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Jean Marteilhe 1684 in Bergerac 6 November 1777 in Culemborg war ein Hugenotte der wegen seines evangelischen Glaubens zu lebenslanger Galeerenstrafe verurteilt wurde Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Kindheit 1 2 Verfolgung 1 3 Flucht nach Paris 1 4 Weiterreise nach Mezieres 1 5 Ubernachtung in und Flucht aus Mezieres 1 6 Weiterreise nach Couve 1 7 Verhaftung 1 8 Haft in Mariembourg 1 9 Bekehrungsversuche 1 10 Urteil 1 11 Galeerenstrafe 1 12 Haft in Dunkirchen und Marseille 1 13 Freilassung und Exil 2 Werk 3 Gedenktag 4 Einzelnachweise 5 Quellen 6 WeblinksLeben BearbeitenKindheit Bearbeiten Jean Marteilhe wurde 1684 als Sohn eines Handlerehepaares geboren Seine Eltern waren uberzeugte evangelisch reformierte Christen und gaben diesen Glauben an ihre Kinder weiter Verfolgung Bearbeiten 1700 wurde versucht die evangelischen Franzosen gewaltsam von ihrem Glauben abzubringen Das Edikt von Nantes hatte den hugenottischen Familien Schutz vor Verfolgung gewahrt es wurde am 18 Oktober 1685 durch das Edikt von Fontainebleau widerrufen Im Oktober 1700 wurde Jean Marteilhes Vater inhaftiert zwei seiner Bruder und eine Schwester wurden zu Eintritten in Kloster gezwungen Flucht nach Paris Bearbeiten Der erst 16 jahrige Jean Marteilhe konnte aus seinem Elternhaus fliehen bevor die Dragoner in das Haus kamen um die Verhaftungen durchzufuhren Die ganze Stadt und samtliche Zugange waren von den Dragonern besetzt um die Flucht der Einwohner zu verhindern Marteilhe gelang nachts gemeinsam mit seinem Freund Daniel Legras die Flucht aus seinem Heimatort Sie liefen die ganze Nacht uber durch die Walder und erreichten am nachsten Morgen Mussidan einen Ort der vier Leugen 24 km entfernt lag Sie versuchten in die Niederlande zu fliehen Nachdem sie sich geschworen hatten niemals ihren evangelischen Glauben zu widerrufen auch wenn sie mit Galeeren oder Todesstrafe bestraft wurden begaben sie sich auf die Hauptstrasse nach Paris Ihr ganzes Vermogen bestand zu diesem Zeitpunkt aus zehn Pistolen weshalb sie taglich in den schlechtesten Unterkunften logierten Nach einer Reise ohne weitere Zwischenfalle erreichten sie am 10 November Paris Dort wollten sie von Bekannten die einfachste und sicherste Route uber die Grenze erkunden Sie erhielten einen entsprechenden Plan von einem guten Freund und uberzeugten Protestanten Der Plan sollte sie nach Mezieres fuhren einer Garnisonstadt an der Maas die damals die Grenze zu den Spanischen Niederlanden bildete und am Rand des Ardenner Waldes lag Der Bekannte sagte ihnen die einzige Gefahr drohe beim Betreten der Stadt Diese Gefahr sei ernst zu nehmen da jeder Fremde verdachtig erscheine Wer ohne Pass angetroffen werde werde sofort vor den Gouverneur gefuhrt und inhaftiert Am Verlassen der Stadt werde aber niemand gehindert Der Wald werde ihre Reise nach Charleroi begunstigen etwa sechs oder sieben Leugen etwa 39 km von Mezieres entfernt Dort seien sie sicher da sie dann Frankreich verlassen hatten Ferner befinde sich in Charleroi eine niederlandische Garnison und ein Kommandant der sie beschutzen werde Weiterreise nach Mezieres Bearbeiten So machten Jean Marteilhe und sein Freund sich auf den Weg nach Mezieres Die Reise verlief ereignislos da nur die Strassen uber die Grenze uberwacht wurden Sie erreichten eines Nachmittags um 16 Uhr einen Hugel etwa eine Viertel Leuge etwa 1 5 km von Mezieres entfernt von dem aus sie die Stadt und das Tor betrachten konnten Sie stellten fest dass eine wegen des schonen Wetters reich frequentierte Brucke uber die Maas zu dem Tor fuhrte und beschlossen sich unter die Einwohner zu mischen um den Blicken des Wachters zu entgehen Um nicht als Reisende identifiziert zu werden entleerten sie ihre Ranzen zogen ihre samtlichen Hemden an und steckten die Ranzen in die Taschen Dann sauberten sie ihre Schuhe und kammten ihr Haar Sie trugen keine Schwerter da das damals in Frankreich verboten war Sie begaben sich zu der Brucke und gingen mit den Einwohnern auf und ab bis ein Trommelschlag das Schliessen der Tore ankundigte Die Menschenmenge in der sich die beiden Fluchtlinge verborgen hielten hastete in die Stadt zuruck So gelangten sie wie geplant ungesehen in die Stadt Ubernachtung in und Flucht aus Mezieres Bearbeiten Jean Marteilhe und sein Freund konnten die Stadt nicht sofort durch das gegenuberliegende Tor wieder verlassen da dieses ebenfalls geschlossen wurde Sie mussten also in der Stadt ubernachten was sie in der nachstbesten Herberge taten Da der Gastwirt nicht anwesend war empfing sie dessen Ehefrau Sie bestellten ihr Abendessen Um 21 Uhr traf der Wirt ein Seine Frau informierte ihn uber die beiden Fremden Diese horten von ihrer Kammer aus wie der Wirt seine Frau fragte ob sie einen Erlaubnisschein des Gouverneurs hatten Als die Frau dies verneinte sagte er Jade willst du uns ruinieren Du kennst die rigorose Verfolgung logierender Fremder ohne Erlaubnis Ich muss sofort mit ihnen zum Gouverneur gehen Er ging in die Kammer der Fremden und fragte sie hoflich ob sie mit dem Gouverneur gesprochen hatten Sie antworteten dass sie nicht wussten dass dies fur eine einzige Ubernachtung notwendig sei Der Wirt meinte Es wurde mich 1000 Kronen kosten wenn der Gouverneur wusste dass ich euch ohne Erlaubnis beherbergt habe Habt ihr denn einen Pass der es euch erlaubt die Grenzstadte zu betreten Sie antworteten dass sie bestens mit Papieren ausgestattet seien Der Wirt antwortete Das andert die ganze Angelegenheit und bewahrt mich vor der Schande euch ohne Erlaubnis beherbergt zu haben ihr musst aber immer noch mit mir zum Gouverneur gehen um eure Passe vorzuzeigen Sie antworteten dass sie sehr mude und erschopft seien und ihn gern am nachsten Morgen begleiten wurden Der Wirt willigte ein Sie beendeten ihr Abendessen und konnten trotz des guten Betts nicht schlafen Die ganze Nacht verbrachten sie zunachst mit fruchtlosen Vorschlagen was man dem Gouverneur sagen konne dann mit Gebeten dass Gott ihnen die Kraft zum furchtlosen Bekenntnis geben moge wenn er sie nicht vor der Gefangenschaft bewahren wolle Sie standen fruh im Morgengrauen auf und stiegen in die Kuche hinab die im Erdgeschoss nahe der Strassentur lag und wo der Gastwirt und seine Frau schliefen Die beiden Fluchtlinge benahmen sich als wollten sie das Haus verlassen bevor der Wirt erwachte Dieser fragte sie was der Grund fur ihr fruhes Aufstehen sei Sie antworteten dass sie sofort ihr Fruhstuck einnehmen wollten damit sie gleich nach ihrem Besuch beim Gouverneur ihre Reise fortsetzen konnten Der Gastwirt stimmte zu wies seinen Diener an einige Wurste zu braten und stand auf Als sie beobachteten dass der Diener die Strassentur offnete baten sie darum einen Moment vor die Tur gehen zu durfen Der Wirt schopfte keinerlei Verdacht so dass die Fluchtlinge entkommen konnten ohne sich zu verabschieden oder ihre Rechnung zu zahlen Sie sahen keine andere Moglichkeit Auf der Strasse fanden sie einen kleinen Jungen von dem sie den Weg zum Charleville Tor erfragten durch das sie die Stadt verlassen wollten Sie befanden sich in der Nahe und konnten das Tor problemlos passieren als es geoffnet wurde Weiterreise nach Couve Bearbeiten Jean Marteilhe und Daniel Legras betraten Charleville eine kleine Stadt ohne Tor und Garnison einen Schuss von Mezieres entfernt Sie nahmen dort schnell ihr Fruhstuck ein und verliessen den Ort um den Ardenner Wald zu betreten Es hatte in der Nacht gefroren was den Wald unwirtlich erscheinen liess Er wurde von zahlreichen Strassen durchquert Den Fluchtlingen war unbekannt welche nach Charleroi fuhren wurde sie befragten daher einen Passanten Dieser riet ihnen davon ab die Reise durch den Wald fortzusetzen da die Strassen sich weiter verzweigen wurden und sie lange Zeit zu keinerlei Dorfern gelangen wurden Er schatzte dass sie als Fremde 12 bis 15 Tage umherirren wurden Ferner konnten sie in dem Wald Raubtieren begegnen und seien in Gefahr an Kalte und Hunger zu sterben Sie boten ihm einen Louis d or falls er sie nach Charleroi fuhren wurde Der Passant verweigerte ihnen seine Hilfe da er sie als fluchtige Hugenotten erkannte wies ihnen aber einen sichereren Weg ausserhalb des Waldes Sie bedankten sich und folgten dem Rat Sie erreichten am Abend ein Dorf das er ihnen genannt hatte und ubernachteten dort Am nachsten Morgen folgten sie wie beschrieben dem Weg nach rechts und liessen die Stadt Rocroy links liegen Der Fremde hatte ihnen vielleicht aus Unkenntnis verschwiegen dass der Weg sie hier durch einen sehr schmalen Engpass namens Guet du Sud zwischen zwei Bergen fuhren wurde Dort befand sich eine Wache franzosischer Soldaten die alle Fremden anhielten die keinen Pass hatten und sie ins Gefangnis nach Rocroy brachten Ohne von dieser Gefahr zu wissen betraten die beiden Fluchtlinge den Engpass als es so heftig regnete dass der diensthabende Wachter sich in sein Wachhaus zuruckzog Sie konnten die Wache mithin passieren ohne bemerkt zu werden So erreichten sie vollig durchnasst die kleine Stadt Couve Damit waren sie vorubergehend in Sicherheit da diese Stadt nicht zu Frankreich gehorte sondern dem Fursten von Luttich Dort befand sich eine Burg die mit niederlandischen Truppen besetzt war Ihr Gouverneur gewahrte jedem Fluchtling sicheres Geleit nach Charleroi der darum bat Dieser Umstand war Marteilhe und seinem Freund allerdings nicht bekannt Sie betraten ein Gasthaus um sich zu trocknen und etwas zu essen Als sie sich niedersetzten wurde ihnen ein Krug Bier mit zwei Henkeln ohne Glaser vorgesetzt Als sie um solche baten antwortete der Wirt er habe beobachtet dass sie Franzosen seien und dass es in ihrem Land Sitte sei aus dem Krug zu trinken Die Fluchtlinge bestatigten es Diese harmlos und irrelevant erscheinende Konversation sollte schwerwiegende Folgen haben da sich im selben Raum zwei Manner aufhielten einer war ein Einwohner des Ortes der andere ein Wildhuter des Fursten von Luttich Letzterer begann sie sorgfaltig zu mustern sprach sie schliesslich an und meinte dass er jede Wette eingehen wurde dass sie keine Rosenkranze in ihren Taschen tragen wurden Marteilhes Begleiter nahm eine Prise Schnupftabak zeigte dem Wildhuter die Dose und meinte dies sei sein Rosenkranz Damit war fur den Wildhuter ihre Identitat als fluchtige Protestanten bestatigt Er beschloss Marteilhe und Legras zu verraten da der personliche Besitz von ergriffenen Fluchtlingen dem Denunzianten ubergeben wurde Verhaftung Bearbeiten Der Passant dem Jean Marteilhe und sein Freund im Wald begegnet waren hatte ihnen geraten sich beim Verlassen von Couve nach links zu wenden um nicht mehr auf franzosisches Territorium zu geraten Als sie diesem Rat folgten kam ihnen aber ein berittener Offizier entgegen Verangstigt wie sie waren zogen sie es vor dem Offizier auszuweichen und umzukehren damit er sie nicht anhalten konnte So gerieten sie auf einer anderen Strasse in die Nahe der kleinen Stadt Mariembourg die wieder zu Frankreich gehorte Da die Stadt nur uber ein Tor verfugte war eine Durchreise nicht moglich Sie beschlossen also sie rechts liegen zu lassen und sich links haltend nach Charleroi weiterzureisen ihrem fruheren Plan entsprechend Der Wildhuter war ihnen heimlich in einiger Entfernung gefolgt Als sie in der Abenddammerung vor Mariembourg eine Leuge etwa 6 km von Couve entfernt eintrafen beschlossen sie in einem Gasthaus gegenuber dem Stadttor einzukehren um dort die Nacht zu verbringen Sie erhielten einen Raum und konnten sich an einem guten Feuer trocknen Nach einer halben Stunde trat ein Mann ein den sie fur den Gastwirt hielten Er grusste sie sehr hoflich und fragte woher sie kamen und wohin sie gingen Sie antworteten dass sie aus Paris kamen und nach Philippeville reisten Der Mann teilte ihnen mit dass sie zum Gouverneur von Mariembourg gehen und diesen sprechen mussten Sie versuchten den Mann in ahnlicher Weise zu beruhigen wie den Wirt in Mezieres Er bestand aber nachdrucklich darauf dass sie ihm sofort folgen sollten Marteilhe sagte seinem Freund auf Patois damit der Mann sie nicht verstehen konnte dass sie in der Dunkelheit zwischen dem Wirtshaus und der Stadt entkommen konnten Sie folgten also dem Mann der sich als Sergeant der Stadtwache herausstellte Eine Abteilung von acht Soldaten mit aufgepflanzten Bajonetten erwartete sie auf dem Hof an der Spitze der Wildhuter So wurden Marteilhe und sein Freund festgenommen nach einer Flucht uber eine Strecke von mehr als 200 Leugen knapp 800 km Ein Entkommen war nun unmoglich Sie wurden dem Gouverneur Pallier vorgefuhrt der sie nach ihrer Nationalitat und ihrem Zielort fragte Sie bekannten sich zu ihrer franzosischen Staatsburgerschaft gaben sich aber als Friseurlehrlinge auf der Rundreise durch Frankreich aus die uber Philippeville Maubeuge Valenciennes und Cambrai in ihre Heimat zuruckkehren wollten Der Gouverneur liess sie von seinem Diener prufen der sich auf das Friseurhandwerk verstand Zunachst befragte dieser Marteilhes Freund der tatsachlich Friseur war Der Diener wurde uberzeugt dass die beiden Friseurlehrlinge seien Nun befragte der Gouverneur sie nach ihrer Konfession Sie gaben offen ihren reformierten Glauben zu da sie in diesem Punkt nicht die Unwahrheit sagen wollten Als der Gouverneur sie fragte ob sie nicht in Wahrheit das Land verlassen wollten leugneten sie es Die Befragung dauerte insgesamt eine gute Stunde Der Gouverneur befahl dem Major sie sicher ins Gefangnis zu geleiten was dieser mit derselben Eskorte ausfuhrte welche die Verhaftung durchgefuhrt hatte Auf dem Weg vom Regierungsgebaude zum Gefangnis fragte der Major de la Salle Jean Marteilhe ob sie wirklich aus Bergerac seien und sagte Ich wurde auch eine halbe Leuge von Bergerac entfernt geboren Nachdem de la Salle Marteilhes Namen und Familie in Erfahrung gebracht hatte rief er aus Warum ist euer Vater mein bester Freund seid beruhigt meine Kinder Ich werde euch aus dieser unglucklichen Affare herausbringen und ihr werdet nach zwei oder drei Tagen frei sein Als sie am Gefangnis ankamen fragte der Wildhuter den Major ob er die Festgenommenen durchsucht habe da er wohl eine grossere Geldmenge vermutete Die Beiden besassen aber nur eine Pistole Der Major bat sie ihm diese zu ubergeben ohne sie zu durchsuchen Eine grossere Geldmenge hatte bestatigt dass es sich um Fluchtlinge handelte wahrend wandernde Lehrlinge in der Regel knapp bei Kasse waren Dies war wohl der Grund warum der anscheinend wohlmeinende Major auf eine Durchsuchung verzichtete neben einer moglichen Antipathie dem Wildhuter gegenuber Der Wildhuter meinte dazu Das ist nicht die Art auf die Hugenotten behandelt wurden die nach Holland flohen Ich weiss wie man ihr Geld findet und versuchte sie auf grobe Art selbst zu durchsuchen Der Major trieb ihn fort mit den Worten Gauner wenn du nicht siehst das du wegkommst werde ich dich ordentlich durchblauen Denkst du du kannst mich meine Pflicht lehren Haft in Mariembourg Bearbeiten Marteilhe und sein Freund wurden in einem Kerker inhaftiert Mit Tranen in den Augen fragten sie den Major Welches Verbrechen haben wir begangen mein Herr dass wir wie Kriminelle behandelt werden die den Galgen oder das Rad verdient haben Der Major antwortete Dies sind meine Befehle Kinder aber ich werde dafur sorgen dass ihr hier nicht schlaft Er ging sofort zum Gouverneur und erstattete ihm Bericht dass er befohlen habe die Festgenommenen sorgfaltig zu durchsuchen man aber nur eine Pistole gefunden habe was klar beweisen wurde dass keine Absicht vorlag das Land zu verlassen Andere Beweise fur Reichsflucht lagen ebenfalls nicht vor Es sei also gerechtfertigt die Gefangenen freizulassen Es war aber der Abend des Tages an dem der Kurier nach Paris reiste Wahrend die Festgenommenen zum Gefangnis gebracht wurden hatte der Gouverneur bereits ein Schreiben an das Gericht abgeschickt in dem uber die Verhaftung informiert wurde Eine Freilassung ohne Anordnung des Gerichts war nun nicht mehr moglich Der Major bat den Gouverneur die Gefangenen wenigstens vom Kerker in das Haus des Gefangniswarters verlegen zu lassen er wolle eine Wache vor der Tur postieren lassen und notfalls mit seinem Kopf fur die beiden Gefangenen burgen Der Gouverneur willigte ein So waren Marteilhe und sein Begleiter nur fur eine Stunde im Kerker als der Major mit einem Korporal und einem Wachter zuruckkehrte dem sie anvertraut wurden Der Major gab den Befehl dass die beiden Gefangenen sich frei im Haus bewegen durften und suchte ihnen einen Schlafplatz aus Das Geld das er von ihnen erhalten hatte gab er dem Gefangniswarter um sie davon mit Nahrung zu versorgen So konnte niemand behaupten dass es Kriminelle seien die von der Regierung ernahrt werden Er berichtete ihnen daruber dass die Verhaftungsnotiz bereits abgeschickt sei er aber dafur Sorge tragen wolle dass das Verhorprotokoll so positiv wie moglich fur sie ausfallen solle Das vom Gouverneur abgeschickte Protokoll entsprach tatsachlich diesem Versprechen Ein paar Tage nach der Verhaftung Marteilhes wurde der Wildhuter wegen seines Verhaltens gegenuber ihm und Legras auf Bitten des niederlandischen Gouverneurs der Burg von Couve vom Fursten von Luttich entlassen und von seinem Grund verbannt Bekehrungsversuche Bearbeiten Das Verhorprotokoll war zwar zu Gunsten der beiden Gefangenen abgefasst worden enthielt aber die Aussage dass sie evangelischen Glaubens seien Fur Louis Phelypeaux marquis de La Vrilliere den Secretaire d Etat de la Religion pretendue reformee Staatssekretar fur die angeblich reformierte Religion war dies wohl ausschlaggebend und nicht der Vermerk das die Gefangenen offensichtlich nicht die Absicht hatten das Land zu verlassen Er wies jedenfalls den Gouverneur von Mariembourg an Jean Marteilhe wegen versuchter Landesflucht zu lebenslanger Sklavenarbeit auf der Galeere La Grande Reale zu verurteilen eine Strafe die nur auf schwere Vergehen stand Der Pfarrer von Mariembourg liess nichts unversucht um die beiden Gefangenen von ihrem protestantischen Glauben abzubringen Fur den Fall der Konversion zum Katholizismus versprach man ihnen die Freilassung nach einer Unterweisung und einem formellen Widerruf ihres vorherigen Glaubens Sie waren dann nach Bergerac zuruckgebracht worden Der Major hatte diese Anweisungen des Staatssekretars den beiden Gefangenen vorzulesen und sagte ihnen Ich soll euch keine Anweisungen geben was ihr tun solltet euer Glaube und euer Gewissen mussen entscheiden Alles was ich euch sagen kann ist dass euer Widerruf euch sofort die Tur eures Gefangnisses offnen wird und dass wenn ihr es nicht macht ihr mit Sicherheit auf die Galeeren gehen werdet Sie antworteten dass sie ihre ganze Hoffnung auf Gott setzten sich seinem Willen beugen wollten keine menschliche Hilfe erwarteten und niemals wie sie es ausdruckten die gottlichen und wahren Prinzipien ihrer heiligen Religion aufgeben wurden Sie dankten dem Major fur seine Bemuhungen und versprachen ihm fur ihn zu beten Ihre Pistole die entladen worden war wurde dem Gefangniswarter ubergeben Pro Tag erhielten sie 1 Pfund Brot als offizielle Ration vom Gouverneur und dem Major erhielten sie aber ausreichend zusatzliche Nahrungsmittel Auch der Pfarrer der die Gefangenen konvertieren wollte und die Nonnen eines stadtischen Klosters sandten ihnen gelegentlich Nahrung Dadurch konnten die Gefangenen den Gefangniswarter und seine Familie ernahren Der Pfarrer besuchte sie fast taglich und ubergab ihnen einen kontroversen Katechismus der die Richtigkeit der romisch katholischen Konfession beweisen sollte Die Gefangenen setzten den Katechismus des Drelincourt entgegen uber den sie verfugten Der Pfarrer gab diesen Bekehrungsversuch auf Dann stellte er seine Gesprachspartner vor die Wahl aufgrund der Tradition oder der Heiligen Schrift zu diskutieren wobei sie sich fur Letzteres entschieden und er sie nicht widerlegen konnte Nach drei oder vier solchen Gesprachen gab der Pfarrer auch diesen Versuch auf Dann versuchte er es mit weltlichen Verlockungen Er hatte eine junge und nach Marteilhes Schilderung schone Nichte die er an einem Tag unter dem Vorwand eines Besuchs aus Nachstenliebe mitbrachte Er versprach sie Marteilhe zur Frau zu geben mit einer grossen Mitgift falls er sich ihrer Konfession anschliessen werde und druckte die Annahme aus dass der andere Gefangene dann wohl seinem Beispiel folgen werde Marteilhe lehnte dies ab wobei auch wie er selbst schrieb seine Verachtung gegenuber Priestern und deren Familien deutlich wurde Der Pfarrer wurde wutend und teilte mit dass er dem Gouverneur und dem Richter sagen werde dass er keine Hoffnung auf eine Bekehrung der Gefangenen habe dass sie storrische Gesellen seien die durch Beweise und Vernunft nicht zu uberzeugen seien und dass sie Schurken seien die unter dem Einfluss des Teufels stunden Aufgrund dieser Aussage wurde beschlossen sie vor Gericht zu stellen Der ortliche Richter und sein Registrator kamen um die Beiden juristisch im Gefangnis zu verhoren Urteil Bearbeiten Der Urteilsspruch wurde zwei Tage spater im Jahre 1701 gesprochen und lautete Nachdem genannte Jean Marteilhe und sein Gefahrte Daniel Legras von uns uberfuhrt worden sind sich zu der vermeintlichen reformierten Religion zu bekennen und sich unterstanden zu haben aus dem Konigreich zu entweichen um ihre Religion frei zu bekennen so verurteilen wir sie zur Strafe dafur auf Lebenszeit zu den Galeeren des Konigs Hinzu kam der Entzug ihres Vermogens Grund war nur dass man sie in Grenznahe ohne Pass aufgegriffen hatte Nach der Verlesung des Urteilsspruches fragte der Richter ob die Verurteilten an das Parlament in Tournay appellieren wollten zu dessen Zustandigkeitsbereich Mariembourg gehorte Sie antworteten sie wollten nur beim Tribunal Gottes gegen das aus ihrer Sicht schandliche Urteil appellieren dass alle Menschen gegen sie seien und dass sie nur Gott vertrauten der ein gerechter Richter sei Der Richter bat darum nicht ihn fur die Strenge des Urteils verantwortlich zu machen da er nur die Befehle des Konigs befolgt habe Marteilhe antwortete dass der Konig nichts davon wisse dass er beschuldigt werde das Konigreich verlassen zu wollen und dass auf das evangelische Bekenntnis nicht die Galeerenstrafe stehe Der Richter habe aber das Urteil mit der versuchten Flucht aus dem Konigreich begrundet ohne entsprechende Beweise oder auch nur die Suche danach Der Richter beantwortete dies damit dass es nur eine Formalitat sei die Anordnungen des Konigs auszufuhren Marteilhe meinte dann sei er kein Richter sondern nur ein Vollstrecker koniglicher Befehle Der Richter empfahl erneut die Berufung an das Parlament was die Verurteilten erneut ablehnten da ihnen bewusst sei dass das Parlament den Anordnungen des Konigs ergeben sei und dass es Beweise nicht besser wurdigen werde als der Richter Dieser beschloss fur die Verurteilten an das Parlament zu appellieren Den Gefangenen war dies bereits vorher bekannt da kein untergeordneter Richter ein Urteil fallen konnte das eine korperliche Bestrafung umfasste ohne dass dieses durch das Parlament ratifiziert wurde Der Richter empfahl ihnen sich auf die Abreise nach Tournay vorzubereiten Sie antworteten dass sie fur alles bereit seien Am selben Tag wurden sie wieder im Kerker inhaftiert den sie erst fur die Reise nach Tournay wieder verliessen Vier Bogenschutzen begleiteten sie dorthin die ihre Hande fesselten und sie mit Stricken aneinander banden Sie mussten den Weg zu Fuss zurucklegen was Marteilhe als sehr schmerzhaft beschrieb Sie reisten uber Philippeville Maubeuge und Valenciennes nach Tournay Jeden Abend wurden sie unter schlechten Haftbedingungen eingekerkert und erhielten lediglich Brot und Wasser Sie bekamen weder ein Bett noch Stroh um darauf zu ruhen Marteilhe war der Meinung sie seien nicht schlechter behandelt worden wenn sie zum Radern oder Hangen verurteilt worden waren In Tournay angekommen wurden sie im Gefangnis des Parlaments inhaftiert Die Berufung misslang Galeerenstrafe Bearbeiten Auf der Galeere auf der sich uber 40 weitere evangelische Sklavenarbeiter befanden wurden die Bekehrungsversuche fortgesetzt Anfangs wurden die Straflinge gezwungen an der katholischen Messe teilzunehmen kniend in ehrerbietiger Haltung Wer sich weigerte musste die Bastonade erdulden Marteilhe beschrieb diese disziplinarische Massnahme spater wie folgt Man entkleidet den Unglucklichen der dazu verurteilt ist vom Gurtel an bis oben ganz nackt Danach legt man ihn mit dem Bauch quer uber den Koker der Galeere so dass seine Beine nach seiner Bank und seine Arme nach der entgegengesetzten Bank herabhangen Man lasst ihm die Beine durch zwei Straflinge und die beiden Arme durch zwei andere halten Hinter ihm steht ein Aufseher der mit einem Tau auf einen kraftigen Turken loshaut damit dieser aus allen Kraften mit einem starken Tau auf den Rucken des armen Delinquenten schlagt Die Sterblichkeitsrate dieser in der franzosischen Geschichte insgesamt 1550 evangelischen Galeerensklaven lag bei knapp 50 die meisten starben in den ersten drei Jahren Manche schworen ab und wurden freigelassen andere erduldeten die Strafe fur ihren Glauben fur viele Jahrzehnte bis sie entlassen wurden Haft in Dunkirchen und Marseille Bearbeiten Jean Marteilhe wurde bei einem Seegefecht schwer verwundet und war fortan korperlich eingeschrankt Da er dadurch nicht mehr als Rudersklave arbeiten konnte musste er stattdessen vier Jahre lang als Schreiber in Dunkirchen arbeiten Als die Stadt von den Englandern belagert wurde wurde Marteilhe zusammen mit anderen Galeerenstraflingen nach Marseille getrieben ein Marsch den nur wenige uberlebten Freilassung und Exil Bearbeiten Die englische Konigin Anna II setzte schliesslich die Freilassung aller evangelischen Galeerensklaven durch So wurde auch Jean Marteilhe im Sommer 1713 nach 13 Jahren Gefangenschaft freigelassen unter der Auflage Frankreich fur immer zu verlassen Mit Hilfe evangelischer Freunde konnte er sich eine neue Existenz in Amsterdam aufbauen Jean Marteilhe starb im Alter von 93 Jahren im niederlandischen Exil Werk BearbeitenDaniel de Superville der Jungere Hg Gedenkschriften van eenen protestant veroordeelt op de galeijen van Vrankryk ter oorzake van den godsdienst Jan Daniel Bemann en zoon Rotterdam 1757 niederl franzosisch unter dem Titel Memoires d un protestant condamne aux galeres de France pour cause de religion Societe des Ecoles du dimanche Paris 1865 Galeerenstrafling unter dem Sonnenkonig Memoiren Aus dem Franzosischen von Hermann Adelberg Hrsg nach dem Original Text neu durchgesehen sowie mit Erlauterungen und einem Nachwort von Eberhard Wesemann Beck Munchen 1989 ISBN 3 406 32979 9 Autobiography of a French Protestant Englische Ubersetzung online verfugbarEs handelt sich um die bislang einzige bekannte Autobiographie eines Galeerensklaven Gedenktag BearbeitenAn Jean Marteilhe wird im Evangelischen Namenkalender am 19 Juli als Stellvertreter fur alle hugenottischen Galeerenstraflinge erinnert Eine komplette Liste aller bekannten Falle findet sich auf der Webseite des Musee du Desert in Mialet Cevennen das den Hugenotten gewidmet ist 1 Einzelnachweise Bearbeiten Les Galeriens Protestants museedudesert comQuellen BearbeitenJean Marteilhe im Okumenischen Heiligenlexikon Jean Marteilhe in der Bibliothek fur HugenottengeschichteWeblinks BearbeitenAufsatz von Gerrid Setzer uber Jean Marteilhe auf www bibelstudium deNormdaten Person GND 172249899 lobid OGND AKS LCCN n82158285 VIAF 51692931 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Marteilhe JeanKURZBESCHREIBUNG evangelischer Glaubenszeuge und GaleerensklaveGEBURTSDATUM 1684GEBURTSORT BergeracSTERBEDATUM 6 November 1777STERBEORT Culemborg Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Jean Marteilhe amp oldid 234805545