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Johannes Ziekursch 17 Juli 1876 in Breslau Provinz Schlesien 8 Mai 1945 in Sulzhayn war ein deutscher Historiker der sich vor allem mit regional und sozialgeschichtlichen Studien zu Schlesien unter preussischer Herrschaft befasste Als Linksliberaler untersuchte er die Ursachen des Zusammenbruchs des Deutschen Kaiserreichs Dadurch war er in der Zeit der Weimarer Republik heftigen Angriffen ausgesetzt 1924 25 war er Rektor der Schlesischen Friedrich Wilhelms Universitat Breslau Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Wirken 2 Schriften 3 Literatur 4 Quellen 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben und Wirken BearbeitenJohannes Ziekursch war der Sohn eines Kaufmanns und wuchs in Breslau auf Ab 1896 studierte er an der Universitat Bonn danach in Breslau und unterbrochen von Militardienst als Einjahrig Freiwilliger in Munchen wo er 1900 bei Karl Theodor von Heigel mit der Dissertation Die Kaiserwahl Karls VI 1711 promoviert wurde Nach Archivstudien in Rom Dresden und Breslau habilitierte sich 1904 in Breslau mit der Schrift Sachsen und Preussen um die Mitte des 18 Jahrhunderts Als Privatdozent an der Universitat Breslau widmete er sich vor allem der Geschichte Schlesiens im 18 Jahrhundert woruber er mehrere Monographien veroffentlichte 1907 uber die preussische Verwaltung Schlesiens im 18 Jahrhundert 1908 uber die Stadteverwaltung in Schlesien unter preussischer Herrschaft und 1915 uber die Agrargeschichte Schlesiens im 18 Jahrhundert Diese letzte Arbeit die auf intensiven Archivstudien vor allem in Breslau basierte gilt als eines seiner Hauptwerke Da er dabei auch das damals gangige positive Bild der preussischen Verwaltung in Frage stellte sah er sich der Kritik von Historikerkollegen wie Otto Hintze ausgesetzt Beispielsweise zeigte er dass die innerpreussische Kolonisation und die Bauernbefreiung vor allem den adeligen Gutsbesitzern in Schlesien zugutekamen und zur Verelendung von Teilen des bauerlichen Mittelstandes fuhrten was durch die beginnende Industrialisierung verscharft wurde Er zeigte auch auf dass die preussische Verwaltung im Prozess der Umverteilung bauerlichen Besitzes auf wenige Grossgrundbesitzer eng mit dem Adel zusammenarbeitete Ziekursch wurde 1912 ausserordentlicher Professor und erhielt 1917 ein personliches Ordinariat in Breslau moglicherweise weil er bei der Besetzung eines vakanten Lehrstuhls aufgrund einer Denunziation ubergangen worden war 1 Durch die deutsche Niederlage im Ersten Weltkrieg in seiner zuvor nationalpatriotischen Haltung erschuttert trat er der linksliberalen DDP bei und wandte sich als Historiker dem Deutschen Reich zur Zeit Bismarcks zu 1925 bis 1930 erschien dazu sein dreibandiges Hauptwerk Politische Geschichte des Neuen Deutschen Kaiserreichs Die darin formulierte Kritik an Bismarcks Reichsgrundung fand bei seinen damaligen Historikerkollegen ein uberwiegend negatives Echo 2 Das Buch hat seinen Schwerpunkt in der Innenpolitik und versucht die Reichsgrundung und die politische Geschichte Preussens in deren Vorfeld als Gegensatz der preussischen Junker Klasse der Militars und des Beamtentums auf der einen Seite und dem liberalen Burgertum auf der anderen Seite darzustellen sowie den Zuschnitt der Reichsverfassung auf Machterhaltung der konservativen preussischen Krafte Ziekursch sah die Reichsgrundung Bismarcks als entgegen den sozialen und politischen Grundstromungen der deutschen Geschichte angelegt dem Geist der Zeit entgegen und deshalb zum Untergang verdammt In der Beurteilung von Peter Rassow im Nachruf auf Ziekursch 1950 wurde im ersten Band zum ersten Mal mit echter Bismarck Kritik wissenschaftlich ernst gemacht und der dritte Band uber Entstehung und Verlauf des Ersten Weltkriegs sei eine darstellerische Leistung die noch heute nicht uberholt ist 3 1927 wurde Ziekursch ordentlicher Professor an der Universitat zu Koln 4 entgegen dem Wunsch der dortigen Fakultat aber gefordert durch den Oberburgermeister Konrad Adenauer der mit ihm einen Ausgleich zu seinem konservativen Professorenkollegen Martin Spahn schaffen wollte Ziekursch lehrte noch bis 1943 veroffentlichte aber nur noch kleinere Arbeiten 5 Der dritte Band seiner Geschichte des Kaiserreichs durfte nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten 1933 nicht mehr verbreitet werden Nach dem Nachruf von Rassow lehrte Ziekursch von 1933 bis 1943 was er auch schon vorher gelehrt hatte unbeirrt durch die Machtubernahme Ziekurschs bekanntester Schuler der sich 1933 bei ihm habilitierte war der zur Emigration in die USA gezwungene Sozialhistoriker Hans Rosenberg Karl Georg Faber bezeichnete Ziekurschs Arbeiten uber neuzeitliche schlesische Regionalgeschichte als wegweisend fur die regionale sozialgeschichtliche Analyse in der Neuzeit im Gegensatz zu derartigen Untersuchungen zum Mittelalter die damals schon aufkamen 6 Ziekurschs Geschichte des Deutschen Kaiserreichs gilt fur Faber dagegen uberwiegend als uberholtes Zeitdokument linksliberaler Geschichtsschreibung sei indessen besonders im ersten Band eine durch die Geschlossenheit und Kraft der Darstellung fesselnde deutsche Geschichte von 1859 bis 1871 7 Johannes Ziekursch verstarb am 8 Mai 1945 an Herzschwache und wurde auf der Kriegsgraberstatte in Sulzhayn Friedhof am Mittelberg Grab 531 beigesetzt 8 Er war damals schon langere Zeit krank und fruh gealtert 9 Schriften BearbeitenZur Geschichte des Feldzuges in der Champagne von 1792 in Forschungen zur Brandenburgischen und Preussischen Geschichte Bd 47 1935 S 20 77 Politische Geschichte des Neuen Deutschen Kaiserreiches Societats Verlag 3 Bde Bd 1 Die Reichsgrundung Bd 2 Das Zeitalter Bismarcks Bd 3 Das Zeitalter Wilhelms II Frankfurt a M 1925 1930 Falkenhayn und Ludendorff in den Jahren 1914 1916 in Forschungen zur Brandenburgischen und Preussischen Geschichte Bd 34 1922 S 49 77 Ludendorffs Kriegserinnerungen in Historische Zeitschrift Bd 121 1920 S 441 465 scharfe Kritik von Ludendorffs Erinnerungen Was soll aus Belgien werden Der Deutsche Krieg Heft 91 DVA Stuttgart 1917 zuerst Die Zukunft Belgiens Schlesische Druckereigenossenschaft Breslau 1916 Die Hohenzollern und ihr Volk Vortrag in Jahresbericht der Schlesischen Gesellschaft fur Vaterlandische Cultur Jg 1915 Hundert Jahre schlesischer Agrargeschichte Vom Hubertusburger Frieden bis zum Abschluss der Bauernbefreiung Hirt Breslau 1915 2 Auflage Preuss und Junger Breslau 1927 Neudruck Scientia Aalen 1978 Erinnerungsblatter zum hundertjahrigen Jubilaum der Universitat Breslau Breslau 1911 Das Ergebnis der friderizianischen Stadteverwaltung und der Stadteordnung Steins Am Beispiel der schlesischen Stadte dargestellt Breslau 1908 Beitrage zur Charakteristik der preussischen Verwaltungsbeamten in Schlesien bis zum Untergang des friderizianischen Staates Wohlfahrt Breslau 1907 Neudruck Scientia Aalen 1981 Sachsen und Preussen um die Mitte des 18 Jahrhunderts Ein Beitrag zur Geschichte des Osterreichischen Erbfolgekrieges Breslau 1904 Die Kaiserwahl Karls VI Perthes Gotha 1902 Dissertation Literatur BearbeitenJoachim Bahlcke Johannes Ziekursch 1876 1945 In Schlesische Lebensbilder Band XIII im Auftrag der Historischen Kommission fur Schlesien herausgegeben von Joachim Bahlcke 2021 ISBN 978 3 929817 11 9 S 193 222 Karl Georg Faber Johannes Ziekursch in Hans Ulrich Wehler Hrsg Deutsche Historiker Bd 3 Vandenhoeck und Ruprecht Gottingen 1972 S 109 123 Peter Rassow Nachruf in Historische Zeitschrift Bd 170 1950 S 448 Hans Schleier Johannes Ziekursch in Jahrbuch fur Geschichte Bd 3 1969 S 137 196 Quellen BearbeitenKreisarchiv Nordhausen am Harz Bestand Standesamt Sulzhayn Sterberegister Nr 74 1945 Ziekursch Johannes Evangelisch lutherische Kirchengemeinde Sulzhayn Verzeichnis der Begrabenen der Parochie Sulzhayn 1908 1945 S 92 Eintrag 54 1945 Ziekursch Johannes Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Johannes Ziekursch Quellen und Volltexte Ziekursch Johannes In Ostdeutsche Biografie Kulturportal West Ost Einzelnachweise Bearbeiten Faber in Deutsche Historiker Bd 3 S 110 Die Denunziation warf ihm eine antipreussische Haltung aufgrund doch sicherlich judischer Herkunft vor Positive Besprechungen kamen von Franz Schnabel Theodor Heuss und Arthur Rosenberg Zu seinen Kritikern gehorte u a Wilhelm Mommsen obwohl der ihm politisch nahestand Rassow in Historische Zeitschrift 1950 S 448 Berufungen nach Berlin und Halle waren am Widerstand konservativer Fakultatsmitglieder gescheitert bei Befurwortung z B durch Hans Delbruck Gustav Mayer Faber in Deutsche Historiker Bd 3 S 110 Ein Manuskript zu einem Buch uber Friedrich den Grossen verbrannte bei einem Bombenangriff in Koln Faber in Deutsche Historiker Bd 3 Gottingen 1972 S 121 f Faber in Deutsche Historiker Bd 3 S 116 Volksbund Deutsche Kriegsgraberfursorge e V Grabersuche Online In Volksbund Deutsche Kriegsgraberfursorge e V Volksbund Deutsche Kriegsgraberfursorge e V 31 Januar 2018 abgerufen am 31 Januar 2018 deutsch Eintrag in Ostdeutsche BiographieNormdaten Person GND 116988541 lobid OGND AKS LCCN n86849038 VIAF 112960909 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Ziekursch JohannesKURZBESCHREIBUNG deutscher HistorikerGEBURTSDATUM 17 Juli 1876GEBURTSORT Breslau Provinz SchlesienSTERBEDATUM 8 Mai 1945STERBEORT Sulzhayn Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Johannes Ziekursch amp oldid 234802942