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Ein Pairsschub war ein Instrument in konstitutionellen Monarchien die Mehrheitsverhaltnisse im Parlament zugunsten der Regierung zu beeinflussen indem eine grossere Zahl von neuen Mitgliedern der ersten Kammer Pairs durch den Monarchen ernannt wurde Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund 2 Monarchien im Deutschen Bund 3 Frankreich 4 Vereinigtes Konigreich und Kanada 5 Einzelnachweise 6 LiteraturHintergrund BearbeitenIm 19 Jahrhundert entstanden in einer Vielzahl von Landern Parlamente mit zwei Kammern Wahrend die Zweite Kammer der Reprasentanz der Bevolkerung diente hatten in der Ersten Kammer z B dem preussischen Herrenhaus oder dem House of Lords typischerweise die Vertreter des Adels ihren Sitz Dies waren zum einen diejenigen Adligen die ihr Mandat erblich aufgrund ihres Ranges erhalten hatten In Deutschland waren das vielfach die Standesherren die Oberhaupter der mediatisierten fruher reichsunmittelbaren Familien Diese hatten im Rahmen des Reichsdeputationshauptschlusses ihre Souveranitat verloren und sollten so politisch entschadigt werden Daneben behielten sich die Monarchen vor weitere Mitglieder der ersten Kammer zu ernennen Damit bestand die Moglichkeit fur den Monarchen die Mehrheitsverhaltnisse im Parlament durch die Ernennung von neuen Pairs zu verandern oder damit zu drohen Monarchien im Deutschen Bund BearbeitenInsbesondere infolge der franzosischen Julirevolution griffen mehrere deutsche Monarchen zum Instrument des Pairsschubs um Mehrheiten sicherzustellen So wurde im Herzogtum Nassau per Edikt vom 29 Oktober 1831 die Ernennung weiterer Mitglieder der Herrenbank angeordnet So erreichte der Herzog eine Mehrheit in den Standen 1 Ein bekanntes Beispiel fur einen Pairsschub war der Konflikt um die neue preussische Kreisordnung 1872 Um eine Mehrheit fur dieses Gesetz zu sichern ernannte der preussische Konig Wilhelm eine Reihe von neuen Pairs 2 Im Preussischen Herrenhaus stieg der Anteil der ernannten Mitglieder der vor dem ersten Preussischen Pairsschub im September 1860 nur 11 betrug bis 1914 auf knapp 30 Frankreich BearbeitenAm 9 Marz 1819 ernannte Konig Ludwig XVIII in einem Pairsschub sechzig neue Pairs um eine Mehrheit in der Chambre des Pairs fur die Reformen Herzog Elies zu sichern 3 Vereinigtes Konigreich und Kanada BearbeitenIm britischen Verfassungsrecht kann der Premierminister dem Monarchen die Ernennung neuer Pairs englisch Peers empfehlen gemass Verfassungskonvention ist der Monarch verpflichtet dem Vorschlag zu folgen und die Ernennung vorzunehmen wodurch die Ernannten zu Mitgliedern des House of Lords Oberhaus werden Damit kann der Premierminister Widerstand der Pairs gegen ein Gesetzgebungsprojekt uberwinden so wurde beispielsweise im Jahr 1911 das Oberhaus durch Drohung mit einem Pairsschub zur Zustimmung zum Parliament Act 1911 veranlasst 4 Da seit diesem Gesetz das House of Commons Gesetze notfalls auch ohne Zustimmung des House of Lords erlassen kann letzteres mithin kein Vetorecht gegen Gesetzgebungsvorhaben mehr besitzt kommen Pairsschube mittlerweile in der britischen Politik nicht mehr vor Das Oberhaus kann aber Gesetzgebungsprojekte weiterhin zumindest verzogern Daher wurde noch 2019 in der politischen Debatte um den Brexit dem die meisten Mitglieder des House of Lords ablehnend gegenuberstanden die Frage diskutiert ob die Regierung durch einen Pairsschub eine Mehrheit in dieser Kammer erzeugen konnte 5 In Kanada dessen Verfassung nach dem britischen Vorbild gestaltet wurde sog Westminster System existiert als Gegenstuck zum britischen Oberhaus der Senat von Kanada Seine Mitglieder werden vom Generalgouverneur auf Vorschlag des Premierministers ernannt wobei ein regionaler Proporz beachtet wird Daruber hinaus gestattet es die Verfassung dem Premierminister ausser der Reihe bis zu acht zusatzliche Senatoren zu nominieren 6 Dieser Vorgang der einem Pairsschub in Grossbritannien vergleichbar ist wurde 1990 durch Premierminister Brian Mulroney genutzt um ein umstrittenes Umsatzsteuergesetz durchzusetzen Einzelnachweise Bearbeiten Nassauische Parlamentarier Teil 1 Cornelia Rosner Der Landtag des Herzogtums Nassau 1818 1866 Veroffentlichungen der Historischen Kommission fur Nassau 59 Vorgeschichte und Geschichte des Parlamentarismus in Hessen 16 Historische Kommission fur Nassau Wiesbaden 1997 ISBN 3 930221 00 4 S XIIX Vergl Sitzungsprotokoll des Kronrats vom 8 November 1872 in Acta Borussica Reihe 1 Die Protokolle des Preussischen Staatsministeriums 1817 1934 38 Band 6 Rainer Paetau 3 Januar 1867 bis 20 Dezember 1878 Olms Weidmann Hildesheim u a 2004 ISBN 3 487 11003 2 S 288 Guillaume de Bertier de Sauvigny Metternich Staatsmann und Diplomat im Zeitalter der Restauration Ungekurzte Lizenzausgabe Diederichs Munchen 1996 ISBN 3 424 01341 2 S 346 fur die Namen und Biographien der neuen Pairs siehe auch Tablettes biographiques de la Chambre des pairs pour servir d explication a tous les tableaux statistiques de cette chambre Martinet u a Paris 1821 Digitalisat https web archive org web 20060925213950 http www number 10 gov uk output Page140 asp https blogs lse ac uk politicsandpolicy new peers brexit Section 26 des Constitution Act 1867 Literatur BearbeitenMeyers Konversations Lexikon Band 12 Nathusius Phlegmone 4 ganzlich umgearbeitete Auflage Verlag des Bibliographischen Instituts Leipzig u a 1888 S 611 Online Version der Retrobibliothek Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Pairsschub amp oldid 233387945