angeordnet 8 Joseph II fuhrte dann das Schiffziehen ein welches oft mit einer Galeerenstrafe verglichen wird und ebenfalls oft todlich endete In Tirol wurde 1539 im Kampf gegen die Hutterer Taufer die Galeerenstrafe statt der Todesstrafe verhangt Die Verurteilten wurden nach Rovereto im sudlichen Tirol gebracht wo sie an Venedig oder an Neapel verkauft wurden 3 Im Jahr 1585 erliess der Rat der Schweizer Stadt Bern ein Taufermandat das die Schweizer Taufer u a mit der meist todlich endenden Galeerenstrafe bestrafte 9 Die Schweizer Mennoniten mussten vor allem auf venezianischen und franzosischen Galeeren arbeiten Ihre Schicksale sind im 1660 erstmals erschienenen Martyrerspiegel aufgenommen Galeerenstraflinge in Frankreich Bearbeiten In Frankreich wurde es unter Karl VII 1403 1461 Sitte schwere Verbrecher zur Ruderarbeit zu verwenden Sie wurden galeriens spater forcats genannt Nach dem Edikt von Fontainebleau 18 Oktober 1685 wurden auch evangelische Christen Hugenotten zur Galeerenstrafe verurteilt wenn sie nicht zur romisch katholischen Staatskirche konvertieren wollten Die einzige bekannte Autobiographie eines Galeerenstraflings stammt von Jean Marteilhe der im Jahre 1701 ebenfalls aus den genannten Glaubensgrunden zu dieser Strafe verurteilt wurde Die Gesamtzahl der aus religiosen Grunden zur Galeerenstrafe verurteilten Personen belauft sich auf 1550 Faktisch verschwand die Galeerenstrafe mit Aufgabe der Galeere als Schiffstyp juristisch oft wesentlich spater In Frankreich begann diese Entwicklung gegen Ende der Amtszeit von Ludwig XIV 1715 faktisch wurde sie ab 1748 durch konigliche Ordonnanz Ludwig XV durch Zwangsarbeit in den Bagnos abgelost Der Begriff Galeerenstrafe blieb aber im franzosischen Sprachgebrauch bis ins spate 19 Jahrhundert erhalten als Verurteilte bereits nach Guayana deportiert wurden Deutsche Uberlieferungen sprechen auch meist von Galeerenstrafe da das Wort Bagno weitestgehend unbekannt ist Durch das Strafgesetz vom 25 September und 6 Oktober 1791 wurde die Galeerenstrafe ausdrucklich an die Stelle der Kettenstrafe peine des fers gesetzt ein Dekret vom 5 Oktober 1792 gab Vorschriften uber die Art und Weise des Transports an die Seehafen In Art 15 des Code penal von 1810 sind dann ausdrucklich travaux forces als Strafart genannt Es gab damals in den Seehafen von Brest Toulon Lorient und Rochefort Strafstationen die beiden Letzteren wurden im Lauf der Zeit Lorient schon 1830 aufgehoben Im Jahre 1828 wurde der Transport in Ketten verboten und der Zellenwagen eingefuhrt Die Polizei auf den Galeeren wurde durch ein Zirkular vom 15 Juli 1839 neu geregelt Nach den Initiativen von 1840 und 1843 erfolgte per Dekret vom 27 Marz 1852 unter Napoleon III die Aufhebung der Bagnos An deren Stelle trat die Deportation in Strafkolonien zuerst auf die Teufelsinsel Die weitere Ausfuhrung erhielt dieses Dekret durch ein Gesetz vom 30 Mai 1854 und ein Dekret vom 2 September 1863 wobei letzteres Neukaledonien als Verbannungsort einfuhrte Weitere Lander Bearbeiten In Spanien wurde sie im 19 Jahrhundert durch verschiedene Gesetzesanderungen nach und nach eingeschrankt und schliesslich in der Ersten Spanischen Republik abgeschafft In der Turkei fand die Strafe bis ins 20 Jahrhundert Anwendung Literatur BearbeitenJean Marteilhe herausgegeben von Daniel de Superville dem Jungeren Hrsg Gedenkschriften van een protestant veroordeelt op de galeijen van Vrankryk ter oorzoken van der godsdienst Jan Daniel Bemann en zoon Rotterdam 1757 niederl franzosisch unter dem Titel Memoires d un protestant condamne aux galeres de France pour cause de religion Societe des Ecoles du dimanche Paris 1865 deutsch unter dem Titel Galeerenstrafling unter dem Sonnenkonig Memoiren aus dem Franzosischen von Hermann Adelberg Hrsg nach dem Original Text neu durchgesehen sowie mit Erlauterungen und einem Nachwort von Eberhard Wesemann Beck Munchen 1989 ISBN 3 406 32979 9 englisch unter dem Titel Autobiography of a French Protestant online verfugbar Paul Frauenstaedt Zur Geschichte der Galeerenstrafe in Deutschland In Zeitschrift fur die gesamte Strafrechtswissenschaft 16 1896 S 518 546 Louis Carlen Die Galeerenstrafe in der Schweiz In Zeitschrift fur die gesamte Strafrechtswissenschaft 88 1976 S 558ff Hans Schlosser Die infamierende Strafe der Galeere In Karl Kroeschell Hrsg Festschrift fur Hans Thieme zu seinem 80 Geburtstag Thorbecke Jan Verlag Sigmaringen 1986 ISBN 3 7995 7050 0 S 253 263 Hans Schlosser Die Strafe der Galeere In Zeitschrift fur Neuere Rechtsgeschichte 10 1988 S 19 Hans Schlosser Galeerenstrafe In Handworterbuch zur Deutschen Rechtsgeschichte 2 Auflage Berlin 2008 Daniel Steinke Vinzenz von Paul 1581 1660 und die Praxis der Sklaverei im Mittelmeerraum Georg Olms Verlag Hildesheim 2019 ISBN 978 3 487 15758 0 Weblinks BearbeitenMartin Rath Strafrechtliche Sanktionen Souveran ist wer die Sklaven rudern lasst LTO 6 November 2022Einzelnachweise Bearbeiten Ausser einem moglichen Fall im Ptolemaischen Agypten Vgl Lionel Casson Ships and Seamanship in the Ancient World Princeton University Press Princeton 1971 S 325 326 Lionel Casson Galley Slaves In Transactions and Proceedings of the American Philological Association Band 97 1966 S 35 44 44 a b Galeerenstrafe RechtsAlterTumer online Osterreichische Akademie der Wissenschaften Gerhard Kobler Juristisches Worterbuch G Memento vom 7 August 2011 im Internet Archive Martin Scheutz Alltag und Kriminalitat Disziplinierungsversuche im steirisch osterreichischen Grenzgebiet im 18 Jahrhundert Mitteilungen des Instituts fur Osterreichische Geschichtsforschung Band 38 Oldenbourg Verlag 2001 ISBN 978 3 7029 0452 4 S 174 Johann Christian Graff Versuch einer Geschichte der Criminal Gesetzgebung der Land und Banngerichte Torturen Urfehden auch des Hexen und Zauberwesens in der Steyermark Miller Gratz 1817 50 S 70 Online in der Google Buchsuche abgerufen am 12 Dezember 2012 Susanne Hehenberger Evelyne Luef Kriminalitat in und um Wien 1703 bis 1803 Eine Datenbank Abgerufen am 12 Dezember 2012 Abfrage nach Galeere im Feld Strafe Wolfgang Hausler Von der Massenarmut zur Arbeiterbewegung Demokratie u soziale Frage in der Wiener Revolution von 1848 Jugend und Volk Wien 1979 ISBN 3 7141 6550 9 S 29 archive org abgerufen am 12 Dezember 2012 Habilitationsschrift Horst Penner Weltweite Bruderschaft Weierhof 1984 Normdaten Sachbegriff GND 4155826 1 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Galeerenstrafe amp oldid 232637426