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Karl Hermann Gerhard Oncken 16 November 1869 in Oldenburg Oldb 28 Dezember 1945 in Gottingen war ein deutscher Historiker und politischer Publizist Hermann Oncken 1933 Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Wirken 1 1 Fruhe Jahre und erste Stationen seiner Tatigkeit 1 2 Hinwendung zur Politik und Tatigkeit wahrend des Ersten Weltkriegs 1 3 Tatigkeit zur Zeit der Weimarer Republik 1 4 Tatigkeit zur Zeit des Nationalsozialismus 1 5 Lebensende 1 6 Mitgliedschaft in Akademien 2 Schuler 3 Schriften 4 Nachlass 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben und Wirken BearbeitenFruhe Jahre und erste Stationen seiner Tatigkeit Bearbeiten nbsp Gottingen Stadtfriedhof Grab von Hermann OnckenHermann Oncken wuchs als Sohn des Hofkunsthandlers Carl Gerhard Oncken 1839 1925 und seiner Ehefrau Friederike Catharine Hermine Oncken geb Kruger 1848 1903 in Oldenburg auf Er war ein Neffe von Wilhelm Oncken und August Oncken Oncken besuchte ab Ostern 1878 das Grossherzogliche Gymnasium Oldenburg bis zu seinem Abitur 1887 Anschliessend studierte er Geschichte Germanistik und Volkswirtschaft an der Friedrich Wilhelms Universitat Berlin und fur zwei Semester an der Ruprecht Karls Universitat Heidelberg Dort besuchte er die Vorlesungen des Philosophen Kuno Fischer Zuruck in Berlin wo er sich der Landsmannschaft Spandovia anschloss und Vorlesungen der Historiker Harry Bresslau Paul Scheffer Boichorst Reinhold Koser und Gustav von Schmoller besuchte wurde er am 11 August 1891 bei Max Lenz seit 1890 das Ordinarius fur Neuere Deutsche Geschichte mit einer Arbeit uber oldenburgische Geschichtsquellen des Mittelalters promoviert Danach war er von 1891 bis 1894 unter Georg Sello wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am Grossherzoglichen Haus und Zentralarchiv heute Staatsarchiv Oldenburg in Oldenburg Zusammen mit Sello grundete er 1892 das Jahrbuch fur das Herzogtum Oldenburg seit 1915 Oldenburger Jahrbucher Ab 1894 ubernahm Oncken dessen Redaktion die er noch bis 1904 weiterfuhrte 1898 habilitierte sich Oncken wiederum bei Lenz mit der aus der oldenburgischen Landesgeschichte entstandenen Arbeit Graf Christoph von Oldenburg in Berlin und war anschliessend als Privatdozent an der Universitat sowie an der Preussischen Kriegsakademie tatig Aus der 1902 geschlossenen Ehe mit Margarethe Weber 1876 1954 der Schwester August Webers gingen drei Kinder hervor darunter die Kunsthistorikerin Alste Horn Oncken 1910 1991 Zum Wintersemester 1905 ging er als Gastprofessor nach Chicago 1906 folgte er einem Ruf auf einen Lehrstuhl an die Universitat Giessen 1907 wechselte Oncken an die Ruprecht Karls Universitat Heidelberg wo er den Historischen Lehrstuhl innehatte und einen engen freundschaftlichen Kontakt zu Max Weber und Friedrich Gundolf sowie zu seinen Kollegen Ernst Troeltsch Karl Jaspers und Heinrich Rickert den Historikern Eberhard Gothein und Karl Hampe den Staatsrechtlern Richard Thoma und Gerhard Anschutz und zu Max Webers Bruder den Nationalokonomen Alfred Weber pflegte Oncken verbrachte insgesamt 16 Jahre in Heidelberg die als seine wichtigste und erfolgreichste Zeit gilt Hinwendung zur Politik und Tatigkeit wahrend des Ersten Weltkriegs Bearbeiten Oncken engagierte sich auch politisch und wurde Mitglied der Nationalliberalen Partei deren Heidelberger Stadtorganisation er als Vorsitzender leitete Als Nachfolger von Ernst Troeltsch vertrat er seit 1915 die Universitat Heidelberg in der Badischen Ersten Kammer der er bis 1918 angehorte Bei dieser Tatigkeit kam er mit Prinz Max von Baden dem spateren Reichskanzler in Kontakt Eine Kandidatur Onckens fur das 1916 freigewordene Heidelberger Reichstagsmandat liess sich allerdings nicht verwirklichen Im Januar 1912 trat er mit seinem Vortrag uber Heeres oder Flottenverstarkung den weitausgreifenden Planen des Grossadmirals von Tirpitz entgegen weil sie die Verstandigung mit England gefahrdeten Er stimmte darin mit dem damaligen britischen Kriegsminister Lord Haldane uberein den er spater als britischen Lordkanzler 1913 in London kennenlernte Hermann Oncken wandte sich von dem Ersten Weltkrieg gegen eine uberzogene deutsche Rustungspolitik und ausserte eine gewisse Kritik an den innenpolitischen Zustanden des wilhelminischen Kaiserreichs Wie viele seiner Kollegen war Oncken am Beginn des Weltkrieges ein Kriegsbefurworter der von der Gerechtigkeit der deutschen Sache uberzeugt war Jedoch trat er fur gemassigte Kriegsziele ein und lehnte Alldeutsche Plane sowie die Ziele der Vaterlandspartei ab Zusammen mit Max Weber und Friedrich Meinecke widmete er sein politisches Engagement eher dem 1917 gegrundeten Volksbund fur Freiheit und Vaterland in dem er fur einen Verstandigungsfrieden und Reformen im Inneren eintrat Tatigkeit zur Zeit der Weimarer Republik Bearbeiten Fur einen moderaten Verstandigungsfrieden warb Oncken auch 1919 nach dem Ersten Weltkrieg zusammen mit Max von Baden und Max Weber in der Heidelberger Vereinigung und setzte sich in der Weimarer Republik fur die parlamentarisch demokratische Verfassung und die Aussenpolitik Gustav Stresemanns ein In seinem Aufsatz zur Revolution 1918 19 identifizierte er die Illusionen der Obersten Heeresleitung und den von dieser gegen die politische Fuhrung des Reiches durchgesetzten uneingeschrankten U Boot Krieg ferner die Schwache des Kaisers neben der Anziehungskraft der Ideen der Russischen Revolution und dem plotzlichen Eingestandnis der militarischen Niederlage als deren Ursachen Seit 1923 wirkte er als ordentlicher Professor in Munchen seit 1928 in Berlin Oncken begleitete die Politik der Weimarer Republik kritisch sah sich aber als Vernunftrepublikaner im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen die sich mit dem Untergang des Kaiserreichs nur schwer oder gar nicht abfinden konnten Die aussenpolitische Verstandigung wie sie etwa in den Vertragen von Locarno und im Volkerbundsbeitritt 1926 realisiert wurde befurwortete Oncken Vorschlage zur Reichsreform lehnte er allerdings ab 1929 bekannte sich Oncken in der Rede zur Verfassungsfeier der Berliner Hochschule erneut zur Weimarer Republik Ausserdem gehorte er 1932 zu den Unterzeichnern des Aufrufs der deutschen Historiker die sich fur den Kandidaten der Weimarer Parteien zur Wahl des Reichsprasidenten Paul von Hindenburg aussprachen 1928 wurde er erster Stellvertreter des Vorsitzenden der Historischen Reichskommission Friedrich Meinecke mit dem er die Klassiker der Politik herausbrachte Nach Meineckes Ausscheiden im Fruhjahr 1934 wurde er dessen Nachfolger 1932 wurde er wiederum als Nachfolger Meineckes in die Berliner Mittwochsgesellschaft aufgenommen der er bis 1944 angehorte Tatigkeit zur Zeit des Nationalsozialismus Bearbeiten Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Januar 1933 geriet Oncken zunehmend in Gegensatz zu den neuen Machthabern deren Politik seinem Wesen und Denken vollig zuwider war Obwohl er direkte Ausserungen vermied wurde er Ende 1934 zum Opfer einer von seinem ehemaligen Schuler Walter Frank gefuhrten Hetzkampagne Ausloser war Onckens Rede uber die Wandlungen des Geschichtsbildes in revolutionaren Epochen die er in der Preussischen Akademie der Wissenschaften sowie im Grossen Auditorium der Berliner Universitat gehalten hatte In dieser Rede beschrieb Oncken die Umwertung der deutschen Geschichte seit 1933 als ein Nebeneinander von fruchtbaren Gedanken aber auch von zeitgebundener Willkur die in einzelnen Fallen auch vor gewagten Hypothesen und unechtem Material nicht zuruckscheu e Diese Auffassung stand im krassen Gegensatz zur Geschichtsdeutung im Nationalsozialismus und Frank antwortete am 3 Februar 1935 mit einem Schmahartikel im Volkischen Beobachter der auch in einer oldenburgischen Zeitschrift nachgedruckt wurde Als Strafmassnahme forderte Frank bei Bernhard Rust Reichsminister fur Wissenschaft Erziehung und Volksbildung das Ende der Lehrtatigkeit Onckens Der Forderung wurde entsprochen und ab dem 7 Februar 1935 fielen Onckens Vorlesungen an der Universitat Berlin aus Den Studenten wurde dies lediglich mittels Anschlag am Schwarzen Brett der Universitat mitgeteilt Am 23 Juli 1935 unterzeichnete Hitler Onckens Entpflichtungsurkunde womit er zwangsemeritiert war lediglich seine Schuler Gerhard Ritter und Anton Ritthaler sowie Friedrich Meinecke hatten ihn offentlich verteidigt 1 Die Auflosung der Historischen Reichskommission hatte Rust bereits im Marz angeordnet Stattdessen wurde im Oktober 1935 das Reichsinstitut fur Geschichte des neuen Deutschlands gegrundet dessen Prasident Walter Frank wurde Lebensende Bearbeiten Nach Onckens Entfernung aus Universitat und allen Forschungsinstitutionen kam seine wissenschaftliche Tatigkeit bis auf wenige Publikationen zum Erliegen Etwa 1943 verliess Oncken Berlin und lebte zunachst in Breslau und spater in Gottingen wo er am 28 Dezember 1945 verstarb Mitgliedschaft in Akademien Bearbeiten Oncken war Mitglied zahlreicher deutscher und auslandischer wissenschaftlicher Akademien u a der Badischen Historischen Kommission 1907 der Historischen Kommission fur das Reichsarchiv und der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in Munchen 1920 der Kommission fur bayerische Landesgeschichte 1927 der Societas Hungarorum Historica 1929 Weiterhin war er korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 1924 der Heidelberger Akademie der Wissenschaften der Gottinger Gesellschaft der Wissenschaften und der Preussischen Akademie der Wissenschaften 1933 in der er den Sitz seines verstorbenen Lehrers Max Lenz einnahm Die 1925 von ihm zusammen mit Georg Pfeilschifter gegrundete Deutsche Akademie 2 in Munchen ist die Vorlauferin der heutigen Goethe Institute Schuler BearbeitenFranz Schnabel 1887 1966 Promotion 1910 Gerhard Ritter 1888 1967 Promotion 1912 Habilitation 1921 Hans Rothfels 1891 1976 Promotion 1918 Egmont Zechlin 1896 1992 Promotion 1922 Ernst Simon 1899 1988 Promotion 1923 Wolfgang Hallgarten 1901 1975 Promotion 1925 Otto Vossler 1902 1987 Promotion 1925 Habilitation 1929 Walter Frank 1905 1945 Promotion 1927 Michael Freund 1902 1972 Promotion 1928 Paul Kluke 1908 1990 Promotion 1931 Margret Boveri 1900 1975 Promotion 1932 Shepard Stone 1908 1990 Promotion 1932 Fritz Hellwig 1912 2017 Promotion 1933Schriften BearbeitenOncken schrieb mehrere Biographien und edierte mehrbandige Quellenwerke u a legte er 1904 die erste Biographie uber Ferdinand Lassalle vor Zur Kritik der oldenburgischen Geschichtsquellen im Mittelalter Dissertation Berlin 1891 Lamprechts Verteidigung 1898 Lassalle Zwischen Marx und Bismarck Frommann Stuttgart 1904 5 Aufl 1966 Rudolf von Bennigsen Ein deutscher liberaler Politiker 2 Bde DVA Stuttgart 1910 Historisch politische Aufsatze und Reden 2 Bde Oldenbourg Munchen 1914 Deutschland und der Weltkrieg 2 Bde Teubner Leipzig u Berlin 1916 Das alte und das neue Mitteleuropa Historisch politische Betrachtungen uber deutsche Bundnispolitik im Zeitalter Bismarcks und im Zeitalter des Weltkrieges Perthes Gotha 1917 Die weltgeschichtlichen Probleme des grossen Krieges Vortrag gehalten am 7 Oktober 1917 in der Handelshochschule zu Konigsberg i Preussen Heymann Berlin 1918 Aus Rankes Fruhzeit Perthes Gotha 1922 Die Utopie des Thomas Morus und das Machtproblem in der Staatslehre Carl Winter Heidelberg 1922 Die Rheinpolitik Kaiser Napoleons III von 1863 1870 und der Ursprung des Krieges von 1870 1871 3 Bde 1926 Napoleon III und der Rhein Der Ursprung des Krieges von 1870 71 separat publizierte Einleitung von Die Rheinpolitik Kaiser Napoleons III von 1863 bis 1870 DVA Stuttgart 1926 Grossherzog Friedrich I von Baden und die deutsche Politik von 1854 1871 2 Bde DVA Stuttgart 1927 Das Deutsche Reich und die Vorgeschichte des Weltkrieges 2 Bde Barth Leipzig 1933 Vorgeschichte und Begrundung des Zollvereins 3 Bde R Hobbing Berlin 1934 Cromwell Vier Essays uber die Fuhrung einer Nation Grote Berlin 1935 Nation und Geschichte Reden und Aufsatze 1919 1935 Grote Berlin 1935 Die Sicherheit Indiens Ein Jahrhundert englischer Weltpolitik Grote Berlin 1937 Nachlass BearbeitenDer Nachlass von Hermann Oncken befindet sich im Niedersachsischen Landesarchiv Standort Oldenburg 3 Literatur BearbeitenHans Friedl u a Hrsg Biographisches Handbuch zur Geschichte des Landes Oldenburg Hrsg im Auftrag der Oldenburgischen Landschaft Isensee Oldenburg 1992 ISBN 3 89442 135 5 S 537 541 PDF 3 5 MB Felix Hirsch Erinnerungen an Hermann Oncken In Ruperto Carola Mitteilungen der Universitat Heidelberg 9 1959 S 13 ff Gerhard Ritter Zum Gedachtnis von Hermann Oncken In Geistige Welt Oktober 1946 Klaus Schwabe Hermann Oncken In Hans Ulrich Wehler Hrsg Deutsche Historiker Bd 2 Vandenhoeck und Ruprecht Gottingen 1971 S 189 205 Christoph Studt Oncken Karl Hermann Gerhard In Neue Deutsche Biographie NDB Band 19 Duncker amp Humblot Berlin 1999 ISBN 3 428 00200 8 S 538 f Digitalisat Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Hermann Oncken Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Literatur von und uber Hermann Oncken im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Zeitungsartikel uber Hermann Oncken in den Historischen Pressearchiven der ZBW Redebeitrage von Hermann Oncken im Badischen Landtag in den Digitalen Sammlungen der Badischen Landesbibliothek Oncken Hermann Gerhard Karl Hessische Biografie Stand 10 August 2023 In Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen LAGIS Einzelnachweise Bearbeiten Rene Betker Hermann Oncken 1869 1945 Auszug aus der Magisterarbeit Das Historische Seminar der Berliner Universitat im Dritten Reich unter besonderer Berucksichtigung der ordentlichen Professoren S 6 Nachruf von Anton Ritthaler auf Georg Pfeilschifter in der September Ausgabe 1936 Memento vom 21 August 2011 im Internet Archive PDF 1 9 MB der Weissen Blatter S 276 277 NLA OL Dep 84 Arcinsys Detailseite Abgerufen am 17 November 2017 Normdaten Person GND 118589997 lobid OGND AKS LCCN n84802545 VIAF 2600978 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Oncken HermannALTERNATIVNAMEN Karl Hermann Gerhard Oncken vollstandiger Name KURZBESCHREIBUNG deutscher Historiker und politischer PublizistGEBURTSDATUM 16 November 1869GEBURTSORT Oldenburg Oldb STERBEDATUM 28 Dezember 1945STERBEORT Gottingen Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hermann Oncken amp oldid 236309368