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Otto Hintze 27 August 1861 in Pyritz Pommern 25 April 1940 in Berlin war ein deutscher Historiker Hintze gilt als einer der bedeutendsten deutschen Sozialhistoriker aus der Zeit des spaten Deutschen Kaiserreiches und der Weimarer Republik wie auch als Wegbereiter einer modernen politischen Strukturgeschichte Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Rezeption 3 Werke Auszug 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben Bearbeiten nbsp Berliner Gedenktafel am Haus Kastanienallee 28 in Berlin WestendHintze Sohn eines mittleren Beamten studierte in den 1880er Jahren zunachst an der Universitat Greifswald und dann in Berlin u a bei Johann Gustav Droysen Wahrend seines Studiums wurde er Mitglied der Burschenschaft Germania Greifswald 1 1884 erfolgte seine Promotion bei Julius Weizsacker mit dem Thema Das Konigtum Wilhelms von Holland Anschliessend studierte er sechs Semester Rechts und Staatswissenschaften u a bei Rudolf von Gneist in einem Zweitstudium Hintze arbeitete auf Anregung von Gustav Schmoller zwischen 1887 und 1910 an dem grossangelegten Editionsprojekt zur preussischen Verwaltungsgeschichte des 18 Jahrhunderts der Acta Borussica mit edierte sieben Aktenbande und verfasste zwei Darstellungen Nach seiner Habilitation im Jahre 1895 wurde er 1899 zunachst zum ausserordentlichen Professor 1902 schliesslich zum Ordinarius fur Verfassungs Verwaltungs Wirtschaftsgeschichte und Politik in Berlin berufen Diese Professur gab Hintze wegen gesundheitlicher Probleme 1920 auf In den 1920er Jahren veroffentlichte er einige ausfuhrliche Rezensionen zu den Werken von Max Weber Franz Oppenheimer Max Scheler und Hans Kelsen sowie zu einigen grundlegenden Fragen der allgemeinen Verfassungs und Sozialgeschichte 1912 hatte Hintze seine Studentin Hedwig Guggenheimer geheiratet die aus einer Munchener judischen Bankiersfamilie stammte Der zunehmend unter einer Herzkrankheit und einer Sehschwache leidende Hintze war wenige Jahre spater auf die Unterstutzung seiner Frau bei der wissenschaftlichen Arbeit angewiesen Er diktierte und sie schrieb seine Manuskripte Gleichzeitig verfolgte sie selbst eine eigene wissenschaftliche Karriere promovierte uber die franzosische Verfassungsgeschichte bei Friedrich Meinecke und habilitierte sich an der Berliner Universitat 1913 hielt Hintze in der Aula der Berliner Universitat die Festansprache zum 25 jahrigen Thronjubilaum von Kaiser Wilhelm II 2 1915 veroffentlichte er die Jubilaumsschrift zum 500sten Thronjubilaum der Hohenzollern Nach der Machtubernahme der Nationalsozialisten stellte Hintze seine Publikationstatigkeit fast ganz ein Seine Frau Hedwig wurde nun durch den Staat verfolgt Ihre Lehrberechtigung wurde vom Kultusministerium ausser Kraft gesetzt Als sie 1933 durch Friedrich Meinecke aus der Redaktion der Historischen Zeitschrift entlassen wurde weil sie aus einer Familie judischer Herkunft stammte legte Hintze seine Mitherausgeberschaft nieder 1938 kam er seiner eigenen Entfernung aus der Preussischen Akademie der Wissenschaften der er seit 1914 angehorte durch einen Austritt zuvor Vorher hatte ihm Max Planck einen Fragebogen der Akademie zu seiner Rassenzugehorigkeit zugesandt Der Einfachheit halber stelle ich ergebenst anheim den beiliegenden Fragebogen auszufullen und auf ihm Ihre etwaige Erklarung zu vermerken Der Vorsitzende Sekretar Planck Der Fragebogen hatte folgenden Inhalt 3 Sind Sie judischer Mischling Ja Nein Sind Sie judisch versippt Ja Nein Nichtzutreffendes ist durchzustreichen Als judischer Mischling gilt wer einen oder mehrere volljudische Grosselternteile besitzt Als judisch versippt gilt derjenige dessen Ehefrau Judin oder judischer Mischling ist Unterschrift Die ihrer Arbeitsmoglichkeiten in Deutschland beraubte und diskriminierte Hedwig Hintze versuchte sich im Ausland eine Existenz aufzubauen Otto Hintze musste wegen seines Alters und seiner Krankheiten in Berlin bleiben Sie blieben bis in den Tod eng verbunden So pendelte Hedwig Hintze von 1933 bis 1939 zwischen Paris und Berlin hin und her 1939 emigrierte sie kurz vor Kriegsausbruch in die Niederlande aber auch dort konnte sie sich nicht beruflich etablieren Ende April 1940 starb Otto Hintze weitgehend isoliert und zuruckgezogen lebend in Berlin Damit war Hedwig Hintze ihres Schutzes vor einer Deportation beraubt der ihr als Ehefrau eines sogenannten Ariers einigermassen sicher gewesen war Am 19 Juli 1942 zwei Jahre nach dem Tod ihres Mannes wahlte Hedwig Hintze in Utrecht unter nicht geklarten Umstanden den Freitod moglicherweise kurz vor der Deportation und der Ermordung durch die Nazis 4 Rezeption BearbeitenDie Geschichtswissenschaft hat nach dem Zweiten Weltkrieg in verschiedener Hinsicht und in unterschiedlichen Phasen das Werk Otto Hintzes rezipiert In den 1950er Jahren wurde Hintze eher wenig beachtet vereinzelt finden sich Hinweise bei Otto Brunner Hermann Heimpel und Theodor Schieder Nachdem die im Krieg erschienene Erstausgabe der Hintzeschen Abhandlungen von Fritz Hartung wenig Resonanz gefunden hatte wurde die erheblich erweiterte dreibandige Neuedition durch Gerhard Oestreich in den 1960er Jahren breit aufgenommen Neben Oestreich und Schieder trieben die emigrierten Meinecke Schuler Dietrich Gerhard und Felix Gilbert die Rezeption Hintzes voran Insbesondere Gilbert inspirierte mit seiner Ubersetzung von 1975 die angloamerikanische Forschung Zudem war es vor allem die sich entwickelnde deutsche Sozialgeschichtsschreibung um Hans Ulrich Wehler und Jurgen Kocka die Hintze neben Max Weber als Ahnherrn reklamierte Die Verknupfung von Verfassungs und Sozialgeschichte erfuhr nachdruckliches Lob die typologisch vergleichende Methode wurde hervorgehoben und auch die epochen wie facherubergreifende Sichtweise Hintzes fand Beachtung 5 Werke Auszug BearbeitenDas Konigtum Wilhelms von Holland Veit Leipzig 1885 Die Preussische Seidenindustrie im 18 Jahrhundert und ihre Begrundung durch Friedrich den Grossen 3 Bande Parey Berlin 1892 Uber individualistische und kollektivistische Geschichtsauffassung In Historische Zeitschrift Band 78 1897 S 60 67 Einleitende Darstellung der Behordenorganisation und allgemeinen Verwaltung in Preussen beim Regierungsantritt Friedrichs II Parey Berlin 1901 Acta Borussica Band 6 1 Staatsverfassung und Heeresverfassung Vortrag gehalten in der Gehe Stiftung zu Dresden am 17 Februar 1906 v Zahn u Jaensch Dresden 1906 Historische und politische Aufsatze 10 Bande Deutsche Bucherei Berlin 1908 Das monarchisches Prinzip und die konstitutionelle Verfassung In Preussische Jahrbucher Band 144 1911 S 381 412 Die englischen Weltherrschaftsplane und der gegenwartige Krieg Verlag Kameradschaft Berlin 1914 Die Hohenzollern und ihr Werk 500 Jahre vaterlandische Geschichte Parey Berlin 1915 Deutschland und der Weltkrieg 2 Bande Teubner Leipzig u a 1916 Wesen und Verbreitung des Feudalismus Sitzungsberichte der Preussischen Akademie der Wissenschaften de Gruyter Berlin 1929 Beamtentum und Burokratie Nachdruck der 3 Arbeiten Der Beamtenstand Vortrag in der Gehe Stiftung 1911 Der Commissarius und seine Bedeutung in der allgemeinen Verwaltungsgeschichte 1910 und Die Entstehung der modernen Staatsministerien 1908 hrsg von Kersten Kruger Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1981 Kleine Vandenhoeck Reihe Band 1473 Gesammelte Abhandlungen in 3 Banden Hrsg von Gerhard Oestreich Vandenhoeck und Ruprecht Gottingen teilw erweiterte Ausgaben gegenuber Hartung Hrsg Koehler amp Amelang Leipzig 1941 1943 Staat und Verfassung Gesammelte Abhandlungen zur allgemeinen Verfassungsgeschichte Einleitung von Fritz Hartung 1962 6 Soziologie und Geschichte Gesammelte Abhandlungen zur Soziologie Politik und Theorie der Geschichte Einleitung des Hrsg 1964 7 Regierung und Verwaltung Gesammelte Abhandlungen zur Staats Rechts und Sozialgeschichte Preussens Personen und Sachregister zu Band 1 3 Einleitung des Hrsg 1967 8 Giuseppe di Constanzo Michael Erbe Wolfgang Neugebauer Hrsg Allgemeine Verfassungs und Verwaltungsgeschichte der neueren Staaten Fragmente Palomar Athenaeum Band 17 Band 1 Neapel 1998 Mit Hedwig Hintze Verzage nicht und lass nicht ab zu kampfen Die Korrespondenz 1925 1940 Bearbeitet von Brigitta Oestreich Hrsg v Robert Jutte Gerhard Hirschfeld Klartext Essen 2004 ISBN 3 89861 142 6 Literatur BearbeitenEwald Grothe Von Preussen nach Japan und zuruck Otto Hintze Fritz Hartung und die deutsche Verfassungsgeschichtsschreibung In Andrea Gawrich Hans J Lietzmann Hrsg Politik und Geschichte Gute Politik und ihre Zeit Wilhelm Bleek zum 65 Geburtstag Munster 2005 S 76 93 Ewald Grothe Otto Hintze Staatenbildung und Verfassungsentwicklung In Detlef Lehnert Hrsg Verfassungsdenker Deutschland und Osterreich 1870 1970 Metropol Verlag Berlin 2017 Historische Demokratieforschung Band 11 S 47 62 Ewald Grothe Von der hochmittelalterlichen Stammesverfassung zum Staat des 19 Jahrhunderts Otto Hintzes Feudalismus Typologie In Simon Groth Hrsg Der geschichtliche Ort der historischen Forschung Das 20 Jahrhundert das Lehnswesen und der Feudalismus Campus Frankfurt am Main 2020 Normative Orders Band 28 S 53 67 Jurgen Kocka Otto Hintze Max Weber und das Problem der Burokratie 1981 S 65 105 Jurgen Kocka Otto Hintze In Hans Ulrich Wehler Hrsg Deutsche Historiker Band 3 Vandenhoeck und Ruprecht Gottingen 1972 S 275 298 Wolfgang Neugebauer Otto Hintze Denkraume und Sozialwelten eines Historikers in der Globalisierung 1861 1940 Schoningh Paderborn 2015 ISBN 978 3 506 78191 8 Gerhard Oestreich Otto Hintze und die Verwaltungsgeschichte Gottingen 1967 Gerhard Oestreich Hintze Otto In Neue Deutsche Biographie NDB Band 9 Duncker amp Humblot Berlin 1972 ISBN 3 428 00190 7 S 194 196 Digitalisat Manfred Ressing Zur Methodologie und Geschichtsschreibung des preussischen Historikers Otto Hintze Europaische Hochschulschriften Reihe III Band 714 Frankfurt am Main 1996 Pierangelo Schiera Otto Hintze Napoli 1974 Luise Schorn Schutte Hintze Otto 1861 1940 In Rudiger vom Bruch Rainer A Muller Hrsg Historikerlexikon Von der Antike bis zur Gegenwart Munchen 2002 S 152 f Herbert Wartenberg Otto Hintze als Geschichtsdenker Berlin 1953 Matthias Zimmer Hintze Otto German historian Hrsg Kelly Boyd Encyclopedia of Historians and Historical Writing Volume I London Chicago 1999 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Otto Hintze Sammlung von Bildern nbsp Wikisource Otto Hintze Quellen und Volltexte Literatur von und uber Otto Hintze im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Kurzbiografie der Gedenkstatte Deutscher Widerstand Martin Baumeister Historikergalerie des Instituts fur Geschichtswissenschaften Otto Hintze 1861 1940 Memento vom 5 Marz 2010 im Internet Archive In Geschichte HU Berlin de Jurgen Kocka Otto Hintze Max Weber et le probleme de la bureaucratie In Trivium Nr 7 2010 Schwerpunktheft Max Weber und die Burokratie franzosisch Einzelnachweise Bearbeiten Hugo Bottger Hrsg Verzeichnis der Alten Burschenschafter nach dem Stande des Wintersemesters 1911 12 Berlin 1912 S 85 Ute Daniel C K Frey Hrsg Die preussisch welfische Hochzeit 1913 Das dynastische Europa in seinem letzten Friedensjahr Braunschweig 2016 S 9 Peter Th Walther Arisierung Nazifizierung und Militarisierung Die Preussische Akademie der Wissenschaften im Dritten Reich In Wolfram Fischer Hrsg Die Preussische Akademie der Wissenschaften zu Berlin 1914 1945 Berlin Brandenburgische Akademie der Wissenschaften Forschungsberichte Bd 8 Akademie Verlag Berlin 2000 ISBN 3 05 003327 4 S 95 Online auf dem Dokumentenserver der Berlin Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften Otto Hintze und Hedwig Hintze Verzage nicht und lass nicht ab zu kampfen Die Korrespondenz 1925 1940 Bearb von Brigitta Oestreich Hrsg von Robert Jutte und Gerhard Hirschfeld Klartext Essen 2004 ISBN 3 89861 142 6 S 12 Ewald Grothe Zwischen Geschichte und Recht Deutsche Verfassungsgeschichtsschreibung 1900 1970 Oldenbourg Munchen 2005 Ordnungssysteme Band 16 ISBN 3 486 57784 0 S 389 406 V amp R 587 S Koehler 1941 467 S V amp R 543 S Koehler 1942 239 S V amp R 675 S Koehler 1943 unter dem Titel Geist und Epochen der preussischen Geschichte 682 S ein Auszug daraus in Rainer Siegle Hrsg Heinrich von Kleist Michael Kohlhaas Mit Materialien Klett Stuttgart 1979 u o Editionen ISBN 3 12 351500 1 S 119 f u d T Rechtsverhaltnisse in Brandenburg im 16 Jahrhundert Normdaten Person GND 118551329 lobid OGND AKS LCCN n83146309 NDL 00443403 VIAF 17277875 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Hintze OttoKURZBESCHREIBUNG deutscher Historiker und GeschichtsprofessorGEBURTSDATUM 27 August 1861GEBURTSORT PyritzSTERBEDATUM 25 April 1940STERBEORT Berlin Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Otto Hintze amp oldid 238165466