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Der Deutsche Flottenverein DFV war ein Zusammenschluss von Einzelpersonen und Vereinen die politisch auf einen Ausbau der Flotte des Deutschen Reiches hinwirken wollten Er hatte massgeblichen Einfluss auf die navalistische Politik im Deutschen Kaiserreich Gegrundet wurde er am 30 April 1898 in Berlin und bestand bis zu seiner Auflosung durch die Nationalsozialisten im Dezember 1934 In den Jahren 1919 bis 1931 firmierte er unter dem Namen Deutscher Seeverein Der Zweck dieses Flottenvereins bestand darin das Verstandnis und Interesse des deutschen Volkes fur die Bedeutung und die Aufgaben der Kaiserlichen Marine zu wecken und zu pflegen sowie fur die Angehorigen der Flotte fursorglich tatig zu werden sofern die Gesetzgebung und die Verwaltung des Deutschen Reiches eine ausreichende Fursorge nicht gewahrleisten konnten Werbung fur den Deutschen Flottenverein 1902Inhaltsverzeichnis 1 Organisation 1 1 Prasidenten 2 Historischer Hintergrund 2 1 Schlachtflottenbau 2 2 Flottenverein 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseOrganisation Bearbeiten nbsp Vortrag 1906 von Adolph WagnerDie Organisation des Deutschen Flottenvereins erstreckte sich auf etwa 3 400 Ortsausschusse uber das ganze Deutsche Reich Ausser diesen Ortsgruppen hatte er noch etwa 3 000 Vertrauensleute in kleineren Ortschaften Die Gesamtmitgliederzahl wuchs sprunghaft an 1898 wurden 78 762 Mitglieder gezahlt 1900 bereits 546 520 und im Oktober 1908 1 036 320 Personen darunter 341 813 Einzel und 694 507 korperschaftliche Mitglieder Der deutsche Flottenverein suchte seine Zwecke durch Vortrage und durch die Herausgabe von Zeitschriften zu erreichen Die Flotte Berlin 1899 ff Mitteilungen des deutschen Flottenvereins Berlin Ueberall Berlin 1899 ff Prasidenten Bearbeiten nbsp Hans von Koester1898 1901 Furst Wilhelm zu Wied 1902 1908 Furst Otto zu Salm Horstmar 1908 1919 Hans von Koester 1919 1933 Friedrich von LindequistHistorischer Hintergrund BearbeitenSchlachtflottenbau Bearbeiten Die erste deutsche Flotte die Reichsflotte wurde am 14 Juni 1848 gegrundet Damals entschied die Frankfurter Nationalversammlung den Aufbau einer Flotte um im Krieg gegen Danemark die danische Seeblockade zu durchbrechen Reichskriegsminister Arnold Duckwitz und Konteradmiral Karl Rudolf Brommy gelang es eine Reihe von Schiffen bereitzustellen auch wenn deren Schlagkraft noch gering war Nach Niederschlagung der Revolution ging die Reichsflotte uber in den Besitz des wiederhergestellten Deutschen Bundes Dieser sah keine Bereitschaft unter den Mitgliedsstaaten fur eine Flotte zu bezahlen Im Jahr 1852 entschied er sich daher fur die Auflosung der Flotte Der Norddeutsche Bund ab 1867 grundete abermals eine Marine Diese Norddeutsche Marine ubernahm dazu die preussische Bis zum Seekrieg im Deutsch Franzosischen Krieg 1870 1871 gelang es jedoch abermals nicht entscheidend auf dem Meer zum Sieg beizutragen Gross und bedeutend wurde die Flotte erst in der Zeit nach 1871 im Deutschen Kaiserreich Nach 1880 kam es zu einem Wettlauf um die Aufteilung der Erde unter den Grossmachten Kolonialismus und nach einem grossen wirtschaftlichen Aufschwung wollte auch Deutschland seinen Platz an der Sonne und seinen Anspruch als Weltmacht durchsetzen Mit Kaiser Wilhelm II der 1896 den Aufbruch in die Weltpolitik verkundet hatte waren viele Politiker Publizisten und Wirtschaftsfuhrer der Uberzeugung dass Deutschland seine Rolle als beruhigender Faktor in der europaischen Politik aufgeben und Weltpolitik betreiben musse um nicht auf lange Sicht seinen Grossmachtstatus in Europa zu gefahrden Ohne eine machtige Flotte nach dem Beispiel Grossbritanniens und zunehmend Japans war aber Weltpolitik nach dem Urteil vieler nicht zu betreiben und somit fiel dem Schlachtflottenbau eine entscheidende Rolle zu Die treibende Kraft dahinter war ab 1897 der Staatssekretar des Reichsmarineamts Alfred von Tirpitz dem der Flottenverein gute propagandistische Chancen eroffnete Da seit 1880 alle grossen Seemachte mit dem Bau von grossen Panzerschiffen begonnen hatten befand sich Deutschland mit dem geplanten Bau von Grosskampfschiffen durchaus im Gleichklang mit der Flottenpolitik anderer Grossmachte Durch die weltweite Seerustung wurde die erste moderne Rustungsspirale in Bewegung gesetzt deren Ausmass Kostenintensitat und Gefahrenpotential die parallel verlaufende Aufrustung der Landstreitkrafte noch ubertraf Das Flottengesetz von 1898 und verschiedene Flottennovellen in den folgenden Jahren bewirkten eine rasante deutsche Seerustung im Wettlauf mit dem britischen Schlachtflottenbau Die Kosten waren gigantisch in den letzten Friedensjahren wurden 25 des gesamten Rustungshaushalts auf den Bau der Flotte verwendet 1914 standen sich die deutsche Flotte und die britische Flotte im Verhaltnis 10 16 gegenuber Der von Tirpitz verfolgte Schlachtflottenbau sollte fur Grossbritannien jeden Krieg mit Deutschland zu einem wirklichen Risiko werden lassen Risikoflotte Der Gedanke man konne Grossbritannien so an die Seite Deutschland zwingen erwies sich als grosse aussenpolitische Illusion denn der forcierte deutsche Flottenbau forderte die Bereitschaft Grossbritanniens zum Ausgleich mit Frankreich und Russland und fuhrte schliesslich zur antideutschen Koalition der so genannten Entente vor dem Ersten Weltkrieg Flottenverein Bearbeiten nbsp MatrosenanzugDer Flottenverein wurde im April 1898 gegrundet von Reprasentanten wirtschaftlicher Interessen Schwerindustrie besonders Krupp Werften und Banken von Politikern und Fachleuten fur Offentlichkeitsarbeit die Tirpitz im Nachrichtenburo des Reichsmarineamts versammelt hatte Ziel des Vereins war den Bau der Schlachtflotte zu einer popularen Aufgabe der gesamten Nation auf ihrem Weg zur Weltmacht zu machen Innerhalb kurzester Zeit gelang dem Verein die Mobilisierung einer breiten Offentlichkeit fur seine Ziele durch eine von Tirpitz Nachrichtenburo erstellte endlose Flut von geschickt aufgemachtem Propagandamaterial Hilfreich dabei war die Unterstutzung durch Reichsbehorden und Behorden aller Art bis hinunter auf die Dorfebene was dem Verein einen gleichsam halbstaatlichen Charakter verlieh Ende 1898 hatte der Verein bereits 78 650 Mitglieder Die Mitgliederzahl war eigentlich viel hoher weil 64 400 Vereine wie beispielsweise Militar und Kriegervereine Handelskammern etc die geschlossen dem Flottenverein als korporative Mitglieder beigetreten waren nur jeweils als ein Mitglied gezahlt wurden Bis 1913 wuchs die Mitgliederzahl auf 1 125 Millionen darunter 790 000 Vereine als korporative Mitglieder Damit war der Flottenverein der mitgliederstarkste aller nationalistischen Verbande im Kaiserreich Auf dieser Basis entwickelte der Verein im Laufe der Jahre eine sehr effektive Form des militarischen Lobbyismus Die Mobilisierung der Offentlichkeit sollte dabei die Reichstagsabgeordneten von der Notwendigkeit fur eine breite Zustimmung zu den immer teurer werdenden Flottenvorlagen uberzeugen Als Symbol fur den durch Propagandakampagnen in breiten Kreisen der Bevolkerung erzeugten Flottenenthusiasmus kann die damalige Popularitat des Matrosenanzugs und die Sammelleidenschaft der Jugend fur Postkarten mit Schiffen der Flotte gelten Trotz des Erfolges in der Mitgliederwerbung kam es 1908 zu einer Vereinskrise auf Reichsebene Viele Mitglieder kritisierten den halbstaatlichen Charakter des Vereins und bildeten einen radikal anti gouvernementalen Flugel 1908 musste dieser Flugel dann ausscheiden Um den Mitgliederschwund auszugleichen wurde die Werbung intensiviert In der Zweiten Marokkokrise von 1911 trat der Flottenverein zum ersten Mal mit einer Versammlung an die Offentlichkeit Das Deutsche Reich hatte im Juli 1911 demonstrativ das Kanonenboot Panther in den sudmarokkanischen Hafen Agadir geschickt Panthersprung nach Agadir um gegen Frankreichs Bestrebungen Marokko zum franzosischen Protektorat zu machen zu protestieren Als Folge dieser Drohgebarde ruckten Grossbritannien und Frankreich enger zusammen da sie wichtige Interessen bedroht sahen Die Krise drohte zu eskalieren Europa war am Rande einer grossen militarischen Konfrontation Erst nach langen Verhandlungen kam es Anfang November zu einem Kompromiss Gegen eine geringfugige koloniale Entschadigung erkannte das Deutsche Reich das franzosische Protektorat uber Marokko an Wahrend der Krise kam es in Deutschland zu einer Welle nationaler Erregung In der Offentlichkeit wurden Zweifel an der Fahigkeit der konstitutionellen Monarchie im Kampf ums Dasein geaussert Wilhelm II wurde Schlappheit vorgeworfen und die Tatsache dass die Regierung sich auf Verhandlungen eingelassen hatte erfullte fur viele Nationalisten den Tatbestand des Landesverrats Die nationalen Verbande wollten die Gunst der Stunde zu einer Erhohung der Militarausgaben nutzen Am 3 Oktober 1911 forderte der Reichsvorstand alle Ortsgruppen auf in der Zeit vom 8 bis 16 Oktober Mitgliederversammlungen abzuhalten in denen Redner in klarer Weise auf die gegenwartige Lage und die Notwendigkeit eines beschleunigten Ausbaus unserer Wehrmacht zur See hinweisen mit zundender Rede ein Bild der gegenwartigen Lage geben die Notwendigkeit der Flotte zur Aufrechterhaltung unserer Selbstandigkeit hervorzuheben Die der Flotte so notwendigen Panzerkreuzer die gerade in einem Krieg mit der britisch franzosischen Koalition doppelt entbehrt werden mussen so schnell wie moglich gebaut werden Eine vorformulierte Rede und Material fur Flugblatter wurden mitgeliefert Am 6 Oktober 1911 folgte eine vorgefertigte Resolution die per Telegramm an den Reichskanzler gehen und dem Reichstag vorgelegt werden sollte Wahrend des Ersten Weltkriegs erwies sich die Schlachtflotte Tirpitzscher Pragung als Fehlkonzeption als grandioser Fehlschlag Sie konnte den Kriegsverlauf seit dem Sommer 1914 zu keiner Zeit massgeblich beeinflussen Sie konnte weder die wirksame britische Fernblockade verhindern noch eine Entscheidungsschlacht in der Nordsee erzwingen weil das Risiko eines Totalverlustes der Flotte wegen der Uberlegenheit der Grand Fleet zu gross war Die Schlachtflotte wurde im Verlauf des Krieges zu einer Hilfswaffe des U Boot Krieges und fuhr Geleitschutz fur die ein und auslaufenden U Boote Grossbritannien blieb unangefochten die grosste Seemacht der Welt Ende Oktober 1918 befahl die Seekriegsleitung einen Angriff der Flotte auf Grossbritannien um nicht kampflos und damit gemass damaliger Sicht ehrlos kapitulieren zu mussen Die Matrosen verweigerten diesen sinnlosen Befehl loschten die Feuer unter den Dampfkesseln der Schlachtschiffe und losten dadurch wenig spater den Kieler Matrosenaufstand und die Novemberrevolution und damit das Ende des Kaiserreichs aus In der Folge kam es zu weiteren Austritten aus dem Flottenverein Angesichts der Niederlage Deutschlands und der wegen der Bestimmungen des Versailler Vertrages unbedeutenden Flotte benannte der Verein sich in Deutscher Seeverein um 1931 nahm der Verein wieder den Namen Deutscher Flottenverein an 1933 wurde erst der Vizeadmiral a D Adolf von Trotha von Hitler zum Prasidenten des Vereins ernannt dann musste der Verein sich 1934 auflosen Von Trotha wurde von Hitler zum Prasidenten des neuen Dachverbandes Reichsbund Deutscher Seegeltung ernannt Dieser arbeitete eng mit der NSDAP zusammen und war fur die Schulung und Propaganda zustandig 1 Literatur BearbeitenMarco Althaus Die Flottenlobby mit dem Propagandakino In Politik amp Kommunikation Mai 2012 S 36 37 ResearchGate net PDF 843 kB Volker R Berghahn Der Tirpitz Plan Genesis und Verfall einer innenpolitischen Krisenstrategie unter Wilhelm II Droste Dusseldorf 1971 Wilhelm Deist Flottenpolitik und Flottenpropaganda Das Nachrichtenbureau des Reichsmarineamts 1897 1914 Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart 1976 S 147 247 Sebastian Diziol Deutsche werdet Mitglieder des Vaterlandes Der Deutsche Flottenverein 1898 1934 Solivagus Verlag Kiel 2015 ISBN 978 3 9817079 0 8 2 Bande Phil Diss Universitat Hamburg Jost Dulffer Weimar Hitler und die Marine Reichspolitik und Flottenbau 1920 1939 Droste Dusseldorf 1973 S 354 369 Geoff Eley The German Navy League in German Politics 1898 1914 Phil Diss Sussex 1974 Geoff Eley Reshaping the German Right Radical Nationalism and Political Change after Bismarck Yale University Press New Haven London 1980 Michael Epkenhans Die wilhelminische Flottenrustung 1908 1914 Weltmachtstreben industrieller Fortschritt soziale Integration Oldenbourg Munchen 1991 Dieter Fricke Edgar Hartwig Deutscher Flottenverein 1898 1934 In Dieter Fricke u a Hrsg Lexikon zur Parteiengeschichte Die burgerlichen und kleinburgerlichen Parteien und Verbande in Deutschland 1789 1945 Band 2 Pahl Rugenstein Koln 1984 S 67 89 Eckart Kehr Schlachtflottenbau und Parteipolitik 1894 1901 Berlin 1930 Nachdruck Vaduz 1966 Robert Kuhn Bernd Kreutz Der Matrosenanzug Kulturgeschichte eines Kleidungsstucks Dortmund 1989 Martin Loiperdinger The Beginnings of German Film Propaganda The Navy League as travelling Exhibitor 1901 1907 In Historical Journal of Film Radio and Television Band 22 Ausgabe 3 2002 S 305 313 Jurg Meyer Die Propaganda der deutschen Flottenbewegung 1897 1900 Pochon Jent Bern 1967 Jan Ruger The Great Naval Game Britain and Germany in the Age of Empire Cambridge 2007 Konrad Schilling Beitrage zu einer Geschichte des radikalen Nationalismus in der Wilhelminischen Ara 1890 1909 Die Entstehung des radikalen Nationalismus seine Einflussnahme auf die innere und aussere Politik des Deutschen Reiches und die Stellung von Regierung und Reichstag zu seiner politischen und publizistischen Aktivitat Gouder und Hansen Koln 1968 S 179 367 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Deutscher Flottenverein Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten Werner Rahn Deutsche Marinen im Wandel vom Symbol nationaler Einheit zum Instrument internationaler Sicherheit Oldenbourg Verlag Munchen 2006 ISBN 3 486 57674 7 S 353 ff Normdaten Korperschaft GND 42548 5 lobid OGND AKS LCCN n91012168 VIAF 134287353 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Deutscher Flottenverein amp oldid 234979073