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Die Leuge lat leuga leuca ist eine antike Langenmasseinheit die in romischer Zeit mit der Meile konkurrierte und nach ublicher Rechenweise anderthalb romische Meilen betrug Fraglich ist der keltische Ursprung dieses ausschliesslich in den romischen Nordwestprovinzen verbreiteten Wegemasses Die Leuge lebte in verschiedenen grossen Meilen besonders im westlichen Mittelmeerraum und in Lateinamerika fort Legua und wurde dort bis ins 19 Jahrhundert verwendet Ubliche Grossen lagen zwischen 2 km und 7 km In der Rechtssprache bezeichnete der vulgarlateinische Begriff Bannleuca auch Bannleuga oder banni leuga 1 einen Bezirk von 1 Meile um eine Stadt innerhalb dessen einige Stadte die Gerichtsbarkeit ausuben durften 2 3 Der Begriff war in der angelsachsischen gelehrten Literatur in der Schreibweise ban lieue gebrauchlich 3 eingedeutscht Bannmeile 4 Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Ursprung und Quellen 1 2 Einfuhrung der Leuge 1 3 Umrechnung 1 4 Romische Leuge und Meile 1 5 Leugen in spateren Epochen 2 Literatur 3 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenUrsprung und Quellen Bearbeiten Da das Wort Leuge keltischen Ursprungs ist 3 wird oft angenommen dass auch die Leuge selbst keltischen Ursprungs sei Dies kann jedoch nach genauerer Uberprufung der Quellen nicht bestatigt werden Erwahnungen der Leuge in der antiken Literatur liegen fruhestens ab dem 4 Jahrhundert n Chr vor 5 Als einzige archaologische Quelle dienen Funde von Meilensteinen 6 Von den 677 im Corpus Inscriptionum Latinarum erfassten Nummern sind 472 noch heute erhalten im relevanten Gebiet der gallischen und germanischen Provinzen 100 Unter diesen fanden sich nur 13 in der Nahe der zugehorigen Romerstrasse der grosste Teil wurde verschleppt zweitverwendet oder die Herkunft ist ungewiss 7 Eine Uberlieferung der festen Grosse eines gallischen Wegemasses aus der Zeit vor der Eroberung Galliens durch Caesar erscheint wenig glaubhaft 8 Dies ware nur bei weiterer Verwendung im Strassenbau moglich da sie entsprechende Vermessung benotigte Auch liegen keine Schriftquellen uber den vorromischen Strassenbau vor Fur das Strassenbauprogramm des Agrippa und Claudius wurden in Gallien ausschliesslich Miliaria mit Meilenzahlung verwendet Gegen den keltischen Ursprung spricht auch die Tatsache dass die Gallia Narbonensis und die britannischen Provinzen bei der Meilenzahlung verblieben sind nbsp Leugenstein aus Friedberg heute im Wetterau Museum Er befand sich 10 Leugen 22 km von Nida entfernt 9 Einfuhrung der Leuge Bearbeiten Die fruheste Erwahnung der Leuge findet sich auf einem Meilenstein aus trajanischer Zeit in Aquitanien 10 Die Einfuhrung verlief zunachst sowohl zeitlich als auch geographisch uneinheitlich Der Vorgang ist bisher nur teilweise geklart was auf den Mangel an Quellen zuruckgeht und steht offensichtlich in Verbindung mit der Verwaltung der Reichsstrassen Hierbei ist zu beachten dass die Inschriften zwar ublicherweise dem Kaiser gewidmet waren die Steine jedoch von den lokalen civitas Verwaltungen gesetzt wurden die auch fur die cura viarum Instandhaltung der Strassen zustandig waren Wahrend die Funde von Meilensteinen mit Leugenzahlung unter den Kaisern Trajan Hadrian und Antoninus Pius Einzelfunde blieben erfolgte anscheinend unter Septimius Severus eine flachendeckende Einfuhrung in den Tres Galliae Belgium Aquitania Gallia und den germanischen Provinzen Eine Erklarung als Zugestandnis an die gallischen Gemeinden ist unverstandlich da der Kaiser den Provinzen die den Gegenkaiser Clodius Albinus unterstutzt hatten nicht freundlich gesinnt war Von Walser und Rathmann ist uberzeugend dargelegt worden dass die Einfuhrung wohl wirtschaftlichen Interessen gedient haben konnte Das wurde auch erklaren warum einige Gemeinden an der Grenze zur Narbonensis wie die Colonia Iulia Equestris Nyon in Obergermanien die civitas der Haeduer in der Gallia Lugdunensis oder einige sudliche civitates der Aquitania bei der Meilenzahlung blieben 11 Dafur schlossen sich mit Germania superior und inferior Provinzen der Leugenzahlung an die nicht zum keltischen Kerngebiet gehorten was moglicherweise auf eine Nahe zum pes Drusianus der auch Fuss der Tungrer genannt wurde 12 hindeutet Ebenfalls gegen eine zentrale Steuerung sprechen die aus der Einfuhrung resultierenden Schwierigkeiten Auf der bedeutenden Route Massilia Augustodunum Lutetia wurde zunachst nach Meilen ab dem Gebiet der Segusavii nach Leugen um Augustodunum nach Meilen und nordlich des Haeduergebiets schliesslich wieder nach Leugen gezahlt Die Verwirrung wird noch vergrossert dadurch dass die alten Meilensteine neben den neuen stehen blieben 13 Umrechnung Bearbeiten Ihrem eigentlichen Sinne nach bezeichnet eine Leuge die Entfernung die ein Mensch in einer Stunde zurucklegen kann daher das Synonym Wegstunde Die uneinheitliche Einfuhrung und moglicherweise auch Unkenntnis uber das uberlieferte Mass einer gallischen Leuge in der romischen Kaiserzeit ausserte sich in erheblichen Abweichungen zwischen den regional verwendeten Leugenmassen Die Leuge wurde in verschiedenen Gebieten an das jeweils ubliche Masssystem angebunden meist zu eineinhalb zwei oder drei Meilen Da auch die Meilen in unterschiedlichen Landern und Zeiten immer wieder anders festgelegt wurden ergeben sich sehr grosse Abweichungen zwischen den verschiedenen historischen Leugen Hinzu kommt dass das im Deutschen wenig bekannte Wort Leuge bei Ubersetzungen aus anderen Sprachen meist ungenau mit Meile ubertragen wird was zusatzlich zu den Umrechnungsproblemen auch begriffliche Schwierigkeiten schafft 14 Romische Leuge und Meile Bearbeiten Das Umrechnungsverhaltnis Meile zu Leuge von 1 5 1 ist neben Schriftquellen 5 durch mehrere Meilensteinfunde gesichert und wird deshalb in einschlagigen Werken allseits mit 2222 m angegeben 15 Besonders bemerkenswert sind hier zwei Steine aus Mainz Kastel von denen der altere die Entfernung nach Wiesbaden Aquae Mattiacorum mit sechs Meilen 16 der jungere die gleiche Entfernung mit vier Leugen angibt 17 Ebenso nennt ein bei Bingen gefundener Stein aus hadrianischer Zeit die Entfernung von Augusta Treverorum mit 72 Meilen 18 wahrend der an derselben Stelle gefundene Stein fur Septimius Severus und seine Sohne eine Entfernung von 48 Leugen angibt 19 Die Leuge romischer Zeit entspricht ublicherweise einer Lange von 1 1 48 km 2 22 km 15 Der Luftbildarchaologe Jacques Dassie fand jedoch in Aquitanien Belege fur eine Leuge von 2450 m 20 die gleiche Lange ermittelte Eric Weijters fur Romerstrassen des 2 Jahrhunderts in den sudlichen Niederlanden 21 Die Abweichung konnte moglicherweise auf Verwendung des in einigen Teilen der Nordwestprovinzen gebrauchlichen pes Drusianus zuruckgehen da sie genau 7500 Drusianischen Fuss entspricht 22 In jedem Fall durften sowohl Abweichungen als auch das unter Severus flachendeckend verwendete Mass von 2220 m oder 7500 pedes Kunstgriffe das heisst Anpassungen an bestehende romische Masse sein da sie rechentechnisch zu ausgewogen erscheinen 23 Begriffe wie leuga drusiana oder Leuga gallica haben sich aber in der deutschsprachigen Forschung bislang nicht durchgesetzt 24 Leugen in spateren Epochen Bearbeiten Die romische Leuge hat sich auf der Iberischen Halbinsel zur Legua entwickelt und wurde auch in der franzosischen Lieue und der englischen League fortgefuhrt Im deutschsprachigen Bereich wurde sie auch als grosse Meile einer kleineren gegenubergestellt Allen neuzeitlichen Leugen ist gemeinsam dass sie anders als das antike Wegemass das mit der Meile konkurrierte als ganzzahliges Vielfaches einer Meile dargestellt werden also in mehrere kleine Meilen zumeist drei vier oder funf unterteilt wurden Die portugiesische und die von ihr abweichende italienische Seelegua mit der Christoph Kolumbus rechnete spielten eine grosse Rolle fur die Seefahrt im Zeitalter der Entdeckungen Das franzosische Masssystem entwickelte im 19 Jahrhundert eine metrische Leuge die in Kilometern ausgedruckt werden konnte Im angelsachsischen System ist die League bis heute als Einheit von drei Meilen jedweder Art in Gebrauch Literatur BearbeitenRaymond Chevallier Les Voies Romaines Picard Paris 1997 ISBN 2 7084 0526 8 Werner Helmut Heinz Reisewege der Antike Unterwegs im romischen Reich Theiss Stuttgart 2003 ISBN 3 8062 1670 3 S 67 70 bes S 69 Margot Klee Lebensadern des Imperiums Strassen im romischen Reich Theiss Stuttgart 2010 ISBN 978 3 8062 2307 1 S 76f Michael Rathmann Untersuchungen zu den Reichsstrassen in den westlichen Provinzen des Imperium Romanum Bonner Jahrbucher des Rheinischen Landesmuseums in Bonn und des Vereins von Altertumsfreunden im Rheinlande Beiheft 55 Zabern Mainz 2003 ISBN 3 8053 3043 X bes S 104 122 Gerold Walser Meilen und Leugen Epigraphica 31 1969 S 84 103 Gerold Walser Bemerkungen zu den gallisch germanischen Meilensteinen Zeitschrift fur Papyrologie und Epigraphik 43 1981 S 385 402 Einzelnachweise Bearbeiten bannileuga Mittellateinisches Worterbuch Bayerische Akademie der Wissenschaften abgerufen am 26 Juli 2023 Bannleuca Pierer s Universal Lexikon Band 2 Altenburg 1857 S 299 zeno org abgerufen am 26 Juli 2023 a b c Ban lieue Henry Percy Smith Glossary of terms and phrases London 1885 S 55 PDF Bannmeile Pierer s Universal Lexikon Band 2 Altenburg 1857 S 299 zeno org abgerufen am 26 Juli 2023 a b U a Ammianus Marcellinus 16 12 8 Jordanes Get 192 Isidor von Sevilla 15 16 1 Rathmann 2003 S 116 Die Inschriften der Meilensteine im relevanten Gebiet sind publiziert in CIL vol XVII Miliaria imperii Romani pars II Miliaria provinciarum Narbonensis Galliarum Germaniarum Edidit Gerold Walser 1986 ISBN 3 11 004592 3 Zahlen nach Walser 1981 S 385f Rathmann 2003 S 118 Walser 1981 S 395 CIL 13 09123 Dietwulf Baatz in D Baatz F R Herrmann Hrsg Die Romer in Hessen S 307 CIL 17 02 00426 Rathmann 2003 S 116f Anm 693 Walser 1969 S 84f Siehe dazu Hygini Gromatici De Condicionibus Agrorum 11 1 Internet Quelle Rathmann 2003 S 117 Der Roman 20 000 Lieues sous les Mers von Jules Verne heisst beispielsweise auf Deutsch 20 000 Meilen unter dem Meer statt 20 000 Leugen unter dem Meer a b Rathmann 2003 S 118 bes Anm 95 Chevallier 1997 S 161 Hans Ulrich Nuber Zu Wasser und zu Lande Das romische Verkehrsnetz In Imperium Romanum Roms Provinzen an Neckar Rhein und Donau Archaologisches Landesmuseum Baden Wurttemberg Esslingen 2005 ISBN 3 8062 1945 1 S 416 Janine Fries Knoblauch Die Kelten 3000 Jahre europaische Kultur und Geschichte Kohlhammer Stuttgart 2002 ISBN 3 17 015921 6 S 133 Thomas Lobuscher in Thomas Fischer Die Romischen Provinzen Theiss Stuttgart 2001 S 210 Helmut Bender Romische Strassen und Strassenstationen Kleine Schriften zur Kenntnis der romischen Besetzungsgeschichte Sudwestdeutschlands 13 Schriften des Limesmuseums Aalen Stuttgart 1975 S 12 Hans Joachim Schalles Leuga In Der Neue Pauly DNP Band 7 Metzler Stuttgart 1999 ISBN 3 476 01477 0 Sp 99f Thomas Grunewald Leuga In Reallexikon der Germanischen Altertumskunde RGA 2 Auflage Band 18 Walter de Gruyter Berlin New York 2001 S 298f Alexander Demandt Die Kelten 7 Auflage Verlag C H Beck Munchen 2007 ISBN 3 406 44798 8 C H Beck Wissen 2101 S 95 Margot Klee Lebensadern des Imperiums Strassen im romischen Reich Theiss Stuttgart 2010 ISBN 978 3 8062 2307 1 S 76f CIL 17 02 00626 ab Aquis Mattiacorum milia passuum VI CIL 17 02 00627 ab Aquis leugas IIII AE 1979 417 AE 1979 418 2 3 Zusammen mit dem Actueel Hoogtebestand Nederland AHN und der niederlandischen ARCHIS Datenbank Archaologische Funde und Surveys vgl die Karte des Limes in Zuid Holland Memento vom 1 November 2013 im Internet Archive und Maten in LEUGA en M P Milia Passuum Memento vom 1 November 2013 im Internet Archive Siehe auch Rolf C A Rottlander Hierarchische Gliederung der vormetrischen Langeneinheiten Website Vormetrische Langeneinheiten Rathmann 2003 S 118 Die Existenz einer lieue gauloise ist auch in der franzosischsprachigen Forschung strittig siehe Chevallier 1997 S 161 Anmerkung 12 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Leuge amp oldid 236798958