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Die Quantenstatistik wendet zur Untersuchung makroskopischer Systeme die Methoden und Begriffe der klassischen statistischen Physik an und berucksichtigt zusatzlich die quantenmechanischen Besonderheiten im Verhalten der Teilchen Sie geht davon aus dass sich das System in einem Zustand befindet der nur durch makroskopische Grossen bestimmt ist aber durch eine grosse Anzahl verschiedener nicht naher bekannter Mikrozustande realisiert sein kann Jedoch wird das Abzahlen der verschiedenen moglichen Mikrozustande dahin gehend abgeandert dass das Vertauschen zweier gleicher Teilchen keinen verschiedenen Mikrozustand hervorbringt Damit wird dem besonderen Charakter der Ununterscheidbarkeit identischer Teilchen Rechnung getragen Ausserdem werden fur die Energien der Zustande einzelner Teilchen nur die quantenmechanisch moglichen Werte zugelassen Wie die Quantenmechanik berucksichtigt auch die Quantenstatistik die folgende doppelte Unkenntnis 1 Kennt man den Zustand eines Systems genau liegt also ein reiner Zustand vor und ist dieser kein Eigenzustand der Observablen so kann man den Messwert einer Einzelmessung dennoch nicht exakt vorhersagen Kennt man den Zustand des Systems nicht genau so muss von einem gemischten Zustand ausgegangen werden Inhaltsverzeichnis 1 Erklarung 1 1 Ununterscheidbare Teilchen 2 Bosonen und Fermionen 2 1 Allgemeines 2 2 Zusammenhang mit dem Drehverhalten der Wellenfunktion 2 3 Statistik idealer Quantengase 3 Zentrale Anwendungen 4 Siehe auch 5 Literatur 6 Einzelnachweise und FussnotenErklarung BearbeitenLiegt das System in einem Zustand vor der durch einen Vektor ps displaystyle psi rangle nbsp des Hilbertraums oder durch eine Wellenfunktion ps displaystyle psi nbsp gegeben ist spricht man von einem reinen Zustand In Analogie zum klassischen Ensemble werden meist Ensembles verschiedener reiner Zustande ps n displaystyle psi n rangle nbsp betrachtet die Zustandsgemische auch semantisch weniger prazise als gemischten Zustande bezeichnet Diese werden beschrieben durch den Dichteoperator auch statistischer Operator Zustandsoperator oder Dichtematrix genannt r n p n ps n ps n displaystyle rho sum n p n psi n rangle langle psi n nbsp Er beschreibt mit welchen reellen Wahrscheinlichkeiten p n displaystyle p n nbsp sich das System in den einzelnen reinen Zustanden befindet Die Uberlagerung ist inkoharent Dies druckt sich darin aus dass der Dichteoperator von Phasenbeziehungen zwischen den Zustanden ps n displaystyle psi n rangle nbsp unabhangig ist Etwaige komplexe Phasenfaktoren die sich bei koharenter Uberlagerung auswirken wurden heben sich in den Projektionsoperatoren P n ps n ps n displaystyle hat P n psi n rangle langle psi n nbsp heraus Eine Folge ist dass Vorgange bei denen Koharenz wichtig ist z B Quantencomputing oder Quantenkryptographie nicht leicht im Rahmen der Quantenstatistik beschrieben werden konnen bzw durch thermodynamische Effekte erschwert werden Ununterscheidbare Teilchen Bearbeiten Fur die Quantenstatistik ist die Existenz identischer Teilchen wichtig Das sind Quantenobjekte die sich durch keine Messung unterscheiden lassen d h der fur die Quantenphysik grundlegende Hamiltonoperator des Systems siehe z B Mathematische Struktur der Quantenmechanik muss symmetrisch in den Teilchenvariablen sein z B in den Orts und Spinfreiheitsgraden des einzelnen Teilchens Die Vielteilchen Wellenfunktion ps 1 2 N displaystyle psi 1 2 ldots N nbsp muss also unter Vertauschung bis auf einen Faktor vom Betrag 1 2 gleich bleiben jeder Operator A displaystyle A nbsp einer Observable kommutiert mit jeder Permutation P displaystyle P nbsp der identischen Teilchen A P 0 displaystyle left A P right 0 nbsp Da jede Permutation aus Transpositionen t i j displaystyle tau ij nbsp zusammengesetzt werden kann und t i j 2 1 displaystyle tau ij 2 1 nbsp gilt ist es sinnvoll nur total symmetrische t i j 1 displaystyle tau ij 1 nbsp oder total antisymmetrische t i j 1 displaystyle tau ij 1 nbsp Vielteilchenzustande zu betrachten t i j i j j i i j displaystyle tau ij ldots i ldots j ldots rangle ldots j ldots i ldots rangle pm ldots i ldots j ldots rangle nbsp Mit anderen Worten fur symmetrische Vielteilchenzustande identischer Teilchen bleibt bei Vertauschen zweier beliebiger Teilchen das Vorzeichen der Gesamtwellenfunktion erhalten bei antisymmetrischen Vielteilchenzustanden wechselt es Das Experiment zeigt dass die Natur tatsachlich nur solche Zustande realisiert was am Fehlen von Austauschentartung erkennbar ist Man bezeichnet diese Tatsache auch als Symmetrisierungspostulat Bosonen und Fermionen BearbeitenAllgemeines Bearbeiten Die Wahrscheinlichkeiten p displaystyle p nbsp mit denen ein Vielteilchensystem auf seine einzelnen reinen Zustande verteilt ist beschreibt fur Bosonen die Bose Einstein Statistik und fur Fermionen die Fermi Dirac Statistik Dabei sind Bosonen Teilchen mit ganzzahligem Fermionen mit halbzahligem Spin jeweils gemessen in Einheiten von ℏ h 2 p displaystyle hbar h 2 pi nbsp mit dem Wirkungsquantum h displaystyle h nbsp Ausserdem ist die Wellenfunktion der Bosonen symmetrisch und diejenige der Fermionen antisymmetrisch Diese Verknupfung des Teilchenspins mit der Symmetrie der Wellenfunktion bzw dem Vorzeichen der Wellenfunktion bei Vertauschung zweier Teilchen wird als Spin Statistik Theorem bezeichnet Es wurde von Wolfgang Pauli aus allgemeinen Prinzipien der relativistischen Quantenfeldtheorie bewiesen In zwei Dimensionen ist auch ein Phasenfaktor e i ϕ displaystyle e i phi nbsp bei Vertauschung denkbar diese Teilchen werden Anyonen genannt bisher aber nicht beobachtet Bei Anyonen konnen rationale Zahlen fur den Spin auftreten Beispiele fur quantenstatistische Effekte d h Effekte bei denen die Vertauschungseigenschaften der Gesamtwellenfunktion eine entscheidende Rolle spielen sind fur Bosonen Bose Einstein Kondensation Supraleitfahigkeit Cooper Paare als Bosonen Suprafluiditat Hohlraumstrahlung schwarzer Korper fur Fermionen Warmekapazitat von Festkorpern Banderstruktur von Metallen und Halbleitern Widerstand von weissen Zwergen und Neutronensternen gegenuber der Eigengravitation Zusammenhang mit dem Drehverhalten der Wellenfunktion Bearbeiten Auch das Drehverhalten der Wellenfunktion ist in diesem Zusammenhang interessant bei einer raumlichen Drehung um 360 andert sich die Wellenfunktion ps 1 2 N displaystyle psi 1 2 ldots N nbsp fur Fermionen nur um 180 ps 1 2 N e i 2 p ps 1 2 N ps 1 2 N displaystyle psi 1 2 ldots N mapsto e i2 pi psi 1 2 ldots N psi 1 2 ldots N nbsp wahrend sie sich fur Bosonen reproduziert ps 1 2 N e i 2 p ps 1 2 N ps 1 2 N displaystyle psi 1 2 ldots N mapsto e i2 pi psi 1 2 ldots N psi 1 2 ldots N nbsp Durch eine solche 360 Drehung kann die Vertauschung zweier Teilchen erfolgen Teilchen 1 bewegt sich zum Ort 2 z B auf der oberen Halfte einer Kreislinie wahrend Teilchen 2 sich zum leer gewordenen Ort von 1 auf der unteren Halbkreislinie bewegt um ein Zusammentreffen zu vermeiden Das Ergebnis der Permutationsgleichung passt also zum ungewohnlichen Drehverhalten fermionischer Wellenfunktionen mathematische Struktur siehe Doppelgruppe SU 2 zur gewohnlichen Drehgruppe SO 3 Statistik idealer Quantengase Bearbeiten Zur Herleitung der Statistik idealer Quantengase betrachten wir ein System im grosskanonischen Ensemble d h das betrachtete System sei an ein Warmebad und an ein Teilchenreservoir angekoppelt Die grosskanonische Zustandssumme ist dann gegeben durch Z G T r e b H m N displaystyle Z G mathrm Tr e beta hat H mu hat N nbsp wobei T r displaystyle mathrm Tr nbsp die Spurbildung H displaystyle hat H nbsp der Hamilton Operator und N displaystyle hat N nbsp der Teilchenzahloperator ist Die Spur lasst sich am einfachsten mit gemeinsamen Eigenzustanden zu beiden Operatoren ausfuhren Dies erfullen die sog Fockzustande n 1 n 2 n n displaystyle n 1 n 2 ldots n nu ldots rangle nbsp Dabei ist n n displaystyle n nu nbsp die Besetzungszahl des n displaystyle nu nbsp ten Eigenzustands Dann schreibt sich die Zustandssumme als Z G N E e b E m N displaystyle Z G sum N sum E e beta E mu N nbsp Dabei hangt die Energie E displaystyle E nbsp von der Gesamtteilchenanzahl N S n n n displaystyle N Sigma nu n nu nbsp und der Besetzung der jeweiligen Eigenzustande ab Der n displaystyle nu nbsp te Eigenzustand habe die Energie e n displaystyle varepsilon nu nbsp Dann bedeutet eine n n displaystyle n nu nbsp fache Besetzung des n displaystyle nu nbsp ten Eigenzustandes einen Energiebeitrag von E n n n e n displaystyle E nu n nu varepsilon nu nbsp und Gesamtenergie E displaystyle E nbsp von E N S n E n displaystyle E N Sigma nu E nu nbsp Somit lautet die Zustandssumme Z G N 0 n n I S n n n N e b n e n m n n N 0 n n I S n n n N n e b e n m n n displaystyle begin aligned Z G amp sum N 0 infty sum n nu in I Sigma nu n nu N e beta sum nu varepsilon nu mu n nu amp sum N 0 infty sum n nu in I Sigma nu n nu N prod nu e beta varepsilon nu mu n nu end aligned nbsp Die zweite Summe lauft uber alle moglichen Besetzungszahlen n n I displaystyle n nu in I nbsp I 0 1 displaystyle I 0 1 nbsp fur Fermionen bzw I N 0 displaystyle I mathbb N 0 nbsp fur Bosonen deren Summe stets die Gesamtteilchenzahl N displaystyle N nbsp ergibt Da zusatzlich uber alle Gesamtteilchenzahlen N displaystyle N nbsp summiert wird kann man beide Summen zusammenfassen indem die Beschrankung in der zweiten Summe aufgehoben wird Z G n n n I e b e n m n n displaystyle Z G prod nu sum n nu in I e beta varepsilon nu mu n nu nbsp Die Summe lasst sich fur die beiden Teilchensorten auswerten Fur Fermionen erhalt man Z G n n n 0 1 e b e n m n n n 1 e b e n m displaystyle Z G prod nu sum n nu 0 1 e beta varepsilon nu mu n nu prod nu left 1 e beta varepsilon nu mu right nbsp und fur Bosonen Z G n n n 0 e b e n m n n n n n 0 e b e n m n n n 1 1 e b e n m w e n n b e n m gt 0 displaystyle begin aligned Z G amp prod nu sum n nu 0 infty e beta varepsilon nu mu n nu prod nu sum n nu 0 infty left e beta varepsilon nu mu right n nu amp prod nu frac 1 1 e beta varepsilon nu mu quad mathrm wenn quad beta varepsilon nu mu gt 0 end aligned nbsp wobei im letzten Schritt die Konvergenz der geometrischen Reihe gefordert wurde Mit Kenntnis der grosskanonischen Zustandssumme lasst sich auch das grosskanonische Potential F T V m 1 b ln Z G displaystyle Phi T V mu equiv frac 1 beta ln Z G nbsp angeben Damit lassen sich die thermodynamischen Grossen Entropie S displaystyle S nbsp Druck p displaystyle p nbsp und Teilchenzahl N displaystyle N nbsp bzw jeweils die mittleren Grossen erhalten S p N T V m F T V m displaystyle begin pmatrix S p N end pmatrix begin pmatrix partial T partial V partial mu end pmatrix Phi T V mu nbsp Wir interessieren uns hier fur die mittlere Besetzungszahl n j displaystyle langle n j rangle nbsp des j displaystyle j nbsp ten Zustandes Unter Ausnutzung der Relation e n e j d n j displaystyle partial varepsilon nu partial varepsilon j delta nu j nbsp mit dem Kronecker Delta d n j displaystyle delta nu j nbsp erhalt man n j 1 Z G n n n I n j e b e n m n n 1 Z G 1 b e j n n n I e b e n m n n Z G 1 b e j ln Z G displaystyle begin aligned langle n j rangle amp frac 1 Z G prod nu sum n nu in I n j e beta varepsilon nu mu n nu amp frac 1 Z G left frac 1 beta frac partial partial varepsilon j right underbrace prod nu sum n nu in I e beta varepsilon nu mu n nu Z G amp frac 1 beta frac partial partial varepsilon j ln Z G end aligned nbsp Das ergibt fur Fermionen die Fermi Dirac Verteilung n j 1 b e j n ln 1 e b e n m e b e j m 1 e b e j m 1 e b e j m 1 displaystyle begin aligned langle n j rangle amp frac 1 beta frac partial partial varepsilon j sum nu ln left 1 e beta varepsilon nu mu right frac e beta varepsilon j mu 1 e beta varepsilon j mu amp frac 1 e beta varepsilon j mu 1 end aligned nbsp und fur Bosonen die Bose Einstein Verteilung n j 1 b e j n ln 1 1 e b e n m e b e j m 1 e b e j m 1 e b e j m 1 displaystyle begin aligned langle n j rangle amp frac 1 beta frac partial partial varepsilon j sum nu ln frac 1 1 e beta varepsilon nu mu frac e beta varepsilon j mu 1 e beta varepsilon j mu amp frac 1 e beta varepsilon j mu 1 end aligned nbsp Zentrale Anwendungen BearbeitenDer Formalismus berucksichtigt sowohl die thermodynamischen als auch die quantenmechanischen Phanomene Der gerade behandelte Unterschied zwischen Fermionen und Bosonen ist dabei wesentlich So sind z B die quantisierten Schallwellen die sog Phononen Bosonen wahrend die Elektronen Fermionen sind Die betreffenden Elementaranregungen liefern in festen Korpern ganz unterschiedliche Beitrage zur spezifischen Warme der Phononenbeitrag hat eine charakteristische Temperaturabhangigkeit T 3 displaystyle propto T 3 nbsp wahrend sich der Elektronenbeitrag T 1 displaystyle propto T 1 nbsp verhalt also bei hinreichend tiefen Temperaturen in allen Festkorpern in denen beide Anregungen auftreten z B in Metallen stets der dominierende Beitrag ist Fur diese und ahnliche Probleme kann man oft auch Methoden der Quantenfeldtheorie anwenden z B Feynman Diagramme Auch die Theorie der Supraleitung kann man so behandeln Siehe auch BearbeitenQuantentomographieLiteratur BearbeitenW Nolting Grundkurs Theoretische Physik Band 7 Viel Teilchen Theorie Springer Berlin ISBN 9783540241171 W Nolting Grundkurs Theoretische Physik Band 6 Statistische Physik Springer Berlin ISBN 9783540688709 N W Ashcroft D N Mermin Festkorperphysik Oldenbourg Wissensch Vlg ISBN 9783486577204 U Krey A Owen Basic Theoretical Physics A Concise Overview einbandig part 4 Springer Berlin ISBN 978 3 540 36804 5 Einzelnachweise und Fussnoten Bearbeiten Wolfgang Nolting Grundkurs Theoretische Physik 6 Statistische Physik Springer 2007 ISBN 3540688714 S 101 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Wegen der Erhaltung der Wahrscheinlichkeit die durch ps 2 displaystyle psi 2 nbsp ausgedruckt wird Normdaten Sachbegriff GND 4047991 2 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Quantenstatistik amp oldid 235638623