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Die Sozialdemokratische Arbeiterpartei SDAP war eine von mehreren Vorlauferparteien der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands SPD Sie wurde am 8 August 1869 auf wesentliche Initiative August Bebels und Wilhelm Liebknechts in Eisenach gegrundet und bestand bis zu ihrer Fusion mit dem Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein ADAV zur Sozialistischen Arbeiterpartei SAP auf dem Vereinigungsparteitag in Gotha Ende Mai 1875 Inhaltsverzeichnis 1 Grundungsparteitag und Programm von Eisenach 2 Entwicklung und Positionen 3 Vereinigung mit dem ADAV 4 Vorsitzende 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseGrundungsparteitag und Programm von Eisenach Bearbeiten Wilhelm Liebknecht 1826 1900 August Bebel 1840 1913 Die SDAP ging aus der seit 1866 bestehenden Sachsischen Volkspartei dem Vereinstag Deutscher Arbeitervereine sowie ehemaligen Mitgliedern des ADAV hervor Auf dem Grundungsparteitag waren 262 Delegierte und weitere 110 Anhanger des amtierenden ADAV Vorsitzenden Johann Baptist von Schweitzer versammelt Auf der Tagesordnung standen Diskussionen uber Programm und Organisation Referent August Bebel das Verhaltnis zur Internationalen Arbeiterassoziation IAA vgl auch Internationale das Parteiorgan sowie die Gewerkschaftsfrage Sie vertrat in ihrem Eisenacher Programm eine am Marxismus ausgerichtete politische Linie Der Kampf fur die Befreiung der arbeitenden Klassen sei nicht als Kampf fur Klassenprivilegien und Vorrechte zu verstehen sondern es gehe um gleiche Rechte und Pflichten und fur die Abschaffung der Klassenherrschaft Die sozialdemokratische Arbeiterpartei erstrebte daher unter Abschaffung der bestehenden Produktionsweise den vollen Arbeitsertrag fur jeden Arbeiter und den Freien Volksstaat Die neue Partei verstand sich ausdrucklich als Zweig der IAA Ausserdem forderte das Eisenacher Programm das gleiche direkte und geheime Wahlrecht sowie die Gewahrung ausreichender Diaten eine direkte Gesetzgebung durch das Volk die Einfuhrung einer Miliz an Stelle des stehenden Heeres die Trennung von Kirche und Staat die Abschaffung aller indirekten Steuern die Koalitions Vereins und Pressfreiheit einen Nominalarbeitstag Einschrankung der Frauenarbeit sowie Verbot der Kinderarbeit des Weiteren die staatliche Forderung des Genossenschaftswesens Tagespolitisch wandte sich die Partei unter anderem gegen die monarchistischen von Preussen dominierten Tendenzen im Norddeutschen Bund dem Vorlaufer des 1871 gegrundeten Deutschen Kaiserreichs Zwischen dem ADAV und der SDAP gab es sicherlich auch in Detailfragen ideologische Unterschiede besonders aber die nationale Frage hat die Konkurrenzsituation beider Parteien bestimmt War die SDAP grossdeutsch und antipreussisch bekannte sich der ADAV zur kleindeutschen Losung unter Fuhrung Preussens 1 Die Fuhrung der Partei wurde durch einen funfkopfigen Ausschuss gebildet Dieser setzte sich aus Mitgliedern aus dem Vorort Sitz Braunschweig zusammen Hinzu kam ein Kontrollausschuss mit Sitz in Hamburg Der Ausschuss unter seinen Mitgliedern auch Wilhelm Bracke wurde vom einmal im Jahr tagenden Parteikongress kontrolliert der auch uber den jeweiligen Vorort zu bestimmen hatte Die Organisation selbst beruhte auf dem Vertrauensmannersystem Das publizistische Parteiorgan der SDAP war die vom Vereinstag der Arbeitervereine ubernommene Zeitung Demokratisches Wochenblatt Ab Oktober 1869 erschien es dreimal wochentlich unter dem Titel Der Volksstaat Der Partei eng verbunden waren die 1868 gegrundeten Internationalen Gewerksgenossenschaften Diese standen in Konkurrenz zum Allgemeiner Deutscher Arbeiterschaftsverband im Umfeld des ADAV Entwicklung und Positionen Bearbeiten Die Delegierten des Basler Kongresses der Internationalen Arbeiterassoziation IAA im September 1869 unter ihnen auch Liebknecht und Spier als Vertreter der SDAP Nach der Grundung hatte sich die SDAP zur deutschen Sektion der IAA erklart sogenanntes Kettenbild von Ende 1870 mit Portrats sozialistischer Gegner des Deutsch Franzosischen Krieges und Protagonisten der fruhen SDAP Von oben im Uhrzeigersinn Karl Marx Johann Jacoby Wilhelm Liebknecht Samuel Spier Wilhelm Bracke August BebelDer erste ordentliche Kongress der neuen Partei fand 1870 in Stuttgart statt Vertreten waren 66 Delegierte die etwa 11 000 Mitglieder vertraten Diskutiert wurde uber die Gewerkschafts und Genossenschaftsbewegung die politische Stellung der Partei sowie die Grund und Bodenfrage Eine zentrale Frage bildete die Debatte uber die Teilnahme an den Reichstagswahlen Das Parlament sollte dabei grundsatzlich als Tribune zur Darlegung des Klassenstandpunkts genutzt werden Wahrend des Kongresses traten die bayerischen Mitglieder des ADAV der Partei bei Die klare Trennung der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung von der burgerlichen demokratischen und republikanischen Bewegung war innerhalb der neuen Partei keineswegs unumstritten 2 Die Debatte veranlasste August Bebel 1869 zum Schreiben der Programmschrift Unsere Ziele Er machte deutlich dass die Partei unter dem Begriff Arbeiterklasse keineswegs nur die Industriearbeiter sondern auch Handwerker Kleinbauern geistige Arbeiter Schriftsteller Volksschullehrer und kleine Beamte verstunde Uber den konkreten Weg Revolution oder Reform zur Erreichung der politischen Ziele ausserte sich Bebel darin auch mit Blick auf die Behorden nur zuruckhaltend Auch Spekulationen uber die neue Gesellschaftsordnung hielt er fur wenig hilfreich zumal weil sich aus der Kritik des Bestehenden die Forderungen des Zukunftigen in grossen Zugen ganz von selbst ergibt und durch solche gedanklichen Systeme Meinungsdifferenzen hervorgerufen werden die im Augenblick wo es gilt praktisch einzugreifen ganz von selbst beigelegt werden weil eben dann die momentanen Verhaltnisse den naturgemassen Weg beschreiben 3 Wilhelm Liebknecht in der Mitte im Zeugenstand stehend August Bebel 1 v r und Adolf Hepner 2 v r als Angeklagte beim Leipziger Hochverratsprozess 4 Der Deutsch Franzosische Krieg von 1870 71 fuhrte innerhalb der SDAP zu einer ersten Krise Die Abgeordneten August Bebel und Wilhelm Liebknecht gewahlt noch als Kandidaten der Sachsischen Volkspartei enthielten sich im Norddeutschen Reichstag bei der Frage der Kriegskredite der Stimme wahrend die Abgeordneten des ADAV und Friedrich Wilhelm Fritzsche dagegen stimmten Dies fuhrte zum Widerspruch des Braunschweiger Parteiausschusses der sich fur die Kredite aussprach da er Deutschland als unschuldig am Ausbruch des Krieges betrachtete Karl Marx wurde aufgefordert zwischen den beiden Auffassungen zu vermitteln In diesem Zusammenhang forderte Marx die Partei auf sich gegen die geplante Annexion von Elsass Lothringen zu wenden da dies weitere Kriege mit Frankreich und Russland zur Folge hatte Dem schloss sich der Braunschweiger Ausschuss nach dem Sieg in der Schlacht bei Sedan ausdrucklich an und forderte im Braunschweiger Manifest einen sofortigen ehrenvollen Frieden mit Frankreich Daraufhin wurden die Mitglieder des Ausschusses verhaftet und in eine Festung an der russisch deutschen Grenze gebracht Auch Johann Jacoby wurde auf Grund ahnlicher Ausserungen inhaftiert In der Reichstagssitzung vom 28 November 1870 stimmten nunmehr alle sozialdemokratischen Abgeordneten gegen weitere Kriegskredite da mit der Gefangennahme Napoleons III die ursprunglichen Kriegsziele erreicht worden seien Eine Folge war dass unter anderem Bebel und Liebknecht verhaftet wegen Hochverrats angeklagt und bis Ende Marz 1871 in Untersuchungshaft gehalten wurden Der Prozess vor dem Leipziger Schwurgericht fand allerdings erst 1872 statt Er endete mit der Verurteilung Liebknechts und Bebels zu mehreren Monaten Festungshaft und der Aberkennung von Bebels Reichstagsmandat In der damit notwendig gewordenen Nachwahl konnte Bebel den Parlamentssitz allerdings wieder zuruckgewinnen Bei den ersten Reichstagswahlen im Deutschen Kaiserreich konnten am 3 Marz 1871 nur Reinhold Schraps und August Bebel ihre Mandate verteidigen Dabei entfielen auf die SDAP insgesamt nur 40 000 Stimmen von diesen kamen uber 30 000 aus Sachsen Im Reichstag verteidigte Bebel am 25 Mai 1871 die Pariser Kommune mit dem Ausspruch dass das europaische Proletariat hoffnungsvoll nach Paris sehe Diese Ausserungen verstarkten gerade auch beim Reichskanzler Otto von Bismarck das Misstrauen gegenuber der SDAP Auf dem Kongress der SDAP in Dresden im August 1871 waren 56 Delegierte aus 81 Orten anwesend die etwa 6 250 Parteimitglieder vertraten Beschlossen wurde die Verlegung des Parteiausschuss Sitzes nach Hamburg und die der Kontrollkommission nach Berlin Der vierte Kongress fand 1872 statt Wahrend Friedrich Engels im Vorfeld lassalleanische Tendenzen kritisiert hatte nahm der Kongress eine versohnliche Haltung gegenuber dem ADAV ein da dieser der einzige Bundesgenosse der SDAP sei Der Sitz der Kontrollkommission wurde Breslau der Ausschuss blieb in Hamburg Auf Grund der ablehnenden Haltung des ADAV zur gemeinsamen Aufstellung von Reichstagskandidaten sprach sich der nachste Kongress von 1873 aber wieder gegen Einigungsverhandlungen aus Ausserdem bekraftigte er dass die Reichstagswahlen vor allem als Agitationsmittel und als Prufstein der eigenen Prinzipien dienen sollten Die Organisation hatte nunmehr etwa 9 200 Mitglieder in 130 Orten Wahrend des Reichstagswahlkampf von 1874 erklarte die Zeitung des ADAV Der Neue Social Demokrat seine Polemiken gegen die Konkurrenzpartei einzustellen Ausserdem beschloss der Vorstand bei Stichwahlen die Kandidaten der SDAP zu wahlen Beide Parteien zusammen kamen auf 6 8 der Stimmen und gewannen 9 Mandate Davon entfielen 6 auf die SDAP und 3 auf den ADAV Seit 1874 verstarkten sich die gegen beide Arbeiterparteien gerichteten Massnahmen der Obrigkeit Versammlungen wurden verboten der Reichstagsabgeordnete Johann Most zu einer Gefangnisstrafe verurteilt und in Munchen die SDAP verboten da so die Begrundung durch sie die religiosen und gesellschaftlichen Grundlagen des Staates bedroht seien Vereinigung mit dem ADAV BearbeitenNicht zuletzt die antisozialistischen Massnahmen der Regierungen verstarkten die Einigungsbestrebungen der beiden Parteien Der SDAP Kongress in Coburg von 1874 zeigte sich trotz neuer Konflikte mit dem ADAV einer Vereinigung nicht abgeneigt Dazu diente auch ein Treffen von Karl Marx mit Wilhelm Liebknecht Wilhelm Blos und anderen im September 1874 in Leipzig Im Oktober begannen die konkreten Verhandlungen Im Januar 1875 sprach sich auch der ADAV Vorsitzende Wilhelm Hasenclever grundsatzlich fur eine Vereinigung aus verlangte aber auch dass die Positionen von Ferdinand Lassalle in einem gemeinsamen Parteiprogramm enthalten sein mussten Auch pladierte er fur eine zentralistische Organisation Mitte Februar 1875 arbeiteten 16 Mitglieder beider Parteien in Gotha ein Programm und Organisationsstatut aus Einige Zeit spater riefen die Vorstande beider Parteien zu einem Vereinigungsparteitag im Mai auf Gleichzeitig erreichten die antisozialistischen Massnahmen einen neuen Hohepunkt Der Berliner Staatsanwalt von Tessendorff forderte Zerstoren wir die sozialistische Organisation und es existiert keine sozialistische Partei mehr In der Folge wurden die beiden Parteien in Preussen und einem Grossteil der ubrigen Bundesstaaten verboten Auf dem Gothaer Parteitag im Jahr 1875 vereinigte sich die Sozialdemokratische Arbeiterpartei mit dem Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein unter dessen letztem Prasidenten Wilhelm Hasenclever zur Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands SAP die sich im Jahre 1890 nach der Aufhebung der von 1878 bis 1890 geltenden repressiven Sozialistengesetze schliesslich in SPD umbenannte Vorsitzende BearbeitenName Amtszeit AnmerkungenSozialdemokratische Arbeiterpartei SDAP August BebelLeonhard von BonhorstWilhelm BrackeJohann Heinrich EhlersFriedrich NeidelSamuel Spier 1869 1870Karl KuhnSamuel Spier 1870 1871G A MullerTheodor Kulbel 1871 1872Eduard PreyFriedrich Lenz 1872 1873Rudolf PraastTheodor Kulbel 1873 1874Paul MartienssenFerdinand Fischer 1874 1875Siehe auch BearbeitenGeschichte der deutschen SozialdemokratieLiteratur BearbeitenFranz Osterroth Dieter Schuster Chronik der deutschen Sozialdemokratie Band 1 Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges Bonn Berlin 1975 S 38 ff Detlef Lehnert Sozialdemokratie Zwischen Protestbewegung und Regierungspartei 1848 1983 Frankfurt 1983 ISBN 3 518 11248 1 Ralf Hoffrogge Sozialismus und Arbeiterbewegung in Deutschland von den Anfangen bis 1914 Schmetterling Stuttgart 2011 ISBN 978 3 89657 655 2 Arno Klonne Die deutsche Arbeiterbewegung Geschichte Ziele Wirkungen Diederichs Munchen 1989 ISBN 3 424 00652 1 Hans Michael Hensel Samuel Spier H M Hensel Hg John Gatt Rutter Italo Svevo Samuel Spiers Schuler Segnitz 1996 88 f 218 f Beschreibung aller abgebildeten Personen auf dem Kettenbild zur Lotzener Kettenaffare 1870 71 Helga Grebing Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung Nympfenburger Verlagsbuchhandlung Munchen 1966 Weblinks BearbeitenEisenacher Programm der SDAP von 1869 125 Jahre Sozialdemokratie Dokumentation zur Geschichte der SPD 1863 1890 In SPD Parteivorstand Hrsg Sozialdemokratie in Deutschland Bilddokumentation zur Geschichte der SPD Berlin 2002 August Bebel Gesellschaft Sozialdemokratische Arbeiterpartei SDAP 1869 1875 Vorsitzende Sekretare Kassierer und BeisitzerEinzelnachweise Bearbeiten Grebing S 65 Zu den Uberschneidungen vgl das Kapitel Trennung von Liberalismus und Sozialismus in Ralf Hoffrogge Sozialismus und Arbeiterbewegung in Deutschland von den Anfangen bis 1914 Stuttgart 2011 S 48 76 Lehnert Sozialdemokratie S 59 Institut fur Marxismus Leninismus beim Zentralkomitee der SED Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung Band 1 Von den Anfangen der deutschen Arbeiterbewegung bis zum Ausgang des 19 Jahrhunderts Autorenkollektiv Walter Ulbricht u A Dietz Verlag Berlin 1966 Bildteil nach S 352 Normdaten Korperschaft GND 26154 3 lobid OGND AKS LCCN n81104356 VIAF 144058576 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Sozialdemokratische Arbeiterpartei Deutschland amp oldid 228899271