www.wikidata.de-de.nina.az
Die Konitzer Mordaffare ereignete sich im Jahr 1900 in Konitz der Kreisstadt des uberwiegend von Polen bewohnten Kreises Konitz der preussischen Provinz Westpreussen Ausgelost durch den gewaltsamen Tod des 18 jahrigen Gymnasiasten Ernst Winter eskalierten aus dem Mittelalter tradierte gegen Juden gerichtete Ritualmordlegenden zu Pogromen Diese waren begleitet von intensiv gefuhrten innenpolitischen Debatten zwischen antisemitischen und christlich konservativen sowie sozialdemokratischen und liberalen Politikern Burgern und Journalisten Antisemitische Agitation fuhrte dazu dass in Konitz sowie in der gesamten Region monatelang judische Wohnhauser und Geschafte beschadigt judische Burger bedroht und verletzt sowie die Synagoge von Konitz fast vollstandig zerstort wurde Wer Ernst Winter getotet hat ist bis heute ungeklart Gedachtniskarte an den am 11 Marz 1900 in Konitz ermordeten Ernst Winter Inhaltsverzeichnis 1 Chronik 1 1 Leichenfund und erste Untersuchungen 1 2 Aufkommen antisemitischer Verdachtigungen 1 3 Zweite Ermittlungsphase 1 4 Antisemitische Ausschreitungen 1 5 Korrektur der Todesursache 1 6 Gerichtliche Folgen und Nachgang 2 Parlamentsdebatten 3 Rolle der Medien 4 Publizistische Aufarbeitung im neuen Jahrtausend 5 Horspiel 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseChronik BearbeitenLeichenfund und erste Untersuchungen Bearbeiten Am Sonntag dem 11 Marz 1900 verschwand in Konitz der 18 jahrige Gymnasiast Ernst Winter Zwei Tage spater fand der Vater den Torso seines Sohnes auf einem nahe der Stadt gelegenen zu der Zeit noch gefrorenen See Am Fundort trafen zu einer ersten Begutachtung der Konitzer Burgermeister Deditius als Vertreter der ortlichen Polizeibehorde der erste Staatsanwalt Settegast und der Kreisphysikus Muller ein Eine vorlaufige Obduktion ergab Die Arme und Beine von Ernst Winter wurden kunstgerecht mit scharfen Schnitten aus den Gelenken gelost die Wirbelsaule mit feiner scharfer Sage durchtrennt Die einzelnen Korperteile wurden ebenso wie die Kleidungsstucke des Mordopfers uber einen langeren Zeitraum in und um Konitz verstreut aufgefunden Dies legte aus Sicht der Ermittler den Verdacht nahe dass wie in einem ahnlichen Fall der sich 1884 in Skurcz bei Danzig zugetragen hatte 1 ein Fleischermeister den Mord begangen haben musse Der Kreisphysikus der fur eine fachgerechte Autopsie nicht qualifiziert war zog aus der signifikanten Blutleere des Torsos den Schluss dass Ernst Winter durch Verbluten getotet worden sei Aufkommen antisemitischer Verdachtigungen Bearbeiten Die offentlich verbreiteten ersten Ermittlungserkenntnisse nahrten in weiten Bevolkerungskreisen den Verdacht dass ein von Juden verubter Ritualmord vorliegen konnte Dieser Verdacht wurde durch die mittlerweile aus Konitz berichtende antisemitische Staatsburger Zeitung bestarkt Neben dem christlichen Fleischermeister Hoffmann geriet so auch die Familie des judischen Schachters Lewy in Verdacht Doch die Hausdurchsuchungen bei beiden Familien belasteten die verdachtigten Personen nicht Hoffmann der als Altlutheraner selbst einer Minderheit im Ort angehorte und sich keiner grossen Beliebtheit erfreute versuchte schon bald nach Bekanntwerden der Verdachtigungen gegen seine Person und Familie den Verdacht auf Lewy zu lenken Schon kurz nach dem Mord meldeten sich zahlreiche vermeintliche Zeugen deren teilweise auf Missverstandnissen Geruchten Tratsch und Horensagen fussenden teilweise auch frei erfundenen Geschichten die Ermittlungen eher behinderten als vorantrieben vor allem weil sie grossen Einfluss auf die offentliche Meinung hatten Die Aussagen richteten sich zu einem kleineren Teil gegen Hoffmann beziehungsweise seine jungste Tochter der man trotz ihres jugendlichen Alters ein ausschweifendes Liebesleben unter anderem auch mit Ernst Winter als Gespielen nachsagte grosstenteils jedoch gegen die im Ort lebenden Juden im Allgemeinen oder die Familie Lewy im Speziellen So gab beispielsweise der Arbeiter Massloff in verschiedenen Vernehmungen zu Protokoll er habe in der Nacht vom 11 auf den 12 Marz gegen 23 Uhr Auffalligkeiten im Hause der judischen Familie Lewy bemerkt Licht im Keller Stimmengewirr Gewimmere und Gestohne Zweite Ermittlungsphase Bearbeiten Da die ortlichen spater vielfach als inkompetent kritisierten Ermittlungsbehorden aufgrund der mannigfachen Zeugenaussagen fehlender konkreter Spuren und der zunehmenden Hysterie in Konitz uberfordert waren die auch dadurch forciert wurde dass immer wieder Korperteile und Kleidungsstucke Winters im Ort auftauchten die dort vom Tater oder anderen Personen gezielt platziert wurden schickte das preussische Innenministerium am 25 Marz 1900 zwei erfahrene Kriminalbeamte nach Konitz Einer der beiden war Johann Braun einer der seinerzeit profiliertesten Kriminalisten Preussens Nach mehrwochigen eigenstandigen Untersuchungen in Konitz ging Braun davon aus dass Winter das Opfer einer Affekthandlung mit Todesfolge geworden sein musse Demnach konnte der Fleischer Hoffmann Winter in einer intimen Situation mit seiner jungeren Tochter ertappt und Winter in der Absicht ihm eine Lektion zu erteilen getotet haben Das Kreuzverhor Brauns bei dem er ein Gestandnis von Hoffmann und oder seiner Tochter zu erhalten hoffte schlug jedoch fehl unter anderem weil ein Bekanntwerden der Verhaftung Hoffmanns zu tumultartigen Protesten der Anhanger der Ritualmordtheorie vor dem Gebaude fuhrte in dem das Verhor stattfand Braun mutmasste die in dem Gebaude gut horbaren Proteste hatten Hoffmann darin bestarkt die Sache auszusitzen und zu schweigen Da die ortlichen Polizeikrafte zunehmend die Kontrolle verloren verliess Braun der um seine Sicherheit furchtete wenig spater die Stadt Ein Geselle Hoffmanns der seinem Meister ein Alibi verschafft hatte und der kurz nach seiner Aussage die Stadt mit unbekanntem Ziel verliess und den Braun daher als Mittater oder zumindest Mitwisser einstufte konnte nicht ausfindig gemacht werden Aus Brauns spater bekannt gewordenen Aufzeichnungen und denen seines Berliner Kollegen geht hervor dass den ortlichen Ermittlungsbehorden in den Tagen nach der Tat offenbar zahllose unentschuldbare Pannen bei der Beweissicherung unterliefen Diverse Beweismittel am Leichenfundort seien achtlos weggeworfen Spuren zertrampelt Zeugenaussagen teilweise nicht protokolliert Hausdurchsuchungen ausserst oberflachlich durchgefuhrt worden Braun vertrat die Ansicht dass der Tater bei einer fachgerechten Untersuchung des Falls wohl in den ersten 48 Stunden nach der Tat hatte gefasst werden konnen Etwa zeitgleich mit den Ermittlungen Brauns riefen angesehene Konitzer Burger eine Nebenuntersuchungskommission ins Leben Sie waren davon uberzeugt dass die Ermittlungsbehorden zu lasch gegen die in ihren Augen schuldige judische Familie Lewy ermittele Zu den fuhrenden Kopfen dieser Kommission zahlten auch zwei Konitzer Lehrer Das Wirken der Kommission gipfelte spater in einem Gutachten das sich auf die Empfehlung herunterbrechen liess judischen Zeugen grundsatzlich keinen Glauben zu schenken da man von zwei Pramissen ausging dass Juden die Tat verubt hatten und dass alle anderen Juden zumindest indirekt daran beteiligt seien Die antisemitische Stimmung in Konitz erhielt im April 1900 neue Nahrung Nachdem der abgetrennte Kopf des Opfers in der Nahe des Ortes gefunden worden war gab der Botenmeister des Landgerichts von Konitz zu Protokoll er habe einen judischen Lumpensammler mit einem Sack gesehen in dem dieser etwas Rundes in der Grosse eines menschlichen Kopfes transportiert habe Der Lumpensammler wurde umgehend verhaftet der spatere Prozess gegen ihn endete jedoch mit seinem Freispruch Antisemitische Ausschreitungen Bearbeiten Trotz intensiver Ermittlungen und einer Erhohung der Belohnung fur die Ergreifung des Taters auf den aussergewohnlich hohen Betrag von 20 000 Mark etwa 140 000 Euro durch den preussischen Innenminister 2 liessen sich die Verdachtsmomente weder gegen den Fleischermeister Hoffmann noch gegen die Familie Lewy und vermeintliche Unterstutzer erharten Vielmehr entlud sich in Konitz und Umgebung nach fortgesetzter Agitation antisemitischer Medien Vereine und Privatpersonen ein antisemitischer Volkszorn der zunachst vor allem jugendliche Arbeiter anspornte spater aber auch auf gebildetere Schichten ubergriff und zu einem gewaltbereiten Mob von zwischenzeitlich mehreren tausend Menschen fuhrte Fensterscheiben von judischen Hausern wurden demoliert Turen eingetreten und Geschafte geplundert Viele judische Anwohner trauten sich wochenlang nicht aus ihren verbarrikadierten Wohnungen andere flohen Ein in der Nahe der Synagoge gelegtes Feuer das sich auf das Gotteshaus auszubreiten drohte konnte rechtzeitig geloscht werden Die Feuerwehr wurde dabei von Jugendlichen mit Steinen beworfen Als die Ausschreitungen weiter eskalierten und selbst viele Anhanger der Ritualmordtheorie die unkontrollierbare Menge zu furchten begannen beorderte der Innenminister zwei Mal Militar nach Konitz Beim zweiten Mal wurde der Belagerungszustand ausgerufen und rund 500 Soldaten bezogen Stellung an offentlichen Platzen und vor judischen Hausern Dieses sorgte fur die Wiederherstellung der offentlichen Ordnung Zu diesem Zeitpunkt war die Synagoge jedoch bereits grosstenteils zerstort Korrektur der Todesursache Bearbeiten Parallel zu den Ermittlungen in Konitz kamen Zweifel an dem Gutachten des Konitzer Kreisphysikus auf Das Medizinal Kollegium in Danzig kam zu folgendem Ergebnis welches auch die renommierten Berliner Arzte Virchow und Bergmann zu einem spateren Zeitpunkt teilten 1 Der Tod des Ernst Winter ist durch Erstickung erfolgt 2 Die Annahme dass der an der zerstuckelten Leiche Ernst Winters vorgefundene Halsschnitt bei Lebzeiten Winters ausgefuhrt wurde und den Verblutungstod herbeifuhrte entbehrt der wissenschaftlichen Begrundung 3 Der Tod erfolgte am 11 Marz innerhalb der ersten sechs Stunden nach der genossenen Mahlzeit es handelte sich dabei um die Mittagsmahlzeit der Tod musste folglich in den fruhen Abendstunden erfolgt sein 4 Der Nachweis von Spermaflecken an der Aussenseite von Hose und Weste macht es wahrscheinlich dass Winter kurz vor dem Tode den Beischlaf ausfuhrte oder auszufuhren versuchte Die Gutachten belegten also dass ein Verbluten von Ernst Winter als Todesursache nicht ernsthaft in Frage kam Gerichtliche Folgen und Nachgang Bearbeiten Die medizinischen Gutachten widerlegten insbesondere die Aussage eines der Hauptbelastungszeugen gegen die Familie Lewy Massloff konnte am spaten Abend des 11 Marz in dem Haus der Familie Lewy unmoglich das Gewimmere von Ernst Winter gehort haben wie er es stets zu suggerieren versucht hatte da Winter zu dieser Zeit langst tot war Diese und auch diverse andere Falschaussagen fuhrten zu einer zweijahrigen Gefangnisstrafe wegen Meineids Moritz Lewy der Sohn des judischen Schachters von Konitz wurde in einem anderen Prozess ebenfalls wegen Meineides verurteilt Er hatte behauptet Ernst Winter nicht zu kennen was Zeugen jedoch in Zweifel zogen Ihren Angaben folgte das Gericht Der Prozess selbst und das Urteil waren ausserst umstritten da die Zeugenaussagen nach Ansicht von Lewys Verteidigern aber auch unabhangigen Beobachtern zufolge keine nennenswerte Beweiskraft entfalteten und nur auf wackligen Interpretationen fussten Es wurde auch darauf hingewiesen dass Bekanntschaft eine sehr vage Grosse in einer Kleinstadt sei und die Frage etwa mit den direkt die Tat betreffenden Lugen eines Massloff in keiner Weise zu vergleichen sei Es wurde diesbezuglich der naheliegende Verdacht geaussert die Klager hatten der Familie Lewy in Abwesenheit von Beweisen fur die Ritualmordlegende wenigstens auf diesem Wege eins auswischen wollen Der Morder von Ernst Winter wurde nie gefasst und fur seine Tat zur Rechenschaft gezogen Die Existenz der Familie Lewy war in Konitz zerstort Der abschliessende Prozess gegen den Herausgeber der antisemitischen Staatsburger Zeitung Wilhelm Bruhn und seinen verantwortlichen Redakteur endete mit deren Verurteilung wegen Landfriedensbruchs Vier Jahre nach dem Tod Ernst Winters sorgte ein Bericht mit unbekanntem Verfasser noch einmal fur Aufsehen Der Autor glaubte nachweisen zu konnen dass der bis dato nur als Zeuge nicht als Verdachtiger verhorte Bernhard Massloff den Gymnasiasten Ernst Winter getotet hat Anders als zunachst angenommen ware auch ein geubter landwirtschaftlicher Knecht wie Bernhard Massloff in der Lage gewesen eine Leiche so kunstgerecht zu zerstuckeln wie dies bei Ernst Winter der Fall gewesen war Doch auf Seiten der Staatsanwaltschaft bestand kein Interesse mehr den Fall ein weiteres Mal aufzurollen Parlamentsdebatten BearbeitenVom 4 bis 7 Februar 1901 debattierten der Reichstag und am 8 und 9 Februar 1901 das Preussische Abgeordnetenhaus uber den Konitzer Ritualmordvorwurf Zuvor hatten antisemitische Reichstagsabgeordnete die Broschure Der Blutmord von Konitz an die Mitglieder des Reichstages und des Preussischen Abgeordnetenhauses verschickt und darin propagandistisch die Legende vom judischen Blutmord zu untermauern versucht In den Debatten welche die Antisemitische Volkspartei AVP initiiert hatte begrundete diese dass Konitz ein weiteres Beispiel fur den ubermassigen Einfluss des Judentums auf die Ermittlungsbehorden offenbare und deutlich zeige dass der im Volk garende Ritualmordverdacht gegen den in ihren Augen mitschuldigen Moritz Lewy zu wenig verfolgt werde Gegen diese Argumentationsweise verwahrten sich die sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten Joseph Herzfeld und Arthur Stadthagen energisch Sie bezeichneten die Ritualmordlegende als blodsinniges albernes Marchen und machten die AVP Mitglieder fur die Verbreitung des Ritualmordvorwurfs verantwortlich Im preussischen Abgeordnetenhaus verurteilte der linksliberale Abgeordnete Heinrich Rickert der zwischen 1895 und 1902 Vorsitzender des Vereins zur Abwehr des Antisemitismus war dezidiert die Pogrome in Konitz In seinen Augen hatten die Antisemiten durch ihre Nebenuntersuchungskommission wesentlich diese Pogrome mitverursacht Er hob zudem hervor dass sich die Justizbehorden zu nachsichtig gegenuber den antisemitischen Verleumdungen verhalten hatten Im preussischen Abgeordnetenhaus beteiligten sich lediglich die kleinen Parteien an der Debatte um den Konitzer Ritualmordvorwurf die grossen Parteien wie das Zentrum und die Konservative Partei ausserten sich dazu nicht Rolle der Medien BearbeitenSchon Gustav George der die Konitzer Affare und ihre Eskalationen vor Ort verfolgt hatte bilanzierte dass die antisemitische Partei mit ihrer Agitation die mediale Herrschaft in Konitz errungen habe Er begrundete dies unter anderem damit dass der zunachst neutral und objektiv berichtende Konitzer Landbote sich nach und nach antisemitischer Argumentationsweisen bedient habe Die antisemitische Staatsburger Zeitung das Pamphlet Der Blutmord von Konitz des Reichstagsabgeordneten Max Liebermann von Sonnenberg und die christlich konservative von dem Reichstagsabgeordneten Adolf Stoecker herausgegebene Zeitung Das Volk unterliessen keinen Versuch den Mord von Konitz als einen von Juden verubten Ritualmord erscheinen zu lassen Sie erreichten dass vor allem in der Phase intensiver Ermittlungen der Behorden der antisemitischen Vorstellung vom Ritualmord Vorschub geleistet wurde Publizistische Aufarbeitung im neuen Jahrtausend BearbeitenIm Jahr 2002 erschienen zwei unabhangig voneinander verfasste Bucher zweier Historiker uber die damaligen Vorgange Der Dusseldorfer Geschichtsprofessor Christoph Nonn konzentrierte sich bei seiner Aufarbeitung auf die Darstellung der Entstehung und Beschaffenheit von Geruchten die die Affare pragten sowie die personlichen Hintergrunde derer die sie verbreiteten Er kam dabei zu dem Schluss dass die antisemitischen Krawalle ihren Ursprung in einer Gegenoffentlichkeit genommen hatten in der sich vor allem gesellschaftliche Aussenseiter Angehorige sozial benachteiligter Gruppen oder solche denen gesellschaftlicher Aufstieg aus subjektiver Sicht zu Unrecht verwehrt geblieben oder in nicht ausreichendem Masse zuteilgeworden war hervorgetan hatten Aus einem Geltungsdrang heraus hatten diese Personen Geschichten erfunden oder ausgeschmuckt die einerseits aus ihren eigenen Vorurteilen erwuchsen andererseits auch bewusst auf das Interesse und die Bedurfnisse der angesprochenen Empfanger zurechtgeschnitten worden seien So habe die Beschaffenheit der Geruchte immer auf die Faszination des Bizarren abgezielt sowie auf die Angst der Konitzer Burger vor dem Unbekannten der staatlichen Autoritat und ihrer durch mangelhafte Bildung bedingten Unkenntnis judischen Lebens Viele hatten sich instinktiv der Werkzeuge politisch gesellschaftlicher Agitation bedient Der US amerikanische Historiker Helmut Walser Smith legte einen Schwerpunkt seiner Aufarbeitung auf eine von ihm angenommene historische Kontinuitat der Ritualmordlegende Die Konitzer Mordaffare sah Smith als Glied einer Kette die letztlich zum Holocaust gefuhrt habe Anders als Nonn der das Muster der antisemitischen Agitation vornehmlich in der individuellen Geltungssucht sah und damit Antisemitismus neben allgemeiner Fremdenfeindlichkeit Projektionen von Sex und Gewaltphantasien Voyeurismus und anderen Motiven als eines der Symptome nicht als Ursache betonte Smith die Konitzer Burger hatten ein vertrautes Handlungsmuster ubernommen das im kollektiven Gedachtnis latent vorhanden und durch die Vorkommnisse aktiviert worden sei Lediglich die unterschiedlichen Ausformungen und formulierungen der Ritualmordlegende seien individueller Natur Was in Konitz geschehen sei sei im Gegensatz zum fiktiven judischen Ritualmord das eigentliche christlich deutsche Ritual Hier sei der Mord an Juden anders als spater im Dritten Reich zwar nicht direkt ausgefuhrt jedoch durch das symbolische Demutigen und Ausschliessen der Juden aus der Gesellschaft in Wort und Tat rituell vollzogen worden Horspiel Bearbeiten2008 produzierte der Mitteldeutsche Rundfunk das Horspiel Die Affare Ernst Winter von Rolf Schneider 3 Literatur BearbeitenZum Meineidsprozess gegen Moritz Lewy in Konitz Westpr Verteidigungsrede des Rechtsanwalts Hugo Sonnenfeld in Berlin mit einem Vorwort des Justizrats Dr Erich Sello in Berlin H S Hermann Berlin 1901 PDF 3 6 MB Bernhard Vogt Die Atmosphare eines Narrenhauses Eine Ritualmordlegende um die Ermordung des Schulers Ernst Winter in Konitz in Michael Brocke Margret Heitmann Harald Lordick Hrsg Zur Geschichte und Kultur der Juden in Ost und Westpreussen Hildesheim Olms 2000 S 545 577 Johannes T Gross Ritualmordbeschuldigungen gegen Juden im Deutschen Kaiserreich 1871 1914 Metropol Berlin 2002 ISBN 978 3 932482 84 7 Humboldt Universitat Diss 2001 Christoph Nonn Eine Stadt sucht einen Morder Gerucht Gewalt und Antisemitismus im Kaiserreich Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2002 ISBN 978 3 525 36267 9 Helmut Walser Smith Die Geschichte des Schlachters Mord und Antisemitismus in einer deutschen Kleinstadt Wallstein Gottingen 2002 ISBN 978 3 89244 612 5 Taschenbuch Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt am Main 2004 ISBN 978 3 596 15765 5 Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource George Gustav Enthullungen zur Konitzer Mordaffaire Auf Grund eigener Ermittlungen und Beobachtungen Georg Koenig Berlin 1903 Quellen und Volltexte nbsp Wikisource Max Liebermann von Sonnenberg Der Blutmord in Konitz Mit Streiflichtern auf die staatsrechtliche Stellung der Juden im Deutschen Reiche 11 Aufl Berlin 1901 Quellen und Volltexte nbsp Wikisource Hugo Friedlander Die Ermordung des Gymnasiasten Ernst Winter in Konitz Berlin 1911 Quellen und Volltexte Hugo Friedlander Die Ermordung des Gymnasiasten Ernst Winter in Konitz bei Zeno org Original Interessante Kriminalprozesse Band 3 S 76 132 Hugo Friedlander Ein Nachspiel zu der Ermordung des Gymnasiasten Ernst Winter in Konitz bei Zeno org Original Interessante Kriminalprozesse Band 12 S 53 61 Volker Ullrich Der Stein des Rabbis In Die Zeit 44 2002 Zeit Online 24 Oktober 2002 Beispiel fur eine Berichterstattung zur Gerichtsverhandlung im Jahr 1902 Der Konitzer Mord in Berliner Tageblatt 8 Oktober 1902 Einzelnachweise Bearbeiten Jurgen W Schmidt Kein Fall von Ritueller Blutabzapfung die Strafprozesse gegen den Rabbinatskandidaten Max Bernstein in Breslau 1889 90 und deren sexualpsychologischer Hintergrund In Fachprosaforschung Grenzuberschreitungen 8 9 Deutscher Wissenschaftsverlag Baden Baden 2012 2013 2014 ISSN 1863 6780 S 483 516 hier S 483 Jurgen W Schmidt 2012 13 S 483 Die Affare Ernst Winter in der ARD Horspieldatenbank abgerufen am 9 November 2023 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Konitzer Mordaffare amp oldid 238960591