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Der am 4 November 1911 in Berlin unterzeichnete Marokko Kongo Vertrag beendete die zweite Marokkokrise Tatsachlich handelte es sich um eine Kombination zweier deutsch franzosischer Abkommen das erste betraf Marokko Marokkovertrag Marokkoabkommen ein zweites den Kongo Kongoabkommen Kamerun vor und nach dem Marokko Kongo Vertrag Ost und Sudgrenze Altkameruns bis November 1911 Grenze Alt und Neukameruns um 1914Das Deutsche Reich erkannte mit dem Abkommen die Vorherrschaft Frankreichs uber Marokko an und verzichtete auf eigene Gebietsanspruche in der Region Im Gegenzug trat Frankreich Teile Franzosisch Aquatorialafrikas das so genannte Neukamerun an das Deutsche Reich ab Ein kleineres Gebiet im Nordosten Kameruns auch Entenschnabel genannt ging an Frankreich 1 Die Flache des fruheren Altkamerun wurde dadurch um 275 000 Quadratkilometer 2 erganzt Inhaltsverzeichnis 1 Reaktionen in Deutschland und Frankreich 2 Reaktion Osterreich Ungarns und anderer Machte 3 Weblinks 4 EinzelnachweiseReaktionen in Deutschland und Frankreich BearbeitenPresse und Offentlichkeit im Deutschen Reich reagierten enttauscht auf das ausgehandelte Resultat die Gebietsgewinne waren nur ein Bruchteil dessen was die deutsche Regierung unter Reichskanzler Theobald von Bethmann Hollweg ursprunglich angestrebt hatte und verglichen das Abkommen mit der diplomatischen Niederlage Preussens in der Olmutzer Punktation von 1850 3 Der deutsche Aussenminister Alfred von Kiderlen Waechter hatte gegenuber dem franzosischen Botschafter Jules Cambon als Kompensation fur deutsche Anspruche auf Marokko zunachst den gesamten franzosischen Kongo 4 5 einschliesslich Gabuns 6 gefordert bzw wenn schon nicht den ganzen franzosischen Kongo dann zumindest auch noch das Vorkaufsrecht fur den belgischen Kongo das Frankreich 1884 1895 bzw 1908 zuerkannt worden war 6 Frankreichs Aussenminister Justin de Selves lehnte ab dies anstelle der belgischen Regierung zu entscheiden Kiderlen Waechter konnte den Reichstag aber zumindest mit einem Zusatzartikel zum Kongo Abkommen trosten in welchem sich Frankreich verpflichtete von seinem Vorkaufsrecht nicht ohne vorherige Verhandlungen mit Deutschland uber die Neuaufteilung des gesamten Kongobeckens Gebrauch zu machen 6 nbsp Fur die franzosische Seite unterzeichnete Aussenminister Justin de Selves die Abkommen nbsp Neben Selves handelte vor allem Botschafter Jules Cambon die Abkommen aus nbsp Auch Kolonialminister Albert Lebrun trug zum Zustandekommen der Abkommen bei nbsp Fur die deutsche Seite unterzeichnete Aussenminister Alfred von Kiderlen WaechterAuch in Frankreich fuhrte das Abkommen zu grosser Unzufriedenheit Der unterzeichnende Aussenminister Selves und schliesslich auch Ministerprasident Caillaux wurden im Januar 1912 vor allem auf Betreiben des Ex Aussenministers Pichon des Ex Ministerprasidenten Clemenceau und des Fuhrers der rechten Republikaner Leon Jenouvrier vom Senat gesturzt 6 7 Parlamentarier und Presse storten sich daran dass Deutschland lediglich vage Rechte die es mit den anderen Machten fruherer Marokko Abkommen teilte hatte aufgeben mussen Frankreich aber auf reale Gebiete die es schon langst tatsachlich besass verzichten musste 6 Im Gegensatz zum ersten Marokko betreffenden Abkommen bedurfte das zweite den Kongo betreffende Abkommen der Zustimmung des Senats weil es die Abtretung franzosischen Territoriums beinhaltete Caillaux dem vorgeworfen wurde Deutschland unter dem Druck deutscher Kanonenbootpolitik und mit zu grosser Verhandlungseile zu weit entgegengekommen zu sein und in angeblichen Geheimverhandlungen hinter Selves Rucken zu viele Zugestandnisse gemacht zu haben spielte die Gebietsabtretung als wertlosen Fetzen Sumpfland herunter 4 5 Als sein Nachfolger warb der neue Ministerprasident Poincare mit dem Versprechen engerer Anlehnung an die Entente Verbundeten Russland und Grossbritannien fur die Annahme des zwar nicht vollkommenen aber nun einmal geschlossenen Abkommens Die diesbezuglichen Anhorungen im Senat begannen am 5 Februar 1912 am 10 Februar wurde der Vertrag schliesslich mit 212 gegen 42 Stimmen gebilligt Jenouvriers unmittelbar darauf eingebrachter Antrag die Details der Verhandlungen nochmals genauer auf eventuelle Nebenabsprachen untersuchen zu lassen wurde mit 242 gegen 15 Stimmen abgelehnt 6 nbsp Ebenso wie Aussenminister Selves sturzte auch Frankreichs Premier Joseph Caillaux uber die Abkommen nbsp Vor allem Ex Premier Georges Clemenceau machte im Senat Stimmung gegen die Abkommen nbsp Auch Clemenceaus einstiger Aussenminister Stephen Pichon trat im Senat gegen die Abkommen auf nbsp Caillaux Nachfolger Raymond Poincare erreichte 1912 die Ratifizierung der AbkommenReaktion Osterreich Ungarns und anderer Machte BearbeitenFur das erste Marokko betreffende Abkommen bedurfte es internationaler Zustimmung Nach der Ersten Marokkokrise hatten 1906 alle an Marokko interessierten Machte auf der Algeciras Konferenz den Fortbestand und die Neutralitat Marokkos vereinbart Fur die Anderung dieses Status und die vorgesehene Umwandlung Marokkos in ein franzosisches Protektorat benotigte Frankreich die Zustimmung der ubrigen Signatarmachte der Algeciras Akte Diese Machte nutzten das franzosische Begehren ihrerseits zur Formulierung eigener Wunsche Bitten Bedingungen und Forderungen deren Erfullung sie mit der Frage ihrer Zustimmung zu verbinden versuchten Frankreich und Spanien hatten bereits in mehreren Vertragen 1900 1902 1904 1906 ihre jeweiligen Interessensspharen in Marokko abgegrenzt Spanien wollte als Juniorpartner Frankreichs selbst Protektoratsmacht uber ein Stuck Marokkos werden Grossbritannien wollte Verhandlungen uber Tanger Da Grossbritannien Italien und Frankreich sich bereits in fruheren Vereinbarungen ihre jeweiligen Anspruche in Nordafrika gegenseitig zugesichert hatten begann Italien dem Tripolitanien auch von Deutschland und Osterreich Ungarn zugesichert worden war noch wahrend der deutsch franzosischen Verhandlungen uber Marokko mit der Inbesitznahme dieser Provinz des Turkischen Reiches Von Frankreich erwartete Italien diplomatisches Wohlwollen trotz wiederholter Verletzungen der franzosischen Neutralitat durch italienische Kriegsschiffe Aufbringung der franzosischen Schiffe Carthage Manouba und Tavignano Beschuss des franzosischen Konsulats in Beirut Russland wiederum furchtete durch den Italienisch Turkischen Krieg bei der Aufteilung der Turkei zu spat oder zu kurz zu kommen Vize Aussenminister Anatoli Neratow wollte im Gegenzug fur die Anerkennung der franzosischen Anspruche auf Marokko von Frankreich die Anerkennung der russischen Anspruche auf Handlungsfreiheit bzgl der turkischen Meerengen Selves uberzeugte Russland allerdings es solle in seinem eigenen russischen Interesse eine vorschnelle Aufteilung der Turkei nicht wunschen woraufhin am 15 November 1911 Russland das Marokko Abkommen billigte 8 nbsp Philippe Crozier nbsp Alois von Aehrenthal nbsp Leopold Berchtold nbsp Louis Lucien KlotzDer Beitritt Osterreich Ungarns zum Marokkovertrag dauerte langer Aussenminister Alois von Aehrenthal forderte am 18 November 1911 fur seine Zustimmung die franzosische Zustimmung fur die Platzierung osterreichischer und ungarischer Staatsanleihen an der Pariser Borse Aehrenthal und sein Nachfolger Leopold Berchtold wurden dabei unterstutzt von Frankreichs Botschafter in Wien Philippe Crozier Die osterreichische und die ungarische Zentralbank sollten sich mit amtlich notierten Wertpapieren jeweils 500 Millionen Kronen uber mehrere Jahre von franzosischen Anlegern leihen durfen Da die franzosische Regierung vermutete dass es sich um Kriegsanleihen fur Rustungszwecke handele und franzosisches Kapital so teilweise ins Deutsche Reich abgeleitet wurde bemuhte sich Crozier im Gegenzug um Garantien fur eine zumindest zeitweilige Neutralitat Osterreich Ungarns im Falle eines deutschen Angriffs auf Frankreich Die franzosische Regierung empfahl Aehrenthal und Crozier den Marokkovertrag und die Anleihefrage nicht miteinander zu verknupfen und am 23 Dezember 1911 trat auch Osterreich Ungarn dem franzosisch deutschen Abkommen bei Im Marz 1912 gestattete Poincare seinem Finanzminister Louis Lucien Klotz die Zulassung kleinerer nichtmilitarischer Anleihen der Ungarischen und der Osterreichischen Bodencreditanstalt 9 Am 30 Marz konnte Frankreich durch den Vertrag von Fes mit dem marokkanischen Sultan schliesslich sein Protektorat uber Marokko errichten auch wenn die im Dezember 1911 aufgenommenen franzosisch spanischen Verhandlungen u a wegen der Tanger Frage erst am 27 November 1912 abgeschlossen werden konnten Weblinks BearbeitenFlaggenwechsel uber Neukamerun Zum 100 Jahrestag des Marokko Kongo Abkommens Historische Bilder und Dokumente des Bundesarchivs Zeitungsartikel uber Marokko Kongo Vertrag in den Historischen Pressearchiven der ZBWEinzelnachweise Bearbeiten Horst Grunder Geschichte der deutschen Kolonien 5 Aufl Paderborn Schoningh UTB 2004 S 101 ISBN 3 506 99415 8 Voransicht bei Google Books Gunther Fuchs Hans Henseke Das franzosische Kolonialreich Seite 115 Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1987 Klaus Wernecke Der Wille zur Weltgeltung Aussenpolitik und Offentlichkeit im Kaiserreich am Vorabend des Ersten Weltkrieges Dusseldorf 1970 S 62 a b Wladimir P Potjomkin Hrsg Geschichte der Diplomatie Band 2 Die Diplomatie der Neuzeit 1872 1919 Seite 248f SWA Verlag Berlin 1948 a b Heinz Koller Bernhard Topfer Geschichte Frankreichs Teil 2 S 260 Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1973 a b c d e f Raymond Poincare Memoiren Die Vorgeschichte des Weltkrieges 1912 1913 Seiten 15 23 59 63 73 76 und 155 157 Paul Aretz Verlag Dresden 1928 Gunther Fuchs Hans Henseke Georges Clemenceau Seite 90f Deutscher Verlag der Wissenschaften Berlin 1983 Raymond Poincare Memoiren Die Vorgeschichte des Weltkrieges 1912 1913 Seiten 39 und 229 233 Paul Aretz Verlag Dresden 1928 Raymond Poincare Memoiren Die Vorgeschichte des Weltkrieges 1912 1913 Seiten 160 180 Paul Aretz Verlag Dresden 1928 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Marokko Kongo Vertrag amp oldid 234578007