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Der Berliner Kongress war eine Versammlung von Vertretern der europaischen Grossmachte Deutsches Reich Osterreich Ungarn Frankreich Vereinigtes Konigreich Italien und Russland sowie des Osmanischen Reiches auf der die Balkankrise beendet und eine neue Friedensordnung fur Sudosteuropa ausgehandelt wurde Der Kongress begann am 13 Juni 1878 in Berlin und endete dort am 13 Juli 1878 mit der Unterzeichnung des Berliner Vertrages Der Kongress zu Berlin Schlusssitzung 13 Juli 1878 Olgemalde von Anton von Werner 1881 3 60 6 15 m Rotes Rathaus Berlin Abgebildet v l n r von Haymerle Karolyi de Launay Gortschakow sitzend tief im Hintergrund der Maler selbst und ein Saaldiener Waddington Disraeli von Radowitz zu Hohenlohe Schillingsfurst Corti Graf de Mouy 1 halb verdeckt d Oubril sitzend de Saint Vallier verdeckend Desprez Andrassy Bucher Otto von Bismarck von Holstein Busch Herbert von Bismarck Schuwalow Sadullah Bey Russell von Bulow Salisbury Caratheodori und Mehmed Ali Pascha Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Verlauf und Ergebnisse 3 Folgen 4 Wertung 5 Vertreter 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseVorgeschichte BearbeitenAufstande der orthodoxen Bevolkerung gegen die osmanische Herrschaft in der Herzegowina und im spateren Bulgarien 1875 1876 hatten zuerst zu Kriegserklarungen Serbiens und Montenegros an das Osmanische Reich gefuhrt Beide Lander erlitten eine Niederlage weshalb Russland Serbien bereits im Herbst drangte Frieden zu schliessen Kurz darauf schlug die osmanische Armee auch den bulgarischen Aprilaufstand gewaltsam nieder Da sich Russland im Zuge des Panslawismus und aus machtpolitischen Erwagungen als Schutzmacht der Bulgaren verstand drohte ein russisch turkischer Krieg Um dies zu verhindern tagte von Dezember 1876 bis Januar 1877 in Konstantinopel eine Konferenz der Botschafter der europaischen Grossmachte die von der Hohen Pforte verlangte auch mit Montenegro Frieden zu schliessen und den Bulgaren weitgehende Autonomierechte einzuraumen Die Grossmachte behielten sich vor die Durchfuhrung dieser Reform zu uberwachen Londoner Protokoll Sultan Abdulhamid II weigerte sich eine solche Souveranitatseinschrankung hinzunehmen woraufhin Russland dem Osmanischen Reich im April 1877 den Krieg erklarte 2 Bereits im Januar 1877 hatte Osterreich Ungarn den Russen im Budapester Vertrag seine Neutralitat zugesagt Im Russisch Osmanischen Krieg musste die osmanische Armee mehrere schwere Niederlagen hinnehmen Ende 1877 erreichte die Armee des Zaren in Yeșilkoy einem Vorort von Konstantinopel das Marmarameer Um eine Besetzung seiner Hauptstadt zu verhindern war der Sultan im Marz 1878 gezwungen nach dem Waffenstillstand von Edirne den Frieden von San Stefano zu unterzeichnen Das Osmanische Reich musste darin die volle Unabhangigkeit Rumaniens Serbiens und Montenegros anerkennen und kleinere Gebiete an diese Lander abtreten Ausserdem sollte wie bereits in der Konferenz von Konstantinopel festgelegt ein grossbulgarischer Staat geschaffen werden der quer uber den Balkan vom Schwarzen Meer bis an den Ohridsee heute die Grenze zwischen Albanien und Nordmazedonien und im Suden bis an die Agais reichen sollte Dieser Frieden bedeutete fur das Osmanische Reich den Verlust fast samtlicher europaischen Besitzungen fur Russland dessen Truppen unter Generalgouverneur Alexander Michailowitsch Dondukow Korsakow den neu geschaffenen Satellitenstaat besetzt hielten die Vorherrschaft auf der Balkanhalbinsel und einen Zugang zum Mittelmeer Das Vorgehen der russischen Aussenpolitik rief die anderen Grossmachte auf den Plan Osterreich Ungarn furchtete seinen Einfluss auf dem Balkan zu verlieren sei es durch eine russische Hegemonie sei es durch die Errichtung eines Gesamtstaates aller Balkanslawen Grossbritannien furchtete um seine Handelsbeziehungen mit dem Osmanischen Reich und sah das Gleichgewicht der Krafte auf dem Balkan bedroht das es seit dem Krimkrieg 1853 1856 bewachte Premierminister Benjamin Disraeli liess 5 000 Gurkhas auf Malta stationieren britische Fregatten liefen ins Marmarameer ein Die Regierung in Wien nahm Kriegskredite auf und versetzte die Garnisonen an der Grenze zu Russland in Alarmbereitschaft Ein Krieg zwischen den Grossmachten schien unmittelbar bevorzustehen Auf der Balkanhalbinsel formierte sich inzwischen schon bewaffneter Widerstand der muslimischen Bevolkerung gegen die Loslosung ihrer Wohngebiete vom Osmanischen Reich Osterreich Ungarn sah sich fur einen Krieg gegen Russland aber nicht gerustet weshalb Aussenminister Gyula Andrassy vorschlug eine diplomatische Losung auf einem Kongress der Grossmachte zu finden Der russische Aussenminister Furst Alexander Michailowitsch Gortschakow willigte ein und schlug als Ort Berlin vor Das Deutsche Reich verfolgte als einzige Grossmacht keine eigenen Interessen auf dem Balkan 3 Dies hatte Reichskanzler Otto von Bismarck am 5 Dezember 1876 vor dem Deutschen Reichstag ausgesprochen als er sagte auf dem ganzen Balkan sehe er fur Deutschland kein Interesse welches auch nur die gesunden Knochen eines einzigen pommerschen Musketiers wert ware 4 Im Februar 1878 ausserte er ebenfalls vor dem Reichstag er wolle nicht der Schiedsrichter in der Orientalischen Frage sein sei aber bereit die Rolle eines ehrlichen Maklers der das Geschaft wirklich zu Stande bringen will zu ubernehmen 5 Er verlangte aber dass die drei streitenden Parteien sich grundsatzlich vorab einigten Die britische Regierung griff diesen Ansatz gerne auf weil sie in bilateralen Verhandlungen ihre Interessen besser durchsetzen zu konnen hoffte als in der multilateralen Kongressdiplomatie Sie schloss daher drei getrennte Vorabkommen ab 6 Bei den Beratungen von Aussenminister Lord Salisbury 7 mit dem russischen Botschafter Pjotr Andrejewitsch Schuwalow war man sich am 30 Mai 1878 einig dass es kein Bulgarisches Grossreich geben solle Gortschakow liess aber bitten das Ergebnis der Vorverhandlungen erst in Berlin zu ratifizieren weil er auf Unterstutzung der russischen Position durch die deutsche Seite hoffte Salisbury gestand auch zu dass die Entscheidungen in Berlin nur einstimmig getroffen werden sollten wodurch Russland ein Veto Recht behielt Mit Osterreich Ungarn verstandigte sich Salisbury am 6 Juni ebenfalls in London dass das neue Bulgarien seine Sudgrenze am Balkangebirge haben und die Osterreicher Bosnien Herzegowina besetzen sollten womit sich Russland bereits im Januar 1877 einverstanden erklart hatte Auch die Osmanen waren zu einer Vorabsprache mit den Briten bereit Sie befurchteten dass die Einigung der streitenden Grossmachte auf ihre Kosten gehen wurde Daher schlossen sie am 4 Juni 1878 in Konstantinopel ein Geheimabkommen mit den Briten die ihnen ihre asiatischen Besitzungen garantierten und zusagten einen russischen Zugriff auf die Meerengen zu vereiteln Im Gegenzug erhielt Grossbritannien das Recht die Insel Zypern zu besetzen und zu verwalten Die Insel blieb formell aber unter osmanischer Souveranitat Im Ausgleich hierfur erklarte sich Grossbritannien bereit eine franzosische Ubernahme Tunesiens anzuerkennen dieses Ansinnen wurde auch von Bismarck unterstutzt Der franzosische Ministerprasident Jules Ferry schickte im April 1881 Truppen nach Tunesien diese eroberten das Land Am 12 Mai 1881 wurde Bey Muhammad III al Husain zur Unterzeichnung des Bardo Vertrags gezwungen Verlauf und Ergebnisse Bearbeiten Die 1878 in Berlin neu gezogenen Grenzen auf dem Balkan Die Grenzen in Transkaukasien nach demFrieden von Adrianopel 1829 1 Frieden von San Stefano 1878 2 und dem Berliner Kongress 1878 3 Auf Einladung Bismarcks kamen die europaischen Diplomaten am 13 Juni 1878 in Berlin zusammen Sie tagten einen Monat lang in der Reichskanzlei Ausser den Vertretern der Grossmachte und des Osmanischen Reiches waren auch je ein Vertreter Griechenlands Rumaniens und Serbiens anwesend die zwar kein Stimmrecht hatten aber je nach Geschick in informellen Gesprachen einige Vorteile fur ihre Staaten erreichen konnten Die Bulgaren deren Staat noch nicht international anerkannt war und die zum Zeitpunkt des Kongresses auch nicht uber eine Regierung verfugten waren in Berlin nicht vertreten Es war der letzte Kongress zur Regelung internationaler Streitfragen an dem ausschliesslich europaische Machte teilnahmen 8 Der Kongress tagte unter Bismarcks Vorsitz in zwanzig Vollsitzungen zahllosen Kommissionsberatungen internen Besprechungen und Arbeitsessen fur die der Hotelier August F W Borchardt opulente Buffets anrichtete Dafur zahlte ihm die Reichskasse pro Tag 500 Mark was seine Ausgaben nach eigenen Angaben aber nicht deckte Kongresssprache war Franzosisch nur der britische Premierminister Disraeli beharrte darauf Englisch zu reden 3 Bismarck entwarf die dichtgedrangten Tagesordnungen der Sitzungen und drangte auf rasche Erledigung weil seine angegriffene Gesundheit ihn dazu zwang moglichst bald nach Bad Kissingen zur Kur abzureisen Stockten die Verhandlungen uber Punkte die in London nicht hinreichend vorberaten waren suchte er nach Kompromissen oder drohte mehr oder minder unverhohlen Die osmanische Gesandtschaft mit der er rude umzugehen pflegte empfing er beispielsweise einmal in voller Uniform einschliesslich Pickelhaube 9 Gortschakows Hoffnung Bismarck wurde die russischen Wunsche gegen die britischen Bedenken starker unterstutzen erfullte sich nicht Allenfalls moralisch unterstutzte der Reichskanzler russische Positionen die wegen gesundheitlicher Probleme Gortschakows hauptsachlich durch Botschafter Schuwalow vertreten wurden Der Kongress bestatigte in seinen ersten sieben Vollsitzungen bis zum 26 Juni vielmehr weitgehend die Ergebnisse der Londoner Vorberatungen Der Frieden von San Stefano wurde fast vollstandig demontiert Statt eines unter russischem Einfluss stehenden Staates Grossbulgarien 164 000 km wurde nun ein selbstregiertes unter osmanischer Suzeranitat bleibendes Furstentum Bulgarien 64 000 km eingerichtet dessen Gebiet auf das Territorium der ehemaligen osmanischen Donau Provinz das Gebiet zwischen der unteren Donau und dem Balkangebirge und im Sudwesten das Becken von Sofia bis hin zum Rila Gebirge beschrankt war Die Oberthrakische Tiefebene und die Rhodopen sudlich des Balkan blieben als autonome Provinz Ost Rumelien Art 13 22 beim Osmanischen Reich Der Generalgouverneur der Provinz wurde von der Hohen Pforte mit Zustimmung der Machte fur funf Jahre ernannt Art 17 Makedonien wurde wieder der Hohen Pforte unterstellt und blieb bis 1912 die zentrale Provinz Rumeliens Die Dauer der russischen Besetzung des Gebietes wurde von zwei Jahren auf neun Monate verkurzt Art 22 Die Souveranitat Montenegros Art 26 33 Serbiens Art 34 44 und Rumaniens Art 43 51 wurde dagegen vollumfanglich bestatigt Letzteres musste zum Ausgleich fur Russlands Machtverlust Gebiete im sudlichen Bessarabien abtreten und wurde mit dem nordlichen Teil der Dobrudscha einschliesslich des wichtigen Schwarzmeerhafens Constanța entschadigt Vom 26 Juni an befassten sich die Konferenzteilnehmer in mehreren Sitzungen mit den neuen Grenzen der ubrigen sudosteuropaischen Staaten Serbien erhielt Gebietserweiterungen an seiner Sudgrenze Ausser dem schon in San Stefano gewonnenen Gebiet um Nis wurden nun auch Pirot und Vranje serbisch Montenegro wurde um mehr als ein Drittel seiner Flache vergrossert und bekam mit Bar erstmals einen Hafen all dies ging auf Kosten des Osmanischen Reiches Der griechische Aussenminister Theodoros Deligiannis konnte die Zustimmung der Grossmachte fur Gebietserweiterungen an der griechischen Nordgrenze in Epirus und Thessalien erringen Die genaue Grenzziehung sollten Griechenland und das Osmanische Reich spater bilateral aushandeln 1881 erfolgte daraufhin der Ubertrag Thessaliens an Griechenland Frankreich wurde fur seine Zustimmung zum Berliner Vertrag die Annexion des osmanischen Vasallenstaats Tunis in Aussicht gestellt die ebenfalls 1881 erfolgte Osterreich Ungarn erhielt wie im Budapester Vertrag vom Januar 1877 vorgesehen das Recht Bosnien Herzegowina zu besetzen dessen Bevolkerung aus orthodoxen Serben katholischen Kroaten und Muslimen bestand Auch im Sandschak von Novi Pazar wurde ihm der Unterhalt von Truppen zugestanden der ansonsten aber beim Osmanischen Reich blieb Dies diente dem Zweck eine sudslawische und damit prorussische Machtbildung auf dem Balkan zu verhindern wenn etwa Serbien und Montenegro sich vereinigten Dementsprechend gross war die Emporung der Serben Auch die Osmanen protestierten bekamen aber von Andrassy in einer geheimen Abmachung zugesichert die Regierung in Wien sei bereit diese Okkupation als provisorische zu betrachten Gegen Ende des Kongresses wurden die finanziellen Folgen des Krieges Entschadigungen osmanische Staatsschulden beraten und die russischen Territorialgewinne in Transkaukasien Ardahan Batumi und Kars bestatigt Letztere hatten zur Folge gehabt dass aus diesen Gebieten Muslime namentlich Tscherkessen nach Ostanatolien geflohen waren wodurch die dort mehrheitlich siedelnden christlichen Armenier unter Druck gerieten In Artikel 61 des Berliner Vertrages wurde die Hohe Pforte daher verpflichtet umgehend Reformen zur Verbesserung der Lage der Armenier ins Werk zu setzen und deren Sicherheit gegen Ubergriffe von Kurden und Tscherkessen zu garantieren Die Osmanen willigten ein weigerten sich aber spater diese als Einmischung in die inneren Angelegenheiten empfundenen Bestimmungen umzusetzen 10 Am 13 Juli 1878 wurden die erzielten Ergebnisse im von den Grossmachten und dem Osmanischen Reich unterzeichneten Berliner Vertrag festgehalten Folgen BearbeitenObwohl die Russen bei nuchterner Betrachtung der Lage das Maximum dessen erlangt hatten was ohne Krieg erreichbar war 11 empfanden sie den Berliner Vertrag als Niederlage Ihre Ordnungsvorstellungen fur Sudosteuropa hatten sich nicht durchsetzen lassen der ersehnte direkte Zugang zum Mittelmeer war ihnen verwehrt worden Die Rivalitat Osterreichs und Russlands auf dem Balkan vertiefte sich und wurde zu einer Konstante in der europaischen Politik bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs Die Presse unter dem Einfluss des panslawistischen Publizisten Michail Nikiforowitsch Katkow schaumte Kosaken demonstrierten allgemein gab man entweder dem Botschafter in London Pjotr Schuwalow oder Bismarck die Schuld 12 In der Folgezeit verschlechterte sich auch das deutsch russische Verhaltnis denn der Aussenminister Gortschakow und seine Anhanger lasteten das Verhandlungsergebnis nicht zuletzt dem Wirken Bismarcks an Zar Alexander II beklagte sich im so genannten Ohrfeigenbrief vom August 1879 bitter bei seinem Onkel Kaiser Wilhelm I uber Bismarcks Verhalten Russland kundigte nun das Dreikaiserabkommen welches aber im Juni 1881 als Dreikaiserbund noch einmal wiederhergestellt wurde Infolge der bulgarischen Krise 1885 die zur bulgarischen Vereinigung fuhrte losten sich die Bundnisbeziehungen zwischen den drei europaischen Kaiserreichen endgultig auf Im Zentrum der deutschen Bundnispolitik stand nun der 1879 mit Osterreich Ungarn geschlossene Zweibund wahrend Russland sich Frankreich annaherte Insgesamt war der Kongress fur das Deutsche Reich aber ein grosser Erfolg da die Machte die faktische Stellung der neuen europaischen Grossmacht durch ihren Besuch in Berlin anerkannten Auch konnte Bismarck demonstrieren dass er die deutsche Machtstellung nicht zu weiterer nationaler Expansion einzusetzen gedachte Das Reich zeigte sich demonstrativ saturiert Theodor Schieder sieht in der bismarckschen Kongressdiplomatie eine erfolgreiche Verwirklichung des im Kissinger Diktat vom Juni 1877 entworfenen Idealbilds nicht irgendeines Landererwerbs sondern das einer politischen Gesamtsituation in welcher alle Machte ausser Frankreich unser bedurfen und von Koalitionen gegen uns durch ihre Beziehungen zueinander nach Moglichkeit abgehalten werden 8 Fur Osterreich Ungarn war der Berliner Kongress nur vordergrundig ein Erfolg Ausser den verschlechterten Beziehungen zu Russland folgten daraus grosse innenpolitische Probleme bezuglich der staatlichen Integration Bosniens Auf die Dauer machte sich auch der Unmut Serbiens bemerkbar dessen Regierung sich Hoffnung auf Gebietsgewinne in Bosnien gemacht hatte Unmittelbar nach 1878 war in Serbien aber der Zorn auf Russland grosser denn man fuhlte sich von seinem grossen slawischen Verbundeten zu Gunsten Bulgariens im Stich gelassen Appell der makedonischen Bulgaren an die Grossmachte gegen die Entscheidungen des Berliner KongressesAuf dem Balkan fuhrte dies zu einem scharfen serbisch bulgarischen Antagonismus In drei Kriegen Serbisch Bulgarischer Krieg 1885 1886 Zweiter Balkankrieg 1913 Erster Weltkrieg standen sich beide Lander als Feinde gegenuber und kampften um den Besitz Mazedoniens Fur die Bulgaren war der Berliner Friedensvertrag eine grosse Enttauschung 13 Sie waren mit den gezogenen engen Grenzen erwartungsgemass unzufrieden Als Reaktion gegen die Entscheidungen des Berliner Kongresses brach im Herbst 1878 im Nordosten Makedoniens der Kresna Raslog Aufstand aus der allerdings von regularen osmanischen Truppen unterdruckt werden konnte 13 Die bulgarische Aussenpolitik war bis zum Ersten Weltkrieg konstant darauf ausgerichtet jene Gebiete zu gewinnen die Russland den Bulgaren in San Stefano versprochen hatte Fur das Osmanische Reich war das Ergebnis des Berliner Kongresses zwiespaltig Auf der einen Seite stand es deutlich besser da als es bei einer Verwirklichung des Friedensvertrags von San Stefano der Fall gewesen ware Auch hatten die Grossmachte die Vertreter der Hohen Pforte in Berlin als Teilnehmer des europaischen offentlichen Rechts und Konzerts anerkannt wie sie es 1856 im Pariser Frieden zugesagt hatten 14 Gleichwohl waren die Verluste gegenuber dem Zustand vor Ausbruch der Orientalischen Krise gravierend und es war deutlich dass das Osmanische Reich nur Objekt der Verhandlungen aber kaum verantwortlich gestaltender Teilnehmer war Der Berliner Kongress und die auslandische Verwaltung seiner Staatsschulden die das bankrotte Osmanenreich 1881 zugestehen musste zeigten dass das einst machtige Reich zum Kranken Mann am Bosporus geworden war 15 ein Spielball der Grossmachte das seine Territorien nur deshalb nicht ganzlich verlor weil Grossbritannien Russland und Osterreich Ungarn sich nicht uber die Verteilung einigen konnten Hinzu kam das Problem des Nationalismus der Balkanvolker dem in Berlin zumindest teilweise nachgegeben worden war Er entlud sich Anfang des 20 Jahrhunderts in mehreren antiturkischen Aufstanden und fuhrte im Ersten Balkankrieg zum Verlust aller europaischen Provinzen des Reichs Uneingeschrankt zufrieden mit den Ergebnissen des Berliner Kongresses war die britische Regierung denn man hatte Russland erfolgreich aus dem Mittelmeer ferngehalten und zusatzlich Zypern als Flottenbasis gewonnen Aussenminister Lord Salisbury wurde fur seine Verhandlungserfolge mit dem Hosenbandorden ausgezeichnet Premierminister Disraeli ausserte sich daher auch sehr zufrieden uber Bismarcks Verhandlungsfuhrung Das deutsch britische Verhaltnis war noch lange danach von einer gegenseitigen wohlwollenden Neutralitat gepragt Wertung BearbeitenDie Wertung des Berliner Kongresses und seiner Ergebnisse ist in der historischen Forschung umstritten Wegen des offen imperialistischen Feilschens uber Territorien ohne jede Rucksicht auf die nationalen Rechte der ansassigen Bevolkerung und wegen der kurzfristigen und kurzsichtigen Politik die sich dabei zeigte ist er zum Teil heftig kritisiert worden 16 Der britische Historiker Alan J P Taylor urteilt dass der Friede von San Stefano Sudosteuropa grossere Stabilitat gebracht hatte der Berliner Vertrag habe dagegen nur eine wacklige und instabile Wiederherstellung der osmanischen Herrschaft uber die Balkanvolker gebracht die nicht von langer Dauer habe sein konnen 17 Dem wird die Wahrung des Friedens in Europa gegenubergestellt auch wenn dies nur fur die Beziehungen zwischen den europaischen Grossmachten galt und die Verhaltnisse auf dem Balkan auch in der Folgezeit krisenhaft und friedensgefahrdend blieben 18 Vertreter BearbeitenDeutschlandFurst Otto von Bismarck Reichskanzler Furst Chlodwig zu Hohenlohe Schillingsfurst Botschafter in Paris Bernhard Ernst von Bulow Staatssekretar im Auswartigen AmtRusslandFurst Alexander Michailowitsch Gortschakow Aussenminister Graf Pjotr Andrejewitsch Schuwalow Botschafter in London Baron Paul d Oubril Botschafter in BerlinFrankreichWilliam Henry Waddington Aussenminister Graf Charles Raymond de Saint Vallier Botschafter in Berlin Felix Hippolyte Desprez bevollmachtigter GesandterGrossbritannienBenjamin Disraeli Earl of Beaconsfield Premierminister Robert Cecil Marquess of Salisbury Aussenminister Lord Odo Russell Botschafter in BerlinItalienGraf Luigi Corti Aussenminister Marquis Edoardo de Launay Botschafter in BerlinOsmanisches ReichAlexander Caratheodory Pascha Sadullah Pascha Botschafter in Berlin Mehmed Ali Pascha FeldmarschallOsterreich UngarnGraf Gyula Andrassy Aussenminister Graf Aloys Karolyi Botschafter in Berlin Freiherr Heinrich Karl von Haymerle Botschafter in RomRumanienIon C Brătianu Ministerprasident Mihail Kogălniceanu AussenministerGriechenlandTheodoros Deligiannis Petros Brailas Armenis Parlamentarier und BotschafterSerbienJovan RisticLiteratur BearbeitenQuellenImanuel Geiss Hrsg Der Berliner Kongress 1878 Protokolle und Materialien Boldt Boppard am Rhein 1978 ISBN 3 7646 1729 2 Schriften des Bundesarchivs 27 deutsche Quellen Affaires d Orient Congres de Berlin 1878 Documents diplomatiques Ministere des Affaires Etrangeres de France Paris 1878 franzosische Quellen Correspondence relating to the Congress of Berlin with the protocols of the Congress Accounts and Papers Band 83 London 1878 britische Quellen Osterreich und der Congress Von einem Deutsch Osterreicher Wigand Leipzig 1878 Friede von Berlin in Konferenzen und Vertrage Vertrags Ploetz Handbuch der geschichtlich bedeutsamen Zusammenkunfte und Vereinbarungen Teil II 1493 1952 Bearbeitet von Helmuth Ronnefahrt A G Ploetz Bielefeld 1953 S 353 f Allgemeine DarstellungenFriedrich Benninghoven Iselin Gundermann u a Hrsg Der Berliner Kongress 1878 Ausstellung des Geheimen Staatsarchivs Preussischer Kulturbesitz zur 100 Wiederkehr der Eroffnung des Berliner Kongresses am 13 Juni 1978 Geheimes Staatsarchiv Preussischer Kulturbesitz Berlin Dahlem 1978 Katalog mit Zeittafel und Bildquellen Nathan Michael Gelber Judische Probleme beim Berliner Kongress 1878 In Robert Weltsch Hrsg Deutsches Judentum Aufstieg und Krise Gestalten Ideen Werke Vierzehn Monographien Veroffentlichung des Leo Baeck Instituts Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart 1963 S 216 252 Walther Hubatsch Der Berliner Kongress 1878 Ursachen Folgen und Beurteilungen hundert Jahre danach In Gerd Kleinheyer Paul Mikat Hrsg Beitrage zur Rechtsgeschichte Gedachtnisschrift fur Hermann Conrad Schoningh Paderborn 1979 ISBN 3 506 73334 6 S 307 328 Rechts und staatswissenschaftliche Veroffentlichungen der Gorres Gesellschaft NF 34 Serge Maiwald Der Berliner Kongress 1878 und das Volkerrecht Die Losung des Balkanproblems im 19 Jahrhundert Wissenschaftliche Verlags Gesellschaft Stuttgart 1948 William Norton Medlicott The Congress of Berlin and after A diplomatic history of the Near Eastern settlement 1878 1880 2 Ausgabe Cass London 1963 Ralph Melville Hans Jurgen Schroder Hrsg Der Berliner Kongress von 1878 Die Politik der Grossmachte und die Probleme der Modernisierung in Sudosteuropa in der zweiten Halfte des 19 Jahrhunderts Steiner Wiesbaden 1982 ISBN 3 515 02939 7 Veroffentlichungen des Instituts fur Europaische Geschichte Mainz Beiheft 7 Alexander Novotny Quellen und Studien zur Geschichte des Berliner Kongresses 1878 Bohlau Graz u a 1957 Veroffentlichungen der Kommission fur neuere Geschichte Osterreichs 44 Bernd Rill Der Berliner Kongress von 1878 Bismarcks Meisterstuck Verlag Dr Koster Berlin 2022 ISBN 978 3 96831 045 9 Bruce Waller Bismarck at the crossroads The reorientation of German foreign policy after the Congress of Berlin 1878 1880 University of London The Athlone Press London 1974 ISBN 0 485 13135 8 University of London historical studies 35 F A K Yasamee Ottoman Diplomacy Abdulhamid II and the Great Powers 1878 1888 Isis Press Istanbul 1996 ISBN 975 428 088 6 Studies on Ottoman Diplomatic History 8 zugleich London Univ Diss EinzelfragenIselin Gundermann Berlin als Kongressstadt 1878 Haude amp Spener Berlin 1978 ISBN 3 7759 0196 5 Berlinische Reminiszenzen 49 Bulgarische Sicht dd Sava Penkov Berlinskijat dogovor i Balkanite Nauka i Izkustvo Sofia 1985 Serbische Sicht dd Slobodanka Stojicic Hrsg Berlinski kongres i srpsko pitanje 1878 1908 Studentski Kulturni Centar Nis 1998 Bosnien dd Lothar Classen Der volkerrechtliche Status von Bosnien Herzegowina nach dem Berliner Vertrag vom 13 7 1878 Lang Frankfurt am Main u a 2004 ISBN 3 631 52344 0 Rechts und sozialwissenschaftliche Reihe 32 zugleich Hamburg Univ Diss 2003 Montenegro dd Jakob Samuel Fischler Die Grenzdelimitierung Montenegros nach dem Berliner Kongress von August 1878 bis Oktober 1887 Diss Wien 1924 Weblinks Bearbeiten Commons Berliner Kongress Sammlung von Bildern Wikisource Aus der Rede des Fursten Bismarck uber die orientalische Frage vom 19 Februar 1878 Zeitschriftenartikel Quellen und Volltexte Wikisource Vertrag zwischen Deutschland Osterreich Ungarn Frankreich Grossbritannien Italien Russland und der Turkei Berliner Vertrag Quellen und Volltexte Der Friede von Berlin Staatsbibliothek zu Berlin Dokumentation der Amtspresse Preussens Der Berliner Kongress Deutsches Historisches Museum Ursachen und Folgen des Berliner Kongresses von 1878 unter besonderer Berucksichtigung der Balkankriege Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages 2005Einzelnachweise Bearbeiten Anmerkung Erster Sekretar der franzosischen Botschaft in Berlin der einzige Nichtdeutsche unter den sechs Sekretaren des Kongresses Josef Matuz Das Osmanische Reich Grundlinien seiner Geschichte Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1985 S 238 a b Michael Sturmer Das ruhelose Reich Deutschland 1866 1918 Siedler Berlin 1994 S 197 Bismarcks Reden und Briefe Nebst einer Darstellung des Lebens und der Sprache Bismarcks 1895 herausgegeben von B G Teubner Volltext auf Archive org S 69 siehe auch S 139 ff Die Formulierung wurde recht bekannt und haufig zitiert z B Gregor Schollgen Imperialismus und Gleichgewicht Deutschland England und die orientalische Frage 1871 1914 Oldenbourg Munchen 2000 S 16 Aus der Rede des Fursten Bismarck uber die orientalische Frage In Hottinger s Volksblatt uber Bismarcks Rede vom 19 Februar 1878 Wikisource Theodor Schieder Europa im Zeitalter der Nationalstaaten und europaische Weltpolitik bis zum I Weltkrieg 1870 1918 In ders Hrsg Handbuch der europaischen Geschichte Union Verlag Stuttgart 1968 S 65 21 Februar 1874 2 April 1878 Aussenminister unter Premierminister Benjamin Dosraeli siehe Liste der britischen Aussenminister a b Theodor Schieder 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