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Friedrich August Karl Ferdinand Julius von Holstein genannt Fritz von Holstein 24 April 1837 in Schwedt 8 Mai 1909 in Berlin war ein deutscher Diplomat Da Holstein zwischen 1890 und 1906 einen gewichtigen Einfluss auf die deutsche Aussenpolitik ausubte ohne in der Offentlichkeit in Erscheinung zu treten bezeichnete ihn der Journalist Maximilian Harden als die Graue Eminenz 1 Friedrich August von Holstein 1906 Inhaltsverzeichnis 1 Biografie 2 Zeitgenossische Bewertung 3 Personliches 4 Nachlass 5 Schriften 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseBiografie BearbeitenFriedrich August von Holstein entstammte dem mecklenburgischen Uradelsgeschlecht von Holstein Sein Vater August von Holstein 1800 1863 war ein preussischer Offizier Seine Mutter Karoline eine geborene von Brunnow war bei seiner Geburt bereits 45 Jahre alt Holstein wuchs zunachst auf dem Gut Trebenow in Pommern auf Spater zog die Familie nach Berlin wo er das Kollnische Gymnasium besuchte an dem er 1853 das Abitur ablegte Von 1853 bis 1856 studierte er Rechtswissenschaften an der Friedrich Wilhelms Universitat in Berlin Dank zahlreicher Europareisen sprach er ausgezeichnet Franzosisch und Italienisch Nachdem er am Stadtgericht Berlin als Auskultator und Gerichtsreferendar Berufserfahrung gesammelt hatte wandte er sich im Dezember 1860 der diplomatischen Laufbahn zu und wurde Attache bei der deutschen Gesandtschaft in Petersburg unter Otto von Bismarck und Kurd von Schlozer Beim Einstieg in den diplomatischen Dienst war ihm Bismarck behilflich gewesen den sein Vater seit langem kannte Von 1863 bis 1867 wirkte Holstein nacheinander als Legationssekretar an den preussischen Vertretungen in Rio de Janeiro London Washington Stuttgart Florenz und ab 1867 in Kopenhagen 1870 wurde er in der politischen Abteilung des Auswartigen Amts beschaftigt und 1871 nach Versailles berufen Hier war Holstein fur die Ubersetzung der Kapitulationsdokumente zustandig Im November 1871 wurde er in Paris zweiter Botschaftssekretar im Mai 1872 zum Legationsrat befordert Aufsehen erregte Holstein in der Affare um den Botschafter in Paris Graf Harry von Arnim Der ambitionierte Diplomat von Arnim war Bismarck ein Dorn in Auge Einerseits wollte Arnim Bismarck in der Kanzlerschaft beerben Andererseits unterstutzte der Pariser Botschafter die franzosischen Monarchisten Um Arnim zu sturzen versorgte Holstein den Kanzler mit belastendem Material Die Machenschaften Holsteins wurden jedoch publik und die Berliner Adelskreise die hinter Arnim standen nahmen es dem Diplomaten ubel 2 Im April 1876 kehrte er nach dem Sturz des Grafen Harry von Arnim in die Politische Abteilung des Auswartigen Amts zuruck wurde 1878 Wirklicher Legationsrat 1880 Wirklicher Geheimer Legationsrat 1883 Stellvertreter des Unterstaatssekretars und am 31 Marz 1891 schliesslich Wirklicher Geheimer Legationsrat mit dem Titel Exzellenz Im Auswartigen Amt erlangte Holstein durch das enge Verhaltnis zu Bismarck und seinem Sohn Herbert eine Schlusselstellung Vor allem uber Herbert versuchte der Diplomat seine Vorstellungen zu ubermitteln 3 Seine Position baute Holstein auch durch die Beeinflussung der Personalfragen aus So zum Beispiel setzte er seinen Freund Graf Hatzfeldt als Staatssekretar im Auswartigen Amt durch In den 1880er Jahren distanzierte sich Holstein zunehmend von Bismarck und Herbert von Bismarck Der Diplomat ubte Kritik an der pro russischen Aussenpolitik des Kanzlers und befurwortete den Ausbau des Dreibundes zu einer festen Militarallianz der sich Grossbritannien anschliessen sollte Auch dem Ruckversicherungsvertrag stand der Diplomat ablehnend gegenuber da der Vertrag der Mittelmeerentente widersprach 4 Holstein sah in Russland die grosste Bedrohung fur das Deutsche Reich und befurwortete einen Praventivschlag gegen das Zarenreich Mit dem Ausscheiden Bismarcks und auch Herberts aus dem diplomatischen Dienst im Marz 1890 wurde Holstein ein einflussreicher Aussenpolitiker des Deutschen Reiches Seine administrative Tuchtigkeit und seine langjahrige Erfahrung sprachen fur den Diplomaten Dank seines guten Einvernehmens mit Philipp zu Eulenburg dem Freund des Kaisers und mit Bernhard von Bulow konnte der Diplomat indirekt Einfluss auf die Entscheidungen Wilhelms II nehmen In den nachsten Jahren demontierte Holstein Bismarcks Bundnispolitik Im Fruhjahr 1890 wandte er sich gegen die Fortfuhrung des Ruckversicherungsvertrags mit Russland den Caprivi und Wilhelm II ursprunglich verlangern wollten Holstein sah in Grossbritannien den idealen Bundnispartner fur das Deutsche Reich Jahrelang arbeitete er auf ein Bundnis mit dem Inselreich hin Doch ohne Erfolg Grossbritannien sperrte sich gegen die deutschen Annaherungen Sein Plan einer Kontinentalliga wurde nicht durchgesetzt Die deutsche Expansion in Ubersee begrusste Holstein nicht legte aber auch kein Veto gegen den imperialistischen Kurs Wilhelms II ein Mit dem Abschluss der entente cordiale zwischen Frankreich und England 1904 stand Holstein vor den Trummern seiner Aussenpolitik Da sich England dem Erbfeind Deutschlands angenahert hatte ware es noch schwieriger London an die deutsche Seite zu ziehen Zusatzlich belastete die Flottenfrage das deutsch englische Verhaltnis Holstein plante in den folgenden Jahren das Einvernehmen zwischen Frankreich und Grossbritannien zu storen Eine Chance dafur bot die Erste Marokkokrise und der Kongress von Algeciras 1906 Holsteins Einschatzung und auch des Reichskanzlers von Bulow England wurde keine franzosischen Kolonialplane in Marokko unterstutzen Doch die beiden hochrangigen Politiker verkalkulierten sich London stand den Franzosen in Algeciras bei Die englisch franzosische Entente hielt Holstein zog die Konsequenzen Am 14 April reichte er seinen Rucktritt in der vergeblichen Hoffnung ein dass Kanzler und Kaiser nicht einwilligen 5 nbsp Grab Friedrich v Holsteins auf dem Berliner Invalidenfriedhof Zustand 2013 Friedrich von Holstein starb 1909 drei Jahre nach seinem Ausscheiden aus dem Auswartigen Amt Sein Leichnam wurde auf dem Invalidenfriedhof in Berlin beigesetzt Seine zur Zeit der DDR eingeebnete Grabstelle wurde im Jahre 2009 mit einem Grabstein versehen 6 Zeitgenossische Bewertung BearbeitenSeine souverane Aktenkenntnis sein phanomenales Gedachtnis und seine Erfahrung in Personalfragen machten ihn fur vier Kanzler Bismarck Caprivi Hohenlohe und Bulow unentbehrlich doch wurde er nicht sonderlich gemocht 7 Bismarck nannte ihn den Mann mit den Hyanenaugen In seinen Memoiren berichtete Wilhelm II spater die Personlichkeit Holsteins sei ihm unheimlich gewesen Personliches BearbeitenAls Grund fur Holsteins Abwendung von und Gegnerschaft zu Bismarck in den 1880er Jahren wird angenommen dass Bismarck belastendes Material uber eine Affare Holsteins wahrend seiner Zeit bei der preussischen Gesandtschaft in Washington D C 1866 1867 besessen habe dass er den damit ausgeubten Druck allerdings durch die allmahliche Schwachung seiner Position nicht dauerhaft aufrechterhalten konnte Die Angelegenheit um die es dabei ging bezog sich auf Alice Mason Hooper die 1866 den US Senator und beruhmten Aussenpolitiker Charles Sumner geheiratet hatte sich nach einem Jahr aber von ihrem Gatten trennte weil sie diesen verdachtigte fur die Abberufung Holsteins aus Washington verantwortlich zu sein Die Angriffe Maximilian Hardens gegen den Liebenberger Kreis um Philipp zu Eulenburg die Ende 1906 die Harden Eulenburg Affare auslosten basierten moglicherweise auf Informationen Holsteins Der spatere Staatssekretar im Auswartigen Amt Richard von Kuhlmann schildert in seinen Erinnerungen ein Gesprach mit Holstein unmittelbar vor dessen Ausscheiden aus dem Auswartigen Amt 1906 und resumiert Als spater in Maximilians Hardens Zukunft die ersten Artikel erschienen die den ungeheuren Moltke Eulenburg Skandal einleiteten war es mir nach der geschilderten Unterredung mit Holstein ohne weiteres klar wo der geistige Urheber der Artikel zu suchen sei Hardens Ausfuhrungen deckten sich zum Teil fast wortlich mit dem was mir der damals noch allmachtige Geheimrat im Laufe der letzten Unterredung gesagt hatte Spater prangerte Harden offentlich Fritz von Holstein als den Hauptverantwortlichen fur die Misserfolge der deutschen Aussenpolitik nach der Entlassung Bismarcks an Holsteins Adresse war jahrzehntelang Berlin S W 47 Grossbeerenstrasse 40 Von der spartanisch eingerichteten Wohnung aus wenige Meter vom Fusse des Kreuzberger Wasserfalls im Viktoriapark entfernt beeinflusste er nach der Absetzung Bismarcks als Graue Eminenz die Aussenpolitik des Kaiserreichs Nach einer wohl unzutreffenden Legende soll das Schnitzel Holstein nach ihm benannt sein Nachlass BearbeitenHolstein blieb bis an sein Lebensende Junggeselle Wie auch Leo von Caprivi war er eng befreundet mit der Salonniere Helene von Lebbin die in der Berliner Wilhelmstrasse einen politischen Salon unterhielt in dem vorwiegend Politiker und Diplomaten des Auswartigen Amts verkehrten Ihr vererbte er seinen schriftlichen Hauptnachlass den sie unter Verschluss hielt und kurz vor ihrem Tod an den befreundeten Bankier Paul von Schwabach weitergab Wegen des brisanten Inhalts verbreitete Schwabach zunachst die Schutzbehauptung er habe die Papiere vor der Revolution verbrannt 8 Dieser Nachlass wurde ein halbes Jahrhundert spater unter dem Buchtitel Die geheimen Papiere Friedrich von Holsteins Gottingen 1956 1963 veroffentlicht 9 10 11 Schriften BearbeitenHelmuth Rogge Hrsg Friedrich von Holstein Lebensbekenntnis in Briefen an eine Frau Ullstein Berlin 1932 Norman Rich Max Henry Fisher Hrsg deutsche Ausgabe besorgt von Werner Frauendienst Die geheimen Papiere Friedrich von Holsteins Band 1 Erinnerungen und politische Denkwurdigkeiten Musterschmidt Gottingen Berlin Frankfurt 1956 2 durchgesehene Auflage Musterschmidt Gottingen Berlin Frankfurt 1958 Band 2 Tagebuchblatter Musterschmidt Gottingen Berlin Frankfurt 1957 Band 3 Briefwechsel Teil 1 30 Januar 1861 28 Dezember 1896 Musterschmidt Gottingen Berlin Frankfurt 1961 Band 4 Briefwechsel Teil 2 10 Januar 1897 8 Mai 1909 Musterschmidt Gottingen Berlin Frankfurt 1963 Literatur BearbeitenGunter Richter Holstein Friedrich von In Neue Deutsche Biographie NDB Band 9 Duncker amp Humblot Berlin 1972 ISBN 3 428 00190 7 S 550 552 Digitalisat Joachim von Kurenberg Fritz von Holstein die Graue Eminenz Verlag fur Kulturpolitik Berlin 1932 Nachdruck Universitas Deutsche Verlags AG Berlin 1934 Preussische Geschichte in Einzeldarstellungen Band 3 8 neubearbeitete Auflage Helmut Rauschenbach Stollhamm Berlin 1954 Biographischer Roman George W F Hallgarten Fritz von Holsteins Geheimnis Neues Licht auf die Lebensgeschichte der Grauen Eminenz In Historische Zeitschrift Band 177 1954 S 75 83 ISSN 0018 2613 Helmut Krausnick Holsteins Geheimpolitik in der Ara Bismarck 1886 1890 Dargestellt vornehmlich auf Grund unveroffentlichter Akten des Wiener Haus Hof u Staatsarchivs Hanseatische Verlagsanstalt Hamburg 1942 Zugleich Dissertation Friedrich Wilhelms Universitat zu Berlin 1941 Helmut Krausnick Holstein und das deutsch englische Verhaltnis von 1890 bis 1901 In Internationales Jahrbuch fur Geschichtsunterricht Band 1 1951 S 141 158 Norman Rich Eine Bemerkung uber Friedrich von Holsteins Aufenthalt in Amerika In Historische Zeitschrift Band 186 1958 S 80 86 ISSN 0018 2613 Entgegnung auf Hallgartens Theorie Holstein habe ein Verhaltnis mit Sumners Gattin gehabt Norman Rich Friedrich von Holstein Politics and diplomacy in the era of Bismarck and Wilhelm II Cambridge University Press Cambridge London 1965 Gunter Richter Friedrich von Holstein Ein Mitarbeiter Bismarcks Historische Studien H 397 Matthiesen Lubeck Hamburg 1966 Zugleich Dissertation Freie Universitat Berlin 1966 ISBN 978 3 7868 1397 2 Gunter Richter Friedrich von Holstein Politiker im Schatten der Macht Personlichkeit und Geschichte Band 49 Musterschmidt Gottingen Zurich Frankfurt 1969 Robert K Massie Die Schalen des Zorns Grossbritannien Deutschland und das Heraufziehen des Ersten Weltkrieges Fischer Verlag Frankfurt 1993 ISBN 978 3 10 048907 4 Gerd Fesser Der Mann im Hintergrund In DIE ZEIT Nr 20 2009 vom 7 Mai 2009 Seite 84 Digitalisat Gerd Fesser Herrlichen Tagen fuhre ich euch noch entgegen Das wilhelminische Kaiserreich 1890 1918 Donat Verlag Bremen 2009 ISBN 978 3 938275 55 9 Hans Fenske Friedrich von Holstein Aussenpolitiker mit Augenmass Friedrichsruher Beitrage Band 39 Otto von Bismarck Stiftung Friedrichsruh 2009 ISBN 978 3 933418 42 5 Hans Fenske Friedrich von Holstein 1837 1909 Das verdienstvolle Leben eines Pommern In Baltische Studien Band 98 N F 2012 ISSN 0067 3099 S 109 130 Der Spiegel Die Papiere des Herrn von Holstein Titelgeschichte Die graue Eminenz Neu entdeckter Tagebuch Autor Fritz von Holstein Der Spiegel Nr 36 3 September 1957 Teil 1 Nr 37 10 September 1957 Teil 2 Nr 38 17 September 1957 Teil 3 Nr 39 24 September 1957 Teil 4 Nr 40 1 Oktober 1957 Teil 5 Nr 41 8 Oktober 1957 Teil 6Weblinks BearbeitenFriedrich von Holstein und die deutsche Aussenpolitik Literatur von und uber Friedrich August von Holstein im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Zeitungsartikel uber Friedrich August von Holstein in den Historischen Pressearchiven der ZBW Literatur von Helmuth Rogge Holstein Spezialist im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Nachlass Bundesarchiv N 2123Einzelnachweise Bearbeiten G Richter Friedrich von Holstein Politiker im Schatten der Macht Gottingen u a 1969 S 93 G Richter Friedrich von Holstein Politiker im Schatten der Macht Gottingen u a 1969 S 28 29 G Richter Friedrich von Holstein Politiker im Schatten der Macht Gottingen u a 1969 S 35 K Hildebrand Das vergangene Reich Deutsche Aussenpolitik von Bismarck bis Hitler 1871 1945 Stuttgart 1995 S 129 Wer hat Holstein gesturzt Artikel vom 27 September 1963 auf Zeit Online Mitteilung des Fordervereins Invalidenfriedhof e V zum Grab Holsteins Memento des Originals vom 5 Februar 2015 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde 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vonALTERNATIVNAMEN Holstein Fritz von Holstein Friedrich August Karl Ferdinand Julius von vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG deutscher DiplomatGEBURTSDATUM 24 April 1837GEBURTSORT SchwedtSTERBEDATUM 8 Mai 1909STERBEORT Berlin Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Friedrich August von Holstein amp oldid 236868831