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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig Weitere Bedeutungen sind unter Determinismus Begriffsklarung aufgefuhrt Der Determinismus von lateinisch determinare festlegen Grenzen setzen begrenzen ist die Auffassung dass alle insbesondere auch zukunftige Ereignisse durch Vorbedingungen eindeutig festgelegt sind 1 Die Gegenthese Indeterminismus vertritt dass es bestimmte Ereignisse gibt die nicht eindeutig durch Vorbedingungen determiniert sondern indeterminiert unbestimmt sind In der Naturphilosophie wird ein allgemeiner Determinismus zumeist durch zwei Annahmen gestutzt erstens dass samtliche naturlichen Prozesse durch Naturgesetze bestimmt sind und dass zweitens die Bewegungsgleichungen dazu beim Einsetzen von exakten Werten eine eindeutige Losung liefern und damit die Ergebnisse festlegen Ob diese Annahmen durchgangig zutreffen ist umstritten Wenn das Weltgeschehen jedenfalls festgelegt ist scheint dies einen Widerspruch fur die Existenz eines freien Willens zu erzeugen Ob dieser Widerspruch besteht ist ebenso umstritten wie die jeweiligen Konsequenzen Es gibt keinen einheitlichen Determinismusbegriff vielmehr gibt es verschiedene Varianten Nach der klassischen Einteilung von William James lassen sich die philosophischen Auffassungen in harten und weichen Determinismus einteilen 2 Paul Edwards macht ferner die Einteilung in ethischen logischen theologischen physikalischen und psychologischen Determinismus 3 Inhaltsverzeichnis 1 Historische Entwicklung 2 Grenzen der Determiniertheit 2 1 Statistischer Determinismus 2 2 Adaquater Determinismus 3 Fachspezifischer Determinismus 3 1 Geschichtsdeterminismus 3 2 Technikdeterminismus 3 3 Geodeterminismus 3 4 Klimadeterminismus 3 5 Linguistischer Determinismus 3 6 Biologischer Determinismus 3 7 Genetischer Determinismus 3 8 Logischer Determinismus 3 9 Theologischer Determinismus 4 Freier Wille 5 Begriffliche Abgrenzung 6 Vertreter 7 Literatur 8 Siehe auch 9 Weblinks 10 EinzelnachweiseHistorische Entwicklung BearbeitenDeterminismus wurde durch griechische Philosophen des 7 und 6 Jahrhundert vor Christus entwickelt spezifisch durch die Vorsokratiker Heraklit und Leukipp Spater befassten sich Demokrit und Aristoteles und vorwiegend die Stoiker damit in der romischen Antike auch Mark Aurel Der Determinismus ist eng verwandt mit dem Materialismus deren Vordenker der Antike nach naturlichen Erklarungen der Wirklichkeit anstelle der mythologischen suchten Als wesentlicher gedanklicher Vater des Determinismus gilt der antike griechische Philosoph Demokrit Mit seiner Lehre des atomistischen Materialismus fuhrte er alles Geschehen auf das Zusammenspiel elementarer naturlicher Ablaufe zuruck und entkoppelte damit die Natur von transzendenten und metaphysischen Einflussen und der damals verbreiteten Auffassung dass Gotter bestandig in das Weltgeschehen eingriffen Im Zeitalter der Aufklarung wurden diese antiken Ideen wieder aufgegriffen und weiterentwickelt Einen Meilenstein bildet die 1770 veroffentlichte Arbeit Systeme de la Nature von Paul Henri Thiry d Holbach Darin beschreibt d Holbach die Natur als ein geschlossenes System das sowohl die Naturgesetze wie auch ewige Regeln der Moral umfasst In der Natur gabe es nichts weiter als Materie die sich bewegt und dabei in einer konsequenten Abfolge von Ursache und Wirkung eingebunden sei Insbesondere wendet er sich mit dieser monistischen Auffassung gegen den Dualismus und die Position der Zweiteilung der Welt in Materielles und Geistiges Mit der Etablierung der klassischen Mechanik und des mechanistischen Weltbildes wurde von Vertretern des mechanistischen Determinismus insbesondere von Pierre Simon Laplace gefolgert dass wenn die Welt festgelegten physikalischen Gesetzen unterworfen ist und an keiner Stelle Ereignisse ohne Ursache z B durch ubernaturliche Phanomene oder durch objektiven Zufall auftreten dann zukunftige Ereignisse unausweichlich determiniert sein mussen Ferner wurde zugespitzt im laplaceschen Damon postuliert dass ein Weltgeist der die Gegenwart mit allen Details kenne die Vergangenheit und Zukunft des Weltgeschehens in allen Einzelheiten vorhersagen konne klassischer Determinismus oder Laplace scher Determinismus 4 Grenzen der Determiniertheit Bearbeiten nbsp Dominosteine verdeutlichen die Kette von Ursache und Wirkung Bereits mit dem umfallenden ersten Stein ist die Wirkung auch fur den letzten Stein festgelegt nbsp Dichtefluktuation des jungen Universums Der harte Determinismus geht davon aus dass bereits aus diesem anfanglichen Zustand alle Folgezustande des Universums unabanderlich festgelegt seien Aus neueren Disziplinen der Physik Chaostheorie Relativitatstheorie Quantenphysik haben sich verschiedene jeweils prinzipielle Einwande gegen eine solche Vorhersagbarkeit ergeben Die franzosischen Mathematiker Henri Poincare und Jacques Hadamard haben schon Ende des 19 Jahrhunderts entdeckt dass selbst einfache dynamische Systeme wie das dreier sich anziehender Korper zu sehr komplizierten Bahnkurven fuhren und dass selbst so elementare physikalische Ablaufe wie etwa die Bewegung eines Massenpunktes entlang von Geodaten bei kleinen Abweichungen im Anfangswinkel zu beliebig grossen Anderungen im Ergebnis anwachsen Ihre Arbeiten bilden heute die Grundlage der Chaosforschung Deterministisches Chaos kann dazu fuhren dass dynamische Systeme gar nicht oder nur fur kurze Zeitraume vorhersagbar sind Poincare unterschied dazu angesichts der von ihm entdeckten Komplexitat der Phasenraumstruktur zwischen starkem und schwachem Determinismus 5 Deterministische Systeme sind zwar vollstandig durch die Anfangsbedingungen festgelegt aber nur eingeschrankt determiniert Determiniertheit wird als der Grad der Vorbestimmtheit solcher Systeme definiert in enger Anlehnung an eine Vorhersagbarkeit Dabei begrenzen sowohl praktische als auch prinzipielle Grenzen hinsichtlich der Genauigkeit der Messungen bzw der Rechenschritte eine Vorhersage Der Physiker Walter Seifritz zeigt dass der Verlauf idealer Billardkugeln bereits nach wenigen etwa 8 Stossen nicht mehr exakt reproduzierbar ist 6 Er zeigt dass eine sehr kleine Storung von der man zunachst vermutet sie sei vollig vernachlassigbar aufschaukeln und Imponderabilien ins Spiel bringen kann so dass dieses nicht mehr vollkommen deterministisch beschrieben werden kann nbsp Chaotische Trajektorie eines idealisierten Doppelpendels nbsp Phasenraum eines magnetischen Pendels uber drei MagnetenBeispiele fur deterministische Systeme die so stark von Anfangszustanden abhangen dass sie in der Praxis keine Vorhersage erlauben seien der Wurf von Spielwurfeln oder die Ziehung von Kugeln im Urnenmodell man spricht dabei auch von Zufall Beispiele fur partiell fur kurze Zeitraume vorhersagbare deterministische Systeme seien das Doppelpendel das Magnetpendel das Wetter oder Wirtschaftskreislaufe Im mathematischen Modell deterministisch chaotischer Systeme kann der Phasenraum eine fraktale Struktur mit unendlicher Rauheit aufweisen Die unendliche Rauheit sagt aus dass nicht nur kleine Abweichungen des Ausgangszustandes grosse Auswirkung auf den Ergebniszustand haben siehe auch Schmetterlingseffekt sondern dass dies bereits durch unendlich kleine Abweichungen hervorgerufen wird Deterministische Systeme konnen daher entlang fraktaler Phasenraumstrukturen rippled bassins nicht deterministisches Verhalten auspragen Aufgrund unvermeidbaren Rauschens in praktischen Szenarien kann insbesondere eine on off intermittency also der spontane Wechsel zwischen ganzlich unterschiedlichem Systemverhalten auftreten 7 Mit Norton s Dome wurde 2003 ein Gedankenexperiment vorgestellt das sogar ganz ohne Abweichung im Ausgangszustand zu unterschiedlichen Resultaten fuhrt und dabei vollstandig konform zur newtonschen Mechanik bleibt 8 9 Nicht genug damit es gibt noch eine Reihe weiterer Grenzphanomene die aber ublicherweise durchaus zur newtonschen Mechanik hinzugerechnet werden und die die eindeutige Losbarkeit der Differenzialgleichungen und den daraus abgeleiteten Determinismus zerstoren konnen unendlicher Raum unbeschrankte Geschwindigkeit Kontinuitat Punkt Partikel und Singularitaten 10 Daneben werden einige Bereiche der Physik nicht durch deterministische sondern durch probabilistische Gesetzmassigkeiten beschrieben Die klassische Thermodynamik beschaftigt sich mit Systemen aus vielen Teilchen deren Systemzustand sich durch die Einzelzustande aller Teilchen zwar prinzipiell beschreiben liesse wegen der Undurchfuhrbarkeit der Messung und Berechnung wird darauf aber verzichtet und es wird in der statistischen Physik lediglich mit statistischen Mittelwerten gerechnet So lassen sich trotz weitgehender Unkenntnis uber die mikroskopischen Teilchenzustande dennoch sehr genaue Vorhersagen auf makroskopischer Ebene machen Der Formalismus der Quantenmechanik beschrankt sich ebenfalls auf probabilistische Aussagen uber zukunftige Ereignisse Wobei die Genauigkeit einer Vorhersage auch mit beliebiger Steigerung der Messgenauigkeit die durch die Unscharferelation begrenzt ist nicht besser als ein bestimmter Wert gemacht werden kann Viele Physiker darunter insbesondere die Vertreter der Kopenhagener Interpretation haben dies damit erklart dass unsere Welt auf der mikroskopischen Ebene der Quantenmechanik fundamental nicht deterministisch sei Daneben gibt es aber auch deterministische Deutungen De Broglie Bohm Theorie Ensemble Interpretation Viele Welten Interpretation Die Einschatzung ob unsere Welt in ihren Grundbausteinen deterministisch oder indeterministisch sei hangt davon ab welche Interpretation und philosophische Haltung man einnimmt 11 Dabei basieren diese unterschiedlichen Interpretationen auf demselben mathematischen Formalismus und liefern dieselben Vorhersageergebnisse Die Schrodingergleichung die der ungestorten zeitlichen Entwicklung von nichtrelativistischen Quantensystemen zugrundeliegende Differentialgleichung ist vollstandig deterministisch also ihre Losungen bei Vorgabe von Anfangsbedingungen eindeutig Erst durch den Messvorgang kommt Indeterminismus in die Quantenwelt was auch als Messproblem bezeichnet wird Der Physiker Stephen Hawking verwendet den Begriff Determinismus fur alle Interpretationen der Quantenmechanik auch fur die einschlagig als indeterministisch bezeichneten Varianten Er begrundet diese Wortwahl damit dass so der mogliche falsche Eindruck der Regellosigkeit vermieden werde Auch unter der Annahme einer fundamentalen Zufalligkeit der Natur wurden statt einer bestimmten Zukunft und Vergangenheit eben die Wahrscheinlichkeiten fur verschiedene mogliche Zukunfte und Vergangenheiten durch die Naturgesetze exakt bestimmt d h determiniert 12 Statistischer Determinismus Bearbeiten Der statistische Determinismus geht davon aus dass auch wenn individuelle Ereignisse nicht vorhersagbar seien sich fur Gruppen von Ereignissen oft dennoch bestimmte statistische Zusammenhange ermitteln und fur Prognosen nutzen lassen Adolphe Quetelet und Henry Thomas Buckle die als erste soziale Phanomene nach statistischen Methoden untersuchten gelten als wesentliche Protagonisten des statistischen Determinismus 13 Sie stiessen auf erstaunlich stabile Regularitaten bei der Zahl der Geburten Sterbefalle Heiraten verschiedener Straftaten und bei Selbstmordraten und folgerten dass dies auf zugrundeliegende Gesetzmassigkeiten hindeute Die von ihnen mitentwickelten statistischen Methoden ahneln denen die in der Geodasie oder der Meteorologie eingesetzt werden Dies geschieht unter Einbezug umfangreicher Datenbestande und dem Bemuhen darin Muster zu finden die als Gesetzmassigkeiten identifizierbar sind 14 Heute ordnet man diese Methoden auch dem Bereich der Mustererkennung zu Adaquater Determinismus Bearbeiten Aus der Synergie von Informationstheorie und Physik entstanden Erklarungsansatze die versuchen scheinbare Widerspruche zwischen Indeterminismus auf der mikroskopischen Ebene der Quantenteilchen und Determinismus auf der makroskopischen Ebene der Astronomie bzw des Alltagsgeschehens aufzulosen sowie auch dem freien Willen zwischen unausweichlichen Gesetzmassigkeiten Chaos und reinem Zufall eine Bedeutung zu verleihen Vor allem der Harvard Wissenschaftler Robert O Doyle 1936 propagiert dazu den Begriff des adaquaten Determinismus Dabei wird davon ausgegangen dass nicht etwa alle Information uber die Zukunft seit Anbeginn des Universums bereits vorliegt sondern objektiver Zufall auf Quantenebene fur einen bestandigen Eintrag von Information sorgt Durch einen zweistufigen Prozess Zufall plus Selektion konne dann Struktur emergieren die diesen Informationsgehalt tragt 15 Doyle sieht in dem Prozess der Kreativitat alle Handlungen die neue Information in das Universum bringt sei dies die Entstehung neuer Sterne und Galaxien oder die Komposition eines Musikstuckes 16 Durch Eintrage des quantenmechanischen Zufalls in beobachtbare makroskopische Objekte wird also Neues kreiert und Information irreversibel erzeugt und festgehalten Laut der informationstheoretischen Interpretation ist Information gleichzusetzen mit Negentropie also negativer Entropie An bestimmten Stellen sinkt durch kreative Prozesse die Entropie Es muss dabei gleichzeitig Entropie in die Umgebung abgegeben werden damit der 2 Hauptsatz der Thermodynamik unverletzt bleibt Erwin Schrodinger definiert Leben in seinem Buch Was ist Leben als etwas das negative Entropie aufnimmt und speichert Das bedeutet dass Leben etwas sei das Entropie exportiert und seine eigene Entropie niedrig halt Negentropie Import ist Entropie Export Da wir in einem expandierenden Universum leben nimmt die Menge der moglichen Zustande zu so dass gleichzeitig die Entropie wie auch die Information im Universum zunehmen kann Fachspezifischer Determinismus BearbeitenGeschichtsdeterminismus Bearbeiten Philosophen und Historiker haben kontrovers diskutiert ob es gesetzartige Zusammenhange gibt die historische Prozesse bestimmen und somit historische Entwicklung festlegen und gegebenenfalls auch eine Vorhersage der Zukunft ermoglichen 17 Hierzu konnte beispielsweise die Kulturzyklentheorie oder Oswald Spenglers Geschichtsmorphologie gezahlt werden Der Vorwurf des Historizismus wird gegen weite Bereiche der Geschichtsphilosophie erhoben z B von Karl Popper der ihn als Irrglauben bezeichnet hat Daruber hinaus hat Theodor Lessing Geschichte als Sinngebung des Sinnlosen 18 kritisiert insofern sie geschichtliche Fakten teleologisch als Resultat der Geschichte erklart Technikdeterminismus Bearbeiten Hauptartikel Technikdeterminismus Technikdeterminismus bezeichnet die Auffassung Technik determiniere den gesellschaftlichen Wandel Geodeterminismus Bearbeiten Hauptartikel Geodeterminismus Geodeterminismus auch Naturdeterminismus Umweltdeterminismus oder Okodeterminismus ist ein Forschungsansatz der Wirtschaftsraumanalyse der besagt dass die unterschiedliche Wirtschaftsentwicklung in verschiedenen Teilen der Welt in erster Linie durch die naturliche ursprungliche Ausstattung bestimmt ist Klimadeterminismus Bearbeiten Klimadeterminismus ist ein Unteraspekt des Geodeterminismus und entstammt der Historischen Klimatologie Er umfasst Deutungen und Modelle die Anderungen individueller oder gesellschaftlicher Verhaltnisse als Reaktionen auf Klimaanderungen erklaren Andere Umweltfaktoren oder soziale Einflusse werden dabei ebenso ausgeblendet wie die aktive Rolle des Menschen in der Interaktion mit seiner Umwelt Beispiele fur klimadeterministische Positionen finden sich in antiken Vorstellungen von der Bestimmung von Charakteren durch regionale Witterungsbedingungen siehe Klima Historische Geographie etwa bei Aristoteles und waren auch im 19 und 20 Jahrhundert noch verbreitet so bei Ellsworth Huntington Aristoteles begrundete eine seiner Meinung nach vorhandene Uberlegenheit der Griechen uber die Barbarenvolker mit dem in Griechenland herrschenden Klima Huntington erklarte wirtschaftliches und gesundheitliches Wohlergehen von Gesellschaften und Burgern mit dem jeweiligen Klima der Region in der sie beheimatet waren 19 Kriegsgefahren direkt auf die globale Erwarmung zuruckzufuhren ohne dabei weitere notwendige Faktoren zu berucksichtigen wird ebenfalls als deterministisch kritisiert 20 Linguistischer Determinismus Bearbeiten Hauptartikel Linguistischer Determinismus Hypothese von Benjamin Lee Whorf dass die Grammatik und der Wortschatz der Sprachen die Vorstellung der Sprachgemeinschaft von der Welt forme so dass verschiedene Sprachgemeinschaften die Welt unterschiedlich sehen und zwar umso verschiedener je mehr ihre Sprachen sich unterscheiden Biologischer Determinismus Bearbeiten Der biologische Determinismus vertritt die Auffassung dass der Mensch ausschliesslich oder uberwiegend von seiner biologischen Natur bestimmt wird und nicht von seiner sozialen bzw kulturellen Umwelt 21 Den Einfluss biologischer Faktoren sehr hoch zu bewerten wird auch als Biologismus bezeichnet als Gegenstuck zum Soziologismus bzw Kulturalismus der soziale bzw kulturelle Einflussfaktoren als primar massgeblich einstuft Entsprechend werden auch die Bezeichnungen Sozialdeterminismus und Kulturdeterminismus verwendet Genetischer Determinismus Bearbeiten Der genetische Determinismus vertritt die Uberzeugung wonach alle Lebensformen und vorgange aus der Anzahl Anordnung und dem Zusammenwirken von Genen vollstandig erklart werden konnen bzw sich die Zelle auf ein Genom reduzieren lasst 22 Logischer Determinismus Bearbeiten Der logische Determinismus fusst auf der Uberlegung dass Aussagen immer wahr oder falsch seien nie undefiniert was auch fur Aussagen uber die Zukunft gelte Wenn heute aber eine Aussage Du wirst am 1 Oktober 2525 heiraten bereits wahr oder falsch sei dann musse auch das Ereignis bereits festgelegt sein Eine verwandte Uberlegung basiert auf der Pramisse dass Gott allwissend sei Also wisse er heute schon was in der Zukunft passiere Also musse die Zukunft heute schon feststehen Theologischer Determinismus Bearbeiten Theologischer Determinismus ist die Auffassung dass Gott alle Ereignisse in der Geschichte der Welt festlegt 23 Grundlage dazu ist die Allmacht und Allwissenheit Gottes Diese Sichtweise findet sich in vielen monotheistischen Religionen einschliesslich Judentum Christentum und Islam Dies wirft zunachst die Frage auf wie die gottliche Vorherbestimmung mit Naturgesetzen zu vereinbaren ist und an welchen Stellen uberhaupt gottlicher Einflussbereich verbleibt ohne die Naturgesetze zu verletzen Das Vorherbestimmtsein der Wirklichkeit sei es durch gottliche Allmacht oder durch die Gesetzmassigkeit der Natur erzeugt ferner zahlreiche Probleme in verschiedenen religionsphilosophischen und dogmatischen Bereichen Die meisten Religionen und deren Interpreten vertreten einen Freien Willen des Menschen die theistischen Religionen lehren ihren ublichsten Interpretationen zufolge zudem die Existenz eines allwissenden und allmachtigen Gottes Einigen Philosophen und Theologen zufolge ist es erklarungsbedurftig ob und wie diese drei Thesen kompatibel sind Daruber hinaus wird diskutiert ob und wie Gottes Allmacht mit einem vollstandigen Determinismus des Naturablaufs kompatibel ist wenn Allmacht auch die Fahigkeit zu einem Eingreifen Gottes nach der Schopfung meint Eine klassische Losung besteht darin dass der ewige Gott nicht der Zeit unterliegt sondern Welt und Zeit hervorbringt und dabei auch diejenigen Ereignisse welche Menschen als Wunder oder als Ausnahme von Naturgesetzen erscheinen Nelson Pike meint dass Vorherwissen und Vorherbestimmung im Falle eines allwissenden Wesens das sich nicht irren kann enger zusammenhangen 24 Anthony Kenny weist darauf hin 25 dass Gleichzeitigkeit eine Transitive Relation sei Wenn Gottes Wirken mit jedem Augenblick gleichzeitig ist dann sind alle Ereignisse gleichzeitig Ersteres lehrt ihm zufolge Thomas von Aquin Da letzteres absurd sei musse ein solcher Gottesbegriff aufgegeben werden In monotheistischen Theologien wurden unterschiedlich starke Thesen uber die objektive oder menschlich einsichtige Planmassigkeit gottlichen Wirkens und uber das Ausmass des Bewirktwerden des Einzelnen durch Gott vertreten Eine Extremform ist die These dass uberhaupt nur einzelne Atome fur je nur einzelne Zeitmomente von Gott geschaffen werden und es weder eine fortdauernde Substanz noch stabile Naturgesetze gibt ein sogenannter Okkasionalismus der u a in einigen Schulen des arabischen Kalam vertreten wurde und mit einer starken Betonung des gottlichen Willens sog Voluntarismus einhergeht welchem gegenuber die menschliche Rationalitat und die von ihr unterstellten Stabilitaten und Gesetzmassigkeiten haltlos werden Dieser Okkasionalismus ist offensichtlich inkompatibel mit einem physikalischen Determinismus Je starker Gottes Wirken als Hervorbringung bzw Vorherbestimmung von Einzelereignissen verstanden wird desto erklarungsbedurftiger wird die Vereinbarkeit des Ubels mit dem Verstandnis der Gute Gottes das sogenannte Theodizeeproblem Wenn es einen durchgangigen Determinismus gabe waren alle menschlichen Handlungen auch die bosen mittelbar auf Gott zuruckzufuhren Dieser konnte von Menschen nicht die Vermeidung des Bosen fordern und ware sogar selbst nicht vollkommen gut Da sich nach den Argumenten der naturlichen Theologie jedoch Gott als existent und vollkommen gut zeigen lasst kann es keine vollstandige Determination der Welt geben Weitere theologische Problembereiche sind die Diskussion uber eine Vorherbestimmung Pradestination einzelner Individuen zu ihrem jeweiligen endzeitlichen Heil bzw zur Moglichkeit uberhaupt religios zu glauben oder Gnadengaben zu erwerben Freier Wille Bearbeiten Hauptartikel Freier Wille Die Vereinbarkeit von Determinismus und Willensfreiheit wird unter anderem in der Philosophie des Geistes nach wie vor kontrovers debattiert Zahlreiche Philosophen vertreten die Auffassung dass sich Determinismus und Willensfreiheit ausschliessen Inkompatibilismus Entweder bei einer deterministischen Deutung der Wirklichkeit sei die Willensfreiheit eine Illusion harter Determinismus oder aber Willensfreiheit sei real die Wirklichkeit dann aber nicht deterministisch Libertarismus Die Gegenthese lautet dass auch dann wenn die Wirklichkeit deterministisch sei Willensfreiheit real sein konne Kompatibilismus oder weicher Determinismus Ein Inkompatibilist halt also wenn er die Willensfreiheit fur real halt den Determinismus fur falsch bzw umgekehrt Beide Positionen wurden und werden von Inkompatibilisten vertreten nbsp Die verschiedenen Positionen bezuglich Determinismus und WillensfreiheitEine inkompatibilistische Position wird zumeist begrundet durch die Verteidigung einer Reduzierbarkeit mentaler Zustande auf naturliche bzw physikalische Zustande Denn wenn ein mentaler Zustand identisch ist mit einem Zustand der mit Termini deterministischer physikalischer Theorien beschrieben wird dann sind auch mentale Zustande und insbesondere willentliche Entscheidungen determiniert Einen solchen Reduktionismus oder eine Nichtexistenz des Geistigen siehe Materialismus und Eliminativismus vertreten insbesondere Theoretiker die grundsatzlich argumentieren dass es uberhaupt nur naturliche Objekte gibt sogenannte Naturalisten Es wird oft vertreten dass die Zufalligkeit thermodynamischer oder quantenmechanischer Prozesse irrelevant ist fur die Frage ob Willensfreiheit moglich sei Dies wird damit begrundet dass unser Freiheitsbegriff eine durch Grunde selbstbestimmte Entscheidung meint und keine durch Zufall bestimmte Ereignisabfolge Auch die theologische Annahme eines Vorherbestimmtseins aller Ereignisse durch Gott theologischer Determinismus wirft fur einige Theoretiker Probleme fur die Realitat eines freien Willens auf siehe oben Begriffliche Abgrenzung BearbeitenDie philosophischen Positionen Fatalismus und Pradestination zeichnen sich ebenfalls durch Vorherbestimmung aus Im Detail ist die Besonderheit des Determinismus die Kausalitat also dass der Zustand eines isolierten Systems zur Zeit t dt durch seinen Zustand zur Zeit t determiniert ist Bei Fatalismus und Pradestination wird von einem offenen System ausgegangen dessen zukunftiger Zustand durch den ausseren Eingriff des Schicksals determiniert wird und nicht durch den aktuellen Zustand Fatalismus und Pradestination unterscheiden sich untereinander wiederum dadurch dass hypothetische Gotter im Fatalismus ebenfalls dem Schicksal unterworfen sind und in der Pradestination das Schicksal durch einen hypothetischen freien Willen steuern Vertreter BearbeitenJohn Earman 1942 Alfred Jules Ayer 1910 1989 Albert Einstein 1879 1955 Max Planck 1858 1947 John Stuart Mill 1806 1873 Pierre Simon Laplace 1749 1827 Paul Henri Thiry d Holbach 1723 1789 David Hume 1711 1776 Julien Offray de La Mettrie 1709 1751 John Locke 1632 1704 Baruch de Spinoza 1632 1677 Thomas Hobbes 1588 1679 Nicolai Hartmann 1882 1950 Literatur BearbeitenPhilosophie des Geistes und praktische Philosophie Fur Literatur zum Problem des Freien Willens siehe dort Ted Honderich Wie frei sind wir Das Determinismus Problem Reclam Stuttgart 1995 ISBN 3 15 009356 2 Ted Honderich Determinism and Freedom In Encyclopedia of Philosophy Band 3 S 24 29 Ulrich Pothast Hrsg Seminar Freies Handeln und Determinismus 2 Auflage Suhrkamp Frankfurt am Main 1988 ISBN 3 518 27857 6 Klimadeterminismus P Aufenvenne Klimadeterminismus und Geographie Uber Wahrnehmungen und Interpretationen des Klimawandels heute Jena 2011 Sozialgeographische Manuskripte Lehrstuhl fur Sozialgeographie der Universitat Jena Bd 11 Nico Stehr Hans von Storch Ist der Klimadeterminismus nur noch Ideengeschichte oder relevanter Faktor gegenwartiger Klimapolitik Naturphilosophie und Wissenschaftstheorie Jeremy Butterfield Determinism and Indeterminism In Routledge Encyclopedia of Philosophy Routledge London 1998 Robert C Bishop Determinism and Indeterminism In Encyclopedia of Philosophy Band 3 S 29 35 David Bohm Causality and Chance in Modern Physics Routledge amp Kegan Paul London 1957 Mario Bunge Kausalitat Geschichte und Probleme Mohr Tubingen 1987 John Earman A Primer on Determinism Reidel Dordrecht 1986 Klaus Mainzer Determinismus In Jurgen Mittelstrass Hrsg Enzyklopadie Philosophie und Wissenschaftstheorie 2 Auflage 2005 S 167 169 Brigitte Falkenburg Mythos Determinismus Wieviel erklart uns die Hirnforschung Springer 2012 Religionsphilosophie Shams Inati Determinism Theological In Encyclopedia of Philosophy Band 3 S 23 f Ideengeschichte W H Dray Determinism in History In Encyclopedia of Philosophy Band 3 S 35 41 Richard Taylor Determinism A Historical Suvey of In Encyclopedia of Philosophy Band 3 S 4 23 Sozialwissenschaften Kultur und Geschichtsphilosophie Ernest Nagel Determinism in History In Philosophy and Phenomenological Research 20 1960 S 291 317 Alan Donagan Social Science and Historical Antinomianism In Revue Internationale de Philosophie 11 1957 S 433 449 Siehe auch BearbeitenDeterminismus Algorithmus Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Determinismus Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Carl Hoefer Causal Determinism In Edward N Zalta Hrsg Stanford Encyclopedia of Philosophy Leigh Vicens Theological Determinism In J Fieser B Dowden Hrsg Internet Encyclopedia of Philosophy Robert M Kingdon Determinism in Theology im Dictionary of the History of Ideas Bernard Berofsky Free Will and Determinism im Dictionary of the History of Ideas Alan Donagan Determinism in History im Dictionary of the History of IdeasEinzelnachweise Bearbeiten Stefan Jordan Christian Nimtz Hrsg Lexikon Philosophie Reclam Stuttgart 2009 ISBN 978 3 15 010711 9 S 63 William James The Dilemma of Determinism In The Will to Believe and other essays in the popular philosophy Dover New York 1956 S 149 rci rutgers edu PDF Paul Edwards Determinism In Paul Edwards Hrsg Encyclopedia of philosophy Macmillan London 1967 Terminologie nach Wolfgang Detel Grundkurs Philosophie Band 2 Metaphysik und Naturphilosophie Reclam Stuttgart 2007 Universal Bibliothek 18469 ISBN 978 3 15 018468 4 S 76 H Thomas T Leiber Determinismus und Chaos in der Physik In K Mainzer W Schirmacher Hrsg Quanten Chaos und Damonen Erkenntnistheoretische Aspekte der modernen Physik Mannheim B I Wissenschaftsverlag 1994 S 148 ff Walter Seifritz Wachstum Ruckkopplung und Chaos eine Einfuhrung in die Theorie der Nichtlinearitat und des Chaos Hanser Munchen 1987 ISBN 3 446 15105 2 S 85 John C Sommerer The End of Classical Determinism Band 16 Nr 4 John Hopkins APL Technical Digest 1994 S 333 347 jhuapl edu PDF John D Norton Causation as Folk Science Philosopher s Imprint 2003 John D Norton The Dome An Unexpectedly Simple Failure of Determinism Band 75 Nr 5 Philosophy of Science 2006 personal lse ac uk PDF Edward N Zalta Editor The Stanford Encyclopedia of Philosophy Stanford Universitat 2016 plato stanford edu vgl Kapitel 4 1 Classical mechanics Edward N Zalta Editor The Stanford Encyclopedia of Philosophy Stanford Universitat 2016 stanford edu vgl Kapitel 4 4 Quantum mechanics Stephen Hawking Leonard Mlodinow Der grosse Entwurf Rowohlt 2010 ISBN 978 3 499 62301 1 S 71 Kevin Donnelly Adolphe Quetelet Social Physics and the Average Men of Science 1796 1874 Routledge 2015 Theodore M Porter Probability and Statistics Encyclopaedia Britannica 2016 britannica com Robert O Doyle The Cogito Model The Information Philosopher Robert O Doyle Adequate or Statistical Determinism The Information Philosopher Vgl W H Dray Determinism in History In Encyclopedia of Philosophy Band 3 S 35 41 Geschichte als Sinngebung des Sinnlosen 1919 bzw Reinicke Verlag Leipzig 1927 Neudruck Matthes amp Seitz Munchen 1983 ISBN 3 88221 219 5 archive org Franz Mauelshagen Klimageschichte der Neuzeit Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 2010 ISBN 978 3 534 21024 4 S 21 Idean Salehyan From Climate Change to Conflict No Consensus Yet In Journal of Peace Research Band 45 Mai 2008 doi 10 1177 0022343308088812 Abstract Hartwig Hanser Hrsg 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