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Die Viele Welten Interpretation VWI von englisch many worlds interpretation Abk MWI ist in der Physik eine Interpretation der Quantenmechanik Sie geht ursprunglich auf den US amerikanischen Physiker Hugh Everett III zuruck und grenzt sich in ihrem grundlegenden Ansatz deutlich von der traditionellen Kopenhagener Deutung Bohr Heisenberg ab 1 Andere Namen sind Everett Interpretation EWG Interpretation Everett Wheeler Graham Theorie der universellen Wellenfunktion Viele Vergangenheiten Interpretation Viele Welten Theorie oder schlicht Viele Welten Es gibt auch heute noch ein grosses Interesse an dieser Interpretation und auch unterschiedliche Auffassungen wie ihr Bezug zur Realitat zu verstehen ist 2 Everett postulierte im Jahre 1957 relative quantenmechanische Zustande Der US Physiker Bryce DeWitt verbreitete diesen Ansatz dann in den 1960er und 1970er Jahren unter Viele Welten und bezeichnete damit die unterschiedlichen moglichen Zustande des Quantensystems nach einer Messung 3 Die VWI enthalt keinen Kollaps der Wellenfunktion und erklart dessen subjektives Erscheinen mit dem Mechanismus der Quanten Dekoharenz was die physikalischen Paradoxa der Quantentheorie wie das EPR Paradoxon und das Schrodingers Katze Paradoxon auflost da jedes mogliche Ergebnis jedes Ereignisses in seiner eigenen Welt realisiert ist Inhaltsverzeichnis 1 Motivation und grundlegende Konzepte 2 Rezeption 3 Formaler Zugang 3 1 Grundlegende Bemerkungen 3 2 Relative Zustande 3 3 Der Beobachtungsprozess 4 Beispiel 5 Kritik 5 1 Ontologie 5 2 Determinismusproblem 5 3 Basisproblem 5 4 Metaphysikeinwand 6 Siehe auch 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseMotivation und grundlegende Konzepte BearbeitenDie Kopenhagener Interpretation galt zu Everetts Zeiten als die vorherrschende Lehrmeinung Viele Physiker sahen jedoch einen Widerspruch zwischen der deterministischen Zeitentwicklung eines quantenphysikalischen Zustandes nach der kontinuierlichen Schrodingergleichung und der Forderung nach einem probabilistischen und instantanen Kollaps der Wellenfunktion im Augenblick einer Messung vgl auch Postulate der Quantenmechanik Damit sieht die Kopenhagener Interpretation zwei komplementare Dynamiken Zum einen die reversible und deterministische Entwicklung des Zustandes in einem unbeobachteten System zum anderen eine sprunghafte irreversible und nichtlokale Anderung des Zustandes bei einer Messung Die Begrunder der Kopenhagener Interpretation rechtfertigten dies mit der Notwendigkeit von klassischen Begriffen die eine Unterteilung des Gesamtsystems in klassischen und quantenmechanischen Bereich unausweichlich macht Nur wenn ein Messergebnis mit klassischen Begriffen beschreibbar ist kann das Messergebnis als eindeutiges und irreversibel eingetretenes Ereignis Faktum gelten Everetts Motivation war es vornehmlich das Kollapspostulat sowie die Wahrscheinlichkeitsinterpretation aus den anderen Axiomen abzuleiten Er zielte auf eine Vereinfachung der Axiomatik der Quantenmechanik Er wollte dadurch auch eine Moglichkeit der internen Anwendung der Quantenmechanik also eine Anwendung des Formalismus auf ein rein quantenmechanisches System geben 1 Dies ist in der Kopenhagener Interpretation aufgrund der Unterteilung in klassische und quantenmechanische Bereiche nicht moglich Diese Fragestellung war insbesondere fur die Entwicklung einer konsistenten Theorie der Quantengravitation von grossem Interesse Ein oft zitiertes Beispiel fur eine solche interne Anwendung ist die Formulierung einer Wellenfunktion des Universums also die Beschreibung eines rein quantenmechanischen Universums ohne aussenstehenden Beobachter In seinem ursprunglichen Artikel Relative State Formulation of Quantum Mechanics von 1957 1 zielt Everett darauf ab die Quantenmechanik nur von der deterministischen Entwicklung eines Zustandes gemass der Schrodingergleichung zu rekonstruieren er verzichtet also auf ein Kollapspostulat und versucht den Messvorgang nur unter Benutzung der Schrodingergleichung zu beschreiben Er legt dabei Wert darauf dass der Wellenfunktion keine a priori Interpretation zukommt diese musse erst aus der Korrespondenz mit der Erfahrung gewonnen werden Der Rahmen der Interpretation sei allerdings durch die Theorie bestimmt Everett betont dass auch eine Beschreibung des Beobachters im Rahmen der Theorie notwendig sei Everett entwickelte zunachst das Konzept der relativen Zustande von zusammengesetzten Systemen Kommt es zu Wechselwirkungen zwischen Teilen des Systems so sind die Zustande dieser Teile nicht mehr unabhangig voneinander sondern auf eine bestimmte Art und Weise korreliert Unter diesem Gesichtspunkt behandelt er auch die Messung an einem Quantensystem Den Beobachter definiert Everett dabei durch ein beliebiges Objekt mit der Fahigkeit sich an das Ergebnis der Messung zu erinnern Dies bedeutet dass sich der Zustand des Beobachters durch das Ergebnis der Messung verandert Die Messung wird somit lediglich als spezielle Art der Interaktion zweier Quantensysteme behandelt Sie ist damit anders als in einigen anderen Interpretationen nicht von den Axiomen her ausgezeichnet Indem er die relativen Zustande des Beobachters zum beobachteten System formal im Sinne der dynamischen Entwicklung der Schrodingergleichung analysiert ist Everett in der Lage einige Axiome der Kopenhagener Interpretation zu reproduzieren allerdings ohne einen Kollaps der Wellenfunktion Stattdessen verzweigt die Wellenfunktion einschliesslich der Beobachter in verschiedene Auspragungen die einander uberlagert sind und nicht miteinander interagieren konnen Diese Zweige sind es die Bryce DeWitt spater als die namensgebenden vielen Welten bezeichnet wobei die vielen Welten allerdings keine raumlich getrennten Welten sondern getrennte Zustande im jeweiligen Zustandsraum sind Everett selber sprach von relativen Zustanden seine Interpretation bezeichnete er ursprunglich als Correlation Interpretation und dann als Relative State Formulation Er verstand diese als Metatheorie zur Quantenmechanik Rezeption BearbeitenUnter Anleitung seines Doktorvaters John Archibald Wheeler veroffentlichte Everett eine verkurzte Version seiner Dissertation The Theory of the Universal Wave Function unter dem Titel Relative State Formulation of Quantum Mechanics im Fachmagazin Reviews of Modern Physics Vorausgegangen waren unter anderem Gesprache mit einem der Begrunder der Kopenhagener Interpretation Niels Bohr der sich ablehnend gegenuber Everetts Arbeit ausserte Daraufhin pochte Wheeler selbst Schuler von Bohr auf eine Neufassung die vor allem die scharfe Kritik Everetts an der Kopenhagener Interpretation verkurzte Obgleich den meisten fuhrenden Physikern Everetts Arbeit bekannt war wurde seine Formulierung in der folgenden Dekade nahezu ignoriert Frustriert und unverstanden zog sich Everett schliesslich aus der Physik zuruck und widmete sich der militarpolitischen Beratung des Pentagons in Fragen des Nukleareinsatzes 4 Im Jahre 1970 veroffentlichte der amerikanische Physiker Bryce DeWitt in Physics Today einen Aufsatz mit dem Titel Quantum mechanics and reality der die Everett sche Interpretation aufgriff und neu zur Diskussion stellte In diesem Aufsatz fuhrte er auch den Begriff Many Worlds Interpretation ein 3 In den Folgejahren gewann die Viele Welten Interpretation stark an Popularitat was auch auf die Entwicklung der Dekoharenztheorie zuruckzufuhren ist Diese geht ebenfalls von einer moglichst weitreichenden Gultigkeit der Schrodingergleichung aus was dem Konzept der Kopenhagener Interpretation zuwiderlauft 5 Auch im Bereich der Quantenkosmologie und Quantengravitation erfreute sich der Everett sche Ansatz wachsender Beliebtheit da er bisher die einzige Interpretation war in der es uberhaupt sinnvoll war von einem Quantenuniversum zu sprechen 6 Die Idee der universellen Wellenfunktion wurde ebenfalls von einer Reihe von Physikern aufgenommen und weiterentwickelt unter anderen Wheeler und DeWitt bei der Entwicklung der Wheeler DeWitt Gleichung der Quantengravitation 6 sowie James Hartle und Stephen W Hawking Hartle Hawking Randbedingung fur eine universelle Wellenfunktion 7 Die Viele Welten Interpretation entwickelte sich aus einem Nischendasein zu einer popularen Interpretation zu deren grundlegendem Ansatz sich viele der fuhrenden Physiker des spaten 20 Jahrhunderts bekannten u a Murray Gell Mann 8 Stephen W Hawking 9 Steven Weinberg 10 11 Es wurde auch versucht das Konzept der Viele Welten Interpretation weiterzuentwickeln Daraus entstand beispielsweise die Consistent Histories Interpretation die versuchte das Grundkonzept von Everetts Ansatz die universelle Gultigkeit der Schrodingergleichung weiterzufuhren allerdings ohne die Existenz vieler Welten Neben der traditionellen Kopenhagener Interpretation gibt es auch heute noch ein starkes Interesse an der Viele Welten Interpretation obgleich Einwande weiterhin kontrovers diskutiert werden 2 Es finden sich viele Befurworter insbesondere im Bereich der Quantenkosmologie und der in den 1980er und 1990er Jahren entwickelten Quanteninformation Zu den bekannteren Vertretern der Viele Welten Interpretation gehoren der israelische Physiker David Deutsch und der deutsche Physiker Dieter Zeh einer der Begrunder der Dekoharenztheorie Nach Zeh besteht aus empirischer Sicht ein Vorzug der VWI darin dass sie die a priori sehr unwahrscheinliche Feinabstimmung der Naturkonstanten die Leben im Universum erst moglich gemacht hat plausibel erklaren konne ohne auf ein starkes zielgerichtetes anthropisches Prinzip zuruckgreifen zu mussen das an den Plan eines intelligenten Schopfergottes erinnere und damit religios gefarbt und nicht naturwissenschaftlich sei Intelligent Design Nach der VWI ist die Tatsache dass unser Zweig des Multiversums trotz der extrem geringen Wahrscheinlichkeit intelligentes Leben ermoglicht hat einfach nur darauf zuruckzufuhren dass in vielen der unzahligen anderen Zweigen des Everett schen Multiversums die diese Voraussetzungen nicht bieten keine intelligenten Lebewesen existieren die sich diese Frage uberhaupt stellen konnen Wir leben also deshalb in einer lebensfreundlichen Welt weil wir uns in den vielen lebensfeindlichen Welten die es demnach ebenso gibt nicht hatten entwickeln konnen schwaches anthropisches Prinzip 12 Widerstand gegen die VWI kommt vor allem von Physikern welche die Quantenmechanik lediglich als Rechenanleitung im mikroskopischen Bereich sehen und ihr keine ontologische Bedeutung zusprechen oder diese fur irrelevant erachten Shut up and calculate Ein bekannter Vertreter dieser Position ist der deutsche Nobelpreistrager Theodor Hansch 13 Formaler Zugang BearbeitenGrundlegende Bemerkungen Bearbeiten Die Viele Welten Interpretation bezieht sich im Wesentlichen auf ein Postulat 14 Jedes isolierte System entwickelt sich gemass der Schrodingergleichung i ℏ t ps H ps displaystyle mathrm i hbar frac partial partial t psi rangle hat H psi rangle nbsp Insbesondere mit dem Weglassen der Reduktion des Zustandsvektors ergeben sich aus diesem Postulat zwei wichtige Folgerungen Da das Universum als Ganzes per definitionem ein isoliertes System ist entwickelt sich auch dieses gemass der Schrodingergleichung Messungen konnen keine eindeutigen Ergebnisse haben Stattdessen sind die unterschiedlichen Messergebnisse auch in unterschiedlichen Realitatszweigen Welten realisiert vgl Beispiel Ein wichtiger Vorteil der VWI ist somit dass sie im Gegensatz zur Kopenhagener Interpretation a priori keine Unterscheidung von klassischen und quantenmechanischen Zustanden kennt Diese ergibt sich erst aus der Berechnung von Dekoharenzzeiten bei einer sehr kleinen Dekoharenzzeit kann ein System als quasiklassisch betrachtet werden Rein formal ist allerdings in der VWI jedes System zunachst ein Quantensystem Relative Zustande Bearbeiten Everett entwickelte seinen Ansatz zunachst von einem Konzept der relativen Zustande die er wie folgt einfuhrte Ein Gesamtsystem S displaystyle S nbsp bestehe aus zwei Teilsystemen S 1 displaystyle S 1 nbsp und S 2 displaystyle S 2 nbsp der Hilbertraum des Gesamtsystems H displaystyle mathcal H nbsp ist das Tensorprodukt der Hilbertraume der beiden Teilsysteme S displaystyle S nbsp sei in einem reinen Zustand PS displaystyle Psi rangle nbsp dann gibt es zu jedem Zustand X displaystyle X rangle nbsp von S 1 displaystyle S 1 nbsp einen relativen Zustand Y displaystyle Y rangle nbsp von S 2 displaystyle S 2 nbsp Damit lasst sich der Zustand des Gesamtsystems als PS i j a i j X i Y j displaystyle Psi rangle sum i j alpha ij X i rangle Y j rangle nbsp schreiben wobei X i displaystyle X i rangle nbsp und Y j displaystyle Y j rangle nbsp Basen der Teilsysteme sind Fur beliebige X k displaystyle X k rangle nbsp lasst sich nun ein relativer Zustand im Bezug auf das Gesamtsystem folgendermassen konstruieren PS X k r e l N k j a k j Y j displaystyle Psi X k mathrm rel rangle N k sum j alpha kj Y j rangle nbsp wobei N k displaystyle N k nbsp eine Normierungskonstante ist Dieser Zustand des Systems ist unabhangig von der Wahl der Basis X k displaystyle X k rangle nbsp Es gilt ausserdem PS k 1 N k X k PS X k r e l k j a k j X k Y j displaystyle Psi rangle sum k frac 1 N k X k rangle Psi X k rel rangle sum k sum j alpha kj X k rangle Y j rangle nbsp Somit ist es offensichtlich sinnlos den Teilsystemen bestimmte unabhangige Zustande zuzuordnen Es ist nur moglich einem Teilsystem einen relativen Zustand bezuglich eines bestimmten Zustandes des anderen Teilsystems zuzuordnen Die Zustande der Teilsysteme sind somit korreliert Daraus folgt eine fundamentale Relativitat der Zustande bei der Betrachtung zusammengesetzter Systeme Einfache zusammengesetzte Systeme sind beispielsweise verschrankte Systeme wie bei Experimenten zur Verletzung der Bellschen Ungleichung In diesem Fall kommen beide Spinkomponenten als Basis infrage Es ist erst moglich eine sinnvolle Aussage uber den Zustand eines Teilsystems zu machen wenn der Zustand des anderen Systems feststeht Dadurch ist es auch nicht sinnvoll von einer absoluten Zerlegung des Zustands des Gesamtsystems nach Zustanden der beiden Teilsysteme zu sprechen sondern nur von einer relativen Zerlegung bezuglich eines bestimmten Zustandes der beiden Teilsysteme Der Beobachtungsprozess Bearbeiten Der Beobachter mit den o g Eigenschaften wird durch einen Zustandsvektor PS a b c B displaystyle Psi a b c dots B nbsp beschrieben wobei a b c displaystyle a b c dots nbsp die Ereignisse sind die der Beobachter bisher registriert hat Everett untersuchte mehrere Falle von Beobachtungen Dabei lasst sich das zu untersuchende Quantensystem stets durch den Zustand n a n S n displaystyle sum n a n S n rangle nbsp beschreiben Die Zustande des Beobachters seien dabei zu verschiedenen Messdaten klassisch unterscheidbar es gibt keine Koharenzen zwischen einzelnen Zustanden des Beobachters Everett betrachtete nun zunachst mehrfache Beobachtungen eines Systems n a n S n PS B n a n S n PS S n B n a n S n PS S n S n B displaystyle sum n a n S n rangle otimes Psi dots B longrightarrow sum n a n S n rangle otimes Psi dots S n B longrightarrow sum n a n S n rangle otimes Psi dots S n S n B nbsp Registriert der Beobachter einmal das Ergebnis S n displaystyle S n nbsp so wird die Messung stets dasselbe Ergebnis ergeben Wiederholung des Experiments am selben System fuhrt daher zum selben Ergebnis Analoge Betrachtungen zeigen dass die Durchfuhrung derselben Messung an verschiedenen identisch praparierten Systemen im Allgemeinen zu verschiedenen Messergebnissen fuhrt sowie dass mehrere Beobachter am selben System auch immer dasselbe messen Das nachste Ziel ist es nun einer Sequenz von Messungen S n 1 1 S n 2 2 S n N N displaystyle S n 1 1 S n 2 2 dots S n N N nbsp ein Mass zuordnen das fur einen Beobachter innerhalb des Systems die Wahrscheinlichkeit der Beobachtung einer bestimmten Sequenz darstellt Dazu betrachtete Everett zunachst eine Superposition orthonormierter Zustande ϕ i displaystyle phi i nbsp die durch a ϕ i a i ϕ i displaystyle alpha phi sum i a i phi i nbsp gegeben ist wobei ϕ displaystyle phi nbsp bereits normiert sein soll Damit ist direkt ersichtlich dass a 2 i a i a i displaystyle alpha 2 sum i a i a i nbsp gilt Nun forderte Everett dass das Mass fur den Zustand ϕ displaystyle phi nbsp das nur von a displaystyle alpha nbsp abhangen kann gleich der Summe der Masse der ϕ i displaystyle phi i nbsp ist damit gilt m a m i a i a i i a i a i displaystyle m alpha m left sqrt sum i a i a i right sum i a i a i nbsp Diese Gleichung hat als einzige Losung m a i c a i a i displaystyle m a i ca i a i nbsp somit hat eine Ereigniskette der o g Form das Mass m S n 1 1 S n 2 2 S n N N i a i a i displaystyle m left S n 1 1 S n 2 2 dots S n N N right prod i a i a i nbsp Wird dies faktorisiert so kann a i a i displaystyle a i a i nbsp als Wahrscheinlichkeit fur das Ereignis S i displaystyle S i nbsp aufgefasst werden was der Born schen Regel entspricht Es existieren auch andere Herleitungen der Born schen Regel aus dem reduzierten Satz von Axiomen bekannt sind u a die von Deutsch 15 und Hartle 16 Beispiel BearbeitenAls Beispiel kann ein Doppelspaltexperiment mit einem einzigen Teilchen z B ein Elektron herangezogen werden Ein Beobachter misst dabei durch welches Loch das Teilchen gegangen ist Das System Doppelspalt Beobachter sei naherungsweise isoliert Das Teilchen kann an Spalt 1 oder Spalt 2 registriert werden dies seien die orthogonalen Zustande 1 displaystyle 1 rangle nbsp und 2 displaystyle 2 rangle nbsp Des Weiteren wettet der Beobachter einen Geldbetrag darauf dass das Teilchen bei Spalt 1 registriert wird seine Erwartungshaltung displaystyle ddot rangle nbsp wird sich also bei der Messung in Freude displaystyle ddot smile rangle nbsp oder Enttauschung displaystyle ddot frown rangle nbsp umwandeln Nun kann gemass der Schrodingergleichung ein unitarer Zeitentwicklungsoperator U displaystyle U nbsp definiert werden Dieser muss dementsprechend die Form U e i H t ℏ displaystyle U e iH tau hbar nbsp haben Bezogen auf das Experiment sind folgende Anforderungen an den Operator gestellt U 1 1 displaystyle U left 1 rangle otimes ddot rangle right 1 rangle otimes ddot smile rangle nbsp Der Beobachter ist glucklich wenn das Teilchen bei Spalt 1 registriert wird U 2 2 displaystyle U 2 rangle otimes ddot rangle 2 rangle otimes ddot frown rangle nbsp Der Beobachter ist enttauscht wenn das Teilchen bei Spalt 2 registriert wird Vor der Messung befindet sich das Teilchen in Superposition von zwei Zustanden ps T 1 2 displaystyle psi T rangle 1 rangle 2 rangle nbsp der Beobachter befindet sich in Erwartungshaltung ps B displaystyle psi B rangle ddot rangle nbsp der Zustand des Gesamtsystems ist also ps g e s ps T ps B 1 2 displaystyle psi mathrm ges rangle psi T rangle otimes psi B rangle 1 rangle 2 rangle otimes ddot rangle nbsp Wird nun die Messung durchgefuhrt so wird dies mathematisch beschrieben indem der Operator U displaystyle U nbsp auf den Zustand des Gesamtsystems ps g e s displaystyle psi mathrm ges rangle nbsp angewandt wird ps g e s U ps g e s U 1 2 1 2 displaystyle psi mathrm ges rangle longrightarrow U psi mathrm ges rangle U left 1 rangle 2 rangle otimes ddot rangle right 1 rangle otimes ddot smile rangle 2 rangle otimes ddot frown rangle nbsp Das Ergebnis ist also eine Superposition des zusammengesetzten Systems Teilchen am Doppelspalt und Beobachter Dies ist offensichtlich kein eindeutiges Ergebnis stattdessen findet sich eine Superposition der zwei moglichen Ergebnisse Dieses Ergebnis wird in der VWI so interpretiert dass sich im Augenblick der Messung das Universum verzweigt und die beiden mathematisch geforderten Ergebnisse in verschiedenen Welten realisiert sind Dies ist konsistent da der gluckliche Beobachter formal keine Moglichkeit hat mit dem unglucklichen Beobachter zu interagieren Die beiden Zustande stehen im Konfigurationsraum vollstandig orthogonal aufeinander Somit ist durch die mathematische Struktur dieses Ergebnisses jegliche Interaktion ausgeschlossen Anhand dieses Beispiels kann auch ein weiterer wichtiger Umstand illustriert werden Es findet an keiner Stelle eine nicht durch den Formalismus induzierte Aufspaltung statt Die stattfindende Verzweigung ist vollstandig durch die Dynamik der Zustande von Beobachter und System beschrieben Sie ist also kein weiteres unabhangiges Postulat Dies bedeutet dass der Messprozess in der VWI keine ausgezeichnete Bedeutung hat er wird lediglich als Unterklasse gewohnlicher Interaktionen behandelt Kritik BearbeitenOntologie Bearbeiten nbsp Veranschaulichung der Separation des Universums aufgrund zweier uberlagerter und verschrankter quantenmechanischer Zustande anhand von Schrodingers KatzeDer wohl bekannteste und haufigste Kritikpunkt an der VWI betrifft ihre Ontologie Ihr wird vorgeworfen das Prinzip der Einfachheit Ockhams Rasiermesser zu verletzen da sie zwar die Existenz von Myriaden verschiedener Welten voraussagt jedoch selber den Beweis dafur liefert dass diese nicht beobachtbar sind Vertreter der VWI halten dem entgegen dass die vielen Welten kein unabhangiges Postulat sind sondern aus der universellen Gultigkeit der Schrodingergleichung folgen also aus der konsequenten Anwendung einer empirisch gestutzten Theorie Dies verkurze und vereinfache die Axiomatik der Quantenmechanik Demzufolge bevorzuge Ockhams Rasiermesser die VWI vor der Kopenhagener Interpretation Ockhams Rasiermesser sei nicht auf blosse Existenzpostulate anzuwenden sondern auf die dahinter stehenden theoretischen Annahmen So gehe man schliesslich auch davon aus dass auch im Inneren von schwarzen Lochern die Relativitatstheorie ihre Gultigkeit behalte auch wenn sich dies nicht direkt beobachten lasst Die Kopenhagener Interpretation basiere demnach v a auf dem suggestiven Effekt menschlicher Alltagswahrnehmungen mache aber unnotige zusatzliche Annahmen nur um nicht mit diesen in Konflikt zu geraten Die Tatsache dass Menschen keine makroskopischen Superpositionen wahrnehmen konnen folge nach der VWI trivialerweise aus der Dekoharenz der Neuronen in unseren Gehirnen und aus der Beschaffenheit des menschlichen Bewusstseins Daher bestehe gar keine Notwendigkeit dem im Experiment zu beobachtenden Kollaps der Wellenfunktion mehr als nur subjektiven Charakter beizumessen Die Kopenhagener Interpretation deute diesen Kollaps jedoch unnotigerweise in einem objektiven absoluten Sinne und nehme dafur sogar in Kauf dass er sich weder mathematisch beschreiben noch plausibel theoretisch begrunden lasst Damit verletze sie das Prinzip der Einfachheit wahrend die VWI tatsachlich keine zusatzlichen Annahmen beinhalte die uber die blosse experimentell gestutzte Theorie hinausgehen 12 Determinismusproblem Bearbeiten Ein von Kritikern haufig hervorgehobenes Problem der Viele Welten Interpretation ist die Frage wie sie die Zufalligkeit von Quantenereignissen erklaren kann Gemass der VWI wird bei einer Messung jedes Ergebnis tatsachlich realisiert Dies wirft die Frage auf inwiefern es sinnvoll ist von einer Wahrscheinlichkeit zu sprechen wenn doch tatsachlich alle Ergebnisse eintreten Die Kritiker betonen dass die VWI einen ubernaturlichen Beobachter erfordere um die Wahrscheinlichkeitsinterpretation von Messungen uberhaupt plausibel zu machen Selbst dann wurden die Erfahrungen realer Beobachter nicht erklart 17 Vertreter der VWI pochen hier auf eine strikte Unterscheidung von Aussen und Innenperspektive und argumentieren dass fur einen Beobachter aus der Innenperspektive ein Ereignis trotz der deterministischen Entwicklung eines Zustandes gemass der Schrodingergleichung zufallig wirken kann 14 Basisproblem Bearbeiten Ein ebenfalls haufig geausserter Kritikpunkt an der VWI ist das so genannte Basisproblem Problem of preferred Basis 18 Da der Formalismus von den Axiomen her keine bevorzugte Basis festlegt gibt es abgesehen von der intuitiv gewahlten Aufspaltung in die klassischen Basiszustande stets unendlich viele Moglichkeiten fur die Aufspaltung eines Quantenzustandes in verschiedene Welten 1998 gelang es allerdings Wojciech Zurek mit Methoden der Dekoharenztheorie zu zeigen dass die klassischen Basen durch die Struktur des Hamiltonoperators sowie den Wert des Planckschen Wirkungsquantums mathematisch insofern bevorzugt sind als dass sie uber einen langeren Zeitraum stabil sind Dies hat zur Folge dass die Objekte in diesen Zustanden lange genug bestehen um von quasiklassischen Messgeraten wahrgenommen werden zu konnen 19 Verschiedene Physiker weisen ausserdem darauf hin dass die Frage nach der bevorzugten Basis bzw der Umstand dass man wohldefinierte Objekte in klassischen makroskopischen Zustanden wahrnimmt wohl auch mit der Evolution des Menschen in diesem Universum zusammenhange 20 21 22 Metaphysikeinwand Bearbeiten Carl Friedrich von Weizsacker weist darauf hin 23 dass kein nennenswerter Unterschied zwischen der VWI und der Kopenhagener Interpretation im Rahmen einer Modallogik zeitlicher Aussagen bestehe wenn rein semantisch wirkliche Welten durch mogliche Welten ersetzt werde Die vielen Welten beschreiben den sich durch die Schrodingergleichung entwickelnden Moglichkeitsraum die von einem realen Beobachter gemachte Beobachtung ist die Realisierung einer der formal moglichen Welten Weizsacker erkennt an dass der Everett sche Ansatz der einzige unter den ublichen Alternativen sei der nicht hinter das schon von der Quantentheorie erreichte Verstandnis zuruck sondern vorwarts uber sie hinausstrebt 24 Everett sei jedoch konservativ bei der Gleichsetzung von Realitat und Faktizitat geblieben Sein eigentlicher philosophischer Einwand gegen die VWI sei dass die Existenz einer Menge von Ereignissen Welten gefordert werde die nicht Phanomene werden konnen Die Quantenphysik sei aber gerade aus dem Versuch gefolgert Phanomene konsistent zu beschreiben und vorherzusagen 25 Schon Werner Heisenberg schrieb in Die physikalischen Prinzipien der Quantentheorie Man muss hier daran denken dass die menschliche Sprache ganz allgemein erlaubt Satze zu bilden aus denen keine Konsequenzen gezogen werden konnen die also eigentlich vollig inhaltsleer sind obwohl sie eine Art von anschaulicher Vorstellung vermitteln So fuhrt z B die Behauptung dass es neben unserer Welt noch eine zweite gebe mit der jedoch prinzipiell keinerlei Verbindung moglich sei zu gar keiner Folgerung trotzdem entsteht in unserer Phantasie bei dieser Behauptung eine Art von Bild 26 Fussnote Seite 11 Anton Zeilinger kommentiert in seinem Geleitwort zur zitierten Auflage von Heisenbergs Buch diesen Satz mit Eine Besinnung auf Aussagen dieser Art wurde so manche der heutigen Interpretationsdiskussionen betrachtlich abkurzen 26 Seite VISiehe auch BearbeitenParallelwelt Multiversum QuantenselbstmordWeblinks BearbeitenLev Vaidman Many Worlds Interpretation of Quantum Mechanics In Edward N Zalta Hrsg Stanford Encyclopedia of Philosophy Jeffrey Barrett Everett s Relative State Formulation of Quantum Mechanics In Edward N Zalta Hrsg Stanford Encyclopedia of Philosophy Michael Clive Price The Everett FAQ englisch Dieter Zeh Wozu braucht man Viele Welten in der Quantentheorie PDF 229 kB Max Tegmark The Interpretation of Quantum Mechanics Many Worlds or Many Words In Fortschritte der Physik Band 46 Nr 6 8 1 November 1998 ISSN 1521 3978 S 855 862 doi 10 1002 SICI 1521 3978 199811 46 6 8 lt 855 AID PROP855 gt 3 0 CO 2 Q arxiv quant ph 9709032v1 englisch Einzelnachweise Bearbeiten a b c Hugh Everett III Relative State Formulation of Quantum Mechanics In Reviews of modern physics Vol 29 1957 S 454 462 doi 10 1103 RevModPhys 29 454 a b Max Tegmark Many Worlds in Context Massachusetts Institute of Technology Cambridge USA 2009 arxiv 0905 2182v2 a b Bryce S DeWitt Quantum mechanics and reality In physicstoday Vol 23 Nr 9 1970 S 30 doi 10 1063 1 3022331 Peter Byrne Viele Welten Hugh Everett III ein Familiendrama zwischen kaltem Krieg und Quantenphysik Springer Heidelberg 2012 ISBN 978 3 642 25179 5 englisch The many worlds of Hugh 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