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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig Zum deutschen Urologen und Hochschullehrer siehe Martin Spahn Mediziner Johann Martin Adolf Spahn 7 Marz 1875 in Marienburg 12 Mai 1945 in Seewalchen am Attersee war ein deutscher Historiker Politiker Zentrum DNVP NSDAP und Publizist In der Weimarer Republik wandelte er sich vom Reformkatholiken erst zum nationalkonservativen Rechtskatholiken und schliesslich zum Nationalsozialisten Im Juni 1933 war er daran beteiligt die DNVP zu Gunsten der NSDAP aufzulosen Martin Spahn Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Politische Tatigkeit 3 Der Fall Spahn 4 Veroffentlichungen Auswahl 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben BearbeitenMartin Spahn altester Sohn des spateren Vorsitzenden der Reichstagsfraktion des Zentrums Peter Spahn studierte Geschichte an den Universitaten Bonn wo er der katholischen Studentenverbindung K St V Arminia im KV beitrat Berlin beim Protestanten Max Lenz und Innsbruck bei dem katholischen Papsthistoriker Ludwig von Pastor Er wurde im Alter von 21 Jahren promoviert und habilitierte sich zwei Jahre darauf mit einer Arbeit uber Johannes Cochlaus 1901 wurde er ausserordentlicher Professor fur Geschichte an der Universitat Bonn und erhielt im Herbst desselben Jahres einen Ruf an die Universitat Strassburg Die Berufung eines 26 Jahrigen dazu noch Katholiken war auch in dieser Zeit ein ungewohnlicher Vorgang Seine Ubernahme des Ordinariats fur Neuere Geschichte fuhrte im so genannten Fall Spahn zu einer monatelangen offentlichen Diskussion 1920 erhielt er eine Professur fur Neuere Geschichte an der neu gegrundeten Universitat zu Koln Im gleichen Jahr grundete er mit Unterstutzung antidemokratischer rechtskonservativer Kreise das in Spandau gelegene Berliner Politische Kolleg fur nationalpolitische Schulungs und Bildungsarbeit das eine Gegengrundung zu der demokratisch orientierten Deutschen Hochschule fur Politik sein sollte 1 Neben seiner Professur in Koln leitete er das Berliner Kolleg Politische Tatigkeit BearbeitenSpahn sass von 1908 bis 1918 im Strassburger Gemeinderat seit 1912 fur das Zentrum Von 1910 bis 1912 war er Reichstagsabgeordneter fur diese katholisch gepragte Partei Spahn wird zu den Reformkatholiken gerechnet die nach dem Kulturkampf im Gegensatz zu den Ultramontanen den Anschluss der Katholiken an das protestantisch gepragte Reich auf wissenschaftlichem und kulturellem Gebiet anstrebten Zu diesem Zweck publizierte Spahn eine Reihe von Aufsatzen in der katholischen Kulturzeitschrift Hochland 1921 wechselte Spahn zur antidemokratischen nationalistischen und antisemitischen DNVP fur die er von 1924 bis 1933 dem Reichstag angehorte Zur gleichen Zeit schloss er sich dem jungkonservativen Berliner Juniklub an und avancierte zu einem der wichtigsten Redner bei den regelmassigen Schulungswochen des volkisch orientierten Deutschen Hochschulrings Spahn knupfte auch zahlreiche Beziehungen zu Finanziers aus der Industrie wie Alfred Hugenberg Hugo Stinnes und Albert Vogler 2 Ulrich Herbert zufolge war der volkisch radikale Kurs des Deutschen Hochschulrings zu einem guten Teil auf Spahn zuruckzufuhren der bei den volkischen Studenten hohes Ansehen genoss Anfang der 1930er Jahre setzte Spahn sich dafur ein dass der Katholizismus die Nationalsozialisten akzeptierte Dazu gehorte auch dass er als Mitglied der Askania dafur sorgte dass der Unvereinbarkeitsbeschluss fur die Mitglieder des KV mit der Mitgliedschaft in der NSDAP ausser Kraft gesetzt wurde Nach der Machtubernahme durch Hitler und die NSDAP trat er am 12 Juni 1933 der NSDAP bei fur die er bis Kriegsende im Reichstag sass 3 Als Grund gab er an er konne sich nicht zwei Fuhrern unterstellen Hugenberg brauche die DNVP ohnehin nur noch als Ruckenstutze 4 Ende der 30er Jahre tauchte Spahn als Leiter eines Instituts fur Raumpolitik in Koln auf das die nationalsozialistische Westforschung und die kunftige Landnahme belgischer und franzosischer Gebiete durch Deutschland im Rahmen des Volkstumskampfs propagandistisch begleitete Der Fall Spahn BearbeitenMartin Spahn wurde 1901 auf spektakulare Art durch den so genannten Fall Spahn bekannt Es war der seinerzeit prominenteste Hohepunkt des akademischen Kulturkampfs der offentlichen Diskussion um das Verhaltnis von Staat und Kirche sowie um das Verhaltnis eines selbstbewussten Staates und einer autonomen Wissenschaft Als die Reichsleitung an der Universitat Strassburg einen zweiten Lehrstuhl fur Geschichte einrichtete und mit Martin Spahn einen Katholiken berufen wollte kam es zu einem Sturm der Entrustung des liberalprotestantischen Lagers Der Berliner Althistoriker Theodor Mommsen startete in Zeitungsartikeln eine Kampagne weil er die Freiheit der Wissenschaft in Gefahr sah Spahns Ernennung durch unmittelbare Intervention Kaiser Wilhelms II fand ein aussergewohnlich starkes Echo in der Presse Der Fall Spahn fuhrte zu monatelangen Auseinandersetzungen uber die Voraussetzungslosigkeit der Wissenschaft Dabei vermischten sich wissenschafts konfessions und parteipolitische Argumentationen Mommsen hatte im November 1901 in den Munchner Neuesten Nachrichten argumentiert ein katholischer Wissenschaftler konne dem Ziel einer voraussetzungslosen Wissenschaft nicht nachkommen da er konfessionell gebunden sei Diese Erklarung wurde wesentlich von dem Munchener Wirtschaftswissenschaftler Lujo Brentano initiiert der eine Protestaktion aller liberalprotestantischen Professoren gegen Spahns Berufung anstiess Mommsens Stellungnahme im Namen der voraussetzungslosen Wissenschaft ist beruhmt geworden Von fast allen deutschen Universitaten erhielt er zustimmende Schreiben die allerdings schon im Vorhinein als Vordruck versandt worden waren Brentano und Mommsen ging es in erster Linie allerdings um die Wahrung des Status quo der protestantischen Vorherrschaft an den deutschen Universitaten Fur die reformkatholische Seite reagierte ebenfalls in einem Zeitungsartikel der Zentrumspolitiker Georg Hertling Fur ihn war eine voraussetzungslose Wissenschaft ein illusorisches Postulat das wegen der sozialen Pragung eines Wissenschaftlers nicht existieren konne Weiterhin bestand fur Hertling kein Widerspruch zwischen Glauben und Wissen zwischen gottlicher Offenbarung und wissenschaftlichem Forschen Auch wehrte er sich gegen Mommsens impliziten Vorwurf der Unwahrhaftigkeit katholischer Wissenschaftler Hinter Spahns Berufung verbargen sich aber auch politische Motive der Reichsleitung Sie wollte an der Universitat Strassburg eine eigene katholisch theologische Fakultat errichten um die Ausbildung der katholischen Theologen die bislang vom bischoflichen Seminar durchgefuhrt wurde unter ihre Kontrolle zu bringen Um den Vatikan in den Verhandlungen fur die Fakultat milde zu stimmen sei die Berufung katholischer Professoren an die Strassburger Universitat notwendig urteilte der massgebliche Ministerialbeamte im preussischen Kultusministerium Friedrich Althoff Spahn sei ein gemassigter Katholik und deswegen der richtige Kandidat fur die neue Stelle Nach aussen begrundete Althoff seine Motivation zur Berufung eines Katholiken jedoch damit dass er den Forderungen nach paritatischer Beteiligung der Katholiken im Hochschulwesen nachkommen wolle Bei 80 Prozent katholischer Bevolkerung im Elsass konne es nicht sein dass unter 20 Ordinarien der Philosophischen Fakultat kein einziger Katholik sei Die Strassburger Universitat fuhlte sich durch das von Berlin bestimmte Berufungsverfahren ubergangen hatte aber keinen Erfolg beim Versuch sich gegen Spahns Berufung zu wehren 5 Die Diskussion um den Fall Spahn war nach wenigen Monaten wieder abgeflaut Mommsens und Brentanos Versuch war durchschaut worden und gereichte speziell Mommsen zum Nachteil In der Folge stimmte nach Geheimverhandlungen Hertlings mit der Kurie 1903 der Vatikan der Errichtung einer katholisch theologischen Fakultat in Strassburg zu Die Reichsleitung zielte beim Fall Spahn auf eine Integration der deutschen Katholiken ab allerdings um Kontrolle uber sie ausuben zu konnen Mommsen und Brentano als Vertreter der liberalen Professorenschaft waren an einer Wahrung des Status quo und damit nicht an einer Integration der Katholiken ins Reich interessiert Der Reformkatholizismus um Hertling schliesslich wunschte sich auch auf dem Gebiet der Wissenschaft eine Integration der Katholiken um ihre Stellung im Reich insgesamt zu verbessern Veroffentlichungen Auswahl BearbeitenDer Grosse Kurfurst Mainz 1902 Ernst Lieber als Parlamentarier Gotha 1906 6 Der Kampf um die Schule in Frankreich und Deutschland Kempten 1907 7 Die Grossmachte Richtlinien ihrer Geschichte Massstabe ihres Wesens Verlag Ullstein amp Co Berlin 1918 Literatur BearbeitenGabriele Clemens Martin Spahn und der Rechtskatholizismus in der Weimarer Republik Veroffentlichungen der Kommission fur Zeitgeschichte Reihe B Forschungen Band 37 Grunewald Mainz 1983 ISBN 3 7867 1049 X Unter dem Titel Katholizismus und nationaler Gedanke bei Martin Spahn Dissertation Universitat Marburg 1981 Michael F Feldkamp Kurt Georg Kiesinger und seine Studentenkorporation Askania auf dem Weg ins Dritte Reich In Gunter Buchstab Philipp Gassert Peter Thaddaus Lang Hrsg Kurt Georg Kiesinger 1904 1988 Von Ebingen ins Kanzleramt Herder Freiburg 2005 ISBN 3 451 23006 2 Elmar Gasten Ein Historiker in Koln Martin Spahn 1875 1945 In Geschichte in Koln 15 1984 ISSN 0720 3659 S 144 156 Leo Just Briefe an Hermann Cardauns Paul Fridolin Kehr Aloys Schulte Heinrich Finke Albert Brackmann und Martin Spahn 1923 1944 Beitrage zur Kirchen und Kulturgeschichte Band 12 Herausgegeben eingeleitet und kommentiert von Michael F Feldkamp Lang Frankfurt am Main u a 2002 ISBN 3 631 38931 0 Rudolf Morsey Spahn Martin In Neue Deutsche Biographie NDB Band 24 Duncker amp Humblot Berlin 2010 ISBN 978 3 428 11205 0 S 613 f Digitalisat Rudolf Morsey Martin Spahn 1875 1945 In ders mit Jurgen Aretz Anton Rauscher Hrsg Zeitgeschichte in Lebensbildern Aus dem deutschen Katholizismus des 19 und 20 Jahrhunderts Band 4 Matthias Grunewald Verlag Mainz 1980 ISBN 3 7867 0833 9 S 143 158 Nachdruck bei Aschendorff Munster 2022 Digitalisat Christoph Weber Der Fall Spahn 1901 Ein Beitrag zur Wissenschafts und Kulturdiskussion im ausgehenden 19 Jahrhundert Herder Rom 1980 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Martin Spahn im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Martin Spahn in der Datenbank der Reichstagsabgeordneten Nachlass Bundesarchiv N 1324Einzelnachweise Bearbeiten Erich Nickel 24 Oktober 1920 Die Grundung der Deutschen Hochschule fur Politik In Berlinische Monatsschrift Luisenstadtischer Bildungsverein Heft 6 2000 ISSN 0944 5560 S 104 luise berlin de Ulrich Herbert Generation der Sachlichkeit Die volkische Studentenbewegung der fruhen zwanziger Jahre in Deutschland In Zivilisation und Barbarei Detlef Peukert zum Gedenken hg v Frank Bajohr u a Hamburg 1991 S 123f Joachim Lilla Martin Doring Andreas Schulz Statisten in Uniform Die Mitglieder des Reichstags 1933 1945 Ein biographisches Handbuch Unter Einbeziehung der volkischen und nationalsozialistischen Reichstagsabgeordneten ab Mai 1924 Droste Dusseldorf 2004 ISBN 3 7700 5254 4 S 625 626 Anton Ritthaler Eine Etappe auf Hitlers Weg zur ungeteilten Macht Hugenbergs Rucktritt als Reichsminister PDF 1 4 MB In Vierteljahrshefte fur Zeitgeschichte 8 Jg 2 Heft April 1960 S 193 219 Der Briefwechsel Mommsens mit Friedrich Althoff Lujo Brentano und Gustav Schmoller zu diesem Komplex ist veroffentlicht bei Stefan Rebenich Theodor Mommsen und Adolf Harnack Wissenschaft und Politik im Berlin des ausgehenden 19 Jahrhunderts de Gruyter Berlin u a 1997 ISBN 3 11 015079 4 Zugleich Mannheim Univ Habil Schr 1994 95 Vgl hierzu die Besprechung von Hermann Oncken in Der Tag Illustrierter Teil 12 September 1906 Vgl hierzu die Besprechung von Wilhelm Rein in Der Tag Illustrierter Teil Nr 508 6 Oktober 1907 S 1f Normdaten Person GND 118615874 lobid OGND AKS LCCN no95041031 VIAF 17231819 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Spahn MartinALTERNATIVNAMEN Spahn Johann Martin Adolf vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG deutscher Historiker und Politiker Zentrum DNVP NSDAP MdRGEBURTSDATUM 7 Marz 1875GEBURTSORT Marienburg WestpreussenSTERBEDATUM 12 Mai 1945STERBEORT Seewalchen am Attersee Oberosterreich Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Martin Spahn amp oldid 234330862