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Der Begriff der Suzeranitat franzosisch suzerain Oberhoheit Oberherrschaft Lehnsherr als Parallelbildung zu souverain von frz sus hinauf in der Hohe abgeleitet das auf das gleichbedeutende lateinisch sursum verkurzt aus subversum zuruckgeht 1 wurde in der Fruhen Neuzeit parallel zum Begriff der Souveranitat entwickelt und bezeichnet die Oberhoheit eines Staates uber einen anderen der uber eine begrenzte unvollkommen ausgebildete Souveranitat verfugt 2 Inhaltsverzeichnis 1 Begriffsgeschichte 2 Abgrenzung zu anderen Modellen des Souveranitatsverzichtes 3 Beispiele 4 Literatur 5 Weblink 6 EinzelnachweiseBegriffsgeschichte BearbeitenDer Anlass fur die Begriffsbildung liegt darin dass in vor und fruhneuzeitlichen Staatswesen die Ausubung der Staatsmacht angesichts des geringen Organisationsgrades und der langsamen unvollkommenen Kommunikationswege auf bestimmte Gegenstande beschrankt blieb In der Regel war dies die okonomische Ausbeutung durch Erhebung von Abgaben und die Bereitstellung von Menschen und Sachmitteln fur militarische Konflikte Die Regelung der sonstigen Bedurfnisse wurde lokalen und regionalen Faktoren Gouverneuren Kommunen beruflichen und religiosen Korporationen Grundherren usw uberlassen Insbesondere bei aussereuropaischen imperialen Grossreichen wie in den Fallen des Osmanischen Reichs des Reichs der Mandschu oder des Mogulreichs kam hinzu dass deren Herrschaftsbereich auch Gebiete mit vollig andersgearteten kulturellen Traditionen beinhaltete und in etlichen Fallen die bestehenden Herrschaftsstrukturen im Wesentlichen unangetastet blieben Dabei beliessen Eroberer die unterworfenen Eliten in ihren Stellungen und begnugten sich uber die vorbeschriebenen Leistungen hinaus mit der gegebenenfalls ritualisierten formellen Anerkennung ihrer Oberherrschaft verbunden mit einem Treueversprechen In der Staatsrechtslehre des 19 Jahrhunderts wurden solche Verbindungen als Staatenstaat bezeichnet 3 4 Als dann im 19 Jahrhundert die Entwicklung moderner staatlicher Strukturen in diesen Grossreichen unabweisbar wurde stiess man damit einerseits auf die in ihrem Zentrum bereits bestehenden staatlichen Strukturen die zum modernen Staat weiterentwickelt werden sollten andererseits auf die fortbestehenden regionalen Instanzen oder auch neue aufstandische Bewegungen die ihrerseits eine Staatlichkeit anstrebten Im Falle des Mogulreichs traf dessen Auflosung mit der Expansion der britischen Kolonialmacht zusammen welche die Nachfolge der Grossmoguln in Anspruch nahm und so auch das staatsrechtliche Konstrukt der Suzeranitat ubernahm Eine historische Definition fur Suzeranitat aus dem angelsachsischen Rechtskreis lautet suzerainty is a term applied to certain international relations between two sovereign States whereby one whilst retaining a more or less limited sovereignty acknowledges the supremacy of the other deutsch Suzeranitat ist ein Begriff angewandt auf bestimmte internationale Beziehungen zwischen zwei souveranen Staaten wobei einer bei mehr oder weniger begrenzter Souveranitat die Oberhoheit des anderen anerkennt 5 Diese Rechtsfigur wurde einerseits zur Beschreibung der Abhangigkeit der indischen Furstenstaaten von Britisch Indien mit dem Reprasentanten der britischen Krone als Kaiser von Indien im ausgehenden 19 Jahrhundert verwendet andererseits zur Beschreibung der Abhangigkeit der dem Osmanischen Reich tributpflichtigen Staaten als welche im 19 Jahrhundert auch die sich emanzipierenden neu entstehenden Nationalstaaten organisiert wurden Im Falle des Mandschu Reiches diente er der Bezeichnung der Abhangigkeit der Aussenbesitzungen in Zentralasien Korea und Sudostasien im Gegensatz zu den chinesischen Kernprovinzen Der Begriff der Suzeranitat war dabei oft von diplomatischen Usancen abhangig So standen Rumanien und dessen Vorlaufer die Furstentumer Moldau und Walachei sowie Serbien bis zum Frieden von San Stefano 1878 ferner die Republik der Ionischen Inseln de facto bis zum Frieden von Tilsit 1807 und die Republik Ragusa unter der Suzeranitat des Osmanischen Reiches das Furstentum Samos und das Khedivat Agypten aber unter dessen Souveranitat 6 Abgrenzung zu anderen Modellen des Souveranitatsverzichtes BearbeitenSolche Abhangigkeitsverhaltnisse sind in der Gegenwart nicht mehr existent Zwar gibt es zahlreiche Staaten deren insbesondere auswartige Angelegenheiten von einem anderen Staat wahrgenommen werden z B Liechtenstein Andorra und die Cook Inseln Ein weiteres Beispiel ist das Verhaltnis zwischen Monaco und Frankreich Die Berechtigung des wahrnehmenden Staates folgt hierbei aber nicht aus einer rechtlichen Uberordnung dieser Staaten eine solche Uber und Unterordnung widersprache der souveranen Gleichheit aller Staaten sondern aus einer volkerrechtlichen Gestattung die jederzeit widerrufen werden kann Dennoch wird der jeweilige Oberstaat solcher Verhaltnisse in der Volkerrechtswissenschaft gelegentlich noch als Suzeran bezeichnet 7 Auch informelle Abhangigkeitsverhaltnisse werden nicht der Suzeranitat zugerechnet So war Liechtenstein seit 1806 ein souveranes Furstentum Sein Landesherr aber war zugleich und in erster Linie ein Angehoriger des osterreichischen und bohmischen Hochadels und in dieser Eigenschaft mit dem osterreichischen Kaisertum verbunden und residierte bis nach dem Ersten Weltkrieg nicht im Hauptort seines Staates in Vaduz sondern in der kaiserlichen Residenzstadt Wien Gleichfalls sind abhangige Territorien Nebenlander und dergleichen kein Fall von Suzeranitat weil hier keine geteilten miteinander konkurrierenden staatlichen Gewalten existieren so wie bei den britischen Kronbesitzungen Isle of Man und den Kanalinseln Allerdings ist der Begriff Suzeranitat immer noch Bestandteil des geltenden Rechts da er sich in einigen nach wie vor in Kraft befindlichen volkerrechtlichen Vertragen findet so z B in Art 2 des Ubereinkommens uber die Sklaverei von 1926 in Art 1 des Warschauer Abkommens uber die Beforderung im internationalen Luftverkehr von 1929 und in Art 2 des Abkommens uber die internationale Zivilluftfahrt von 1944 Beispiele BearbeitenDas Osmanische Reich war Suzeran Rumaniens und von dessen Vorlaufern den Furstentumern Moldau und Walachei sowie Serbiens bis zum Frieden von San Stefano 1878 China war in der zweiten Halfte des 18 und im 19 Jahrhundert Suzeran Tibets Das Russische Kaiserreich kann als Suzeran des Emirats Buchara und des Khanats Chiwa angesehen werden 8 Literatur BearbeitenOkamoto Takashi Hrsg A World History of Suzerainty A Modern History of East and West Asia and Translated Concepts Toyo Bunko Tokyo 2019 ISBN 978 4 8097 0300 3Weblink Bearbeiten nbsp Wiktionary Suzeranitat Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme UbersetzungenEinzelnachweise Bearbeiten Online Etymology Dictionary Pierer s Universal Lexikon 1857 Eintrag Oberhoheit Zeno org abgerufen am 26 September 2015 Georg Jellinek Die Lehre von den Staatenverbindungen Alfred Holder Wien 1882 S 137 157 Georg Jellinek Allgemeine Staatslehre Unter Verwertung des handschriftlichen Nachlasses durchgesehen und erganzt von Walter Jellinek 3 Auflage Haring Berlin 1914 S 748 750 Manley Hudson Cases on International Law 1929 S 54 Fujinami Nobuyoshi Between Sovereignty and Suzerainty History of the Ottoman Privileged Provinces in Okamoto Takashi Hrsg A World History of Suzerainty A Modern History of East and West Asia and Translated Concepts Toyo Bunko Tokyo 2019 ISBN 978 4 8097 0300 3 S 48 50 f Andreas von Arnauld Volkerrecht Heidelberg 2012 S 34 Georg Jellinek Die Lehre von den Staatenverbindungen Alfred Holder Wien 1882 S 156 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Suzeranitat amp oldid 237449665