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Die Deutschkonservative Partei war eine monarchistische teilweise antisemitische Partei im Deutschen Kaiserreich Wirtschaftlich protektionistisch eingestellt vertrat sie die Interessen der Landwirtschaft Wahrend sie die militarische Aufrustung unterstutzte verhielt sie sich der Kolonialpolitik gegenuber zuruckhaltender Der Machtschwerpunkt der Partei lag in Preussen ostlich der Elbe Getragen wurde die Partei von Adligen Grossgrundbesitzern Bismarck Anhangern und Protestanten Sie hatte nur wenige feste Strukturen erhob keine Mitgliedsbeitrage und veranstaltete nur selten Parteitage Sie gilt als Honoratiorenpartei Die Deutschkonservative Partei war Nachfolgepartei der preussischen Altkonservativen ein Grossteil ihrer Mitglieder beteiligte sich nach dem Ende des Kaiserreichs 1918 an der Grundung der Deutschnationalen Volkspartei DNVP Mitglieder der Reichstagsfraktion der Deutschkonservativen Partei im Jahr 1889 von links nach rechts Rudolph Wichmann Otto von Seydewitz Helmuth von Moltke Graf Konrad von Kleist Schmenzin Otto von Helldorff Karl Gustav Ackermann Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung 2 Politik 3 Parteistruktur 4 Regionale Verteilung 5 Presse 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseEntstehung BearbeitenDie Partei konstituierte sich am 7 Juni 1876 1 aus sehr verschiedenen Gruppen Adligen Grossgrundbesitzern Anhangern der Regierung Bismarck wie Moltke traditionsorientierten Protestanten und Christlich Sozialen Sie erkannte die Verfassung des Deutschen Kaiserreichs an und trat fur die Bewahrung der monarchischen Vorrechte Starkung der Religion gegen Zentralismus und Parlamentarismus sowie fur Bekampfung der Sozialdemokratie ein Die Deutschkonservative Partei war die Nachfolgepartei der preussischen Altkonservativen erlangte aber im Gegensatz zu diesen auch in einigen Bundesstaaten ausserhalb von Preussen Bedeutung Erster Vorsitzender der Partei wurde der Gutsherr und Reichstagsabgeordnete Otto von Helldorff Bedra Das Programm der Partei war bis ins Detail mit Bismarck abgesprochen 2 Politik BearbeitenReichstagswahlergebnisse 1871 1912 15 10 5 0 71747778818487909398030712 Zunachst setzte die Partei sich deutlich von Bismarck und der ihn unterstutzenden Freikonservativen Partei ab doch naherte sie sich ab 1877 seiner Politik wieder an insbesondere als er zur Schutzzollpolitik uberging Ihre Hochburgen hatte die Partei in Ostpreussen Pommern Mecklenburg und der Provinz Sachsen Im Preussischen Abgeordnetenhaus war sie begunstigt durch das Dreiklassenwahlrecht die starkste Kraft Im Herrenhaus war ihre Stellung sogar noch starker So hatte sie einen wesentlichen Einfluss auf Offizierskorps Beamtenschaft und Geistliche und uber den Bundesrat auch auf die Reichspolitik Die Partei war teilweise antisemitisch ausgerichtet so wurde zum Beispiel im Reichstagswahlkampf 1881 in grossem Ausmass antisemitische Propaganda eingesetzt 3 Bei der Schutzzollpolitik ging sie mit den Freikonservativen dem Zentrum und mit Teilen der Nationalliberalen Partei zusammen Doch wandte sie sich gegen den Kulturkampf Bismarcks 1890 stimmten die deutschkonservativen Abgeordneten gemeinsam mit Zentrum und Freisinnigen gegen die von der Regierung geforderte Verlangerung des Sozialistengesetzes Nach Bismarcks Entlassung gingen die Deutschkonservativen in Opposition zur wirtschaftsliberalen Politik des neuen Reichskanzlers Leo von Caprivi Das 1892 beschlossene Parteiprogramm das sogenannte Tivoli Programm genannt nach der Berliner Tivoli Brauerei in deren Festsaal der Parteitag tagte wandte sich beeinflusst von Adolf Stoecker gegen den zersetzenden judischen Einfluss 4 und gegen die Sozialdemokratie Ab 1892 kam es auch zu Flugelkampfen zwischen der grosstenteils dem Landadel entstammenden bisherigen Parteifuhrung und Stoeckers eher burgerlich stadtisch gepragten Christsozialen Durch das Aufkommen des Bundes der Landwirte wurde der zunachst unterlegene agrarische Flugel wieder gestarkt 5 und Stoecker veranlasste im Februar 1896 wegen sozialpolitischer Meinungsverschiedenheiten die Abtrennung der Christlich Sozialen Partei Die Deutschkonservativen stimmten 1898 und 1899 geschlossen fur Flotten und Militarvorlagen und zeigten sich im preussischen Landtag als Gegner des Mittellandkanals Kanalrebellen Unter Reichskanzler Furst Bernhard von Bulow naherte sich die Partei wegen dessen agrarprotektionistischer Politik wieder an die Reichsregierung an doch lehnte sie weiterhin alle Ansatze zu liberalen Reformen in der Innen Wirtschafts und Finanzpolitik ab und trug so 1909 zum Sturz der Regierung von Bulows bei Die Deutschkonservativen widersetzten sich jeder Starkung des Reichs zu Lasten der einzelnen Bundesstaaten weil sie furchteten dass sonst ihr Einfluss im die Bundespolitik beherrschenden Preussen an Gewicht verlore Dagegen stimmten sie allen Militar und Flottenvorlagen zu wahrend sie die Kolonialpolitik nur zogernd unterstutzten Deshalb gab es auch eine Distanz zum alldeutschen Programm In der Julikrise die zum Ersten Weltkrieg fuhrte waren die meisten Abgeordneten der Deutschkonservativen im Urlaub sodass es kein geschlossen strategisches Auftreten der Partei gab Vereinzelt wurden Reden gehalten und Artikel geschrieben Hervorzuheben ist dabei ein Beitrag von Graefe der die Regierung ermahnte die sofortige Mobilmachung einzuleiten um strategischen Schaden abzuwenden In einem Brief drangte er Westarp dazu im Namen der Reichstagsfraktion diese Forderung zu erheben Westarp kam dem nach ohne vorher die Fraktion oder Heydebrand einzubeziehen 6 Als Partei ohne Massenbasis suchte sie einen Ersatz im Bund der Landwirte BdL in dem preussische Grossagrarier den Ton angaben In vielen Fragen wurde sie zur reinen Interessenpartei der Landwirtschaft Viele preussische Landrate gaben ihr Unterstutzung Bekannte Vertreter der Partei waren u a Wilhelm von Rauchhaupt Otto von Manteuffel Ernst von Heydebrand und der Lasa Kuno von Westarp Hans Hugo von Kleist Retzow Philipp von Nathusius Ludom Elard von Oldenburg Januschau Hans von Kanitz Heinrich von Salisch Georg Oertel Gustav von Gossler oder Wilhelm Joachim von Hammerstein Ein Grossteil der Mitglieder der Deutschkonservativen Partei beteiligte sich 1918 an der Grundung der Deutschnationalen Volkspartei DNVP Die Partei loste sich formal allerdings nicht auf sondern existierte bis 1933 7 Parteistruktur BearbeitenUnter dem Vorsitz von Helldorf war die Partei bis 1890 ein Konglomerat unabhangiger Honoratiorenpolitiker Volker Stalmann mit nur wenigen festen Strukturen Ostlich der Elbe traten die Anhanger der Partei nur vor Wahlen in Aktion um ihre Kandidaten aufzustellen und den Wahlkampf zu fuhren wahrend es in grosseren Orten in Westdeutschland haufig teils grosse konservative Ortsvereine gab die teilweise zu Landesverbanden in Baden Sachsen und Bayern zusammengeschlossen waren Erst ab 1902 existierte mit dem Hauptverein der Deutschkonservativen eine ubergeordnete Parteistruktur auf Reichsebene Gefuhrt wurde die Partei weniger von ihren Vorsitzenden bis 1892 Otto von Helldorff 1892 1911 Otto von Manteuffel 1912 1918 Ernst von Heydebrand und der Lasa als von einem Kollektivorgan Bis 1889 erfullte diese Funktion der Parteivorstand danach ein Elfer bzw ab 1902 ein Zwolferausschuss aus Reichstags sowie preussischen und sachsischen Landtagsabgeordneten Der Ausschuss entschied uber die Grundlinien der Parteipolitik und war fur die Organisation der Wahlkampfe verantwortlich Parteitage fanden 1876 1892 und erst ab 1912 dann regelmassig statt 8 Die Partei erhob keinen Mitgliedsbeitrag zur Finanzierung war sie auf Spenden angewiesen Hauptgeldquelle war dabei der ostelbische Grossgrundbesitz Junker Regionale Verteilung BearbeitenRegional gesehen hatte die Partei ihre Hochburgen in Preussen ostlich der Elbe So vertrat die Deutschkonservative Partei 1887 im Deutschen Reichstag 74 Wahlkreise 61 82 davon waren preussische Wahlkreise 49 der 61 preussischen Wahlkreise 80 lagen ostlich der Elbe Diese regionale Eingrenzung der Hochburgen verstarkte sich im weiteren Verlauf des Kaiserreiches Von den 43 gewonnenen Wahlkreisen der Partei bei der Reichstagswahl 1912 lagen 39 91 auf preussischem Staatsgebiet Eine Untersuchung der regionalen Verteilung der deutschkonservativen Mandate bei den Wahlen zum Preussischen Abgeordnetenhaus bestatigt den ostelbischen Schwerpunkt der Partei Bei den Wahlen zum Preussischen Abgeordnetenhaus 1913 erreichte die Partei 143 Mandate 125 87 von diesen gewonnenen Wahlkreisen befanden sich ostlich der Elbe 9 Presse BearbeitenDas taglich erscheinende Parteiorgan der Deutschkonservativen war Die Post die gleichzeitig als offizielles Organ der Regierung Bismarck galt Weitere Presseerzeugnisse der Partei waren Der Reichsbote die Konservative Monatsschrift und das Deutsche Adelsblatt 10 Literatur BearbeitenBooms Hans Die Deutschkonservative Partei Preussischer Charakter Reichsauffassung Nationalbegriff Dusseldorf Droste Verlag 1954 Beitrage zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien 3 Haunfelder Bernd Die konservativen Abgeordneten des Deutschen Reichstags 1871 1918 Ein biographisches Handbuch Munster Aschendorff Verlag 2009 Nipperdey Thomas Die Organisation der deutschen Parteien vor 1918 Dusseldorf Droste Verlag 1961 zu den konservativen Parteien siehe S 241 264 Stillich Oscar Die Konservativen Eine wissenschaftliche Darlegung ihrer Grundsatze und ihrer geschichtlichen Entwicklung Leipzig Verlag Werner Klinkhardt 1908 Die politischen Parteien in Deutschland Bd 1 Geschichte der Partei s S 208 256Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Deutschkonservative und Reichspartei In Handbuch der Politik 1914 Quellen und Volltexte Deutschkonservative Partei auf Lebendiges Museum Online Stiftung Deutsches Historisches Museum Einzelnachweise Bearbeiten Vgl den Grundungsaufruf vom 7 Juni 1876 abgedruckt in Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1867 bis 1914 I Abteilung Von der Reichsgrundungszeit bis zur Kaiserlichen Sozialbotschaft 1867 1881 8 Band Grundfragen der Sozialpolitik in der offentlichen Diskussion Kirchen Parteien Vereine und Verbande bearbeitet von Ralf Stremmel Florian Tennstedt und Gisela Fleckenstein Darmstadt 2006 Nr 134 Stalmann Volker Vom Honoratioren zum Berufspolitiker Die konservativen Parteien 1867 1918 In Gall Lothar Hg Regierung Parlament und Offentlichkeit im Zeitalter Bismarcks Paderborn 2003 S 99 Hopp Andrea Auf Stimmenfang mit Vorurteil Antisemitismus im Wahlkampf in Gall Lothar Hg Regierung Parlament und Offentlichkeit im Zeitalter Bismarcks Paderborn 2003 1 Wir bekampfen den vielfach sich vordrangenden und zersetzenden judischen Einfluss auf unser Volksleben Literatur zum Parteitag Dagmar Bussiek Mit Gott fur Konig und Vaterland Die Neue Preussische Zeitung Kreuzzeitung 1848 1892 Lit Munster 2002 Nach August Klasings Rede dort gebe es eine Todfeindschaft zwischen Konservativen und Juden Stalmann 2003 S 104 Joachim Bohlmann Die Deutschkonservative Partei am Ende des Kaiserreichs Stillstand und Wandel einer untergehenden Organisation Greifswald 2011 S 198 Joachim Bohlmann Die Deutschkonservative Partei am Ende des Kaiserreichs Stillstand und Wandel einer untergehenden Organisation Diss Ernst Moritz Arndt Universitat Greifswald 2011 Zehntes Kapitel Die Deutschkonservative Partei in der Weimarer Republik S 250 260 Stalmann 2003 S 99ff Booms Hans Die Deutschkonservative Partei Preussischer Charakter Reichsauffassung Nationalbegriff Dusseldorf Droste Verlag 1954 S 6f Beitrage zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien 3 Stalmann 2003 S 101 Normdaten Korperschaft GND 118349 7 lobid OGND AKS VIAF 138982566 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Deutschkonservative Partei amp oldid 233394166