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Theodor Wolfgang Martin Schieder 11 April 1908 in Oettingen im Ries 8 Oktober 1984 in Koln war ein deutscher Historiker Mit seinem wissenschaftlichen Werk seinem Einfluss als akademischer Lehrer und seinen Aktivitaten als Wissenschaftsorganisator gilt er als einer der wichtigsten und einflussreichsten bundesdeutschen Neuzeithistoriker nach dem Zweiten Weltkrieg In jungerer Zeit wurden sein Engagement fur den Nationalsozialismus und seine Rolle als ein moglicher Vordenker der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik Gegenstand offentlicher Kontroversen Schieder rechts mit Bundesprasident LubkeInhaltsverzeichnis 1 Leben und Werk 1 1 Wahrend der Weimarer Republik 1 2 Wahrend des Nationalsozialismus 1 3 In der Bundesrepublik Deutschland 1 4 Kontroverse um Schieders NS Vergangenheit 1 5 Familie 2 Schriften Auswahl 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseLeben und Werk BearbeitenWahrend der Weimarer Republik Bearbeiten Schieder wuchs in Oettingen Augsburg und Kempten Allgau in einer burgerlich protestantischen Familie auf Nach dem Besuch des humanistischen Gymnasiums bei St Anna in Augsburg studierte er von 1926 bis 1933 Geschichte Germanistik und Geographie in Munchen und Berlin Schieder wurde dabei von dem Renaissance Historiker Paul Joachimsen beeinflusst Nach dessen Tod wurde er 1933 bei Karl Alexander von Muller promoviert uber Die kleindeutsche Partei in Bayern in den Kampfen um die nationale Frage Ein Jahr spater heiratete Schieder Aus der Ehe gingen drei Sohne und eine Tochter darunter der spatere Historiker Wolfgang Schieder hervor Bereits wahrend der Schulzeit hatte sich Schieder der Jugendbewegung angeschlossen Wahrend des Studiums leitete er die Munchner Gilde Greif der antisemitischen militaristischen und radikalnationalistischen Deutsch Akademischen Gildenschaft Zu seinen alteren Bundesbrudern gehorten Theodor Oberlander und Friedrich Weber Schieder orientierte sich zum jungkonservativen Flugel der Gilden und gehorte von Marz bis Oktober 1930 der Volkskonservativen Vereinigung unter Gottfried Treviranus an Nach der Anti Young Plan Kampagne interessierte er sich vermehrt fur die radikalen revisionistischen Vorstellungen Karl Haushofers der seine Konzepte der Munchner Gilde personlich vorstellte Von den Nationalsozialisten grenzte sich Schieder zu diesem Zeitpunkt ab Er vertrat stattdessen eine jungkonservative Reichsidee in Anlehnung an Arthur Moeller van den Bruck Als Volkstumshistoriker gehorte Schieder so der Historiker Ingo Haar der Elite im Wartestand an die die deutsche Frage in Europa autoritar und militarisch zu klaren suchte 1 Wahrend des Nationalsozialismus Bearbeiten Schieder profitierte nach der nationalsozialistischen Machtergreifung von den Verbindungen seiner Bundesbruder Erich Maschke Rudolf Craemer Theodor Oberlander und Gunther Franz Mit einem Stipendium der Publikationsstelle Berlin Dahlem begann er 1934 mit der Arbeit an seiner Habilitation Im selben Jahr erhielt er auf Empfehlung Maschkes die Leitung der Landesstelle Ostpreussen fur Nachkriegsgeschichte einer Aussenstelle des Preussischen Geheimen Staatsarchivs an der Albertus Universitat Konigsberg ubertragen Schieders Stelle diente nach seiner eigenen Beschreibung der Aufspurung und Nennung wissenschaftlicher Themen und schliesslich der Auskunftsvermittlung an Behorden und Organisationen 2 In Konigsberg schloss sich Schieder dem Kreis um den Historiker Hans Rothfels an Von seinem ursprunglich bevolkerungsgeschichtlichem Konzept einer Siedlungsgeschichte Westpreussens in der Zeit von 1466 bis 1772 musste er sich 1935 verabschieden weil so Schieder selbst in einem Brief an Albert Brackmann die politischen Ergebnisse zum Teil nicht sehr erfreulich seien 2 Stattdessen verfolgte er einen ideengeschichtlichen Ansatz indem er die Idee des Reiches dem westlichen Nationalstaatsprinzip als Konzept zur Neuordnung Ostmitteleuropas gegenuberstellte 2 1939 habilitierte er sich schliesslich mit der Studie Deutscher Geist und standische Freiheit im Weichsellande Politische Ideen und politisches Schrifttum in Westpreussen von der Lubliner Union bis zu den polnischen Teilungen 1569 1772 73 bei Kurt von Raumer der inzwischen Rothfels Lehrstuhl ubernommen hatte Schieder arbeitete an dem von Gunther Ipsen verantworteten Handworterbuch des Grenz und Auslandsdeutschtums mit und befasste sich dazu mit der Memelfrage und dem italienischen Faschismus Schieder war ehrenamtlicher Mitarbeiter des NS Hauptschulungsamtes in Konigsberg und trat im Mai 1937 der NSDAP bei Mitgliedsnummer 5 284 680 3 Im Sommer 1939 wurde er von Gauleiter Erich Koch in den Expertenstab fur Volksgruppenfragen des Reichsinnenministeriums entsandt der an der Vorbereitung des Krieges gegen Polen mitwirkte Nach dem Uberfall auf Polen erarbeitete Schieder am 7 Oktober 1939 die Denkschrift einer Arbeitsgruppe der Nord und Ostdeutschen Forschungsgemeinschaft NOFG uber die Siedlungs und Volkstumsfragen in den wiedergewonnenen Gebieten Die Arbeitsgruppe hatte sich vom 4 bis 7 Oktober 1939 auf Initiative Hermann Aubins in Breslau getroffen und uber Fragen der Neuordnung Polens gesprochen In der Denkschrift rechtfertigte Schieder den Volkstumskampf und Deportationen als Wiedergutmachung nach dem Versailler Vertrag warnte vor den Gefahren rassischer Vermischung pladierte fur die Herauslosung des Judentums aus den polnischen Stadten und die Entjudung Restpolens sowie fur die Beseitigung der polnischen Intelligenz 4 Insofern Schieder die Uberseewanderung der Juden gegenuber der Abwanderung in den polnischen Reststaat bevorzugte lassen sich so Gotz Aly die Konturen des Madagaskarprojektes erkennen 5 Schieder arbeitete Gauleiter Koch zu dem er uber den Einfluss der Nationaldemokratie Polens bis auf die Kreisebene und uber das Wirken der fruheren preussischen Ansiedlungskommission berichtete Die Landesstelle Ostpreussen bearbeitete dazu wie schon vor dem Krieg Akten Nachlasse sowie beschlagnahmte Dokumente und stellte die gewonnenen Informationen fur vertrauliche Auskunfte zur Verfugung 1941 42 vertrat Schieder den Lehrstuhl von Kleo Pleyer an der Universitat Innsbruck begutachtete um die Jahreswende 1941 42 aber auch die Bevolkerungsverhaltnisse in Bialystok Koch dankte Schieder im Januar 1942 personlich dass die Landesstelle Material geliefert habe das wesentliche Dienste geleistet habe und das heute bei der Neugestaltung der Regierungsbezirke Zichenau und Bialystok uns ein bedeutsames Hilfsmittel ist 6 Harold Steinacker und Reinhard Wittram versuchten nach Pleyers Tod Schieder als dessen Nachfolger zu gewinnen Koch jedoch der den herzleidenden Schieder 1942 fur unabkommlich erklaren liess setzte im Mai 1942 dessen vor allem von Herbert Grundmann betriebene Hausberufung als Professor fur Neuere Geschichte an der Universitat Konigsberg durch Hier wirkte Schieder als Dekan der philosophischen Fakultat ab 1943 war als Lektor des Amtes fur Presse und Propaganda aktives Mitglied im NS Dozentenbund und arbeitete mit dem Bund Deutscher Osten zusammen fur den er Gutachten verfasste 1944 trat er der Arbeitsgemeinschaft zur Erforschung der bolschewistischen Weltgefahr im Amt Rosenberg bei fur die er die Schwerpunkte Liberalismus und Marxismus bearbeiten wollte In der Bundesrepublik Deutschland Bearbeiten 1944 45 floh Schieder mit seiner Familie nach Dietmannsried in den Westen Er bemuhte sich zunachst vergeblich um Universitatsstellen in Hamburg Gottingen Munster und Frankfurt am Main Im Juli 1947 wurde er nicht zuletzt auf Betreiben Peter Rassows fur einen Lehrstuhl an der Universitat Koln vorgeschlagen musste aber zunachst seine Entnazifizierung erreichen Er hatte dies bereits in Hamburg und Gottingen versucht um das fur ihn ungunstige amerikanisch bayerische Befreiungsgesetz zu umgehen Mit Hilfe einer Reihe von Kollegen wie Hans Rothfels die schriftlich Schieders politische Haltung erlauterten gelang ihm am 28 November 1947 bei der Aussenstelle Immenstadt des Amtsgerichts Kempten Land die Entnazifizierung Am 8 November 1948 wurde er zum Ordinarius in Koln ernannt wo er trotz Rufen nach Gottingen 1954 Freiburg 1957 und Munchen 1963 bis zu seiner Emeritierung 1976 lehrte Als begnadeter Wissenschaftsorganisator wurde er einer der einflussreichsten westdeutschen Historiker 7 Von 1952 bis 1954 war Schieder Dekan der Philosophischen Fakultat und ubernahm 1952 den historischen Teil der Diplomatenausbildung im Auswartigen Amt 1953 initiierte er die Stiftung Historisches Kolleg im Stifterverband fur die Deutsche Wissenschaft in Munchen dessen Kuratorium er ab 1978 vorsass Ebenso war er 1951 an der Grundung der Kommission fur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien in Bonn beteiligt Ab 1954 gehorte er der Rheinisch Westfalischen Akademie der Wissenschaften an und ubernahm 1978 deren Prasidentschaft Er gab ab 1957 die Historische Zeitschrift heraus und stand von 1967 bis 1972 dem Verband deutscher Historiker vor Von 1962 bis 1964 war er Rektor der Universitat Koln 1964 wurde er Prasident der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 1972 erhielt Schieder das Grosse Bundesverdienstkreuz mit Stern der Bundesrepublik Deutschland 1971 wurde er in den Orden Pour le Merite fur Wissenschaften und Kunste aufgenommen Er war von 1965 bis 1967 Mitglied im Vorstand und seit 1968 im Kuratorium der Friedrich Naumann Stiftung Schieder leitete federfuhrend die Erarbeitung der Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ostmittel und Osteuropa in den Jahren 1945 bis 1948 die vom Bundesministerium fur Vertriebene Fluchtlinge und Kriegsgeschadigte finanziert wurde Ziel des Projekts war es ursprunglich Material fur kunftige Friedensverhandlungen zu sammeln Schieder plante ein Weissbuch in welchem er am Heimatrecht der Deutschen festhalten und die bolschewistische Herkunft der Vertreibung beweisen wollte Die Einseitigkeit des Konzeptes stiess auf Kritik so dass beschlossen wurde eine Dokumentation nach wissenschaftlichen Standards zu erstellen die Schieder am 29 April 1952 ubertragen wurde 8 Im Laufe der Arbeit wandelte sich die Konzeption Der geplante sechste Abschlussband der 1960 beinahe fertiggestellt war wurde vom Bundesministerium aus politischen Erwagungen nicht mehr publiziert weil darin auch die nationalsozialistische Umsiedlungs und Vernichtungspolitik als eine der Hauptursachen der spateren Vertreibung der Deutschen genannt und dargestellt wurde 9 Fur Thomas Etzemuller manifestiert sich darin eine Veranderung im Denken da Schieder und Rothfels sich hatten eingestehen mussen dass die Dokumentation nicht im ursprunglich geplanten Sinne instrumentalisierbar sein wurde 10 Wesentliche Ergebnisse des unveroffentlichten Abschlussbandes der Dokumentation verarbeitete Schieder im ersten Band des Handbuches der europaischen Geschichte 7 Bde 1968 1987 eines weiteren von ihm selbst angeregten und konzipierten historiografischen Grossprojekts Er verfasste die beiden Einleitungen uber die Epoche zwischen 1870 und 1914 und uber die Zeit seit dem Ersten Weltkrieg Im Rahmen der Propylaen Geschichte Europas schrieb Schieder den Band Staatensystem als Vormacht der Welt 1848 1918 1977 Trotz seiner eigenen eher ideengeschichtlichen Interessen und der Orientierung am Geschichtsbild Jacob Burckhardts gilt Schieder mit seinem Bemuhen um methodologische theoretische und allgemeine Fragen der Geschichtswissenschaft als einer der Begrunder einer methodisch reflektierten Sozial und Strukturgeschichte in Deutschland Schieder kritisierte den nationalstaatlichen bzw eurozentrischen Standpunkt der Historiker vor 1945 und konstatierte mit der Burckhardtschen Phanomenologie der historischen Krise den standigen Kontinuitatsbruch als Wesensmerkmal der Moderne 11 Der koreanische Historiker Jin Sung Chun hat Schieder zu den neukonservativen und modernitatskritischen Historikern der Bundesrepublik Deutschland der 1950er Jahre gerechnet und Schieders Bezug auf das universale Geschichtsbild und die Sozialtheorie Hans Freyers betont 12 Hans Ulrich Wehler hat stattdessen angemahnt Schieders eigene lebensgeschichtliche Erfahrungen starker im Sinne eines Lern und Verarbeitungsprozesses zu berucksichtigen 13 Die Strukturgeschichte wie sie Schieder in expliziter Distanzierung vom Historischen Materialismus und der Annales Schule formulierte wurde von der etablierten Geschichtsschreibung toleriert 14 Indem Schieder soziokulturelle Aspekte in den Mittelpunkt seiner Analyse des Siegeszuges des Nationalstaates in der modernen Welt stellte ebnete er so Chun den eher sozialgeschichtlichen Forschungen von Historikern der jungeren Generation Historische Sozialwissenschaft den Weg 15 Als weiteres Verdienst wird Schieder zugutegehalten dass er Historiker der jungeren Generation wie Martin Broszat Wolfgang J Mommsen Hans Ulrich Wehler Heinz Gerhard Haupt Thomas Nipperdey Lothar Gall Jorn Rusen und Hans Henning Hahn nicht nur als akademischer Lehrer betreute sondern auch gegenuber Kritikern verteidigte Kontroverse um Schieders NS Vergangenheit Bearbeiten Schieders Verhalten wahrend des Nationalsozialismus wurde erst nach seinem Tod zum Gegenstand offentlicher Kontroverse In den Nachkriegsjahren waren seine nationalsozialistischen Aktivitaten kaum mehr als ein Gerucht gewesen 16 Erst nach Schieders Tod wies als Erster Michael Burleigh in seiner Studie zur Ostforschung auf Schieders Verstrickung in antipolnische Planungen hin 17 1992 veroffentlichten dann Angelika Ebbinghaus und Karl Heinz Roth Schieders Polendenkschrift vom 7 Oktober 1939 Gotz Aly bewertete die Arbeiten Schieders als eine Vorstufe zum Generalplan Ost Wolfgang Mommsen stimmt ihm insoweit zu dass das Programm einen Bruch mit der bisherigen deutschen Volkstumspolitik im Osten markierte und den Planungen der SS entgegenkam Strittig ist jedoch inwieweit die Denkschrift Schieders eigene Auffassungen reprasentierte oder er nur die Diskussionen der Breslauer Tagung zusammenfasste und welcher Stellenwert der Denkschrift daruber hinaus in den politischen Entscheidungsprozessen zukommt 18 Auf dem 150 Historikertag abgehalten im September 1998 in Frankfurt am Main wurde in der Sektion Deutsche Historiker im Nationalsozialismus eine Aufsehen erregende kontroverse Debatte gefuhrt die nicht zuletzt Schieders Engagement und das seines Freundes und Kollegen Werner Conze wahrend des Nationalsozialismus zum Gegenstand hatte und in der Offentlichkeit als Generationenkonflikt wahrgenommen wurde 19 Ingo Haar warf Schieder vor unmittelbar in der Vernichtungspolitik mitgewirkt zu haben weil Schieder die Bevolkerung des neuen ostpreussischen Regierungsbezirkes Zichenau und des Kreises Suwalki erfasste Diese Daten hatten die Grundlagen fur die ethnische Segregation der Volksdeutschen und der judischen und slawischen Mischehen im Verfahren der Deutschen Volksliste gebildet 20 Gotz Aly formulierte Beide d s Conze und Schieder haben auf ihre Weise und professionell als gut ausgebildete Historiker eben am Menschheitsverbrechen Holocaust mitgewirkt Schieder propagierte den Krieg und die Vorstellung von der rassisch definierten Nation er pladierte fur die gewaltsame Germanisierung immer grosserer eroberter Regionen und schrieb einen Teil seiner Texte ausschliesslich fur den exekutiven Gebrauch 21 Wolfgang Mommsen ein Schuler Schieders hat dagegen argumentiert dass Schieder zwar den Nationalsozialismus begrusst habe sein Engagement fur den Nationalsozialismus aber geringer einzuschatzen sei als dies Haar und Aly taten Schieder habe bei seiner Befurwortung der Umsiedlungsaktionen im Osten das Ausmass der spateren Massenvernichtungsplanungen nicht antizipieren konnen Sein Hauptmotiv sei die Schaffung eines moglichst geschlossenen deutschen Siedlungsraums im Osten gewesen Zu diesem Zweck habe er sein eigenes Zukunftsmodell zuruckgestellt Geistiger Urheber seiner Denkschrift sei eigentlich Hermann Aubin 22 Christoph Nonn hob hervor ein direkter kausaler Einfluss der von Schieder bearbeiteten Denkschrift auf konkrete nationalsozialistische Vertreibungsvorgange und Mordaktionen ist nicht nachweisbar und auch nicht plausibel Indirekt habe Schieder sich aber sehr wohl an der menschenverachtenden und morderischen NS Politik beteiligt Denn seine Stimme war eine in dem vielstimmigen Chor der eine Mentalitat schuf die eine solche Politik legitimierte und radikalisierte 23 Hans Ulrich Wehler urteilte Schieder habe nach 1945 die zweite Chance ergriffen und sich kompromisslos von seinen fruheren Schlusselkategorien und Denkfiguren distanziert 24 Ingo Haar verwies darauf dass Schieder insbesondere mit der Dokumentation der Vertreibung auch nach 1945 politisch eminent aufgeladene Projekte verfolgte und die kritischen Ergebnisse seiner jungen Mitarbeiter aus dem geplanten Abschlussband der Dokumentation nicht veroffentlichte 25 Schieders Biograph Christoph Nonn betonte dass Schieder sich weder in seinem professionellen noch personlichen Umgang mit der eigenen NS Vergangenheit wesentlich von anderen zwischen 1933 und 1945 in Deutschland gebliebenen Historikern seiner Generation unterschied 26 Familie Bearbeiten Schieder war seit 1934 mit der Studienratin Eva Rogalsky 1910 1998 verheiratet 27 Sie hatten drei Sohne den Historiker Wolfgang Schieder 1935 den Biologen Otto Schieder 1938 1998 und den Physiker Rudolf Schieder 1943 sowie eine Tochter Margarete Schieder verheiratete van Oordt 1940 28 Schriften Auswahl BearbeitenDie kleindeutsche Partei in Bayern in den Kampfen um die nationale Einheit 1863 1871 Beck Munchen 1936 Deutscher Geist und standische Freiheit im Weichsellande Politische Ideen und politisches Schrifttum in Westpreussen von der Lubliner Union bis zu den polnischen Teilungen Grafe und Unzer in Komm Konigsberg 1940 mit Kurt von Raumer Hrsg Stufen und Wandlungen der deutschen Einheit Karl Alexander von Muller dem Forscher und Lehrer in dankbarer Gesinnung gewidmet von Freunden und Schulern 20 Dezember 1942 Deutsche Verlags Anstalt Stuttgart 1943 Nach 1945 Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost Mitteleuropa Bundesministerium fur Vertriebene Bonn 1953 ff Nationale und ubernationale Gestaltungskrafte in der Geschichte des europaischen Ostens Scherpe Krefeld 1954 Das Problem des Nationalismus in Osteuropa Muller Koln Braunsfeld 1956 Das Schicksal der Deutschen in Ungarn Bundesministerium fur Vertriebene Bonn 1956 Das Schicksal der Deutschen in Rumanien Bundesministerium fur Vertriebene Bonn 1957 Hundert Jahre Historische Zeitschrift 1859 1959 Oldenbourg Munchen 1959 Das Deutsche Kaiserreich von 1871 als Nationalstaat Westdeutscher Verlag Koln 1961 Italien vom ersten zum zweiten Weltkrieg Stuttgart 1962 Nietzsche und Bismarck In Historische Zeitschrift Band 196 1963 Geschichte als Wissenschaft Oldenbourg Munchen Wien 1965 Staat und Gesellschaft im Wandel unserer Zeit 2 Auflage Oldenbourg Munchen 1970 als Hrsg mit Ernst Deuerlein Hrsg Reichsgrundung 1870 71 Tatsachen Kontroversen Interpretationen Stuttgart 1970 Beitrage zur Geschichte der Weimarer Republik Oldenbourg Munchen 1971 ISBN 3 486 43491 8 Methodenprobleme der Geschichtswissenschaft Oldenbourg Munchen 1974 ISBN 3 486 44101 9 Staatensystem als Vormacht der Welt 1848 1918 Propylaen Geschichte Europas Bd 5 Propylaen Verlag Frankfurt a M 1977 ISBN 3 548 04775 0 Kultur Wissenschaft und Wissenschaftspolitik im deutschen Kaiserreich In Medizin Naturwissenschaft Technik und das Zweite Kaiserreich Hrsg von Gunter Mann und Rolf Winau Gottingen 1977 Einsichten in die Geschichte Essays Josef Kroll zum 90 Geburtstag am 8 November 1979 Frankfurt am Main Berlin Wien 1980 Friedrich der Grosse Ein Konigtum der Widerspruche Propylaen Verlag Frankfurt am Main 1983 ISBN 3 549 07638 X Vom Deutschen Bund zum Deutschen Reich 1815 1871 Gebhardt Handbuch der deutschen Geschichte Band 15 9 neu bearbeitete Auflage Munchen 1989 Als Herausgeber oder Mitherausgeber Handbuch der europaischen Geschichte In sieben Banden Klett Cotta u a Stuttgart 1968 Literatur BearbeitenHans Ulrich Wehler Nachruf auf Theodor Schieder 11 April 1908 8 Oktober 1984 In Geschichte und Gesellschaft Band 11 1985 S 143 153 Wolfgang J Mommsen Vom Beruf des Historikers in einer Zeit beschleunigten Wandels In Vierteljahrshefte fur Zeitgeschichte Band 33 1985 S 387 405 Wolfgang J Mommsen mit Kurt Kluxen Politische Ideologien und nationalstaatliche Ordnung Festschrift fur Theodor Schieder zu seinem 60 Geburtstag Oldenbourg Wien Munchen 1968 Lothar Gall Theodor Schieder In Historische Zeitschrift Band 241 1985 S 1 25 Wieder abgedruckt in Schriften des Historischen Kollegs Dokumentationen Band 2 Munchen 1987 S 39 65 Digitalisat Lothar Gall Schieder Theodor In Neue Deutsche Biographie NDB Band 22 Duncker amp Humblot Berlin 2005 ISBN 3 428 11203 2 S 732 734 Digitalisat Angelika Ebbinghaus Karl Heinz Roth Vorlaufer des Generalplans Ost Eine Dokumentation uber Theodor Schieders Polendenkschrift vom 7 Oktober 1939 In 1999 Zeitschrift fur die Sozialgeschichte des 20 und 21 Jahrhunderts Band 7 1992 Heft 1 S 62 94 teilweise online Jorn Rusen Kontinuitat Innovation und Reflexion im spaten Historismus Theodor Schieder In Jorn Rusen Konfigurationen des Historismus Studien zur deutschen Wissenschaftskultur Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft Band 1082 Suhrkamp Frankfurt am Main 1993 ISBN 3 518 28682 X S 357 397 Gotz Aly Theodor Schieder Werner Conze oder Die Vorstufen der physischen Vernichtung In Winfried Schulze Otto Gerhard Oexle Hrsg Deutsche Historiker im Nationalsozialismus Fischer Band 14606 Fischer Taschenbuch Frankfurt am Main 1999 ISBN 3 596 14606 2 S 163 182 Ingo Haar Historiker im Nationalsozialismus Deutsche Geschichtswissenschaft und der Volkstumskampf im Osten Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft Band 143 2 durchgesehene und verbesserte Auflage Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2002 ISBN 3 525 35942 X Christoph Nonn Theodor Schieder Ein burgerlicher Historiker im 20 Jahrhundert Droste Dusseldorf 2013 ISBN 978 3 7700 1629 7 Buchauszuge der Kapitel Zwischenbilanz Theodor Schieder und der Nationalsozialismus und Ungeschehene Geschichte einer historiographischen Weichenstellung in Westdeutschland als PDFs Rezension von Peter Schottler bei H Soz u Kult und Erwiderung von Nonn PDF Rezension von Ewald Grothe in Jahrbuch zur Liberalismus Forschung Band 26 2014 S 1 4 Rezension von Thomas Kroll in Neue Politische Literatur Band 59 2014 S 141 f Rezension von Johannes Holeschofsky in Mitteilungen des Instituts fur Osterreichische Geschichtsforschung Band 123 2005 S 257 259 Rezension von Joachim Scholtyseck in Rheinische Vierteljahrsblatter Band 80 2016 S 425 427 Rezension von Thomas Gerhards in Zeitschrift fur Geschichtswissenschaft Jg 62 2014 S 84 86 Rezension Hans Christof Kraus in Das Historisch Politische Buch Band 63 2015 S 124 125 Allgemeine Buchbesprechung zu Nonn von Hans Christof Kraus Portrat eines Historikers Theodor Schieder in seiner Zeit In Historische Zeitschrift Band 300 2015 S 720 727 doi 10 1515 hzhz 2015 0197 Christoph Nonn Theodor Schieder In Barbara Stambolis Hrsg Jugendbewegt gepragt Essays zu autobiographischen Texten von Werner Heisenberg Robert Jungk und vielen anderen V amp R Unipress Gottingen 2013 ISBN 3 8471 0004 1 S 611 621 Christoph Nonn Direkte und indirekte Beitrage zur nationalsozialistischen Vertreibungs und Vernichtungspolitik Die Landesstelle Ostpreussen der Zentralstelle fur Nachkriegsgeschichte unter Theodor Schieder In Sven Kriese Hrsg Archivarbeit im und fur den Nationalsozialismus Die preussischen Staatsarchive vor und nach dem Machtwechsel von 1933 Duncker amp Humblot Berlin 2015 S 211 219 PDF Ingo Haar Theodor Schieder In Michael Fahlbusch Ingo Haar Alexander Pinwinkler Hrsg Handbuch der volkischen Wissenschaften Akteure Netzwerke Forschungsprogramme Unter Mitarbeit von David Hamann Bd 1 2 vollstandig uberarbeitete und erweiterte Auflage De Gruyter Oldenbourg Berlin 2017 ISBN 978 3 11 042989 3 S 714 725 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Theodor Schieder im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Theodor Schieder Rektorenportrats der Universitat Koln Eintrag beim Orden Pour le Merite fur Wissenschaften und Kunste Historiker in der NS Zeit Hitlers willige Helfer bei H Soz u Kult Dokumentation der Kontroverse Nachlass Bundesarchiv N 1188Einzelnachweise Bearbeiten Ingo Haar Theodor Schieder In Ingo Haar Michael Fahlbusch und Matthias Berg Hrsg Handbuch der volkischen Wissenschaften Personen Institutionen Forschungsprogramme Stiftungen K G Saur Munchen 2008 ISBN 978 3 598 11778 7 S 625 a b c Haar Theodor Schieder S 626 Christoph Schieder Fotograf Grossvater Abgerufen am 16 September 2022 Haar Theodor Schieder S 627 Wolfgang J Mommsen Gesturzte Denkmaler Die Falle Aubin Conze Erdmann und Schieder In Jurgen Elvert Susanne Krauss Hrsg Historische Debatten und Kontroversen im 19 und 20 Jahrhundert Jubilaumstagung der Ranke Gesellschaft in Essen 2001 Steiner Stuttgart 2003 ISBN 978 3 515 08253 2 Historische Mitteilungen der Ranke Gesellschaft Bd 46 S 103 Gotz Aly Macht Geist Wahn Kontinuitaten deutschen Denkens Argon Berlin 1997 ISBN 3 87024 361 9 S 182 Zit nach Gotz Aly Macht Geist Wahn Berlin 1997 S 175 f Leo Haupts Die Universitat zu Koln im Ubergang vom Nationalsozialismus zur Bundesrepublik Bohlau Koln 2007 ISBN 978 3 412 17806 2 S 261 264 276 f Ingo Haar Bevolkerungsbilanzen und Vertreibungsverluste Zur Wissenschaftsgeschichte der deutschen Opferangaben aus Flucht und Vertreibung In Josef Ehmer und Rainer Mackensen Hrsg Herausforderung Bevolkerung Zu Entwicklungen des modernen Denkens uber die Bevolkerung vor im und nach dem Dritten Reich VS Verlag Wiesbaden 2007 ISBN 978 3 531 90653 9 S 271 Ingo Haar Die deutschen Vertreibungsverluste Zur Entstehungsgeschichte der Dokumentation der Vertreibung In Jose Brunner Hrsg Demographie Demokratie Geschichte Deutschland und Israel Wallstein Verlag Gottingen 2007 ISBN 978 3 8353 2105 2 Tel Aviver Jahrbuch fur deutsche Geschichte Bd 35 S 267 Thomas Etzemuller Sozialgeschichte als politische Geschichte Werner Conze und die Neuorientierung der westdeutschen Geschichtswissenschaft nach 1945 Oldenbourg Munchen 2001 ISBN 978 3 486 56581 2 S 321 f Jin Sung Chun Das Bild der Moderne in der Nachkriegszeit Die westdeutsche Strukturgeschichte im Spannungsfeld von Modernitatskritik und wissenschaftlicher Innovation 1948 1962 Oldenbourg Munchen 2000 ISBN 978 3 486 56484 6 S 64 f Chun Bild der Moderne S 91 f 104 f Hans Ulrich Wehler Rezension Jin Sung Chun Das Bild der Moderne in der Nachkriegszeit PDF In Frankfurter Allgemeine Zeitung 2 Mai 2001 S 66 Sebastian Conrad Auf der Suche nach der verlorenen Nation Geschichtsschreibung in Westdeutschland und Japan 1945 1960 Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1999 ISBN 978 3 525 35798 9 S 278 Chun Bild der Moderne S 216 Peter Schottler Rezension zu Nonn Christoph Theodor Schieder Ein burgerlicher Historiker im 20 Jahrhundert Dusseldorf 2013 In H Soz u Kult 19 Dezember 2013 Michael Burleigh Germany Turns Eastwards A Study of Ostforschung in the Third Reich Cambridge 1988 Mommsen Gesturzte Denkmaler S 103 f Andreas Staets Gerhard Wille Diskussion Historiker im Nationalsozialismus Das lange Schweigen uber Historiker im Nationalsozialismus Ein Generationen oder ein Strukturenproblem In H Soz u Kult 21 September 1998 Haar Theodor Schieder S 628 Gotz Aly Theodor Schieder Werner Conze oder Die Vorstufen der physischen Vernichtung In Winfried Schulze Otto Gerhard Oexle Hrsg Deutsche Historiker im Nationalsozialismus Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt am Main 2000 ISBN 3 596 14606 2 S 177 Mommsen Gesturzte Denkmaler S 104 f Nonn Theodor Schieder S 119 Hans Ulrich Wehler Historiker im Jahre null Memento vom 22 Juli 2011 im Internet Archive PDF 43 kB In Frankfurter Allgemeine Zeitung 11 April 2008 Haar Theodor Schieder S 629 Nonn Theodor Schieder S 362 DNB 14055999X DNB 141195665 promoviert 1970 in Koln mit einer Arbeit Die Humoristen Gestalten in Jean Pauls Romanen Mit besonderer Berucksichtigung der Schoppe Gestalt DNB 482537094 Normdaten Person GND 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