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Medizintheorie oder Theorie der Medizin bezeichnet allgemein den Versuch die Medizin auf philosophisch theoretischem Niveau zu reflektieren Seltener verwendete Begriffe dafur sind auch Philosophie der Medizin oder Iatrologie engl Philosophy of medicine Sie beschaftigt sich mit den ontologischen erkenntnistheoretischen methodologischen begrifflichen und sprachlichen Grundlagen und Fragestellungen der Medizin in der Forschung und Praxis In einem weiteren Sinn gehoren zur Medizintheorie auch die Gebiete der praktischen Philosophie mit der Medizinethik handlungstheoretischen Themen und Teilen der Bioethik Obwohl die Grundfragen der Medizin schon immer in der Philosophie thematisiert wurden und umgekehrt besteht ein grosseres Interesse an einer systematischen Reflexion erst ab der zweiten Halfte des 20 Jahrhunderts Seit Beginn des 21 Jahrhunderts etabliert sich die Medizintheorie als Teilgebiet der Ende des 19 Jahrhunderts entstandenen und Anfang des 20 Jahrhunderts als eigenstandiges philosophisches Fach etablierte Wissenschaftstheorie 1 mit eigenstandigen Themen und Fragestellungen Eine allgemein anerkannte Definition und Abgrenzung der Medizintheorie hat sich noch nicht durchgesetzt Unterschiedliche Ansichten bestehen dabei uber die Themen und Inhalte die Methoden und den Stellenwert der Medizintheorie innerhalb der Philosophie und der Medizin Dabei befinden sich weite Teile der Medizin in einem wissenschaftstheoretischen Reflexionsdefizit Aktuelle medizintheoretische Diskussionen und Veroffentlichungen beschranken sich fast ausschliesslich auf die sogenannte westliche Medizin sowie ihre Tradition Pluralitat und Weiterentwicklung Inhaltsverzeichnis 1 Medizin und Philosophie 1 1 Philosophie der Medizin 1 2 Medizinische Philosophie 1 3 Der wissenschaftstheoretische Status der Medizin 2 Geschichte 2 1 Fruhzeit 2 2 Griechische Antike 2 3 Die Medizin des islamischen Mittelalters 2 4 Christliches Mittelalter 2 5 Sakulare Neuzeit 3 Metaphysik und Ontologie 3 1 Philosophie des Geistes 3 2 Reduktionismus und Emergenz 3 3 Physikalismus und Organizismus 3 4 Realismus 3 5 Kausalitat 3 6 Korper und Leib 4 Epistemologie und Methodologie 4 1 Rationalismus und Empirismus 4 2 Logik und Begrundung 4 2 1 Subjektive Erkenntnisweisen 4 2 2 Konzepte der Medizin 4 2 3 Erkenntnismethoden 4 3 Entscheidungen und Urteile 4 4 Medizinische Erklarungen 4 5 Diagnose 4 6 Therapie 4 7 Sprache und Semiotik 5 Krankheit und Gesundheit 5 1 Die Ontologie der Krankheit 5 2 Der Krankheitsbegriff 5 3 Therapie und Heilung 5 4 Krankheitsklassifizierungen 5 5 Nosologie 5 6 Gesundheit 6 Medizinethik 7 Die Medizintheorie in Wissenschaft und Gesellschaft 7 1 Forschung und Lehre 7 2 Veroffentlichungen und Konferenzen 7 3 Aktuelle wissenschaftstheoretische Paradigmen in der Medizin 7 3 1 Naturwissenschaftlich orientierte Medizin 7 3 2 Paradigma der molekularen Medizin 7 3 3 Das biopsychosoziale Modell 7 3 4 Evidenzbasierte Medizin 7 3 5 Homoopathie 7 3 6 Anthroposophie 7 3 7 Psychoanalyse 8 Literatur 8 1 Klassiker 8 2 Allgemein 8 3 Lehrbucher 8 4 Einzelthemen 9 Weblinks 10 Einzelnachweise und AnmerkungenMedizin und Philosophie Bearbeiten Die Philosophie ist die Schwester der Medizin medicina soror philosophiae Tertullian De Anima Die Medizintheorie thematisiert in mehrfacher Hinsicht die Sonderstellung der Medizin So kann die medizinische Praxis als idiosynkratische den Einzelfall betreffende Heilkunst oder als nomologische gesetzmassige Wissenschaft beschrieben werden Zwar konnen allgemeine Gesetze und Regeln gebildet werden aber die praktische Anwendung bezieht sich immer auf einen spezifischen Einzelfall Weiterhin gehort die Humanmedizin zu den anthropologischen Wissenschaften in denen der Mensch gleichzeitig Subjekt und Objekt der Betrachtung ist Somit werden neben dem naturwissenschaftlichen Paradigma auch subjektivistische Erkenntnisweisen und Methoden in der Medizintheorie diskutiert Da zur Humanmedizin viele existentielle Lebenserscheinungen wie Geburt Krankheit Leiden und Tod gehoren waren auch Wert Sinn und Ethikfragen schon immer Inhalt jeder philosophischen Reflexion zur Medizin Im Sinne des positivistischen Drei Stadien Gesetzes wurden ab dem 19 Jahrhundert allerdings viele weltanschaulichen Fragestellungen verdrangt 2 Zu weiteren Themenfeldern die sowohl Gegenstand der Medizin als auch der Philosophie sind gehoren das Bewusstsein das Verhaltnis von Korper und Psyche Wahrnehmung und Sprache Jede Heilkunde benotigt im Umgang mit kranken und leidenden Menschen ein besonders hohes Mass an Rechtfertigung und Legitimation ihrer therapeutischen Handlung Diese erfolgt einerseits durch gesellschaftliche und politische Akzeptanz Eine sorgfaltige Ruckfuhrung auf ihre wissenschaftstheoretische Grundlagen durch die Medizintheorie soll diese Akzeptanz weiter erhohen Der Fokus auf den therapeutischen Handlungsaspekt in der Medizin hat aber auch zur Folge dass ihre theoretischen Grundlagen nicht frei von Mangeln sein mussen um trotzdem eine gute Heilkunst zu praktizieren 3 Vertreter einer kulturrelativistischen Medizinkonzeption betonen dass die grundsatzliche Einstellung einer Gesellschaft und Kultur zu Krankheit zu Gebrechlichkeit und Tod und zu ihrem Umgang damit auch die Auspragungen sowie die Erkenntnis und Handlungsweisen ihrer Heilkunde beeinflusst Todesvorstellungen und Krankheitskonzepte bestimmen den Umgang der Menschen mit Krankheit und Tod und die Intensitat mit der in einer Gesellschaft um Gesundheit und Uberleben des einzelnen Menschen gekampft wird und den okonomischen Preis den sie dafur zu zahlen bereit ist Wahrend beispielsweise in der griechischen Antike und im christlichen Mittelalter der individuelle Tod im Verhaltnis zu Gemeinschaft seelischem Heil und ewigem Leben stand ist es in der sakularen Neuzeit zu einem weitgehenden Verlust der Thanatologie Wissenschaft vom Tod und vom Sterben zu einer Individualisierung des Sterbens und der Todesrituale sowie zu einer Tabuisierung von Todesvorstellungen gekommen 4 Grosse Themenbereiche die sich zwischen der Philosophie und Medizin uberschneiden konnen auch unter dem Leib Seele Problem oder dem Naturbegriff diskutiert werden Beispielsweise stimmen Vertreter eines substanzdualistischen Ansatzes Materie und Geist existieren selbststandig Lebensverlangerungen nicht um jeden Preis zu oder sie versuchen eine korperliche Krankheit mit rein geistig seelischen Therapieformen zu heilen Im 19 und 20 Jahrhundert hat sich in der westlichen Welt sowohl in der Philosophie als auch in der Medizin weitgehend der materialistische Monismus durchgesetzt Damit sind aber mehrere ungeloste Probleme verbunden wie die Frage nach der Naturalisierung intentionaler und phanomenaler Zustande Philosophie der Medizin Bearbeiten Welche Rolle die Philosophie der Medizin genau im akademischen Bereich einnehmen soll ist Teil der Diskussionen in der Medizintheorie Am verbreitetsten ist eine Definition die sich schon in den 1980er Jahren etabliert hat wonach die Philosophie Methoden bereitstellen soll um philosophische Themen in der Medizin zu artikulieren zu klaren und kritisch zu hinterfragen E D Pellegrino D Thomasma 1981 5 Dagegen verneint Arthur Caplan Anfang der 1990er Jahre die eigenstandige Existenz eines solchen Fachgebietes wegen einer noch fehlenden Verbundenheit zu anderen Fachgebieten und einem ebenso fehlenden festen Themenkern aus Standardwerken und Aufgabenstellungen Ein Streitthema ist die Frage ob die Philosophie der Medizin thematisch eng oder weit gefasst werden soll So sieht Edmund D Pellegrino die Gefahr dass das Fachgebiet mit einer weiten Definition seine Identitat verliert und pladiert fur eine Medizintheorie die als Hilfswissenschaft der etablierten Medizin und ihrer Methoden fungiert Dagegen fordert Kenneth Schaffner die Einbeziehung aller philosophischen Themen die eine Beziehung zur Medizin haben wobei sowohl naturwissenschaftliche als auch humanwissenschaftliche Themen behandelt werden sollen Medizinische Philosophie Bearbeiten Vereinzelt wird auch eine medizinische Philosophie oder klinische Philosophie bei Karl Hermann Spitzy als arztliche Praxis vorgeschlagen Grundlage dabei ist im Wesentlichen eine Diatetik eine Lehre uber eine Lebensfuhrung die zur Gesunderhaltung und zur Heilung beitragt In der griechischen Antike umfasste eine diatetische Lebensfuhrung Regeln sowohl fur eine korperlich als auch fur eine seelisch gesunde Lebensweise Neben der Ernahrung und sportlichen Bewegung wurde auch eine sittliche Lebensfuhrung vorgeschrieben Arthur Schopenhauer griff diese diatetischen Elemente wieder auf Die Massigung aller Leidenschaften soll nach seiner Auffassung neben korperlichen Ubungen die Leiden und Schmerzen im Leben reduzieren Friedrich Nietzsche stellt dagegen die grosse Gesundheit in den Mittelpunkt seiner medizinischen Philosophie Wer demnach die Krankheit als naturlichen Teil des Lebens annehmen kann und den Sinn darin erkennt der erlebe gesteigerte Vitalitat Heilungskrafte und Lebensfreude Dagegen sieht Nietzsche keinen Grund und keine Moglichkeit Krankheit genauer zu definieren und zu bekampfen sowie Gesundheit zu erstreben Allen Ansatzen einer medizinischen Philosophie gemeinsam ist die Forderung nach Selbsterkenntnis und Selbstverantwortung Der wissenschaftstheoretische Status der Medizin Bearbeiten nbsp Joseph Dietl 1844 Die fehlende allgemeine und verbindliche Definition eines Wissenschaftsbegriffes macht sich besonders in der Bewertung der vielfaltigen medizinischen Theorie und Praxis bemerkbar Schon in der Antike wurde gestritten ob die Medizin eine Wissenschaft oder Kunst ist Im Laufe des 19 Jahrhunderts gelangten vermehrt Erkenntnisse und Methoden aus den Naturwissenschaften in die arztliche Praxis Um die beginnende naturwissenschaftliche und positivistische Orientierung der Medizin gegenuber anderen Medizinkonzepten abzugrenzen schrieb Joseph Dietl So wie sich unsere Vorfahren mehr um den Erfolg ihrer Curen bekummerten so bekummern wir uns mehr um den Erfolg unserer Forschungen Joseph Dietl 1842 Von den 1840er Jahren an wird die Medizin immer haufiger als Wissenschaft bezeichnet 6 Zu Beginn des 20 Jahrhunderts wurde ein viel zitierter Satz des Pathologen Bernhard Naunyn beruhmt der im Streit um den Status der Medizin feststellte Die Medizin wird eine Wissenschaft sein oder sie wird nicht sein Doch haben wir es schwerer als die anderen weil wir schliesslich doch mit unseren Betrachtungen auf den Menschen angewiesen sind Und da setzen uns Humanitat und Pietat enge Grenzen Bernhard Naunyn 1905 Damit grenzte er die Medizin von der Heilkunst ab Allerdings gilt fur Naunyn auch weiterhin das Primat der Heilung vor dem Erkenntnisgewinn und der Humanitat vor einer naturwissenschaftlichen Praxis 7 nbsp William Osler 1881 Meist gilt die moderne Medizin heute trotz ihrer Nahe zu den Naturwissenschaften selbst nicht als Naturwissenschaft So unterliegt jede rationale Begrundung einer therapeutischen Handlung also die Anwendung einer Regel auf einen Einzelfall der Urteilskraft Dies ist aber ein wesentlicher Unterschied zur Naturwissenschaft die allgemeine Regeln gewinnt und in Abhangigkeit stellt Dagegen wird die Medizin schon haufiger als angewandte Wissenschaft bezeichnet die naturwissenschaftliche Erkenntnisse und Methoden auf den kranken Menschen anwendet Allgemeine wissenschaftliche Erkenntnis wird danach in eine konkrete Entscheidung und eine reale Handlung uberfuhrt Aber auch dieser Auffassung wird widersprochen So nutzt die Medizin zahlreiche Erkenntnisquellen neben den Naturwissenschaften und schafft selbst auch neue Erkenntnisse 8 Schon haufiger wird die Medizin in der Medizintheorie als Handlungswissenschaft klassifiziert die sich vor allem von ihrem Zweck dem Heilen kranker Menschen her versteht 9 Der Gegenstandsbereich der Humanwissenschaften in weiterem Sinn inklusive der Geistes Kultur und Sozialwissenschaften umfasst auch Themen und Fragestellungen welche nicht ohne die Berucksichtigung menschlicher Vorstellungen Ziele und Werturteile verstanden werden konnen 10 Bezieht die Medizin die beteiligten Personen in ihre Methoden mit ein dann ist die Medizin eine Humanwissenschaft Fur Richard Koch ist die Medizin dagegen uberhaupt keine Wissenschaft solange es ihr um einen technischen und praktischen Nutzen geht Natur und Geisteswissenschaften ginge es dagegen nur um Wissen 11 Auch fur Karl Eduard Rothschuh hat die Medizin keine Erkenntnisziele sondern nur Handlungsziele Fritz Hartmann definiert Medizin als den wissenschaftlichen Anteil der Gesamtheilkunde Damit lasst er Raum fur einen Bereich der praktischen Heilkunde der sich keiner Wissenschaftsdiskussion stellen muss Ahnlich formuliert auch William Osler Medicine is an art based on science Geschichte BearbeitenBis zur Mitte des 20 Jahrhunderts wurde die Medizingeschichte in einer positivistischen Geschichtsschreibung als zwingender wissenschaftlicher Fortschritt verstanden Ereignisse Prozesse und Personen die nicht in dieses Bild passten wurden als Irrweg bezeichnet In den letzten Jahrzehnten werden dagegen sozialkonstruktivistische und anti realistische Deutungen breiter diskutiert 12 Fruhzeit Bearbeiten In der Anfangszeit der Menschheitsgeschichte wurden magisch mystische Krafte sowie Geister Gotter und Damonen fur Gesundheitsstorungen verantwortlich gemacht Krankheiten besassen eine soziale Dimension und betrafen immer auch die Gemeinschaft Eine Heilung konnte nur mithilfe einer Kontaktaufnahme zum Ubersinnlichen erfolgreich sein Dazu dienten Methoden wie eine Bewusstseinsveranderung des Heilers oder die Astrologie Die eigentliche Therapie konnte aber viele verschiedene Elemente wie Beschworungen Busse und Trepanation beinhalten 13 Der Asklepios Heilkult der seit dem spaten 6 Jahrhundert v Chr in Griechenland auftritt wird dagegen als ein theurgisches Medizinkonzept betrachtet In einigen Hochkulturen wie in Agypten Indien China und Tibet kam es in dieser Zeit auch zur Herausbildung eines spezialisierten Arztberufes Charakteristisch ist dort ein Nebeneinander von empirisch rationalen und magisch religiosen Heilpraktiken Griechische Antike Bearbeiten nbsp Hippokrates von KosDie vorsokratische griechische Antike entwickelte ein ganzheitliches kosmologisch anthropologisches Verstandnis von Krankheit und Gesundheit Die gesamte Lebensfuhrung des Menschen steht dabei in Beziehung zu Krankheit und Gesundheit aber auch zur Natur als Ganzes In der Schule der Pythagoreer steht die Harmonielehre im Mittelpunkt Gesundheit wurde als die Wiederherstellung eines Gleichgewichtes zwischen Mensch Gesellschaft und Welt verstanden Zur gleichen Zeit entstanden vermutlich auch die ersten Qualitatenpathologien wie beispielsweise die Humoralpathologie Viersaftelehre 14 Durch Hippokrates von Kos erhalt die arztliche Heilkunst zum ersten Mal ein geschlossenes umfassendes und schriftlich fixiertes Erklarungssystem Charakteristisch fur diese Medizinauffassung ist ein dritter Zustand neutralitas neben den beiden Extremen Krankheit und Gesundheit Eine naturliche Lebensweise Diatetik gilt als der Schlussel fur jede Therapie Krankheitsursachen werden zunehmend naturalistisch erklart Mit der Gleichsetzung von moralischer Vollkommenheit und physischer Schonheit sowie dem individuell Naturlichen und dem staatlich Nutzlichen bei Platon konnen die Sterbehilfe Suizid sowie Beihilfe zum Suizid gerechtfertigt werden Dagegen grenzt sich der Eid des Hippokrates wiederum deutlich ab 15 Selbsttotung und Sterbehilfe werden durch ihn ausdrucklich untersagt Im Corpus Hippocraticum wurde die Humoralpathologie als grundlegende Krankheits und Gesundheitstheorie entwickelt Wichtige Elemente der arztlichen Behandlung waren die Einbeziehung uberlieferter arztlicher Berichte und die genauer Beobachtung des kranken Menschen Semeia waren Anzeichen Symptome welche fur die Prognose gedeutet wurden die einen grosseren Stellenwert als die Therapie hatte 16 Aus heutiger Sicht mangelte es der hippokratischen Medizin aber an einer fundierten theoretischen Grundlage und insbesondere einer systematischen Einteilung von Krankheiten und Krankheitsursachen Nosologie Der romische Arzt Galenos von Pergamon fugte wenig Neues zum hippokratischen Krankheitsverstandnis hinzu Seine Bedeutung liegt in der Schematisierung der Behandlung und in dem Versuch eine systematische wissenschaftliche Basis seiner Lehre zu erstellen Die Medizin des islamischen Mittelalters Bearbeiten Hauptartikel Medizin in der mittelalterlichen islamischen Welt Die Medizin in der mittelalterlichen islamischen Welt ubernahm griechisch romische Medizinkonzepte uber das Byzantinische Reich Mit dem Canon medicinae des persischen Arztes Avicenna und durch den Arzt und Philosophen Isaak ben Salomon Israeli entstehen richtungsweisende Werke zur Theorie der Medizin Bedeutende Fortschritte machte die persisch arabische Heilkunde besonders in der Arzneimittellehre und Chirurgie Christliches Mittelalter Bearbeiten Hauptartikel Klostermedizin nbsp Garten des Klosters Murbach nbsp Der St Galler Klosterplan typischer Klosterplan mit Hospital und KrautergartenDas christliche Mittelalter erlebte erneut einen Bedeutungszuwachs religioser Motive in der Heilkunst Anthropologische und kosmologische Elemente wurden auf die Transzendenz bezogen Als Medizinkonzept wurde eine Iatrotheologie vorherrschend worin alle Elemente der Medizin wie Krankheit und Therapie als Teil eines gottlichen Heilsplanes verstanden wurden Eine theistische Ontologie fuhrte zu einer Neuorientierung fur alle Sinn und Wertvorstellungen in der Medizin Die Therapie wurde zur Begleitung in der Arzt Patienten Beziehung Die Krankheit verkorperte das christliche Leiden Es ist dabei eine notwendige Station im Heilsprozess und das transzendente Heil ist der Krankheit aber auch der individuellen Gesundheit ubergeordnet Dietrich von Engelhardt Lebensqualitat misst sich am Verhaltnis des Menschen zur Schopfung und seinem Schopfer zur Natur und Kultur und ihrem glucklichen Verhaltnis und nicht an der Dauer des Lebens oder an der Genuss Liebes und Arbeitsfahigkeit 17 Folglich sind auch die Hospitaler nicht auf die Krankenheilung beschrankt sondern bieten Personen in Not aus allen sozialen Schichten und individuellen Grunden Hilfe an Selbsttotung Euthanasie und Schwangerschaftsabbruch sind fur das arztliche Handeln tabu In der fruhmittelalterlichen sogenannten Klostermedizin ubernahmen die christlichen Kloster mit ihren Hospitalern die Rolle der Heilkundigen Besondere Bedeutung erlangte die Therapie mit Hilfe von Heilkrautern Die Kloster stellten neben der arztlichen Versorgung auch die Sammlung Ubersetzung und Uberlieferung antiker medizinischer Schriften sicher 18 Ab dem 12 Jahrhundert wurde auf mehreren Konzilien beschlossen die Kloster von den arztlichen Aufgaben zu trennen So wurde in der Folge die Grundung von Medizinschulen und Universitaten in ganz Europa befordert Sakulare Neuzeit Bearbeiten Vom 16 bis zum 18 Jahrhundert gab es eine betrachtliche Auswahl an Medizinkonzepten Therapiemoglichkeiten und Heilkundigen fur die Bevolkerung Vorherrschende Medizinkonzepte losten sich oftmals innerhalb von wenigen Jahrzehnten ab 19 RenaissanceFur die Medizin bedeutete die Renaissance eine Hinwendung zu den romischen und griechischen Klassikern wie Galen Hippokrates und Aulus Cornelius Celsus Mit der Anatomie kam aber auch eine eigene Forschungspraxis auf Man vertraute nicht mehr uneingeschrankt den alten Schriften sondern nutzte Autopsien zur Prufung und zur Erweiterung des Wissens Neuartige Krankheiten wie der englische Schweiss und die Syphilis verstarkten die Suche nach Krankheitsursachen und neuartigen Krankheitsmodellen Erste Medizinalordnungen waren die Reaktion auf ein immer differenzierteres Gesundheitssystem nbsp Paracelsus nbsp SchwefelkristalleParacelsusIn diesem Ubergang der Denkstile schuf Paracelsus ein bemerkenswert ganzheitliches medizinisches System indem er kosmologische anthropologische und transzendente Elemente kombinierte Die Krankheitsursachen konnen demnach sehr vielfaltig sein und aus allen funf Seinsebenen stammen sie aussern sich in einem Ungleichgewicht der alchemistischen Prinzipien Schwefel Quecksilber und Salz 20 Paracelsus ersetzte die humoralpathologische Medizinvorstellung durch eine iatrochemische Die medizingeschichtliche Bedeutung Paracelsus ist umstritten er begrundete keine Schule oder einflussreiche Fachrichtung Unstrittig ist seine Bedeutung durch die Abkehr von der autoritatenglaubigen scholastisch gepragten Medizin Wie viele andere Arzte seiner Zeit lehnte er diese ab und forderte eine Medizin die selbst Naturforschung betreibt 17 Jahrhundert und Zeitalter der AufklarungIm 17 Jahrhundert wurden in Europa gleich mehrere Medizinkonzepte formuliert Neben der Iatrochemie der empirisch iatrochemische Ansatz des 17 Jahrhunderts hatte allerdings nicht mehr viel mit der Iatrochemie bei Paracelsus zu tun entstand in Anlehnung an die ersten etablierten naturwissenschaftlichen Theorien eine Iatrophysik Die Abkehr von Jenseitsvorstellungen lenkte auch das Ziel der Medizin auf die Steigerung der individuellen Fahigkeiten Krankheiten werden zu Storungen des Organismus Die heilsame Dimension der Krankheit als Chance und Bewahrung bleibt in den folgenden Jahrhunderten noch in der Kunst und Theologie erhalten Die Trennung von Geist res cogitans und Korper res extensa bei Descartes lieferte die Moglichkeit Krankheit und Gesundheit als technische Mechanismen frei von der theologischen Uberlieferung zu betrachten Das technisch mechanische Medizinmodell ermoglichte in der Folge die Anwendung der physikalisch chemischen Entdeckungen zur Beherrschung des menschlichen Korpers und seiner Funktionen Konzepte und Kontroversen in der Medizintheorie stehen seitdem meist im Zeichen dieser Auffassung Im Zeitalter der Aufklarung ruckte die soziale Komponente von Krankheiten wieder starker in den Mittelpunkt Man erkannte die Bedeutung einer staatlichen Gesundheitspolitik die ersten Krankenhauser und Pflegeheime entstanden Der mit den Moglichkeiten steigende Wunsch zur Naturbeherrschung schlagt sich auch in einer allgemeinen Gesundheitspolitik nieder Aber auch vitalistische Medizinkonzepte wie die Psychodynamik von Georg Ernst Stahl haben ihren Ausgangspunkt im Zeitalter der Aufklarung Naturphilosophie der Romantik Hauptartikel Romantische Medizin Die radikale Zuwendung zu einer mechanistischen Krankheitsauffassung fuhrte um das Jahr 1800 zu einer heftigen aber nur wenige Jahrzehnte andauernden Gegenbewegung Unter dem Einfluss von Literatur und Philosophie wird dem Mechanizismus ein Vitalismus und der Kausalitat die Teleologie entgegengestellt Die Einheit von Korper und Geist sowie von Mensch und Natur Physik und Metaphysik Individualitat und Allgemeinheit wurde fur breite Gesellschaftsschichten in Zentraleuropa zum Leitmotiv auch fur die Medizin Mit seiner Lehre der inneren und ausseren Reize traf der Brownianismus das Lebensgefuhl der deutschen Romantik 19 und 20 JahrhundertIm Laufe des 19 Jahrhunderts gewinnt das empirisch analytische Paradigma der Medizin mithilfe der Weiterentwicklungen in der Physik und Chemie stark an Bedeutung in Europa und Nordamerika Die individuelle Leistungsfahigkeit wird zum Massstab fur Gesundheit und Lebensqualitat Die Medizin kann darin sowie in der Lebensverlangerung viele beeindruckende Erfolge erzielen Krankheitsursache ist fur Rudolf Virchow nicht mehr eine Storung von aussen sondern die mangelnde Fahigkeit auf eine Storung zu reagieren Der Patient wird immer mehr zum passiven Objekt der Behandlung Der subjektive Aspekt wie die Verantwortung des Patienten oder die Arzt Patienten Beziehung verlieren an Bedeutung Darin folgen die medizintheoretischen Vorstellungen naturwissenschaftlichen Prinzipien und der Konzentration auf materielle reduktionistische und mechanistische Deutungen Kosmologische anthropologische und soziale Deutungsmodelle von Krankheit und Gesundheit werden aus der Medizin verdrangt Gegenbewegungen bleiben in der Literatur Theologie und Philosophie aber weiterhin prasent 21 Diese bleibenden Kontroversen fuhrten zur Jahrhundertwende unter anderem zur Entwicklung der Psychoanalyse und zum Aufkommen eines Neovitalismus Auch die Psychosomatik die medizinische Psychologie und die medizinische Soziologie die alle als Alternativmedizin begannen haben hier ihren Ausgangspunkt Nachdem die ersten Krankenhauser heutiger Auspragung schon Ende des 18 Jahrhunderts errichtet worden waren stand das Gesundheitswesen in den folgenden Jahrzehnten immer starker unter staatlichem Einfluss Aufgaben wie die Seuchenbekampfung und das Impfwesen kamen von regionalen und lokalen Verwaltungen in die Hande des Staates Die Trennung von Arzten und Chirurgen Wundarzte wurde aufgehoben und die Festanstellung mit Leitungsfunktion in Krankenhausern die Regel 22 Metaphysik und Ontologie BearbeitenMedizinmodelle gehen von vielfaltigen philosophischen Voruberlegungen aus Diese sind unter anderem Vorstellungen uber die grundlegenden Elemente der Wirklichkeit ihre Struktur und Wechselwirkung In der Philosophie der Medizin besteht die Auffassung dass Festlegungen an dieser Stelle entscheidende Auswirkungen auf die Theoriebildung und Forschungsmethodik der Medizin haben Philosophie des Geistes Bearbeiten Das biomechanische Modell der modernen Medizin basiert auf der Annahme eines mechanistischen materialistischen Monismus Ein Element dieser Sicht ist die Uberzeugung dass Materie die einzige Substanz ist Dies hat unter anderem zur Folge dass die Medizin fur alle psychischen Erkrankungen letztlich eine korperliche Ursache vermutet Die zweite Annahme des mechanischen Weltbildes beschreibt die Anordnung und Funktion der materiellen Substanz Fur das biomedizinische Modell bedeutet dies dass der Mensch als Ansammlung von Teilen Organsystemen Organe Zellen usw betrachtet wird die wie eine Maschine zusammenwirken 23 In der modernen Medizintheorie wird die Frage diskutiert inwieweit das biomechanische Modell uberhaupt eine Moglichkeit bietet auch subjektive psychische gesellschaftliche und kulturelle Aspekte abzubilden 24 Eine Art einer humanwissenschaftlichen Erweiterung des biomechanischen Modells stutzt sich auf einen Dualismus Neben dem Korperlichen ist demnach auch das Geistige Bewusstsein Seele Psyche Subjektivitat ein wesenhafter Teil des Menschen und der Natur Subjektive und psychische Aspekte in der medizinischen Praxis sollen damit zu zentralen und gleichberechtigten Elementen in der wissenschaftlichen Modellbildung werden Verschiedene Ansichten existieren uber die Art der gegenseitigen Beeinflussung zwischen Korper und Geist Weiterhin gibt es auch holistische Ansatze Diese betrachten nicht nur das materielle und psychische als eigenstandige Entitaten sondern beispielsweise auch gesellschaftliche und kulturelle Phanomene Reduktionismus und Emergenz Bearbeiten In einem konsistenten Modell mussen alle Phanomene und Erfahrungen auf dessen grundlegende Elemente zuruckgefuhrt werden konnen Eine der wichtigsten Fragestellungen ist dabei das Zustandekommen und Zusammenwirken von subjektiven psychischen und sozialen Phanomene zu beschreiben und zu erklaren Dazu gibt es mehrere Moglichkeiten die in der Philosophie der Medizin diskutiert werden Zum einen gibt es reduktionistische Ansatze die alle Phanomene aus einem materialistisch mechanistischen Wirken beschreiben und erklaren Um reduktionistische Ansatze besser zu beschreiben wird zwischen einem ontologischen einem erkenntnistheoretischen und einem methodologischen Reduktionismus unterschieden Alternativ zu reduktionistischen Ansatzen sind seit der Mitte des 20 Jahrhunderts auch Emergenz Theorien verbreitet Beispielsweise lassen sich so psychische Eigenschaften zwar beschreiben aber nicht direkt auf die Eigenschaften des Gehirns zuruckfuhren Dieser nicht reduktive Materialismus versteht sich auch als Mittelweg zwischen einem Vitalismus und einem biomechanischen Modell 25 Physikalismus und Organizismus Bearbeiten Eine weitere Unterscheidung betrifft die Modellierung von Lebewesen In einem physikalistischen Modell ist die mathematische und technische Formulierung in der Physik und Chemie auch ausreichend um biologische Sachverhalte vollstandig darzustellen Dagegen geht ein organizistisches Modell davon aus dass physikalische und chemische Gesetze fur biologische und okologische Beschreibungen stark an Bedeutung verlieren Stattdessen wird die Organisation und Struktur des Organismus selbst hervorgehoben Realismus Bearbeiten Fur die Formulierung von Krankheitsmodellen ist die Frage zentral welchen Status Krankheiten einnehmen Sind sie selbstandige Objekte die unabhangig von konkreten Krankheitszustanden existieren Realismus oder sind es Abstraktionen uber konkrete Krankheitsbilder Andauernde Diskussionen drehen sich um die Frage ob manche Krankheiten sozial konstruiert oder wirklich sind Eine antirealistische Position sieht Krankheitsmodelle als hilfreiche Instrumente der Wissenschaft ohne dass damit reale Objekte postuliert werden Eine wichtige realistische Position in der Medizintheorie wird durch den wissenschaftlichen Realismus eingenommen Entitaten wie Zellen und Viren Zustande und Prozesse existieren genau dann unabhangig vom Beobachter wenn korrekte wissenschaftliche Theorien diese beschreiben 26 Die Frage nach der Realitat von Krankheiten aber auch von Prozessen und pharmakologischen Wirkstoffen 27 hat grossen Einfluss auf Diagnose und Therapiegestaltung insbesondere in der Neurologie und Psychiatrie So ist diese Diskussion grundlegend fur viele weitere Fragen in der Philosophie der Medizin Kausalitat Bearbeiten Die Diskussionen um den Kausalitatsbegriff sind seit der griechischen Antike sehr vielfaltig Wahrend Aristoteles noch vier verschiedene Arten von Ursachen aufzahlte wurde zu Beginn der neuzeitlichen Physik nur noch eine in Betracht gezogen Die sogenannte materielle Verursachung legte den Grundstein fur das mechanistische Weltbild worin die bewegte Materie letztlich alles verursachte Spatestens mit den Erkenntnissen in der Physik des 20 Jahrhunderts anderte sich auch die Sicht auf die Kausalitat In der Folge konnten auch Krafte oder Ereignisse als Ursache angesehen werden Diese Kausalitatsart nannte Aristoteles dagegen Wirkursache In der Philosophie ist die Diskussion um den Kausalitatsbegriff deshalb noch immer aktuell in der biomedizinischen Wissenschaft geht man wie in den Naturwissenschaften eher pragmatisch damit um indem als Ursachen Vorgange und Zustande gleichermassen anerkannt werden Der Kausalitatsbegriff ist in der Medizin zentral fur die Moglichkeit wiederholbarer Diagnosen fur jede Begrundung und Erklarung fur die Beherrschung korperlicher Zustande aber auch fur jede kausale und damit rational begrundbare Therapie Die Mediziner in der zweiten Halfte des 19 Jahrhunderts waren verbreitet der Uberzeugung dass rationelle Therapien bald fur alle Krankheitsbilder zur Verfugung standen 28 Doch die Gultigkeit eines mathematisch physikalischen mithin naturwissenschaftlichen Wissenschaftsbegriffes fur die Medizin wurde Anfang des 20 Jahrhunderts verstarkt bestritten So waren Max Verworn und David Paul von Hansemann der Ansicht dass ein konditionalistischer anstelle eines kausalen Ursachenbegriffes besser fur erkenntnistheoretische Formulierungen in der Medizin geeignet ist Statt von einer Ursache konne nur von Bedingungen oder Konditionen gesprochen werden Die Reaktionsfahigkeit eines Organismus und die vielfachen Wechselwirkungen mit seiner Umwelt seien wichtiger als die Darstellung einer kausalen Ursache Die von Verworn konstatierte Pluralitat der Bedingungen hatte einen grossen Einfluss auf die Medizintheorie 29 Ebenso wurden zu dieser Zeit teleologische Zweckursache Konzepte wieder verstarkt in der Medizintheorie diskutiert Fur August Bier sind Gesundheit und Krankheit ebenso wie Wirkung und Therapie finalistische auf ein Ziel ausgerichtet zweckorientierte Begriffe Teleologische Prinzipien sollen dabei den kausalen naturwissenschaftlichen Ansatz jedoch nicht ersetzten sondern erganzen Viktor von Weizsacker und Gustav von Bergmann sahen in der gleichwertigen Anwendung kausaler und finaler Prinzipien die Moglichkeit Lebenserscheinungen besser zu beschreiben und zu verstehen Kritiker des teleologischen Prinzips forderten dagegen eine strikte Trennung von kausaler Wissenschaft und den finalistischen Prinzipien der Ethik und Naturphilosophie Das Prinzip der Teleonomie Zweckmassigkeit solle dabei beide Prinzipien zusammenfuhren Heute werden vermehrt systemtheoretische Ansatze oder Ergebnisse der Chaostheorie zur Erklarung von Ursachen und Wirkungen benutzt Ursachen in den medizinischen Praxis sind selten deterministisch und monokausal aber oft probabilistisch und multikausal 30 Insbesondere in der Epidemiologie konnen Krankheitsursachen nur schwer eingegrenzt und benannt werden Austin Hill hat dazu 1965 neun Aspekte wie Plausibilitat des vermuteten Mechanismus oder die Starke der Abhangigkeit zwischen zwei Phanomenen zusammengetragen Diese wurden als Hill Kriterien bekannt und dienen heute zur Bestimmung von Krankheitsursachen in der Epidemiologie Seit den 1980er Jahren versucht die evolutionare Medizin aus dem Ablauf der Evolution Antworten zu geben warum Menschen erkranken George C Williams und Randolph Nesse erstellten dazu 1996 sechs Kategorien von evolutionar verursachten Krankheitsgrunden Ahnlich wie die Hill Kriterien konnen diese ebenso hilfreich fur die Suche nach physiologischen Ursachen einer Krankheit sein wodurch diese der biomedizinischen Forschung und Behandlung leichter zuganglich sind Eher humanwissenschaftlich orientierte Mediziner und Philosophen wie Eric Cassell und Stephen Toulmin sehen psychologische und soziale Grunde als ebenso wichtig zur Erklarung von Krankheitsursachen an Korper und Leib Bearbeiten Anthropologen Phanomenologen und Vertreter des Pragmatismus stellen oft den Leib in den Mittelpunkt einer medizintheoretischen Diskussion Fur Max Scheler ist der Leib keine Zuordnung von aussen sondern eine psychophysisch indifferente phanomenale Gegebenheit ohne die den Begriff der Empfindung eine Absurditat ware 31 Der Welterfahrung des Leibes kommt so der Vorrang vor jedem Denken und Wissen zu Friedrich Nietzsche interpretiert die Weltgeschichte der Entdeckung des Geistes als Verdeckung des Leibes ein scheinbar empirischer Befund wird so zum Phanomen einer Erscheinung Dem leibhaftigen Existieren komme dagegen eine fundamentale Bedeutung zu Fur Hermann Schmitz bedeutet der Leib das Spurbare und im Gegensatz dazu der Korper das Wahrnehmbare und die daraus abgeleitete Vorstellung vom Korper 32 Die abendlandische Kultur hat sich nach seiner Auffassung auf den Korper konzentriert und das Leibliche als Organempfindung oder Zoenasthesie bezeichnet Fur Schmitz ist aber das Spurbare das primar Wirkliche Beispielsweise sei ein sogenannter Phantomschmerz eine Leibesempfindung wie jede andere das Phantomhafte ergebe sich erst in der Reflexion Uber Empfindungen und Bewegungen lasse sich Einfluss auf Schmerzen Angste und korperliche Beschwerden nehmen 33 Die Leibphilosophie von Hermann Schmitz vermeidet mit der Betrachtung der Leibempfindung und Leibbewegung jede Trennung in Korper Seele und Geist In einem naturwissenschaftlich orientierten Medizinkonzept spielt der Leib Aspekt hingegen keine Rolle mehr So wird im Pschyrembel und in anderen medizinischen Worterbuchern nicht zwischen Leib und Korper unterschieden Epistemologie und Methodologie BearbeitenZur Entstehung und Darstellung medizinischen Wissens gibt es in der medizinischen Forschung vielfaltige Ansatze Methoden und Technologien Die wichtigste erkenntnistheoretische Frage in der medizintheoretischen Debatte dreht sich um die Validitat Rechtfertigung und Sicherheit von diagnostischem und therapeutischem Wissen Schon in der griechischen Antike bildeten sich zwei grundlegende Methoden zur Gewinnung und Uberprufung von Wissen heraus der Rationalismus und der Empirismus 34 Rationalistische Positionen stellen die Vernunft in den Mittelpunkt Durch Logik und vernunftiges Denken allein konne Wissen erlangt und gepruft werden die Sinne und die Erfahrung konnen dagegen trugen Die Empiriker behaupten dagegen dass auch alle logischen Regeln und Erkenntnisse erst uber die Sinneserfahrungen ermoglicht und gebildet wurden Rationalismus und Empirismus Bearbeiten In der heutigen biomedizinischen Praxis ist sowohl die rationalistische Theoriebildung als auch die empirische Beobachtung oder das Experiment ein wichtiger Bestandteil der Forschung und Praxis Als Nachteil der rationalen Methode hat sich erwiesen dass die konkreten Sachverhalte in der Medizin sehr komplex sind Dadurch konnen Theorien nicht alle relevanten Elemente umfassen und deshalb nur schwer oder gar nicht bewertet und uberpruft werden Infolgedessen wurden in den letzten Jahrzehnten empirische Methoden wichtiger In der klinischen Medizin gilt heute als sogenannter Goldstandard eine randomisierte placebo kontrollierte Doppel Blindstudie Im Idealfall liefern diese empirischen Studien wiederum Ansatze fur Theorien wobei Rationalisten aber betonen dass eine empirisch nachgewiesene Wirksamkeit eines Medikamentes noch kein Wissen daruber bedeutet Jedes empirische Ergebnis muss demnach in einem Theoriezusammenhang gedeutet werden um als allgemeines Wissen wiederum fur Therapien zur Verfugung zu stehen Die naturwissenschaftlich orientierte Medizin ubernimmt das Rationalitatskonzept von den Paradigmen der Naturwissenschaften Damit ergibt sich fur die Medizin die Moglichkeit auch an der naturbeherrschenden und manipulativen Technik teilzuhaben Der menschliche Organismus die menschliche Psyche sowie die Krankheit werden dabei zum Gegenstand der Wissenschaft zum wissenschaftlichen Objekt erklart Der naturwissenschaftliche Ansatz versucht alle Erkenntnisobjekte in messbaren und quantifizierbaren Parametern zu erfassen mit der Beschrankung auf direkt beobachtbare oder indirekt technisch messbare Sachverhalte In der Folge wird jede weitere Wahrnehmung Erfahrung Erklarung und Handlung an diesen Objekten erfahren und durchgefuhrt Der Gegenstandsbereich die Methoden und Theorien der Medizin werden heute mehr und mehr von den verwendeten Technologien bestimmt Standen im Laufe des 19 Jahrhunderts zunachst die Organe dann das Gewebe und die Zellen im Mittelpunkt ging der Fokus im 20 Jahrhundert auf die Molekule und Gene uber Der Gegenstandsbereich der medizinischen Genetik erfordert nicht nur neue Methoden und Hypothesen Mit neuen Technologien erzeugt die biomedizinische Forschung auch selbst wieder neue Gegenstandsbereiche und entwickelt sich so zu einer technologie und datengetriebenen Forschung 35 Logik und Begrundung Bearbeiten Das Experiment ist heute die dominierende Methode der biomedizinischen Forschung Diese empirische Praxis ist eingebettet in vielfaltige rationale Vorgehensweisen So mussen Ergebnisse von Experimenten interpretiert werden neue Hypothesen werden gebildet und uberpruft und schliesslich wieder neue Experimente entworfen werden Ebenso wie die medizinische Forschung und Praxis Experiment und Theorie benotigt genauso sind induktive und deduktive Erkenntnismethoden notwendig Die Ergebnisse eines Experiments lassen sich in der medizinischen Forschung nur selten direkt in wissenschaftlichen Hypothesen beschreiben Deshalb kommen statistische Verfahren zum Einsatz welche aus den Daten eine Wahrscheinlichkeit ableiten Eine breite Debatte gibt es in der Medizintheorie uber die Bedeutung der verwendeten Verfahren Legt man einen frequentistischen Wahrscheinlichkeitsbegriff zugrunde dann pruft man eine sogenannte Nullhypothese und ihre dazugehorige Alternativhypothese anhand der speziell ermittelten Daten Legt man dagegen einen bayesschen Wahrscheinlichkeitsbegriff zugrunde dann werden mehrere Hypothesen anhand von vorhandenen Daten gepruft Dadurch ist der bayessche Ansatz eine Bewertung der Sicherheit eines Ereignisses einer Hypothese und nicht ihrer Haufigkeit Beide Methoden haben Vor und Nachteile Beide Methoden beziehen sich aber auf Datengruppen und nicht auf Einzelfalle weshalb alle Ergebnisse in der Praxis zunachst interpretiert werden mussen Paul E Meehl veroffentlichte 1954 eine Analyse uber die Gute von Therapieentscheidungen als Vergleich zwischen einer rein statistischen und einer individuell intuitiven Entscheidungsfindung Sein Ergebnis wird weithin als Uberlegenheit eines statistisch mathematischen Modells gegenuber einem Expertenurteil dargestellt 36 Das fuhrt einerseits zur Frage welche statistischen Methoden zur Entscheidungsfindung im klinischen Alltag am besten geeignet sind Dafur stehen heute mit einfachen linearen Methoden Regressionsanalysen und Heuristiken viele verschiedene Modelle zur Verfugung Andererseits stellt sich die Frage wie fur Entscheidungen qualitative Merkmale des Patienten berucksichtigt werden konnen Subjektive Erkenntnisweisen Bearbeiten In den letzten Jahrzehnten wird in der Philosophie der Medizin vermehrt das Thema diskutiert wie subjektive Erkenntnisweisen wieder starker der medizinischen Praxis zugutekommen konnen Wahrend der objektive empirisch analytische Ansatz des biomechanischem Modells das Subjekt aus den Erkenntnismethoden weitgehend ausklammert gibt es medizintheoretische Ansatze die moralischen und asthetischen Werturteile des Kranken mit einzubeziehen Dabei wird auch zwischen der Krankheit und dem Kranksein als subjektiver Dimension unterschieden 37 So soll der Umgang eines kranken Menschen mit seiner Krankheit aber auch mit der eingeleiteten Therapie in umfassenden theoretischen Ansatzen berucksichtigt werden Fur Alfred I Tauber ist dagegen eine Trennung in einen objektiven und einen subjektiven Krankheitsbegriff unhaltbar da jede Erkenntnis subjektiv interpretiert werden musse Laurence Foss fuhrt beide Seiten unter einem sogenannten infomedical Modell in einem neuropsychologischen Ansatz zusammen Korper und Person Geist sind dabei uber Information verbunden 38 In eher humanwissenschaftlich orientierten Modellen sollen unter anderem die Intuition und die Werturteile der beteiligten Personen integriert werden Ein weiterer Ansatz insbesondere von Linda Zagzebski und John Greco ist die Tugendepistemologie Dabei sollen Aussagen uber das Wissen des Mediziners auch mithilfe seiner personlichen Eigenschaften getroffen werden Individuelle Tugenden wie Offenheit Vorurteilsfreiheit und Verlasslichkeit beeinflussen in diesem Modellansatz somit auch die Gute des transportieren Wissens Zur Anwendung kommen dabei unter anderem Uberlegungen und Methoden aus den Bereichen Kybernetik Systemtheorie und Informationstheorie Konzepte der Medizin Bearbeiten In seinem medizinhistorischen Standardwerk Konzepte der Medizin in Vergangenheit und Gegenwart 1978 unterscheidet Karl Eduard Rothschuh zwolf grundlegend verschiedene Vorstellungen uber Ursachen und Heilungsmoglichkeiten von Gesundheitsbeeintrachtigungen Ein Medizinkonzept benotigt danach ein Menschenbild und eine Lehre von Krankheit und Heilung Diese lassen sich nach verschiedenen Aspekten ordnen und klassifizieren Sie konnen entweder eher an der Erfahrung oder eher am rationalen Denken orientiert sein Ihre Rechtfertigung und Glaubwurdigkeit erhalten sie durch ihre Nahe zu allgemeinen religiosen gesellschaftlichen philosophischen und wissenschaftlichen Auffassungen in der Gesellschaft 39 Besonders die abendlandische Kultur habe ein reiches Spektrum an unterschiedlichen Medizinkonzepten hervorgebracht Konzept Kurzbeschreibung Gruppierung Beispiel AuspragungIatrodamonologie Animistisches Konzept in dem Krankheit durch bose unsichtbare Geister und Damonen verursacht wird supranaturalistisch weltweit verbreitet in Europa in der Volksmedizin mit einem Hohepunkt im HexenglaubenIatrotheologie Die Medizin steht systematisch in einem Mensch Gott Verhaltnis Krankheit ist eine gottliche Fugung oder Sunde supranaturalistisch besonders in monotheistischen aber auch in polytheistischen ReligionenIatroastrologie Krankheits und Heilungsfaktoren sind durch astrologischen Konstellationen bestimmt supranaturalistisch in den Hochkulturen Babylon Aqypten Indien und ChinaIatromagie Magisches Denken und Handeln zur Heilung und Starkung supranaturalistisch in archaischen Kulturen und antiken HochkulturenEmpirische Medizin Erfahrungsmedizin mit einer theorielosen Heilpraxis Heilung mithilfe von Intuition und Beobachtungsgabe theorielos die griechischen Empirikerschule und die Britischen Empiriker des 17 Jahrhunderts John Locke Thomas Sydenham Humoralpathologie Gesundheitsbeeintrachtigungen entstehen durch eine Storung der Korpersafte die Heilung durch deren Harmonisierung naturalistisch Galens Medizinkonzept AvicennaIatrophysik Iatromechanik Iatromathematik Krankheit und Gesundheit hangen von mess und berechenbaren mechanischen und physikalischen Funktionen ab naturalistisch griechische Atomistik Korpermechanik bei William HarveyIatrochemie Die stoffliche Zusammensetzung Eigenschaften Umwandlung und Wechselwirkung im Korper beeinflussen Krankheit und Gesundheit naturalistisch Paracelsus Franciscus Sylvius Thomas WillisIatrodynamik Psychische Krafte Seelen oder Lebenskrafte bestimmen Krankheit und Gesundheit naturalistisch oderpsychosozial Animismus von Georg Ernst Stahl Mesmerismus Psychosomatik HomoopathieIatromorphologie Die Morphologie oder Anatomie bestimmt Krankheit und Gesundheit naturalistisch Histologie nach Xavier BichatNaturphilosophie der Romantik Aus wenigen spekulativen Vernunftsprinzipien wird die gesamte Natur und Medizin erklart naturalistisch oderpsychosozial Romantische Medizin von ca 1800 bis 1830 in MitteleuropaIatrotechnik Die Beherrschung von physikalischen und chemischen Prozessen bestimmt die Heilung Der technomorphen Krankheitsauffassung defekte Maschine entspricht das technomorphe Arzt Patienten Verhaltnis Techniker Maschine naturalistisch ab ca 1840 in Europa und NordamerikaDie Unterscheidung in die Gruppen naturalistisch und supranaturalistisch wird aus heutiger wissenschaftstheoretischer Sicht getroffen vor 1850 war sie weitgehend unbekannt 40 Erkenntnismethoden Bearbeiten Axel W Bauer unterscheidet fur die Medizin vier grundlegende Methoden des Erkenntnisgewinnes 41 Das Axiom der Existenz von ubernaturlichen Personen und Kraften Der Glaube an die Wirkung supranaturaler Krafte beschrankt sich nicht auf Vorstellungen in den Religionen In subjektiven Krankheitstheorien kann das Axiom grosse Bedeutung fur den Patienten haben Dieses Paradigma besitzt praktisch keinen prognostischen Wert aber eine sehr hohe retrospektive Erklarungskraft Das Axiom der semiotischen Korrespondenz von Phanomenen Symbolische Assoziationen und Analogien beschreiben hier kosmologische und anthropologische Gesetzmassigkeiten Diese werden zur Erklarung von Krankheiten und fur die Therapie benutzt Bekannte Beispiele sind die Yin und Yang Lehre die Astrologie und die Homoopathie Das Axiom des kausalgesetzlichen mechanisch deterministischen Ablaufs von Prozessen in der Natur Dieses Axiom stellt im Wesentlichen das Paradigma der Naturwissenschaften dar dem sich die Medizin im 19 Jahrhundert in vielen Bereichen angeschlossen hat Das Axiom der Moglichkeit des intersubjektiven Verstehens von menschlichen Lebensausserungen durch hermeneutische Interpretation verbaler und nonverbaler Zeichen Bei diesem Axiom steht das Subjekt im Mittelpunkt Es ist Teil der Grundlagen in der Psychoanalyse der Psychosomatik und der Psychiatrie Diese Axiome sind nach Bauer nicht beweisbar nicht widerlegbar entziehen sich einer Letztbegrundung und sind nicht miteinander kompatibel Erkenntnismethoden der wissenschaftlichen HeilkundeAus diesen Axiomen konnen wiederum vier basale Erkenntnismethoden der wissenschaftlichen Heilkunde gewonnen Seiffert 1969 Hahn 1988 die phanomenologischen Methoden die empirisch analytischen Methoden die hermeneutischen Methoden die dialektischen Methoden Diese Erkenntnismethoden sollen in einem sogenannten Methodenkreis in der arztlichen Praxis gleichermassen zum Einsatz kommen 42 Entscheidungen und Urteile Bearbeiten nbsp Entscheidungsbaum in der medizinischen Diagnostik Beispiel ArthroseEntscheidungen fur oder gegen Therapien in der Medizin werden in der Regel mit Unsicherheiten und Wahrscheinlichkeiten gefallt Die Grundlage fundierter Therapieentscheidungen bildet zunachst die Analyse der medizinischen Untersuchungsverfahren Aus diesen lassen sich mit weiteren mathematischen Verfahren die Wahrscheinlichkeiten fur bestehende Krankheiten beim Patienten ermitteln Diese wiederum konnen als Entscheidungsbaum dargestellt werden mit Endpunkten engl outcome wie Tod Lebenserwartung Uberlebenswahrscheinlichkeit oder Zufriedenheit Insbesondere Vertreter der evidenzbasierten Medizin erhoffen sich aus der Analyse qualitativ hochwertiger Studien ebendiese Daten zu Diagnoseverfahren zu gewinnen In der Medizintheorie wird aber auch die Meinung vertreten dass diese Art quantitativer Daten und Berechnungen nicht ausreicht um Therapieentscheidungen zu treffen 43 44 Die Vorteile einer Entscheidungsanalyse mittels eines Entscheidungsbaumes sind dagegen die Reproduzierbarkeit und Transparenz der Entscheidungsschritte sowie die Moglichkeit mehrere Therapiemoglichkeiten quantitativ zu vergleichen Daneben werden eine Reihe weiterer Einflussgrossen auf die Therapieentscheidung genannt Auf der gesellschaftlichen Ebene sind es Patientenvereinigungen die Pharmalobby oder Akteure im Gesundheitssystem wie die Krankenkassen In einer konkreten Entscheidungssituation konnen ebenso Patientenbelange und viele weitere relevante Faktoren dazukommen Da aber nicht alle Einflusse in einem Entscheidungsbaum abgebildet werden konnen sei dieser gefahrlich unvollstandig 45 Medizinische Erklarungen Bearbeiten Erklarungen geben eine Antwort auf die Fragen nach dem Warum Das Erklarte wird dadurch nachvollziehbar Konnen Phanomene oder Vorgange mit Hilfe von allgemeinen Naturgesetzen und wissenschaftlichen Theorien logisch und technisch erklart werden dann sind sie auch beherrschbar Mit dem deduktiv nomologisches Erklarungsmodell von Carl Gustav Hempel und Paul Oppenheim wurden ebendiese Forderungen in den 1940er Jahren ausformuliert Allerdings ist es an allgemeinen deterministischen Gesetzen ausgerichtet wie sie sich eher in den Naturwissenschaften finden aber nur selten in der Medizin Dort herrschen statistische Aussagen und Gesetzmassigkeiten vor Trotz einiger philosophischer Schwierigkeiten bei der Modellierung von Kausalitat sind kausale Erklarungsmodelle in der Medizin die wichtigsten 46 Wesley C Salmon hat ein kausal mechanisches Erklarungsmodell entworfen um die ungeloste Frage nach dem Wesen der Kausalitat zu umgehen Kausalitat wird dabei nicht als allgemeines Gesetz verstanden sondern jedem Phanomen der naturlichen Welt zugerechnet Medizinisches Wissen wird heute weitgehend in diesem kausal mechanischen Erklarungsmodell formuliert Es bleibt jedoch zweifelhaft ob Kausalitat immer in einem mechanistischen Wirkungszusammenhang steht und was genau ein kausaler Mechanismus der so weit interpretiert wird ist Mussen viele Einflussgrossen in einem Modell berucksichtigt werden dann bietet sich unter anderem das von Paul Thagard entwickelte sogenannte ECHO Modell an Hypothesen und Daten werden in diesem Modell miteinander verknupft um eine moglichst hohe Koharenz zu ermitteln Schliesslich bietet jene Hypothese die beste Erklarung welche am besten mit den modellierten Daten Hypothesen und Ausseneinflussen verbunden ist Thagard verwendet sieben Prinzipien wie das Symmetrie und das Analogprinzip sowie Koharenzregeln um zu entscheiden ob einzelne Aussagen in das Aussagensystem aufgenommen werden oder nicht In der Tradition des von Charles Sanders Peirce formulierten Abduktionsbegriffes entwickelte Gilbert Harman ebenfalls ein Modell welches als Schluss auf die beste Erklarung engl inference to the best explanation kurz IBE bekannt ist Indem schlechter passende Erklarungshypothesen ausgeschlossen werden wird in diesem Modell die beste Erklarung ermittelt Ausserdem konnen Modelltypen danach unterschieden werden ob sie global oder lokal aufgebaut sind Globale Modelle versuchen den gesamten Theorieansatz der Naturwissenschaft zu vereinheitlichen und so eine Erklarung mit moglichst wenigen Hypothesen zu ermoglichen Lokale Modelle gehen von Phanomenen und ihren zugrundeliegenden Mechanismen aus Alle Erklarungsmodelle dieser Art haben den Nachteil dass mit der besten Erklarung nicht unbedingt die wahre Erklarung gefunden werden kann Ausserdem sind die Begriffe Koharenz und Erklarung wegen ihrer Unbestimmtheit umstritten 47 Jeder Teil eines kausalen Systems kann auch als Mittel fur eine Wirkung betrachtet werden Stellt man die Mittel Zweck Relation in den Mittelpunkt der Analyse dann spricht man von funktionalen Erklarungen Fur Ernest Nagel ist eine Funktion dabei die Fahigkeit eines Teils seine kausale Rolle im Ganzen zu erfullen Demgegenuber bestreitet Hempel dass funktionale Erklarungen uberhaupt legitim seien Aus einer naturalistischen Sicht ist es nicht akzeptabel dass eine Funktion nicht nur die Wirkung sondern auch die Existenz des Mittels erklart Funktionale Erklarungen haben eine hohe intuitive Erklarungskraft und werden auch zunehmend benutzt Allerdings gibt es weiterhin unterschiedliche Auffassungen uber die Fragen was eine funktionale Erklarung ist und ob sie ohne teleologische Annahmen formuliert werden kann Diagnose Bearbeiten Medizinische Diagnose Wissenschaftliches ExperimentWissenschaftliche HypotheseSubjekt steht im Mittelpunkt entsubjektiviertkonditional kausalIndividualitat ReprasentantZiel ist die Therapie und Gesundheit Erkenntniszielzeitbezogen zeitlosnicht korrigierbar korrigierbarpraktische Aussage theoretische AussageSingularaussage allgemeine AussageIn der arztlichen Praxis kommt der Diagnose eine zentrale Bedeutung zu Sie ist nicht nur Grundlage der Therapiewahl indem sie das medizinische Wissen mit dem arztlichen Handeln verbindet Eine gestellte Diagnose hat ebenso Auswirkungen auf das personliche Befinden des Patienten seine soziale Rolle und damit finanzielle verwaltungstechnische und rechtliche Konsequenzen Eine Diagnose ist ihrer systematischen Kategorie nach eine Aussage die einen Krankheitsbegriff einem bestimmten Patienten zu einer bestimmten Zeit zuordnet 48 Aussagen uber das Krankheitsbild sind dagegen Gegenstand der klinischen Forschung Mit dem Aussagecharakter verbunden ist ein Wahrheitsanspruch und die Notwendigkeit einer Begrundung Im Gegensatz zu Aussagen in den Naturwissenschaften ist die Diagnose eine Singularaussage die nicht verallgemeinert werden kann Weiterhin sind wissenschaftliche Aussagen fast immer quantifizierende Aussagen die Diagnose ist hingegen positiv qualifizierend Schon eher lassen sich die wissenschaftstheoretischen Arbeiten auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Erklarungen auf den Vorgang der arztlichen Diagnose ubertragen Das deduktiv nomologische Modell zur Erklarung eines Einzelfalls mit Hilfe von Kausalzusammenhangen ist dabei aber weniger geeignet Da viele Bedingungen und Beziehungen im medizinischen Bereich nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zutreffen eignet sich hier eher das induktiv statistische Modell Dabei ist eine Diagnose selbst noch keine Erklarung Die Frage ist ob die Symptome die Krankheit erklaren oder die Krankheit die Symptome In logischer Hinsicht macht das keinen Unterschied aber ein Arzt muss in der Praxis das symptomatische Gesamtbild des Patienten erklaren konnen 48 Die Diagnose ist also eine Randbedingung und nicht das Ziel der Erklarung das Explanandum ist das symptomatische Gesamtbild Die diagnostische Praxis ist aus formaler Sicht eine Suche nach den Ursachen und Bedingungen die zu einer Folge passen Jede Uberprufung der Korrektheit einer Diagnose kann somit nur auf dieses Erklarungsmodell zuruckgreifen Eine einfache Ausweitung der empirischen Suche nach weiteren Symptomen lost dieses Problem nicht Eine Diagnose beginnt in den meisten Fallen mit subjektiven Beschwerden des Patienten Diese fuhren den behandelnden Arzt zu medizinischen Untersuchungen und Hypothesen uber die vermutete Krankheit Der Diagnoseprozess endet in der Regel wenn alle weiteren Untersuchungen zu keinen neuen und relevanten Ergebnissen mehr fuhren wurden und alle Hypothesen bis auf eine ausgeschlossen werden konnen Zum Verstandnis des Prozesses der Hypothesenbildung existieren einige Vorschlage aber noch keine einheitliche allgemein akzeptierte Theorie Zur Erklarung werden teils kognitionspsychologische Modelle vorgeschlagen Therapie Bearbeiten Aus erkenntnistheoretischen Betrachtungen heraus sind die zwei wichtigsten Eigenschaften einer Therapie die medizinische Wirksamkeit und die Sicherheit Um wirksame und sichere Behandlungsmethoden zu entwickeln und bereitzustellen werden besonders zwei Methoden benutzt Neben der biotechnischen Forschung randomisierte kontrollierte Studien Ein Ziel insbesondere von der Evidenz basierten Medizin formuliert ist es zu allen bekannten Verfahren moglichst viele und moglichst hochwertige Studien zu produzieren deren Ergebnisse dann in Meta Studien ausgewertet werden Die Wertigkeit einer Studie bestimmt sich danach an mehreren Faktoren und Parametern Die systematische und erkenntnistheoretische Aufarbeitung dieser Eigenschaften nimmt in der medizintheoretischen Forschung einen breiten Raum ein Diskutiert werden besonders die Fragen wie das Studiendesign optimiert und die Aussagekraft der Studien erhoht werden kann Sprache und Semiotik Bearbeiten nbsp Semiotisches Dreieck Symptom Diagnose KrankheitDie Sprache der Medizin ist die naturliche Alltagssprache mit Fachbegriffen aber ohne eigene Syntax und Semantik Im Gegensatz zur Sprache der Naturwissenschaften sind ihre Begriffe nur unzureichend oder gar nicht genauer bestimmt 49 Aus Sicht der analytischen Philosophie macht sich dies besonders in den nur schlecht oder gar nicht definierten zentralen Begriffen wie Krankheit oder klinische Forschung bemerkbar Die medizinische Semiotik beschaftigt sich mit der Beobachtung Interpretation und Beurteilung von medizinischen Zeichen 50 Seit der griechischen Antike gibt es eine systematische Lehre der Zeichen in der medizinischen Praxis besonders im Erkennen und Verstehen von Krankheitsanzeichen aber auch in der gesamten Arzt Patienten Beziehung Die Zeichentheorie hat jahrhundertelang eine fuhrende Rolle in der Medizin eingenommen Von ca 1750 bis 1850 genoss die medizinische Semiotik den Status eines eigenstandigen medizinischen Fachgebietes Infolge immer vielfaltigerer und differenzierterer Diagnosemoglichkeiten wurde dieses in die heutige Diagnostik uberfuhrt Damit anderte sich auch die zeichentheoretische Bedeutung der Symptome In einer mechanistischen Interpretation der Symptome werden diese nach der Absicht des Beherrschens als passive Objekte betrachtet in einer semiotischen Interpretation dagegen nach den Absichten der Bedurfnisse der Lebensprozesse selbst Ohne die Subjektivitat des Zeichengebers verschwand auch die Zeichentheorie zu Gunsten der Kausalbeziehung 51 Neben den Symptomen liessen sich auch das Hormonsystem oder die Gene in einem Informationsmodell betrachten und so durch die Semiotik interpretieren Alle zuganglichen Informationen wie die Anamnese korperliche Untersuchungen und Ergebnisse wissenschaftlich technischer Tests stellen medizinische Zeichen dar Diese unterscheiden sich in ihrer Validitat und Bedeutung Neuere diagnostische Verfahren konnen eine bessere Diagnostik ermoglichen Validitat konnen aber auch irrelevante Anomalien aufzeigen Bedeutung Ohne eine medizinische Semiotik konnen so klinisch unbedeutende Diagnoseergebnisse trotzdem zu einer grossen Belastung fur den Patienten oder zu unnotigen und riskanten Therapien fuhren Der Arzt ist deshalb immer gefordert die medizinischen Zeichen im Kontext zu interpretieren 52 Krankheit und Gesundheit BearbeitenDie Begriffe Krankheit und Gesundheit sind zentral in der Medizin und Heilkunst Sie geben den Anlass und das Ziel jeder arztlichen Tatigkeit vor und besitzen auch vielfaltige gesellschaftliche und rechtliche Auswirkungen 53 So haben Entscheidungen uber Krankheit und Gesundheit nachhaltige Auswirkungen uber die Verteilung von Ressourcen in einer Gesellschaft 54 Wichtige Gruppen in der Gesundheitspolitik wie Patienten Pharmaindustrie und Arzteschaft haben ein Interesse daran den Krankheitsbegriff moglichst expansiv zu definieren Diese Konstellation wird auch als Medikalisierung bezeichnet und ist Gegenstand der medizintheoretischen Diskussion Ausgehend von der Uberlegung dass ein Mensch nie vollkommen krank oder vollkommen gesund ist kannte die griechische Antike noch einen mittleren Zustand neutralitas Fur Galenos gab es deshalb neben einer Krankheitslehre auch eine Gesundheitslehre und eine Lehre der Neutralitat 55 56 Karl Eduard Rothschuh der den Krankheitsbegriff als Abstraktum dem die Konkretheit der Krankheitsvorstellung fehlt ansah empfahl 1978 57 folgende Definition Krank ist der Mensch der wegen des Verlustes des abgestimmten Zusammenwirkens der physischen oder psychischen Funktionsglieder des Organismus subjektiv oder und klinisch oder und sozial hilfsbedurftig ist 58 Es existiert jedoch bis heute keine allgemeingultige Definition von Krankheit und Gesundheit Es gibt verschiedene Versuche beide Begriffe wertfrei beschreibend zu definieren dabei ist es umstritten ob dies ohne einen evaluativen wertenden und normativen Charakter moglich ist Haufig wird Gesundheit nicht nur als das Gegenteil von Krankheit betrachtet sondern besitzt noch weitere Qualitaten wie Unabhangigkeit und Lebensfreude Andererseits wird Krankheit nicht immer nur negativ beurteilt Die Ontologie der Krankheit Bearbeiten Gegen ein ontologisches Verstandnis von Krankheiten wendet sich der Medizintheoretiker Richard Koch Im Sinne von Hans Vaihinger beschreibt er Krankheiten als Fiktionen die man als brauchbares Abkurzungsverfahren sehen sollte 59 Der englische Mediziner Thomas Sydenham entwickelte im 17 Jahrhundert eine ontologische Klassifikation von Krankheiten Krankheiten sind demnach eigenstandige Wesenheiten die systematisiert werden konnen wie Lebewesen oder Minerale 60 Der Name einzelner Krankheitsbilder und manche umgangssprachliche Beschreibungen lassen teils noch heute eine Personifizierung von Krankheitssymptomen vermuten 61 Gesundheit und Krankheit kampften um den Menschen wie Gut und Bose Diese ontologische Krankheitsauffassung liegt auch der Mikrobentheorie der Infektionskrankheiten zugrunde die Mitte des 19 Jahrhunderts unter anderem durch Agostino Bassi und Louis Pasteur immer mehr Anhanger fand und auch heute noch ein gangiges Erklarungsschema darstellt Durch weitere Forschungen wurde die Bedeutung von Toxinen Giftstoffen sowie die individuelle Disposition als Krankheitsfaktoren erkannt So entwickelte sich zeitgleich auch eine moderne dynamische Krankheitstheorie in deren Mittelpunkt das Ideal des Gleichgewichtes steht Beide Krankheitstheorien existieren heute parallel wobei die ontologische Theorie eher zur Erklarung von infektiosen und parasitaren Krankheitsbildern dient die dynamische Theorie eher bei dysfunktionalen oder endokrinen Storungen 62 Ein weiteres Kriterium bei der Bestimmung von Krankheitskonzepten ist die Lokalisation Wahrend in vorgeschichtlicher Zeit die Krankheit des Menschen nicht von der Gemeinschaft und dem Ubernaturlichen getrennt wurde beschrankte die Lehre des Hippokrates Krankheit und Gesundheit auf den Mikrokosmos Mensch Schon bei Galenos konnten auch einzelne Organe als krank gelten Im 19 Jahrhundert erkannte Xavier Bichat zunachst dass Krankheiten das Gewebe der Organe befallen bis schliesslich Rudolf Virchow die Zellular Pathologie begrundete Heute wird von der Molekular Medizin vermehrt die DNA als Ort moglicher Pathologien gesehen Weitere Diskussionen werden in der Medizintheorie zur Konzeption psychischer Krankheiten gefuhrt Da geistige Merkmale kaum oder gar nicht valide gemessen und operationalisiert werden konnen wird die Existenz von psychischen Krankheiten teilweise ganz bestritten Als Reaktion darauf gibt es Versuche die Psychiatrie starker auf die Neurologie zu beziehen psychische Krankheiten werden dann Krankheiten des Gehirns Da aber auch die Frage nach gesellschaftlichen Normen und Werten bei der Konzeption von psychischen Krankheiten ein grosses Gewicht hat ist dieses Thema in der Medizintheorie noch stark umstritten Der Krankheitsbegriff Bearbeiten Ein allgemein akzeptierter wissenschaftlicher Krankheitsbegriff existiert nicht 63 Nicht nur zwischen verschiedenen Wissenschaften sondern auch zwischen verschiedenen Schulen und Fachern der Medizin wird der Begriff unterschiedlich und teils gegensatzlich gefasst Allgemein ergibt sich eine Konzeption menschlicher Krankheit aus Interpretationen uber Erfahrungen und Theorien aller anthropologischen und biologischen Aspekte menschlichen Lebens Die in der Medizintheorie diskutierte zentrale Frage ist das Verhaltnis zwischen naturwissenschaftlich empirischen subjektiv evaluativen und moralisch normativen Ansatzen und Vorstellungen in der Definition der Begriffe Krankheit und Gesundheit 64 Eine haufig benutzte praktische Definition von Krankheit ist ein unerwunschter Korperzustand der von Arzten behandelt wird In einem ahnlich positivistischen Ansatz ist eine Krankheit das was in einem Klassifikationssystem wie dem ICD aufgelistet ist Zu beiden Ansatzen lassen sich allerdings Gegenbeispiele finden und sie eignen sich nicht fur weitere erkenntnistheoretische Analysen Definitionsversuche von Krankheit und Gesundheit in der Medizintheorie versuchen meist einen theoretischen Begriff aus der Geschichte und der Praxis der Medizin zu rekonstruieren Eine brauchbare und medizintheoretisch erstrebenswerte Definition ist dann eine die umgekehrt auch eine praktische Verwendung des Begriffes umfasst und die Aussagen zum Wesen oder zum Ideal der Krankheit macht 65 Christopher Boorse vertritt eine naturalistische biostatistische Krankheitsdefinition 66 Was als Krankheit zu gelten hat ist allein durch evolutionsbiologisch bestimmten Ziele wie Uberleben und Reproduktion vorgegeben 53 Mit seiner funktionalen Theorie der Krankheit versucht Boorse auch jeden Bezug zu einem Wertbegriff zu vermeiden Dazu konstruiert er naturliche Referenzklassen beispielsweise Kinder oder altere Manner und ermittelt eine statistische Normalitat Diese setzt er in Bezug zu einer biologischen Funktion Eine Krankheit tritt dann ein wenn die normale Funktionsfahigkeit signifikant unterschritten wird Wegen seiner naturalistischen Ausrichtung hat dieser Ansatz die Vorteile dass er gut operationalisierbar ist und auch auf alle anderen Spezies neben dem Menschen angewendet werden kann Diese funktionale Theorie hat aber auch einige Schwachen und Grenzen Zum einen in der Abgrenzung der Referenzgruppe oder in der Festlegung von normalen Parametern einer Funktion Auch sind manche Krankheiten von strukturellen Veranderungen gepragt die sich nur schlecht funktional abbilden und es gibt weitverbreitete Krankheiten wie Zahnkaries die es schwer machen von einer gesunden statistischen Referenzgruppe auszugehen Die Ausrichtung auf funktionale Einheiten ist weiterhin ein teleologisches Konzept das sich nur schwer in einem naturalistischen Ansatz begrunden lasst Und schliesslich wird das personliche Wohlergehen des Patienten auf die Uberlebensfahigkeit und Reproduktionsfahigkeit verkurzt In der Praxis spielen biostatistische Verfahren in der Diagnose eine wichtige Rolle Beispielsweise bei der Bewertung des Blutdruckes oder der Verwendung eines sogenannten Blutbildes werden quantitative Veranderungen ab einer gewissen Variation als Storung betrachtet Auch eine vertiefte evolutionsbiologische Sicht kann hier Antworten liefern So ist die individuelle Gesundheit nicht unbedingt ein Selektionsvorteil in der Evolution Einer rein evolutionsbiologisch begrundeten Krankheitsdefinition sind somit Grenzen gesetzt Dagegen besteht die Hoffnung dass die Evolutionsbiologie in Zukunft genauer klaren kann welche Funktionen normal sind und damit eine biologische anstelle einer statistischen Definition von Normalitat zur Krankheitsdefinition beisteuern konnte Randolph M Nesse unterscheidet acht Krankheitsursachen bzw Grunde warum es zu Krankheiten kommt aus evolutionsbiologischer Sicht Beispielsweise entwickeln sich die sogenannten Krankheitserreger wie Bakterien ebenfalls weiter und konkurrieren mit ihren Tragern 53 Einen eher normativen oder lebensweltlichen Ansatz wahlt Hugo Tristram Engelhardt Jr Unstrittig ist dass der Krankheitsbegriff enorme normative Auswirkung hinsichtlich der sozialen Rolle und des rechtlichen Status hat Zudem fordert die Feststellung einer Krankheit Reaktionen und Handlungen sowohl von der Gemeinschaft dem Arzt und dem Patienten Engelhardt versucht neben den biologisch gepragten genetischen infektiosen und metabolischen Stoffwechsel Ursachendimensionen auch die psychologischen und sozialen Aspekte in die Begriffsbestimmung mit einzubeziehen Wichtig sei dabei aber dass die Medizin eine wissenschaftliche Generalisierung und keine moralischen Absichten verfolgt 67 Ein entscheidender Nachteil normativer Ansatze fur eine wissenschaftstheoretische Weiterentwicklung ist ihr Kulturrelativismus Wenn eine negative Bewertung eines Zustandes als Krankheit die Definition bildet dann ist es schwer ein universales Kriterium zu finden wie sie dagegen die naturalistischen Ansatze anbieten wollen Die Vertreter normativer Ansatze gehen jedoch davon aus dass diese einen kulturrelativistischen Krankheitsbegriff nicht unbedingt mit einschliessen Legt man demnach universale Werte und Normen zugrunde dann erhalt man auch eine universale Definition wie mit einem naturalistischen Ansatz Die Moglichkeit von universellen Werten und Normen ist aber stark umstritten Bekannt sind in der Medizingeschichte neben den statistischen und ideellen auch individuelle Normbegriffe Fur einen Patienten kann die Norm auch in seiner Biographie liegen Einen anderen Ansatz wahlt Richard Koch Fur ihn ist Krankheit eine reine Fiktion 68 Betrachtet man insbesondere die subjektive Dimension des Erleidens oder Erfahrens der Krankheit das Kranksein dann ruckt das Individuum in den Mittelpunkt der Definition Friedrich Curtius begrundete so eine Individualpathologie Curtius 1959 in der jede Krankheit ein singulares Ereignis ist Besonders auf die Psychiatrie und die psychischen Krankheiten richtet sich die Kritik von Thomas Szasz Sie sind fur ihn eher Mythen und Metaphern aber keine medizinisch und wissenschaftlich brauchbaren Begriffe und Konzepte 69 Lennard Nordenfelt definiert Gesundheit als die Moglichkeit einer Person ihre massgeblichen Ziele zu erreichen wobei diese Ziele zumindest das minimale Gluck der Person gewahrleisten sollen 70 Infolge der Schwierigkeiten eine theoretische Pathologie 71 zu entwickeln gibt es in der Philosophie der Medizin die Feststellung dass es vielleicht nicht moglich ist eine einheitliche Definition zu entwickeln Die einzelnen Krankheitsbilder wurden dann in einer Art Familienahnlichkeit lose zusammengehoren Therapie und Heilung Bearbeiten Der Begriff der Heilung besitzt keine objektive Evidenz Was als Heilung definiert wird hangt entscheidend von dem verwendeten Paradigma und den Methoden ab Daraus ergeben sich unter anderem Unterschiede in der Befindlichkeit des Patienten dem Zeithorizont der Zieldefinition im Sinne der Definition von Gesundheit 72 Es gibt zwar zwischen verschiedenen paradigmatischen Ansatzen keine Unterschiede in der Frage was als Heilung in einem bestimmten Fall anzusehen ist dennoch kann Heilung je nach zugrundeliegendem Paradigma unterschiedlich gefasst sein Besonders psychotherapeutische Ansatze konnen erheblich voneinander abweichen dagegen sind anatomisch chirurgische Eingriffe meist unstrittig Wie Heilung definiert wird hangt aber ebenso von der Krankheitsdefinition ab Wenn einzelne Symptome verschwinden bedeutet es nicht unbedingt dass die chronische Krankheit die diese hervorgerufen hat ebenso geheilt ist Krankheitsklassifizierungen Bearbeiten Festlegungen in der Ontologie haben bedeutende Auswirkungen auf die Klassifizierung von Krankheiten In einer Zellular Pathologie werden Krankheiten beispielsweise anhand von Zellmerkmalen eingeteilt Liegt der Fokus dagegen auf dem Kranksein des Individuums selbst dann ist es schwerer allgemeine Klassen zu finden Krankheitsklassifizierungen erfolgen heute anhand von praktischen Erwagungen und wissenschaftlichen Werten wie der Validitat und Verlasslichkeit von Diagnosen und Prognosen 73 Fur einen ontologischen Krankheitsbegriff spricht dass Krankheitseinteilungen neben der Diagnose und Prognose auch der Therapie dienen und damit auch dem Versuch die Realitat der Krankheit zu kontrollieren Ebenso kann eine Klassifikation ontologischer Krankheitsdefinitionen leichter in eine Klassifikation der Krankheitsursachen und damit auch in einen Therapieansatz uberfuhrt werden Am anschaulichsten ist die Beschreibung von Krankheiten anhand von Krankheitserregern wie Bakterien oder Parasiten Andererseits weisen die Vertreter einer physiologischen symptomatischen funktionalistischen Krankheitskonzeption 74 darauf hin dass sich Krankheiten wesentlich komplexer darstellen konnen als dies in ontologischen Konzepten zum Ausdruck kommt Sie sind demnach nicht nur multifaktoriell sondern auch multidimensional Genetische metabolische individuelle soziale und psychologische Einflusse und Auswirkungen konnten allerdings nur schlecht als allgemeine Entitat abgebildet werden 75 Nosologie Bearbeiten Der gegenwartigen Medizin liegen verschiedene Krankheitsbegriffe zugrunde In Anlehnung an den ontologischen Krankheitsbegriff ist heute ein pragmatisch verwendeter Ordnungs und Funktionsbegriff vorherrschend Eine Krankheit ist in diesem Sinn nicht nur eine von anderen getrennte Einheit es besteht damit die Hoffnung auf diese Weise eine eindeutige geschlossene und systematische Abdeckung aller moglichen Krankheitsbilder zu erreichen Nur auf diese Weise ist es sinnvoll von einer Nosologie einer Systematik der Krankheitseinheiten zu sprechen 76 Idealtypisch fur diese substantielle Einteilung sind die Infektionskrankheiten welche oft leicht durch spezielle Untersuchungen gegeneinander abgrenzbar sind Die Bezeichnung erfolgt dann in der Regel anhand des Krankheitserregers der dann vereinfacht als kausale Ursache betrachtet wird Neben diesem atiologischen Verstandnis von Krankheit ist auch ein symptomatisches Verstandnis Teil der aktuellen Krankheitseinteilungen Beispielsweise konnen systemische Erkrankungen oder funktionelle Syndrome oft nur schwer diagnostiziert und trennscharf gegeneinander abgegrenzt werden Eine Krankheitseinheit ist dann eine funktionale oder fiktionale Entitat Insgesamt lassen sich fur heutige Nosologien funf Kriterien zur Einteilung von Krankheiten unterscheiden 77 atiologisch nach der Erstursache nach den potentiell betroffenen Patientengruppen Epidemiologie lokalisierte pathologische Organ Veranderungen morphologische oder topographisch anatomische Veranderungen spezifische Pathogenese die regelhaft zu Syndromen fuhrt funktionale Veranderungen nach der Zeitcharakteristik mit einer typischen Abfolge der Krankheitszeichen Die Hoffnung ist dabei die Krankheitsentitaten so weit zu strukturieren dass ein geschlossenes und einheitliches System entsteht das sich auch als Erklarungsmodell fur Krankheiten eignet In der Praxis wurden in dieser Hinsicht in vielen Fallen schon Fortschritte erreicht Dennoch bleiben viele medizintheoretische Fragen offen Diese betreffen unter anderem den wissenschaftstheoretischen Status der Kriterien oder die Moglichkeit einer naturalistischen Auffassung von Krankheitsklassifikationen Die Frage ist ob es eine naturliche Einteilung wie bei den Elementen in der Chemie oder den Arten in der Biologie gibt Fur die Erstellung und Weiterentwicklung von sogenannten Diagnoseklassifikationssystemen bleibt zu klaren ob es neben den praktischen auch theoretische Modelle gibt So wird die Aufnahme einer Krankheit in den ICD durch Expertenabstimmung bestimmt und nicht anhand von theoretischen Modellen Es gibt auch Ansatze die Krankheitsdefinitionen mithilfe der Fuzzylogik zu bestimmen Gesundheit Bearbeiten Oft zitiert wird die Gesundheitsdefinition der Weltgesundheitsorganisation WHO Ein Zustand des vollstandigen korperlichen geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen Diese Definition zeigt eine besondere Hochschatzung der Gesundheit welche auch kritisiert wird 78 Zum einen wird Gesundheit mit Wohlergehen gleichgesetzt ohne damit einen Mehrwert in der begrifflichen Bestimmung zu erreichen Die geforderte Vollstandigkeit des Wohlergehens sehen Kritiker zudem als ein realitatsfernes Ideal In der Medizintheorie wird weiterhin der Umstand thematisiert dass durch diese Definition alle sozialen Probleme und Defizite medizinisch gedeutet werden sollen Das fuhre zu einer Uberbewertung der Medizin und ihrer Moglichkeiten 79 Medizinethik Bearbeiten Hauptartikel Medizinethik Die arztliche Praxis wurde seit der griechischen Antike immer auch von medizinethischen Uberlegungen und Anweisungen begleitet und mitbestimmt So ist ein zentrales Element der medizinischen Ethik in der westlichen Welt bis heute der sogenannte Eid des Hippokrates Er umfasst Leitlinien fur die Arzteausbildung dem Arzt Patienten Verhaltnis und den Aspekten arztlichen Handelns beschreibt aber andererseits ein rein paternalistisches Arzt Patienten Verhaltnis welches die Patientenautonomie nicht berucksichtigt 80 Medizinethische Schriften finden sich im christlichen Mittelalter ebenso wie in der Renaissance Paracelsus formuliert fur die Medizinethik eine Zweiteilung in eine Erkenntnisethik und eine Handlungsethik welche sich bis heute gehalten hat 1803 veroffentlichte Thomas Percival seine einflussreichen Medical ethics die neben dem Arzt Patienten Verhaltnis das Verhaltnis der Arzteschaft untereinander und auch gegenuber der Offentlichkeit regelt Zum ersten Mal werden hier aber auch der Gesellschaft und dem Patienten Pflichten auferlegt Infolge der technischen Moglichkeiten der modernen Medizin verschieben sich die Grenzen des Machbaren in der Medizin Wichtige Themen der Medizinethik heute sind beispielsweise die Forschung am Menschen Sterbehilfe und Therapieentscheidungen Einfache Regeln scheinen fur die komplexen Anforderungen in der Praxis oft unzureichend So existiert in der Medizinethik heute keine einheitliche und verbindliche Moraltheorie 81 Neben dem Pluralismus traditioneller ethischer oder moralphilosophischer Theorien muss in der medizinischen Praxis auch die Vielfalt der Werte in der Gesellschaft berucksichtigt werden Die Frage ist deshalb zunachst ob es uberhaupt universelle Prinzipien wie beispielsweise mit dem kategorischen Imperativ oder dem Prinzip der Nutzenmaximierung im Utilitarismus in der Medizinethik geben kann In der Praxis haben heute koharentistische Ethikbegrundungen gegenuber den universellen Moralprinzipien die grossere Bedeutung Dabei haben sich besonders die vier ethischen Prinzipien Schadensvermeidung Nutzenmaximierung Autonomie Gerechtigkeit der Moralphilosophen Tom Beauchamp und James Childress bewahrt 82 Keines der Prinzipien besitzt in diesem Konzept eine Vorrangstellung wodurch ihre Anwendung flexibel gestaltet werden kann Daraus ergeben sich aber auch Schwierigkeiten und Nachteile Zum einen liefert diese Ansammlung von Prinzipien keine allgemeinen Methoden zur Anwendung Zum anderen muss jedem Prinzip individuell und im Einzelfall eine Bedeutung beigemessen werden denn der Ansatz von Beauchamp und Childress enthalt kein absolutes Prinzip zur fallunabhangigen Orientierung Beispielsweise kann Gerechtigkeit fur jeden Beteiligten in einem Fall Verschiedenes bedeuten 83 Weiterhin gibt es die Konzepte der Prima face Pflichten Dazu werden in einer Situation alle ethischen Anforderungen benannt So hat der Arzt beispielsweise die Pflicht zur Schadensvermeidung der Patient hingegen zur Mitarbeit an der Heilung Diese Pflichten sind dabei immer Beziehungen zwischen Personen Als Vorteile dieses Modells wird seine Pluralitat Kontextbezogenheit und Transparenz gesehen Fraglich ist aber ob die einzelnen Prima face Pflichten universell sind Problematisch ist auch die Konsensfindung da viele Pflichten haufig zu Konflikten fuhren 84 Vertreter einer anthropologischen Medizin wie Karl Jaspers Viktor von Weizsacker oder Viktor Emil von Gebsattel bauen eine Medizinethik dagegen auf den Charakteristiken einer zeitgemassen Arztpersonlichkeit auf 85 Die Medizintheorie in Wissenschaft und Gesellschaft BearbeitenEine weltweite Philosophie der Medizin ist erst im Entstehen Beispielsweise wurden die Diskussionen in Europa in der ersten Halfte des 20 Jahrhunderts zwischen dem Positivismus und Neovitalismus in den USA kaum beachtet Umgekehrt ist die amerikanische Medizintheorie heute starker institutionalisiert als die europaische Daneben gibt es weltweit erhebliche ethnologische und kulturelle Differenzen in den Inhalten und Methoden der Medizintheorie Forschung und Lehre Bearbeiten Im damaligen Preussen wurde 1861 das verbindliche Tentamen Philosophikum im Medizinstudium durch das Tentamen Physikum ersetzt Seit einigen Jahren wird an mehreren bundesdeutschen Hochschulen wieder ein Wahlfach im Rahmen eines Medizinstudiums angeboten 86 In den deutschsprachigen Landern ist seit uber 100 Jahren Medizingeschichte als Teil der Medizinerausbildung in Forschung und Lehre etabliert Das erste medizinhistorische Institut entstand um 1906 in Leipzig 87 Schon zu Beginn der medizinhistorischen Forschung und Lehre stand der Wunsch nach starkerer Nahe zu den Geisteswissenschaften und insbesondere der Ethik Zum Wintersemester 2003 2004 wurde in Deutschland das Wahlpflichtfach Geschichte Theorie und Ethik der Medizin GTE in das Medizinstudium aufgenommen Seitdem gibt es an vielen deutschen Hochschulen mit medizinischer Fakultat ein gleichnamiges Institut Veroffentlichungen und Konferenzen Bearbeiten Mehrere internationale Zeitschriften zum Thema Philosophie der Medizin werden verlegt wie das Journal for Medicine and Philosophy und Theoretical Medicine 88 1987 wurde in Holland die European Society for Philosophy of Medicine and Healthcare gegrundet von der Konferenzen zum Thema organisiert werden und die Zeitschrift Medicine Health Care and Philosophy herausgegeben wird Aktuelle wissenschaftstheoretische Paradigmen in der Medizin Bearbeiten Wie schon in der gesamten europaischen Medizingeschichte existieren auch heute mehrere Medizinkonzepte parallel So gibt es unterschiedliche Menschenbilder und Organismusmodelle Diese sind wiederum verbunden mit verschiedenen diagnostischen und therapeutischen Ansatzen 89 90 Naturwissenschaftlich orientierte Medizin Bearbeiten Das in der westlichen Welt entwickelte und heute in fast allen Staaten vorherrschende medizinische Modell ist das biomechanische das biomedizinische Modell oder das Defekt Reparatur Modell Der Arzt versucht hierbei den kranken Teil des Korpers des Patienten zu identifizieren zu behandeln und gegebenenfalls zu entfernen oder zu ersetzen Mit Hilfe vieler Methoden und Technologien aus den Naturwissenschaften und ihrer technischen Anwendungen bestehen heute bedeutende Moglichkeiten der Beherrschung von biologischen Funktionen und der chirurgischen Intervention Der Arzt verfolgt in der Behandlung das Ideal einer objektiven Sicht emotially detached concern Diese Distanzierung als Teil der Arzt Patienten Beziehung ist ein zentrales Thema in der Medizintheorie und Ansatzpunkt einer Erweiterung des biomedizinischen Modells um humanwissenschaftliche Elemente Weiterhin gilt der immer hohere Technikeinsatz und Ressourcenverbrauch als begrenzendes Element des biomechanischen Modells Paradigma der molekularen Medizin Bearbeiten In den 1960er Jahren hat ein Paradigmenwechsel von der medizinischen Mikrobiologie hin zur molekularen Medizin stattgefunden Gene werden seitdem als die eigentlichen Bausteine des Organismus betrachtet ihre Erforschung mit den Methoden der Molekularbiologie und Zellbiologie soll letztlich helfen alle physiologischen und pathologischen Prozesse und Strukturen zu erkennen 91 Krankheiten werden immer ofter als Fehler in den genetischen und informationsverarbeitenden Prozessen beschrieben In der Medizintheorie stellt sich die Frage ob dies auch zu einem anderen medizinischen Ansatz fuhrt denn traditionell beschaftigt sich die Humanmedizin mit dem Phanotyp dem Menschen in seiner Erscheinung und nicht mit dem Genotyp Das biopsychosoziale Modell Bearbeiten Hauptartikel Biopsychosoziale Medizin Das biopsychosoziale Krankheitsmodell wurde Ende der 1970er Jahre von George L Engel entwickelt Es gilt heute als das wichtigste und bekannteste Modell welches biologische psychologische und soziale Faktoren in eine strukturierte Modellierung des Krankheitsgeschehen einbezieht Eine Krankheit stellt sich dann ein wenn der Organismus die Fahigkeit der Selbstregulierung verliert In dieser systemtheoretischen Betrachtung gibt im Hinblick auf die Krankheitsursachen keinen Unterschied zwischen Korper und Psyche Vertreter des biopsychosozialen Krankheitsmodells sehen darin insbesondere eine Abgrenzung zur traditionellen Psychosomatik die teils korperliche Beschwerden eindeutig auf psychische Ursachen zuruckfuhrt Ausschlaggebend fur die Heilung ist es die Selbstregulierung auf allen Ebenen wiederherzustellen Das biopsychosoziale Modell liefert somit eine theoretische Basis um Krankheit und Gesundheit als dynamisches Zusammenspiel vieler Einflussgrossen zu betrachten Die Ursprunge des Modells liegen deshalb weniger in der Psychosomatik sondern neben der Systemtheorie in der Psychiatrie der Medizinsoziologie und der Neuropsychologie 92 Auch die psychosomatische Medizin wird heute meist als biopsychosoziale Medizin im Sinne von George L Engel Thure von Uexkull und Wolfgang Wesiak verstanden Einfache Wirkungszusammenhange zwischen Korper und Geist spielen in der Theorie und Praxis kaum eine Rolle Evidenzbasierte Medizin Bearbeiten Die sogenannte Evidenzbasierte Medizin EbM ist ein Ansatz der versucht fur eine individuelle medizinische Behandlung die wirksamste Therapie zur Verfugung zu stellen Dazu sollen einerseits medizinische Forschungsstudien mit einer moglichst hohen Evidenzklasse fur moglichst alle verfugbaren Therapien und Arzneien durchgefuhrt werden Andererseits sollen diese Studien dann in Metastudien ausgewertet werden um letztlich Empfehlungen fur den klinischen Einsatz abgeben zu konnen Aus wissenschaftstheoretischer Sicht gehort eine Uberprufung der Hypothesen und Theorien zu jeder wissenschaftlichen empirisch analytischen Forschung Insofern ist die EbM kein neuer Ansatz Ihr Aufkommen Ende des 20 Jahrhunderts liegt vielmehr an dem weitgehend erfolglosen Versuch die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse fur viele Erkrankungen in wirksame und vor allem rationelle Therapien umzusetzen Die Starken und Zielsetzungen der evidenzbasierten Medizin liegen dagegen eher im organisatorischen und wirtschaftlichen Bereich In der Medizintheorie wird dagegen die Fokussierung der EbM auf die Empirie besonders beachtet Das gesammelte Wissen uber die Wirksamkeit von Medikamenten und Therapien ermoglicht zwar eine gute Vergleichbarkeit der Therapien aber keine Erklarungen uber ihre Wirkungsweise Die den Therapien zugrundeliegenden Modelle und Theorien sind fur den Ansatz der EbM somit nachrangig Vertreter der EbM erkennen ebenso die Pluralitat der Medizinkonzepte und der Ziele arztlichen Handelns Verbesserung des Gesundheitszustandes Verkurzung der Krankheitsdauer Verlangerung der Lebensdauer Verringerung der Nebenwirkungen Verbesserung der Lebensqualitat an Es ist dabei aber umstritten inwieweit es sinnvoll und rational ist die erkenntnistheoretischen und methodologischen Massstabe der EbM auch auf andere Medizinkonzepte mit anderen methodischen und evaluativen Massstaben anzuwenden 93 Auch existiert eine Diskrepanz zwischen den retrospektiven Metastudien und dem prospektiven Einzelfall Die Urteilskraft des Arztes die sogenannte interne Evidenz wird durch diesen Umstand noch mehr gefordert So wurde durch die EbM auch bei sehr gunstiger Studienlage nicht unbedingt die fur den Patienten wirksamste Behandlung sondern die am besten belegte vorgeschlagen Kritik gibt es auch aus medizinethischer Sicht So ware es schwer die psychosoziale Situation eines Patienten mit Therapieempfehlungen aus Studien in Einklang zu bringen Auch fuhre der Zwang zum Goldstandard in der Tendenz zu ethisch problematischen Studiendesigns 94 Homoopathie Bearbeiten Der zeitgenossischen Homoopathie liegt ebenfalls kein einheitliches theoretisches Konzept zugrunde Zum einen gibt es mehrere unterschiedliche Schulen die teils sehr unterschiedliche Vorstellungen uber ihre Theorien und Methoden besitzen zum anderen ist die ursprungliche Konzeption von Samuel Hahnemann nach heutigen wissenschaftstheoretischen Massstaben nicht immer eindeutig Ontologisch setzt Hahnemann eine Lebenskraft voraus uber die sich jede Heilung vollzieht Ob er diese aber eher substantialistisch oder eher instrumentalistisch deutet ist umstritten Die ausfuhrliche Anamnese in der klassischen Homoopathie ist ein weiteres zentrales Element Haufig wird diese Art der Arzt Patienten Beziehung auch als Teil des Wirkungszusammenhangs der Homoopathie betrachtet Eine Besonderheit ist die Konzeption der Arzneimittelwirkung Diese wird paradigmatisch vorausgesetzt Die eigentliche Aufgabe des Homoopathen ist dann die Merkmale des homoopathischen Arzneimittels Arzneimittelbild auf die Merkmale des Patienten abzustimmen Die abstrakten Krankheitsklassen des biomedizinischen Modells dienen nur als Orientierungshilfe Die methodischen Grundlagen der Homoopathischen Medizin bestehen aus wesentlichen phanomenologischen hermeneutischen 95 und dialektischen 96 Elementen Anthroposophie Bearbeiten Rudolf Steiner legte die theoretisch methodischen Grundlagen fur die anthroposophische Medizin bereits in seinem philosophischen Fruhwerk 97 98 wobei er an Goethes naturwissenschaftliche Forschungsart und die Philosophie des deutschen Idealismus anknupfte So begrundete er erkenntnistheoretisch einen empirischen ontologisch objektiven Idealismus mit einem Wirklichkeitsbegriff der die Seinsbereiche Materie Leben Seele und Geist in Mensch und Natur einerseits voneinander unterscheidet sie aber andererseits auch in einer Gesamtauffassung miteinander verbindet ohne sie reduktionistisch aufeinander beziehen zu mussen 99 Aufbauend auf diesem universalienrealistisch gepragten Wirklichkeitsverstandnis entwickelte er die Anthroposophie 100 und zeigte dann gegen Ende seines Lebens wie diese die Praxis der verschiedensten Lebensfelder beeinflussen kann So wandte er die Anthroposophie in den Jahren 1920 1925 auch auf die Medizin an 101 102 Zwei fur die anthroposophische Medizin grundlegende Konzepte sind die Viergliederung der Seinsebenen 100 102 und die funktionelle Dreigliederung der Organsysteme 103 102 Mit den vier Seinsebenen in dem Menschen und korrespondierend auch in der Natur ist in der Anthroposophie gemeint Der physische Leib der den Gesetzen der Physik gehorcht und von der konventionellen Wissenschaft erforscht werden kann Der atherische Leib der wie bei allen Lebewesen als ein uber das Physische hinausgehendes Organisationsprinzip besonderen Gesetzmassigkeiten folgt die dem Lebendigen Atherischen eigen sind Die ubersinnliche Erkenntnis dieses Atherischen wird Imagination genannt Der astralische Leib der nur bei empfindenden oder beseelten Organismen also bei Tieren nicht aber bei Pflanzen vorhanden ist Die zugehorige Erkenntnisstufe heisst Inspiration Das Ich die geistige Individualitat die den Menschen uber das Tierreich erhebt Ein Ich hat jeder Mensch als solches erkannt wird es jedoch erst durch die hochste Stufe der ubersinnlichen Erkenntnis die Intuition nicht zu verwechseln mit der herkommlichen Bedeutung dieses Wortes Die vier von der Anthroposophie postulierten Seinsebenen seien also in ihrer eigentlichen Wesenheit nicht allein durch die sinnliche Wahrnehmung sondern nur durch eine ubersinnliche Wahrnehmung erkennbar Die Fahigkeit hierzu konne durch eine besondere Schulung meditativer Art erlangt werden deren Methodik Steiner in verschiedenen Werken darlegte siehe hierzu anthroposophischer Schulungsweg oder im Einzelfall auch durch eine besondere Begabung vorhanden sein Alle Seinsebenen durchdringen jedoch die sinnliche Welt und bewirken in ihr die naturwissenschaftlich erforschbaren Phanomene Als einen ubergeordnet leitenden Gesichtspunkt zum Menschenverstandnis formulierte Steiner das Konzept der Dreigliederung des Menschen 103 in einen Nerven Sinnes Pol und einen Stoffwechselpol sowie ein vermittelndes rhythmisches System 104 Steiner entwarf ferner eine anthroposophische Sinneslehre mit phanomenologischem Ansatz 105 Die anthroposophischen Medizin beinhaltet ferner Konzepte von Reinkarnation und Karma Krankheit bestehe im anthroposophischen Sinne unter anderem darin dass die gesunde Wechselwirkung der Wesensglieder gestort sei In der naheren Bestimmung dieser Storung im vorliegenden Einzelfall besteht im Wesentlichen die anthroposophisch menschenkundliche Diagnose die als eine Erweiterung oder Erganzung der konventionellen Diagnose angesehen wird Von den sogenannten alternativmedizinischen Richtungen ist die anthroposophische Medizin die jungste Sie geht von anderen ontologischen Grundannahmen aus als die heutige naturwissenschaftliche Medizin Daher wird sie als unwissenschaftlich oder pseudowissenschaftlich angesehen Dabei ist sie aber nicht theoretisch isoliert Von ihren Vertretern werden immer wieder Anknupfungspunkten hin zu den heute gangigen anthropologischen 99 und medizintheoretisch methodologischen 106 Konzepten aufgezeigt die uber die gangigen naturwissenschaftlichen Paradigmen hinausgehen und zu ubergeordneten Gesichtspunkten fuhren Ein medizintheoretischer Diskurs ist moglich und wird unter anderem im Dialogforum Pluralismus in der Medizin 107 ausgetragen Psychoanalyse Bearbeiten Sigmund Freud formulierte ein Strukturmodell der Psyche aus drei Instanzen mit unterschiedlichen Funktionen dem Es dem Ich und dem Uber Ich Diese Instanzen bilden allerdings kein ontologische Einheit sondern werden als veranderbare Prozesse und Strukturen betrachtet Mit diesem Ansatz ist aber neben dem emotionalen und kognitiven auch der lebensgeschichtliche und soziale Kontext einer Person Teil der medizinischen Diagnose und Therapie Die Psychoanalyse zahlt zu den psychotherapeutischen Behandlungsverfahren die Beziehung Therapeut Patient nimmt somit eine zentrale Stellung ein Die theoretischen und methodischen Modelle der Psychoanalyse sind heute sehr vielfaltig und teilweise umstritten Literatur BearbeitenKlassiker Bearbeiten Richard Koch Die arztliche Diagnose Beitrag zur Kenntnis des arztlichen Denkens J F Bergmann Wiesbaden 1920 Karl Eduard Rothschuh Konzepte der Medizin in Vergangenheit und Gegenwart Stuttgart 1978 ISBN 3 7773 0442 5 Alexei D Speransky Grundlagen einer Theorie der Medizin Berechtigte Ubersetzung ins Deutsche von K R von Roques Saenger Berlin 1950 Thure von Uexkull Wolfgang Wesiack Theorie der Humanmedizin Grundlagen arztlichen Denkens und Handelns Urban amp Fischer Verlag 1998 ISBN 3 541 13503 4 Edmund D Pellegrino David Thomasma A Philosophical Basis of Medical Practice Oxford University Press Oxford 1981 ISBN 0 19 502789 2 Allgemein Bearbeiten James A Marcum An Introductory Philosophy of Medicine Springer London 2008 ISBN 978 1 4020 6796 9 Walter Pieringer Franz Ebner Zur Philosophie der Medizin 2000 ISBN 3 211 83446 X Dietrich von 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Uexkull Wolfgang Wesiack Theorie der Humanmedizin Grundlagen arztlichen Denkens und Handelns Urban amp Fischer Verlag 1998 S 103 Dietrich von Engelhardt Krankheit Schmerz und Lebenskunst Eine Kulturgeschichte der Korpererfahrung Beck Munchen 1999 S 43 Wolfgang U Eckart Geschichte Theorie und Geschichte Springer Berlin 2013 S 50 53 Robert Jutte Pluralismus in der Medizin aus historischer Perspektive In Susanne Michl Thomas Potthast Urban Wiesing Hrsg Pluralitat in der Medizin Karl Alber Munchen 2008 S 381ff Dietrich von Engelhardt Krankheit Schmerz und Lebenskunst Eine Kulturgeschichte der Korpererfahrung Beck Munchen 1999 S 47ff Dietrich von Engelhardt Krankheit Schmerz und Lebenskunst Eine Kulturgeschichte der Korpererfahrung Beck Munchen 1999 S 70ff Claudia Huerkamp Der Aufstieg der Arzte im 19 Jahrhundert Vom gelehrten Stand zum professionellen Experten Gottingen 1985 S 58 61 James A Marcum An Introductory Philosophy of Medicine London Springer 2008 S 19 Dies schliesst nicht aus dass Mediziner individuell bemuht sind diese Aspekte in ihre Arbeit mit aufzunehmen Dies ware dann aber Privatsache des Arztes und steht ausserhalb einer wissenschaftlichen Modellbildung Verantwortung und Reflexion James A Marcum An Introductory Philosophy of Medicine Springer London 2008 S 22 27 Ian Hacking Representing and Intervening Indroductory Topics in the Philosophie of Natural Science Cambridge University Press Cambridge 1983 S 21 Die Realitat der pharmakologischen Wirkstoffe wird auch unter dem Begriff des Medical Realism diskutiert Urban Wiesing Wer heilt hat Recht Schattauer Stuttgart 2004 S 13 14 Dietrich von Engelhardt Heinrich Schipperges Die inneren Verbindungen zwischen Philosophie und Medizin im 20 Jahrhundert Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1980 S 102 109 James A Marcum An Indroductory Philosophy of Medicine Springer 2008 S 36 Dietrich von Engelhardt Heinrich Schipperges Die innere Verbindung zwischen Philosophie und Medizin im 20 Jahrhundert 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Beleg der institutionalisierten Pluralitat in der bundesdeutschen Medizin Robert Jutte 2008 S 393 verweist fur dieselbe Argumentation auf das Arzneimittelgesetz von 1976 Norbert W Paul Medizintheoretische Aspekte medizinischer Forschung In Stefan Schulz Klaus Steigleder Heiner Fangerau Geschichte Theorie und Ethik der Medizin Suhrkamp 2013 S 271 James A Marcum An Introductory Philosophy of Medicine Springer London 2008 S 20 Daniel Strech Verdeckter Pluralismus der Werturteile in der medizinischen Nutzen Evaluation In Susanne Michl Thomas Potthast Urban Wiesing Hrsg Pluralitat in der Medizin Karl Alber Munchen 2008 S 11 Monika Bobbert Goldstandard oder Methodenpluralitat in der klinischen Forschung am Menschen In Susanne Michl Thomas Potthast Urban Wiesing Hrsg Pluralitat in der Medizin Karl Alber Munchen 2008 S 383 Heinz Eppenich Die Wissenschaftlichkeit der Homoopathie In Thomas Genneper Andreas Wegener Lehrbuch Homoopathie Grundlagen und Praxis der klassischen Homoopathie Haug 2010 S 363 Walter Pieringer Christian Fazekas Grundzuge einer theoretischen Pathologie In Walter Pieringer Franz Eibner Hrsg Zur Philosophie der Medizin Springer Wien New York 2000 S 81 Rudolf Steiner Grundlinien einer Erkenntnistheorie der Goetheschen Weltanschauung mit besonderer Berucksichtigung auf Schiller 1896 GA 2 8 Auflage Dornach 2003 ISBN 3 7274 0020 X Volltext Rudolf Steiner Die Philosophie der Freiheit Grundzuge einer modernen Weltanschauung seelische Beobachtungsresultate nach naturwissenschaftlicher Methode GA 4 16 Auflage Rudolf Steiner Verlag Dornach 1995 ISBN 3 7274 0040 4 Taschenbuchausgabe TB 627 ISBN 3 7274 6271 X Volltext a b Peter Heusser Anthroposophische Medizin und Wissenschaft Beitrage zu einer integrativen medizinischen Anthropologie Schattauer Verlag Stuttgart 2010 ISBN 978 3 7945 2807 3 Habilitationsschrift Buchbesprechung hier Helmut Kiene Anthroposophische Medizin Blick uber den Tellerrand In Dtsch Arztebl 108 48 2011 S A 2612 B 2183 C 2155 online a b Rudolf Steiner Die Geheimwissenschaft im Umriss 1910 GA 13 30 Auflage Rudolf Steiner Verlag Dornach 1989 ISBN 3 7274 0130 3 Volltext Vortrage fur Arzte und Medizinstudenten finden sich in den Banden 312 319 der Rudolf Steiner Gesamtausgabe Volltext a b c Rudolf Steiner Ita Wegman Grundlegendes fur eine Erweiterung der Heilkunst nach geisteswissenschaftlichen Erkenntnissen Rudolf Steiner Verlag Dornach 1991 Erstausgabe 1925 Volltext a b Rudolf Steiner Von Seelenratseln Anthropologie und Anthroposophie Max Dessoir uber Anthroposophie Franz Brentano Ein Nachruf Skizzenhafte Erweiterungen GA 21 5 Auflage Rudolf Steiner Verlag Dornach 1983 ISBN 3 7274 0210 5 Johannes Rohen Morphologie des menschlichen Organismus Versuch einer goetheanistischen Gestaltlehre des Menschen Verlag freies Geistesleben Stuttgart 2000 ISBN 3 7725 1998 9 Rudolf Steiner Anthroposophie Ein Fragment aus dem Jahre 1910 GA 45 5 Auflage Rudolf Steiner Verlag Dornach 2009 ISBN 978 3 7274 0452 8 Volltext Helmut Kiene Komplementarmedizin Schulmedizin Der Wissenschaftsstreit am Ende des 20 Jahrhunderts Schattauer Stuttgart 1996 ISBN 3 7945 1734 2 Dialogforum Pluralismus in der Medizin Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Medizintheorie amp oldid 239322758