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Die statistische Physik ist ein Zweig der Physik der Methoden der Wahrscheinlichkeitstheorie fur die Beschreibung physikalischer Systeme verwendet Damit kann die statistische Physik Aussagen uber die Eigenschaften und das Verhalten eines grossen zusammengesetzten Systems machen ohne das Verhalten jedes seiner Teile im Einzelnen zu verfolgen Typische Aussagen der statistischen Physik haben den Charakter von Wahrscheinlichkeiten die aber mit steigender Anzahl der Teile des Systems immer mehr zu Gewissheiten werden Die statistische Physik beschaftigt sich hauptsachlich damit das physikalische Verhalten von Vielteilchensystemen wie Festkorper Flussigkeiten und Gase aus den Eigenschaften der Atome und Molekule heraus zu erklaren Anwendung finden ihre Methoden auch bei vielen Fragen anderer Natur und Ingenieurwissenschaften wie Biologie Chemie Neurowissenschaft Verfahrenstechnik sowie in den Sozial Wirtschafts und Sprachwissenschaften siehe Soziophysik Okonophysik Statistische Linguistik Die statistische Physik ist eine fundamentale physikalische Theorie Sie geht fur die Bewegung der einzelnen Teilchen von den einfachsten Gesetzen aus und kann mithilfe von wenigen zusatzlichen physikalischen Hypothesen u a die Gesetze der Thermodynamik ableiten und begrunden aber auch die statistischen Schwankungen um einen stationaren Gleichgewichtszustand Derzeit noch offene Fragen betreffen vor allem die irreversiblen Prozesse etwa die Berechnung von Transportkoeffizienten aus mikroskopischen Eigenschaften Die statistische Mechanik und die statistische Quantenmechanik sind Teilgebiete der statistischen Physik Inhaltsverzeichnis 1 Grundlagen 1 1 Allgemeines 1 2 Statistische Begrundung der Thermodynamik 1 3 Grundannahmen der statistischen Behandlung 1 4 Stabiler Gleichgewichtszustand 2 Quantenstatistik ununterscheidbarer Teilchen 3 Verbundene Systeme Gleichgewichte Ensembles 3 1 Allgemeines 3 2 System mit vielen Teilchen 3 3 System mit wenigen Teilchen 4 Geschichte 5 Anmerkungen 6 Literatur 7 EinzelnachweiseGrundlagen BearbeitenAllgemeines Bearbeiten Statistische Zusammenhange konnen in der Physik uberall dort formuliert werden wo bei einem Gesamtsystem eine beobachtbare physikalische Grosse von den momentanen Zustanden vieler seiner Teilsysteme abhangig ist diese aber nicht genauer bekannt sind Beispielsweise sind in 1 Liter Wasser etwa 3 3 10 25 3 3 cdot 10 25 Wassermolekule enthalten Um das Fliessen von 1 Liter Wasser in einem Rohr zu beschreiben ware es unpraktikabel die Wege aller 33 000 000 000 000 000 000 000 000 Wassermolekule einzeln auf atomarer Ebene verfolgen zu wollen Es reicht aus das Verhalten des Systems im Grossen nachzuvollziehen Grundlegend ist der Ansatz dass die Teilsysteme sich im Rahmen ihrer individuellen Moglichkeiten in beliebiger Weise verhalten konnen Dabei konnte das Gesamtsystem im Prinzip auch eine bestimmte Kombination von makroskopischen Werten erhalten die allen bisherigen Beobachtungen widerspricht dies erweist sich aber als derartig unwahrscheinlich dass man es vernunftigerweise ausschliessen muss Ein Beispiel ware dass sich in einem Liter Luft alle Molekule spontan in einer Halfte des Volumens versammeln was sich im Durchschnitt einmal zeigen wurde wenn man nacheinander 10 1022 mal nachschaut Es ist bei solchen Systemen praktisch unmoglich die momentanen Zustande aller Teilsysteme im Detail zu ermitteln um daraus auf die Werte der beobachtbaren Grossen oder das weitere Verhalten des Gesamtsystems zu schliessen zumal sich diese Zustande auch viel schneller verandern als die am Gesamtsystem beobachtbaren Grossen Es stellt sich heraus dass Kenntnisse der Details aller Teilsysteme oft auch gar nicht benotigt werden will man praktikable Aussagen uber das Verhalten des Gesamtsystems gewinnen Auf der Grundlage weniger allerdings nicht weiter beweisbarer Grundannahmen stellt die statistische Physik Begriffe und Methoden zur Verfugung mit denen aus den bekannten Gesetzen fur das Verhalten der Teilsysteme bis hinab zu den einzelnen Teilchen oder Quanten Aussagen uber das System im Ganzen getroffen werden konnen Statistische Begrundung der Thermodynamik Bearbeiten Die Begriffe und Gesetze der klassischen Thermodynamik wurden im 18 und 19 Jahrhundert zunachst auf phanomenologischem Weg an makroskopischen Systemen gewonnen vornehmlich an solchen im Zustand des Gleichgewichts oder nicht weit davon entfernt Sie lassen sich mit der statistischen Physik heutzutage auf die Eigenschaften und das Verhalten ihrer kleinsten Teilchen meist Atome oder Molekule zuruckfuhren Fur jeden durch makroskopische Werte definierten Zustand des Systems als Makrozustand bezeichnet gibt es dabei immer sehr viele Moglichkeiten den einzelnen Teilchen gerade solche Zustande zu geben dass sie zusammen genommen die vorgegebenen makroskopischen Werte des Systems hervorbringen Anm 1 Die genaue Verteilung der Teilchen auf ihre einzelnen Zustande heisst Mikrozustand und zu jedem Makrozustand gehort eine bestimmte Menge von Mikrozustanden Da die Teilchen in Bewegung sind und systeminterne Wechselwirkungsprozesse durchmachen bleibt im Allgemeinen kein Mikrozustand zeitlich erhalten Er verandert sich mikroskopisch gesehen zwar deterministisch das Ergebnis kann aber nur mit Wahrscheinlichkeit vorhergesagt werden Wenn nun der Makrozustand ein zeitlich stabiler Gleichgewichtszustand des makroskopischen Systems sein soll heisst das dass der Mikrozustand nicht aus der Menge der zu diesem Makrozustand gehorigen Mikrozustande hinauswandert Die thermodynamischen Zustandsgleichungen also die Gesetze uber den stabilen Gleichgewichtszustand eines makroskopischen Systems konnen nun so hergeleitet werden Man ermittelt zu einem fiktiv angenommenen Makrozustand des Systems die jeweilige Menge der zugehorigen Mikrozustande Um den Gleichgewichtszustand zu erhalten bestimmt man diese Menge fur verschiedene Makrozustande und wahlt darunter diejenige Menge aus die sich als Ganzes im Laufe der Zeit durch die systeminternen Prozesse nicht oder nur mit der minimal moglichen Wahrscheinlichkeit andert Das Auswahlkriterium ist dabei denkbar einfach Man wahlt aus den Mengen die Grosste aus Bei einem beliebigen anderen Makrozustand der kein Gleichgewichtszustand ist fuhren die Veranderungen des Mikrozustands durch systeminterne Prozesse zu allmahlichen Veranderungen von makroskopischen Grossen also auch zu anderen Makrozustanden In solchem Fall kann die statistische Physik fur viele physikalische Systeme erklaren warum diese makroskopische Veranderung als Relaxation in Richtung des Gleichgewichts verlauft und wie schnell sie vor sich geht Zusatzlich zeigt diese statistische Betrachtung dass der Zustand des thermodynamischen Gleichgewichts nur bei makroskopischer Betrachtung stabil ist bei mikroskopischer Betrachtung aber im zeitlichen Ablauf Fluktuationen aufweisen muss Diese Fluktuationen sind real werden aber relativ gesehen immer unbedeutender je grosser das betrachtete System ist Bei typischen makroskopischen Systemen sind sie um viele Grossenordnungen geringer als die erreichbare Messgenauigkeit und daher fur die meisten Anwendungsfalle der Thermodynamik irrelevant Mit solchen Aussagen geht die statistische Physik uber die klassische Thermodynamik hinaus und erlaubt deren Geltungsbereich quantitativ einzugrenzen Die Fluktuationen erklaren etwa Erscheinungen wie die Kritische Opaleszenz und die schon seit Anfang des 19 Jahrhunderts bekannte Brownsche Bewegung Genauere Messungen an solchen Fluktuationen wurden Anfang des 20 Jahrhunderts an mesoskopischen Systemen durchgefuhrt Dass diese Messergebnisse auch quantitativ den Vorhersagen der statistischen Physik entsprachen trug erheblich zu ihrem Durchbruch und damit der Akzeptanz der Atomhypothese bei Es war auch die Betrachtung solcher Fluktuationen durch die Max Planck zu seiner Strahlungsformel und Albert Einstein zur Lichtquantenhypothese gefuhrt wurden wodurch die Quantenphysik begrundet wurde Grundannahmen der statistischen Behandlung Bearbeiten Ausgangspunkt ist der Mikrozustand eines grossen physikalischen Systems Im Bereich der klassischen Physik ist er durch die Angabe der momentanen Orte und Impulse aller seiner Teilchen also mikroskopisch gegeben im vieldimensionalen Phasenraum des Systems besetzt er einen einzigen Punkt Gemass der allgemeinen Darstellung im vorigen Abschnitt wird ein Mass fur die Grosse einer Teilmenge des Phasenraums benotigt In der klassischen Physik bilden die Punkte der einzelnen Mikrozustande im Phasenraum ein Kontinuum Da man die Punkte darin nicht abzahlen kann ist das nachstliegende Mass durch das Volumen der Teilmenge gegeben Dazu kann man sich den Phasenraum in kleine Volumenelemente aufgeteilt denken die jeweils gleiche Mengen einander sehr ahnlicher Zustande enthalten Falls das Volumenelement nur einen Zustand enthalten soll spricht man von Phasenraumzelle Im Bereich der Quantenphysik ist der Mikrozustand durch einen reinen quantenmechanischen Zustand des Vielteilchensystems gegeben wie er z B durch einen Projektionsoperator auf einen 1 dimensionalen Unterraum des Hilbertraums des gesamten Systems definiert ist oder durch einen normierten Vektor daraus reprasentiert wird Der Hilbertraum ist hier auch der Phasenraum Als Mass fur eine Teilmenge von Zustanden dient falls die Basis abzahlbar ist die Dimension des betreffenden Unterraums des Hilbertraums Im Laufe der Zeit wandert der Punkt bzw der Zustandsvektor der den momentanen Mikrozustand des Systems angibt in dem Phasenraum umher etwa weil Orte und Geschwindigkeiten der Teilchen standig variieren bzw einzelne Teilchen von einem Energieniveau in ein anderes wechseln Alle makroskopischen Variablen des Systems wie Volumen Energie aber auch solche wie Massenmittelpunkt dessen Geschwindigkeit etc sind aus den Daten des gerade vorliegenden Mikrozustands berechenbar wenn diese denn vollstandig bekannt waren In einem Makrozustand des Systems dem Ausgangspunkt der makroskopischen Thermodynamik sind nur diese makroskopischen Werte gegeben Ein Makrozustand ob im Gleichgewicht oder nicht wird durch eine bestimmte Menge vieler verschiedener Mikrozustande realisiert Welcher von ihnen zu einem bestimmten Zeitpunkt vorliegt wird als Zufall behandelt denn es ist praktisch unmoglich diesen vorher zu bestimmen Um die Wahrscheinlichkeit fur diese ganze Menge von Mikrozustanden berechnen zu konnen ist nach den Regeln der Wahrscheinlichkeitstheorie eine Grundannahme zur a priori Wahrscheinlichkeit notig mit der ein bestimmter einzelner Mikrozustand vorliegt Diese lautet Grundannahme zur a priori Wahrscheinlichkeit In einem abgeschlossenen System haben alle erreichbaren Mikrozustande die gleiche a priori Wahrscheinlichkeit Bilden die Mikrozustande ein Kontinuum wird diese Annahme nicht auf einen einzelnen Punkt des Phasenraums bezogen sondern auf ein Volumenelement mit Mikrozustanden die hinreichend genau zum selben Makrozustand gehoren Die a priori Wahrscheinlichkeit ist proportional zur Grosse des Volumenelements Beweisen lasst sich diese Grundannahme nicht aber mittels der von Boltzmann aufgestellten Ergodenhypothese verstandlich machen Es wird angenommen dass fur ein abgeschlossenes System der Punkt des jeweiligen Mikrozustands im Phasenraum des Systems in der Weise umherwandert dass er jeden einzelnen Mikrozustand mit gleicher Haufigkeit erreicht bzw ihm beliebig nahe kommt Die Wahl des Volumenelements als Mass fur die Wahrscheinlichkeit bedeutet anschaulich dass nicht nur die Mikrozustande sondern auch ihre Trajektorien den Phasenraum mit konstanter Dichte fullen Da der Phasenraum alle uberhaupt moglichen Mikrozustande des Systems umfasst bilden diejenigen Mikrozustande die zu einem gegebenen Makrozustand gehoren darin eine Teilmenge Das Volumen dieser Teilmenge ist das gesuchte Mass fur die Wahrscheinlichkeit dass das System sich gerade in diesem gegebenen Makrozustand befindet Oft wird dieses Volumen als die zum vorgegebenen Makrozustand gehorige Anzahl der moglichen Zustande bezeichnet obwohl es sich in der klassischen Physik nicht um eine reine Zahl handelt sondern um eine Grosse mit einer Dimension die durch eine mit der Teilchenzahl zunehmende Potenz der Wirkung gegeben ist Weil von diesem Phasenraumvolumen in den statistischen Formeln fur thermodynamische Grossen der Logarithmus benotigt wird muss man es noch zu einer reinen Zahl umwandeln indem man es auf die Phasenraumzelle bezieht Berechnet man auf diese Weise die Entropie eines idealen Gases zeigt sich durch Anpassung an die Messwerte dass die Phasenraumzelle pro Teilchen und pro Freiheitsgrad seiner Bewegung gerade so gross ist wie das Plancksche Wirkungsquantum h h Damit erhalt man fur die Zahl die die Wahrscheinlichkeit angibt typischerweise sehr grosse Werte weshalb sie im Unterschied zur mathematischen Wahrscheinlichkeit auch als thermodynamische Wahrscheinlichkeit bezeichnet wird In der Quantenstatistik tritt an die Stelle des Volumens die Dimension des betreffenden Unterraums des Hilbertraums Auch ausserhalb der statistischen Physik benutzt man in manchen quantenmechanischen Berechnungen des Phasenraumvolumens die Naherung die Grosse erst auf klassische Weise durch Integration zu ermitteln und das Ergebnis durch eine entsprechende Potenz des Wirkungsquantums zu dividieren Alle interessierenden makroskopischen Werte kann man als Mittelwert der Dichteverteilung der Mikrozustande im Phasenraum berechnen Stabiler Gleichgewichtszustand Bearbeiten Einen in mikroskopischer Hinsicht stabilen Gleichgewichtszustand kann es nicht geben Anm 1 Die beste Annaherung wird bei vorgegebenen makroskopischen Werten der Systemvariablen durch denjenigen Makrozustand erreicht der die grosstmogliche Wahrscheinlichkeit besitzt Der Erfolg der statistischen Physik beruht ganz wesentlich darauf dass dieses Kriterium den Makrozustand mit ausserordentlicher Scharfe festlegt wenn das System aus hinreichend vielen Teilsystemen besteht vgl das Gesetz der grossen Zahl Alle anderen Zustande verlieren schon bei geringen Abweichungen so extrem an Wahrscheinlichkeit dass ihr Vorkommen vernachlassigt werden kann Ein Beispiel das diesen Umstand verdeutlicht Welche raumliche Dichteverteilung ist bei den Molekulen eines klassischen Gases die wahrscheinlichste Wenn sich N N Molekule im Volumen V V befinden von dem ein kleiner Teil r V displaystyle rV 0 r 1 displaystyle 0 leq r ll 1 betrachtet wird gibt es N n r n 1 r N n displaystyle tbinom N n r n 1 r N n Moglichkeiten die Molekule so zu verteilen dass sich n n Molekule im Volumenteil r V displaystyle rV befinden und N n displaystyle N n im Volumentail 1 r V displaystyle 1 r V Binomialverteilung Wenn die n n Molekule hinsichtlich aller anderen Merkmale ihrer Zustande die gleiche Verteilung wie die ubrigen N n displaystyle N n haben ist diese Formel schon ein Mass fur die Anzahl der Zustande Diese Binomialverteilung hat den Erwartungswert n r N displaystyle langle n rangle rN und dort ein Maximum mit der relativen Breite s r e l 1 n displaystyle sigma mathrm rel sqrt 1 langle n rangle Bei z B V 1 l displaystyle V 1 mathrm l normaler Luft N 3 10 22 displaystyle N 3 cdot 10 22 und r V 1 m m 3 displaystyle rV 1 mathrm mm 3 folgt n 3 10 16 displaystyle langle n rangle 3 cdot 10 16 und s r e l 0 6 10 8 displaystyle sigma mathrm rel 0 6 cdot 10 8 Beim wahrscheinlichsten Makrozustand entspricht also in etwa 2 3 der Zeit die raumliche Dichte im mm Massstab dem Durchschnittswert besser als mit 8 stelliger Genauigkeit Grossere relative Abweichungen treten auch auf aber bspw mehr als D N N 3 10 8 displaystyle Delta N N 3 cdot 10 8 nur in etwa 10 6 der Zeit siehe Normalverteilung Quantenstatistik ununterscheidbarer Teilchen BearbeitenDas statistische Gewicht eines Makrozustands hangt stark davon ab ob bei den zugehorigen Mikrozustanden alle diejenigen einzeln mitzahlen die sich nur durch die Vertauschung von zwei Teilchen der physikalisch gleichen Art unterscheiden Wenn dem so ware enthielte die Formel fur die Entropie in der statistischen Mechanik einen Summanden der nicht additiv in der Teilchenzahl und deshalb falsch ist Dieses Problem wurde als Gibbssches Paradoxon bekannt Dies Paradoxon lasst sich hilfsweise durch eine Zusatzregel zur Zahlweise nach Boltzmann beseitigen Vertauschungen gleicher Teilchen sind nicht mitzuzahlen Die nahere Begrundung hierfur konnte erst durch die Quantenmechanik identischer Teilchen erfolgen Danach ist ausserdem bei ununterscheidbaren Teilchen grundlegend zu unterscheiden ob ihr Spin ganzzahlig ist Teilchentyp Boson oder halbzahlig Teilchentyp Fermion Bei Fermionen tritt namlich zusatzlich die weitere Gesetzmassigkeit auf dass derselbe Einteilchen Zustand nicht von mehr als einem Teilchen besetzt werden kann wahrend bei Bosonen diese Zahl beliebig gross sein kann Bei Beachtung dieser Regeln entstehen aus der einheitlichen klassischen oder Boltzmannschen Statistik die Fermi Dirac Statistik fur gleichartige Fermionen und die Bose Einstein Statistik fur gleichartige Bosonen Beide Statistiken zeigen bei tiefen Temperaturen die Warmestrahlung bei jeder Temperatur die Leitungselektronen im Metall auch schon bei Raumtemperatur gravierende Unterschiede sowohl untereinander als auch gegenuber der klassischen Statistik im Verhalten von Systemen mit mehreren identischen Teilchen und das bei jeder Teilchenzahl Verbundene Systeme Gleichgewichte Ensembles BearbeitenAllgemeines Bearbeiten Wichtig sind weiterhin Aussagen fur ein nicht abgeschlossenes System das mit seiner Umgebung Energie Teilchen Volumen oder auch eine andere physikalische Grosse austauschen kann Um die oben beschriebenen Methoden einsetzen zu konnen wird auch die Umgebung als ein System betrachtet B das mit dem interessierenden System A zusammen ein Gesamtsystem A B bildet welches nun als abgeschlossen vorausgesetzt wird Das Umgebungssystem B wird dabei haufig als Reservoir bezeichnet bei Energieaustausch auch als Warmebad Die ausgetauschten Grossen sollen Erhaltungsgrossen sein ihre Gesamtmenge bleibt also konstant Zu einem Makrozustand des Gesamtsystems gehort dann eine bestimmte Menge von Mikrozustanden die jeweils Paare von Mikrozustanden von System A und Reservoir B sind In jedem Paar konnen die dem Austausch unterliegenden Erhaltungsgrossen anders aufgeteilt sein aber immer so dass die fur das Gesamtsystem vorgegebenen Werte gewahrleistet sind Diejenige Aufteilung bei der die Anzahl der Paare am grossten ist bestimmt den thermodynamischen Gleichgewichtszustand des Gesamtsystems A B Dieser ist ein wohldefinierter Makrozustand des Gesamtsystems Nicht so die Menge der Mikrozustande des betrachteten Systems A die in den zum Gleichgewicht von A B gehorigen Paaren vorkommen Sie reprasentieren verschiedene Makrozustande des Systems A denn sie konnen sich in makroskopischen Grossen des Systems A unterscheiden namlich in Energie Teilchenzahl etc je nach Art des betrachteten Austauschs Fur das Reservoir B wird angenommen dass aus so vielen Teilchen besteht und in einem solchen Zustand ist dass seine Eigenschaften durch den Austausch mit dem System A nicht merklich verandert werden Die Menge derjenigen Mikrozustande des Systems A die im stationaren Gleichgewichtszustand des Gesamtsystems vorkommen wird als Ensemble oder Gesamtheit bezeichnet Speziell wird die Gesamtheit der Mikrozustande eines abgeschlossenen Systems im Gleichgewichtszustand als mikrokanonisches Ensemble bezeichnet Anm 2 bei einem System mit Energieaustausch mit der Umgebung als kanonisches Ensemble und bei einem System mit Energie und Teilchenaustausch als makrokanonisches oder grosskanonisches Ensemble Fur jeden einzelnen Mikrozustand p q p q des Systems A gibt eine Funktion r p q displaystyle rho p q bzw bei quantenmechanischer Berechnung der Erwartungswert eines Dichteoperators r hat rho die Haufigkeit an mit der der Mikrozustand im Ensemble vorkommt Bei einem System aus klassischen Teilchen bedeutet Argument p q p q eine komplette Liste der kanonischen Koordinaten q q 1 q 2 displaystyle q q 1 q 2 ldots und konjugierten Impulse p p 1 p 2 displaystyle p p 1 p 2 ldots In quantenmechanischer Berechnung ist r hat rho durch eine Matrix gegeben deren Zeilen und Spaltenindizes alle Mikrozustande das Systems A durchlaufen Diese Funktion wird als Dichtefunktion oder Dichteverteilung Verteilungsfunktion des Ensembles bezeichnet die Matrix als seine Dichtematrix Die Bestimmung solcher Dichtefunktionen oder Dichtematrizen fur konkrete thermodynamische Ensembles ist eine zentrale Aufgabe der statistischen Physik Die allgemeine Losung ist Die gesuchte Haufigkeit des Gleichgewichtszustands von A ist gerade gleich der Wahrscheinlichkeit das Reservoir B in einem passenden Makrozustand zu finden so dass System und Reservoir zusammen die festen Werten der makroskopischen Variablen des Gesamtsystems A B ergeben Diese Wahrscheinlichkeit ist also gleich der Anzahl der moglichen Mikrozustande die das Reservoir in seinem Phasenraum dabei haben kann Bei einer etwas anderen Darstellung dieser Zusammenhange die auch haufig in Lehrbuchern anzutreffen ist wird das Ensemble als eine grosse Menge von Kopien des Systems A beschrieben deren jede mit der Umgebung B denselben Gleichgewichtszustand des Gesamtsystems A B bildet und wobei unter den Kopien jeder der betreffenden Mikrozustande von A mit einer der Wahrscheinlichkeit entsprechenden Haufigkeit vertreten ist Wenn man das Ensemble auf diese Weise interpretiert ergeben sich die gesuchten zeitliche Mittelwerte eines Systems A nicht aus der zeitlichen Mittelung der Entwicklung dieses Systems sondern aus den Scharmittelwerten uber alle im Ensemble vorkommenden Kopien von A Denn nach der Ergodenhypothese muss das System im Laufe der Zeit alle Mikrozustande des Ensembles mit einer durch die Dichtefunktion gegebenen Wahrscheinlichkeit also in einem entsprechenden Bruchteil der Zeit einnehmen Das wird als Scharmittelwert Zeitmittelwert zusammengefasst und auch des Ofteren als Ergodenhypothese bezeichnet System mit vielen Teilchen Bearbeiten Besteht auch das System A aus einer genugend grossen Anzahl Teilchen stellt sich fur den Gleichgewichtszustand des Gesamtsystems A B heraus dass nur ein extrem kleiner Bereich eng benachbarter Makrozustande von A die Mikrozustande beisteuert die zum Gleichgewichtszustand den weitaus grossten Anteil aller Paare bilden Der einzelne Makrozustand des Systems A der mit seinen Mikrozustanden den grossten Einzelbeitrag dazu leistet wird als derjenige Makrozustand bezeichnet in dem das System A mit seiner Umgebung B im Gleichgewicht steht Der erwahnte Bereich eng benachbarter Makrozustande ist der Bereich der haufigen Fluktuationen des Systems A um den Zustand des Gleichgewichts mit der Umgebung B Auf diese Weise gelangt die statistische Physik zu unabhangigen grundlegenden Deutungen der Grossen wie Temperatur chemisches Potential etc mit denen in der makroskopischen Thermodynamik die Gleichgewichtszustande gekoppelter Systeme charakterisiert werden Sie sind Beispiele fur Zustandsgrossen Die Temperatur ist derjenige Parameter der zwischen zwei Systemen ubereinstimmen muss damit Gleichgewicht hinsichtlich des Austauschs von Energie herrscht Das chemische Potential hat die gleiche Bedeutung fur den Teilchenaustausch Der Druck hat die gleiche Bedeutung fur die Ausdehnung des einen Systems auf Kosten des anderen System mit wenigen Teilchen Bearbeiten Die vorstehend dargestellten Zusammenhange gelten mit einer Ausnahme auch fur kleine Systeme bis hinab zu einzelnen Teilchen die mit ihrer Umgebung einen Zustand des thermodynamischen Gleichgewichts bilden also z B fur jedes der einzelnen Teilchen eines grossen Systems Das Teilchen ist dann das System A der Rest die Umgebung B Das System kann sogar auch durch nur einen einzelnen Freiheitsgrad der Teilchen gegeben sein Die erwahnte Ausnahme bezieht sich auf die Aussage dass die zum Gleichgewicht des Gesamtsystems gehorigen Mikrozustande des Systems A eng benachbart zu einem bestimmten Makrozustand von A liegen und dass die Wahrscheinlichkeit fur grossere Abweichungen schnell vernachlassigbar klein wird Die Verteilung ist fur grosse wie kleine Systeme A durch den universell gultigen Boltzmann Faktor e E k B T displaystyle mathrm e E k mathrm B T gegeben k B k mathrm B ist die Boltzmannkonstante T T die absolute Temperatur des Gleichgewichtszustands und E E die Energie des betreffenden Mikrozustands von A Bei grossen Systemen nun ist der Energiemassstab k B T k mathrm B T des Boltzmann Faktors meist vernachlassigbar klein gegen die Anregungsenergien des Systems im interessierenden Bereich er charakterisiert die Grosse der thermischen Fluktuationen Bei einem genugend kleinen System hingegen haben solche Anderungen der Energie erhebliche Auswirkungen auf das Verhalten Daher verteilen sich die Mikrozustande eines kleinen Systems A z B mit nur einem oder wenigen Teilchen starker uber den ganzen interessierenden und zuganglichen Teil des Phasenraums wenn es Teil eines grossen im Gleichgewichtszustand befindlichen Systems A B ist Ein augenfalliges Beispiel hierfur ist die Dichteverteilung der Luft Das System A wird hierbei durch die Hohenkoordinate eines beliebig herausgegriffenen Molekuls gebildet und der Boltzmann Faktor mit dessen potentieller Energie im Schwerefeld liefert die Barometrische Hohenformel Betrachtet man statt einzelner Molekule grossere Teilchen ist deren potentielle Energie massgeblich und die Hohenverteilung schrumpft umgekehrt proportional zur Masse im Fall makroskopischer Korper so weit dass man uberhaupt nicht mehr von einer Hohenverteilung sprechen muss Dieses Ergebnis wird haufig bei grossen Vielteilchensystemen angewandt um die tatsachliche Verteilung der einzelnen Teilchen auf ihre moglichen Einzelteilchenzustande oder Energieniveaus zu bestimmen Auf Feinheiten und verschiedene Verwendungen des Ensemble Begriffs braucht dabei keine Rucksicht genommen zu werden denn schon ein einzelnes System mit einer grossen Anzahl gleicher Teilchen verkorpert bereits ein ganzes Ensemble physikalisch gleicher Systeme A B wo System A ein beliebiges herausgegriffenes Teilchen darstellt und System B der jeweils physikalisch gleiche Rest ist Geschichte BearbeitenDie statistische Physik hat sich aus der mechanischen Theorie der Warme entwickelt die im 17 und 18 Jahrhundert von Francis Bacon und Robert Boyle vorgeschlagen wurde Als erste einschlagige Anwendung der mechanischen Gesetze veroffentlichte Daniel Bernoulli 1738 eine rein mechanische Erklarung fur das Gesetz von Boyle und Mariotte Er interpretierte darin den Druck P P eines Gases als zeitlich gemittelten Impulsubertrag an die Wand pro Flache und Zeit und berechnete wie hoch dieser Wert aufgrund von elastischen Stosse der Gasmolekule durchschnittlich ist Der so berechnete Druck erweist sich als proportional zur Masse m m zum Quadrat der Geschwindigkeit v v und zur Anzahldichte N V N V der Teilchen Daraus folgt P V m v 2 displaystyle PV propto m v 2 Uber die allgemeine Gasgleichung ergibt sich sofort eine mechanische Deutung fur die absolute Temperatur Sie gibt in einem eigenen Massstab einfach die durchschnittliche kinetische Energie der Teilchen an Diese Deutung der Temperatur gilt in Strenge nur fur das ideale Gas Sie hat sich aber weit verbreitet und ist auch Grundlage der seit 2019 geltenden Definition der Temperatureinheit K Kelvin durch Bezug zur Energieeinheit J Joule Im weiteren Verlauf entwickelten Michail Wassiljewitsch Lomonossow Georges Louis Le Sage John Herapath und John James Waterston aus Bernoullis Ansatz heraus die Anfange der Kinetischen Gastheorie die jedoch weitgehend ignoriert wurden Erst ab 1860 fand die kinetische Gastheorie durch die Arbeiten von Rudolf Clausius James Clerk Maxwell und Ludwig Boltzmann breitere Anerkennung Maxwell berechnete 1860 die Geschwindigkeitsverteilung der Molekule im Gas und fuhrte damit den Begriff der Verteilungsfunktion ein Boltzmann konnte 1872 durch sein H Theorem zeigen dass sich alle anderen Verteilungen durch statistisch unkorrelierte Stosse der Teilchen allmahlich der Maxwell Verteilung annahern Daraus ergab sich eine rein mechanische Deutung des Gesetzes vom irreversiblen Anwachsen der Entropie also des 2 Hauptsatzes der Thermodynamik Boltzmann publizierte 1884 auch die fur das statistische Gleichgewicht grundlegende Vorstellung ein Gleichgewichtszustand sei durch eine bestimmte Eigenschaft der Verteilungsfunktion ausgezeichnet 1 Daraus entwickelte Josiah Willard Gibbs um 1900 die Begriffe der thermodynamischen Ensembles Zugleich wurde die Haufigkeitsverteilung von Fluktuationen intensiver untersucht was Max Planck zu seiner Strahlungsformel fuhrte und Albert Einstein zur Erklarung der Brownschen Bewegung sowie zur Quantenstruktur des Lichts Alle drei Entdeckungen sind Meilensteine auf dem Weg in die Moderne Physik Gleichzeitig wurde die statistische Mechanik aber auch heftig bestritten sogar noch bis ins 20 Jahrhundert hinein u a durch die bedeutenden Naturwissenschaftler Ernst Mach und Wilhelm Ostwald da diese Theorie vollstandig von der damals noch als Hypothese betrachteten Existenz der Atome oder Molekule abhangt In den 1920er Jahren wurden u a von Enrico Fermi und wiederum Einstein die beiden Typen der Quantenstatistik ununterscheidbarer Teilchen entdeckt die durch ihre Unterschiede zur klassischen Boltzmannschen Statistik wesentliche Eigenschaften der Materie erklaren Seit der Verfugbarkeit von Computern werden Transportprobleme und andere Fragen der statistischen Physik auch zunehmend durch direkte Berechnung mittels Monte Carlo Methoden oder Molekulardynamiksimulationen gelost siehe nebenstehende Grafik Simulation eines Random Walk in zwei Dimensionen mit 229 Schritten und einer zufalligen Schrittweite aus dem Intervall 0 5 0 5 fur x und y RichtungAnmerkungen Bearbeiten a b Ausnahme der Makrozustand am absoluten Minimum der Energie Hier kann es sein dass nur ein einziger Mikrozustand moglich ist Manche Darstellungen lassen ein infinitesimales Energieintervall zu Literatur BearbeitenKlaus Stierstadt Thermodynamik Von der Mikrophysik zur Makrophysik Springer Verlag 2010 ISBN 978 3 642 05097 8 e ISBN 978 3 642 05098 5 DOI 10 1007 978 3 642 05098 5 Wolfgang Nolting Statistische Physik Grundkurs Theoretische Physik Band 6 5 Auflage Springer Verlag 2007 Friedrich Hund Geschichte der physikalischen Begriffe Teil 2 B I Hochschultaschenbucher 544 2 Richard Becker Theorie der Warme Heidelberger Taschenbucher photomechanischer Nachdruck der ber Auflage Springer Verlag Berlin Heidelberg New York 1966 Gerd Wedler Hans Joachim Freund Lehrbuch der Physikalischen Chemie 6 Auflage Wiley VCH Weinheim 2012 ISBN 978 3 527 32909 0 4 Die statistische Theorie der Materie 5 Transporterscheinungen 6 Kinetik vor allem Anwendungen in der Chemie Hermann Haken Synergetik Eine Einfuhrung Nichtsgleichgewichts Phasenubergange und Selbstorganisation in Physik Chemie und Biologie 2 Auflage Springer Berlin 1983 ISBN 3 540 12597 3 besonders Nicht Gleichgewichts Prozesse auch Beispiele aus Chemie Biologie und stochastische Prozesse in Soziologie und Wirtschaftswissenschaften Einzelnachweise Bearbeiten Carlo Cercignani Boltzmanns Vermachtnis In Physik Journal Band 5 2006 S 47 51 online abgerufen am 15 April 2020 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Statistische Physik amp oldid 231850140