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Die Freisinnige Vereinigung FVg auch FrVgg war eine liberale Partei im Deutschen Kaiserreich die 1893 aus einer Abspaltung von der Deutsch freisinnigen Partei hervorgegangen war und 1910 in der Fortschrittlichen Volkspartei aufging Personell stand sie in der Tradition der Liberalen Vereinigung die sich ihrerseits 1880 von der Nationalliberalen Partei abgespalten hatte Die FVg war zunachst eine klassische Honoratiorenpartei wandelte sich jedoch spatestens mit der Aufnahme des Nationalsozialen Vereins 1903 zu einer Mitgliederpartei Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung 2 Organisation und Politik bis 1903 3 Vereinigung mit dem Nationalsozialen Verein 4 Zusammenschluss der linksliberalen Parteien 5 Bedeutende Mitglieder 6 Einzelnachweise 7 Literatur 8 WeblinksEntstehung BearbeitenDie von Anfang an in der Deutsch freisinnigen Partei vorhandenen Spannungen zwischen dem linken Flugel der ehemaligen Fortschrittler und dem rechten Flugel der fruheren Sezessionisten traten am 6 Mai 1893 an die Oberflache als im Reichstag Georg Siemens und funf weitere Mitglieder der freisinnigen Fraktion im Gegensatz zur Fraktionsmehrheit fur eine Heeresvorlage des Reichskanzlers Leo von Caprivi stimmten Der Parteifuhrer Eugen Richter forderte daraufhin mit Erfolg den Fraktionsausschluss der sechs Abweichler Wenige Tage spater erklarten weitere ehemalige Sezessionisten wie Ludwig Bamberger Theodor Barth Heinrich Rickert und Karl Schrader sowie eine Gruppe alter Fortschrittler um Albert Hanel ihren Parteiaustritt und formierten sich mit den Abtrunnigen zur Freisinnigen Vereinigung In vieler vor allem in personeller Hinsicht knupfte die neue Gruppierung an der Tradition der Liberalen Vereinigung aus den fruhen 1880er Jahren an Der verbliebene linke Parteiflugel um Richter dem weiter das Gros der Organisation zur Verfugung stand 1 konstituierte sich nun als Freisinnige Volkspartei Da es nach der Ablehnung der Caprivischen Heeresvorlage durch die Parlamentsmehrheit zur Auflosung des Reichstags kam verlief die Entstehungsphase der neuen Partei parallel zum Wahlkampf der Reichstagswahl 1893 Die Freisinnige Vereinigung betonte dabei vor allem wirtschaftsliberale Ziele Allerdings hatte die Parteispaltung das Vertrauen der Wahler in den Linksliberalismus insgesamt erschuttert so dass die beiden Parteien zusammengenommen deutlich schwacher abschnitten als die Deutsch freisinnige Partei bei vorangegangenen Wahlen Von den insgesamt 37 Mandaten der beiden linksliberalen Gruppen entfielen auf die Freisinnige Vereinigung lediglich 13 Bei der Reichstagswahl 1890 hatten die Freisinnigen noch 66 Mandate erringen konnen Ergebnisse der FVg bei den Reichstagswahlen 1893 bis 190715 Juni 1893 258 481 Stimmen 3 9 13 Sitze16 Juni 1898 195 682 Stimmen 2 5 12 Sitze16 Juni 1903 243 230 Stimmen 2 6 9 Sitze25 Januar 1907 359 320 Stimmen 3 2 14 SitzeOrganisation und Politik bis 1903 BearbeitenDurch die Reichstagswahl kam es auch erst danach zu einer offiziellen Grundungsversammlung Dabei machte der Fraktionsvorsitzende Schrader deutlich dass die Vereinigung nicht so sehr eine geschlossene Partei sondern eher ein liberaler Wahlverein sein wollte Daher gab es auch kein neues Parteiprogramm stattdessen behielten die programmatischen Forderungen der Deutsch Freisinnigen Partei von 1884 vorerst ihre Gultigkeit Zwar gab es einen Mitgliedsbeitrag eine feste Organisation gab es allerdings kaum und die Vereinigung hatte keine Statuten Die meisten ortlichen Organisationen der Deutsch Freisinnigen Partei hatten sich der Freisinnigen Volkspartei angeschlossen Auch in der Folge blieb die Zahl der ortlichen Vereine gering Etwas grosser war die Zahl von Wahlkomitees In vielen Wahlkreisen war die Vereinigung jedoch uberhaupt nicht vertreten Im Jahr 1903 gab es vor dem Anschluss des Nationalsozialen Vereins nur etwa 1 000 Parteimitglieder Eine Parteipresse im engeren Sinne gab es nicht ein nahestehendes Periodikum war die von Theodor Barth herausgegebene Wochenschrift Die Nation die bis 1907 erschien Der Vorstand der Vereinigung wurde bis 1905 von der Generalversammlung gewahlt Wahrend der zahlenmassig nicht fest umrissene Vorstand in der Regel nur halbjahrlich zusammentrat und uber Grundsatzfragen beriet wurde von ihm ein siebenkopfiger geschaftsfuhrender Ausschuss mit Sitz in Berlin bestimmt der unter anderem uber Agitation Wahlbundnisse und Stichwahlparolen zu entscheiden hatte 2 Bis zu seinem Tod im November 1902 wurde dieser Ausschuss von Heinrich Rickert geleitet auf ihn folgte Karl Schrader Die regionalen Schwerpunkte der Partei lagen in Norddeutschland und in Ostelbien wobei fast zwei Drittel der Mandate in den Gebieten ostlich der Elbe gewonnen wurden Eine besondere Rolle spielten See und Hafenstadte wie Lubeck Stettin oder Danzig wo die FVg von 1893 bis 1907 jeweils die Stichwahl gewinnen konnte In Bremen erreichte sie 1893 auf Anhieb die absolute Mehrheit der Stimmen 3 Dies hing auch damit zusammen dass die Interessen von Banken und Vesicherungen der Schifffahrt und des Aussenhandels bei der Freisinnigen Vereinigung hohes Gewicht hatten 4 Im Gegensatz zur Freisinnigen Volkspartei unterstutzte die Freisinnige Vereinigung die Flotten und Kolonialpolitik der deutschen Reichsregierung so dass sie sich hier zeitweise der Nationalliberalen Partei annaherte Eine allmahliche Abkehr vom strikten Manchesterliberalismus die mit einer vorsichtigen Offnung fur sozialpolitische Massnahmen einherging welche von Theodor Barth Richard Roesicke Lujo Brentano und anderen befurwortet wurde 5 gewann erst an Dynamik durch den Beitritt der Nationalsozialen Vereinigung mit dem Nationalsozialen Verein BearbeitenVon grosser Bedeutung war der Anschluss des Nationalsozialen Vereins um Friedrich Naumann an die Freisinnige Vereinigung im Jahr 1903 6 Dies veranderte den Charakter der Vereinigung nachhaltig Die sozialen Probleme des Industriezeitalters spielten nunmehr eine grossere Rolle Ziel war es nach Vorbild von Joseph Chamberlain den Gegensatz zwischen Burgertum und Arbeitern zu uberwinden Neben der Losung der sozialen Frage als solcher erhoffte man sich damit die Moglichkeit einer weiteren ausseren Machtentfaltung Deutschlands im Zeitalter des Imperialismus Mit den Ortsgruppen der Nationalsozialen bekam die Vereinigung ausserdem einen starkeren organisatorischen Unterbau Eine Anderung der Statuten sah ab 1905 als organisatorische Basis der Partei nicht mehr die Einzelmitglieder an sondern die ortlichen Vereine An die Stelle der Generalversammlungen traten ab 1906 die einmal pro Jahr stattfindenden Delegiertentage 7 Die ortlichen Vereine entfalteten insbesondere wahrend der Wahlkampfe eine erhebliche Aktivitat und fuhrten in der ubrigen Zeit Veranstaltungen zur politischen Bildung ihrer Mitglieder durch Auch politisch gewannen die ortlichen Organisationen an Gewicht was den Einfluss des Parteivorstands gegenuber der Reichstagsfraktion wachsen liess Um die Partei organisatorisch zu starken kam es vermehrt zur Anstellung haupt oder nebenamtlicher Parteisekretare Das Ziel sich zu einer Volkspartei zu entwickeln wurde allerdings nicht erreicht Im Jahr 1909 zahlte die Partei 9 494 Mitglieder 1910 gab es 150 Ortsvereine 8 Zusammenschluss der linksliberalen Parteien BearbeitenIm Jahr 1905 kam es zu einem Treffen von Mitgliedern der beiden freisinnigen Parteien und der Deutschen Volkspartei um uber einen erneuten Zusammenschluss der links liberalen Parteien zu beraten Daraus folgte die Ausarbeitung eines Programms auf Basis eines Minimalkonsenses Zu einer engeren Zusammenarbeit kam es beim Wahlkampf fur die Reichstagswahl 1907 Die drei Parteien gehorten danach dem Bulow Block an und bildeten im Reichstag eine Fraktionsgemeinschaft Allerdings wurde die Beteiligung am Bulow Block mit Konservativen und Nationalliberalen von einer kritischen Minderheit um Theodor Barth Rudolf Breitscheid und Hellmut von Gerlach abgelehnt Zum Austritt dieser Gruppe aus der FVg kam es auf dem Delegiertentag im April 1908 als die Gegensatze in der Haltung zum Reichsvereinsgesetz unuberbruckbar zutage traten Die im Anschluss gegrundete und von Breitscheid gefuhrte Demokratische Vereinigung war vorubergehend der ausserste linke Flugel des Liberalismus 9 blieb allerdings bei Wahlen erfolglos Nachdem das Reichsvereinsgesetz 1908 Frauen die regulare Mitgliedschaft in Parteien ermoglicht hatte schlossen sich fuhrende Mitglieder des Bundes Deutscher Frauenvereine wie Gertrud Baumer oder Helene Lange der FVg an Else Luders gehorte zu den ersten weiblichen Mitgliedern des Parteivorstands Am 6 Marz 1910 wurde auf einem gemeinsamen Parteitag der Zusammenschluss der drei fusionswilligen linksliberalen Organisationen zur Fortschrittlichen Volkspartei beschlossen und verkundet 10 Bedeutende Mitglieder BearbeitenLudwig Bamberger Theodor Barth Gertrud Baumer Rudolf Breitscheid Lujo Brentano Max Broemel Hellmut von Gerlach Otto Gildemeister Georg Gothein Albert Hanel Helene Lange Franz von Liszt Karl Mommsen Theodor Mommsen Friedrich Naumann Hermann Pachnicke Hugo Preuss Heinrich Rickert Richard Roesicke Karl Schrader Gerhart von Schulze Gaevernitz Georg von SiemensEinzelnachweise Bearbeiten Andrea Kramp Georg Gothein 1857 1940 Aufstieg und Niedergang des Linksliberalismus Droste Dusseldorf 2018 ISBN 3 7700 1635 1 S 179 Thomas Nipperdey Die Organisation der deutschen Parteien vor 1918 Droste Verlag Dusseldorf 1961 DNB 453593518 S 224f Ludwig Elm Zwischen Fortschritt und Reaktion Geschichte der Parteien der liberalen Bourgeoisie in Deutschland 1893 1918 Akademie Verlag Berlin 1968 DNB 456533362 S 14 Der Kaufmann Frese gewann wie 1893 auch 1898 als Vertreter aller liberalen Richtungen die Hauptwahl gegen den Kandidaten der SPD vgl Carl Wilhelm Reibel Hg Handbuch der Reichstagswahlen 1890 1918 Droste Verlag Dusseldorf 2007 ISBN 978 3 7700 5284 4 S 1488 Hans Fenske Der deutsche Liberalismus Ideenwelt und Politik von den Anfangen bis zur Gegenwart Lau Verlag Reinbek 2019 ISBN 978 3 95768 207 9 S 484 Konstanze Wegner Theodor Barth und die Freisinnige Vereinigung Studien zur Geschichte des Linksliberalismus im wilhelminischen Deutschland Mohr Siebeck Tubingen 1968 S 13 27 Vgl Dieter Duding Der Nationalsoziale Verein Der gescheterte Versuch einer parteipolitischen Synthese von Nationalismus Sozialismus und Liberalismus Oldenbourg Munchen 1972 ISBN 3 486 43801 8 S 180 193 Grunddaten zur Organisation bei Ludwig Elm Freisinnige Vereinigung FVg 1893 1910 Wahlverein der Liberalen In Dieter Fricke u a Hrsg Lexikon zur Parteiengeschichte Band 2 Bibliographisches Institut Leipzig 1984 S 682f Thomas Nipperdey Die Organisation der deutschen Parteien vor 1918 Droste Verlag Dusseldorf 1961 S 186 Karl Holl Uberlegungen zum deutschen Sozialliberalismus In Karl Holl Gunter Trautmann Hans Vorlander Hrsg Sozialer Liberalismus Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1986 ISBN 3 525 01333 7 S 229 Alfred Milatz Die linksliberalen Parteien und Gruppen in den Reichstagswahlen 1871 1912 In Archiv fur Sozialgeschichte ISSN 0066 6505 Bd 12 1972 S 291 Digitalisat bei der Friedrich Ebert Stiftung Literatur BearbeitenLudwig Elm Freisinnige Vereinigung FVg 1893 1910 Wahlverein der Liberalen In Dieter Fricke u a Hrsg Lexikon zur Parteiengeschichte Band 2 Bibliographisches Institut Leipzig 1984 DNB 550849033 S 682 693 Hans Fenske Deutsche Parteiengeschichte Von den Anfangen bis zur Gegenwart Schoningh Paderborn 1994 ISBN 3 506 99464 6 S 123 125 Andrea Kramp Georg Gothein 1857 1940 Aufstieg und Niedergang des Linksliberalismus Schriften des Bundesarchivs Band 77 Droste Dusseldorf 2018 ISBN 3 7700 1635 1 Walter Tormin Geschichte der deutschen Parteien seit 1848 Kohlhammer Stuttgart 1966 DNB 458434698 S 111 114 Konstanze Wegner Theodor Barth und die Freisinnige Vereinigung Studien zur Geschichte des Linksliberalismus im wilhelminischen Deutschland Tubinger Studien zur Geschichte und Politik Band 24 Mohr Siebeck Tubingen 1968 DNB 458590355 Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Der Linksliberalismus In Handbuch der Politik 1914 Quellen und Volltexte Johannes Leicht Freisinnige Vereinigung 1893 1910 In LeMO Lebendiges Museum Online des Deutschen Historischen Museums Normdaten Korperschaft GND 5119401 6 lobid OGND AKS VIAF 142709000 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Freisinnige Vereinigung amp oldid 231153782