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Dieser Artikel behandelt Fiktion im Zusammenhang mit Darstellung Kunst und speziell Literatur zu weiteren Bedeutungen des Ausdrucks siehe Fiktion Begriffsklarung Fiktion lateinisch fictio Gestaltung Personifikation Erdichtung von fingere gestalten formen sich ausdenken bezeichnet die Schaffung einer eigenen Welt durch Literatur Film Malerei oder andere Formen der Darstellung sowie den Umgang mit einer solchen Welt Bei der Fiktion handelt es sich um eine bedeutende Kulturtechnik die in weiten Teilen der Kunst zum Einsatz kommt Inhaltsverzeichnis 1 Ansatze und Beschreibungen 2 Grundzuge der fiktionalen Darstellung 2 1 Darstellung und Welt 2 1 1 Fiktive Welten 2 1 2 Fiktiv und fiktional 2 2 Erfundenheit 2 2 1 Phantastik und Realistik 2 2 2 Erfundene und nicht erfundene Gestalten 2 2 3 Erfundene und nicht erfundene Orte 2 2 4 Weitere Bereiche der Fiktion 2 2 5 Autofiktion 3 Fiktion im Verhaltnis zu nicht fiktionalen Darstellungen 3 1 Faktuale Darstellungen 3 2 Beispiele 3 2 1 Apologe 3 2 2 Heilige Texte 3 2 3 Fabeln 4 Fiktion und Realitat 4 1 Realitatsprinzip 4 2 Wirkung auf die Realitat 4 3 Orthogonalitatsprinzip 4 4 Fiktion und Historiographie 5 Rezeption von Fiktion 5 1 Kognitiver Umgang mit fiktionalen Darstellungen 5 2 Fiktionssignale 6 Wahrheit und die Funktion der Fiktion 6 1 Wahrheit und Fiktion 6 1 1 Emphatischer Kunstbegriff 6 1 2 Wahrheit im Sinne der analytischen Philosophie 6 2 Funktionen der Fiktion 7 Fiktion im Verhaltnis zu Gattungen und Genres 7 1 Literatur 7 2 Film 8 Theorien der Fiktion 8 1 Aktuelle Fiktionstheorien 8 1 1 Welttheorien 8 1 2 Die Fiktionstheorie von Cohn und Genette 8 1 3 Spieltheorien 8 1 4 Isers Fiktionstheorie 8 1 5 Operationsorientierte Fiktionstheorien 8 2 Klassische Fiktionstheorien 8 2 1 Wahrscheinlichkeit Poiesis und Mimesis Aristoteles 8 2 2 Als ob Vaihinger Hamburger Searle 8 2 3 Intention Danto Searle 8 2 4 Mangelnde Referenzialisierbarkeit Gabriel 8 2 5 Fiktionsvertrag Coleridge 8 3 Poststrukturalistische Kritik an klassischen Fiktionstheorien 8 3 1 Referenz Luhmann Derrida Rorty 8 3 2 Intention Derrida 8 3 3 Fiktion als verabschiedetes Paradigma A Assmann 9 Geschichte der Fiktion 10 Literatur 10 1 Klassische fiktionstheoretische Schriften 10 2 Aktuelle literaturwissenschaftliche und soziologische Arbeiten 10 3 Aktuelle kognitionspsychologische Arbeiten 10 4 Sammelwerke 11 Weblinks 12 EinzelnachweiseAnsatze und Beschreibungen BearbeitenZur Erklarung von Fiktion werden in der Literatur und Kunsttheorie unter anderem fehlender Wahrheitsanspruch und mangelnde Ubereinstimmung mit der Realitat herangezogen Es gibt viele unterschiedliche Ansatze Fiktion zu erklaren Eine allgemein akzeptierte Theorie der Fiktion gibt es bis heute nicht Martinez und Scheffel 2019 1 unterscheiden und definieren fingieren fiktional und fiktiv wie folgt fingieren steht fur im Sinne von vor tauschen fiktional steht im Gegensatz zu faktual bzw authentisch und bezeichnet z B den pragmatischen Status einer Rede fiktiv steht im Gegensatz zu real und bezeichnet den ontologischen Status des in der Rede ausgesagten Wolf Schmid sieht in einem fiktionalen Werk alle thematischen Elemente der erzahlten Welt als fiktiv an So sind Personen Raume Zeiten Handlungen Reden Gedanken Konflikte Motive etc Bestandteile einer homogenen Ontologie in der fiktiven Welt des Erzahlwerks Gleichgultig wie eng sie mit real existierenden Personen oder Objekten assoziiert wurden sie bleiben grundsatzlich fiktiv Damit bleibt die erzahlte Welt jene Welt die der Erzahler entwirft Aber die vom Autor dargestellte Welt hat einen hoheren Ordnungsgrad in sie gehen der Erzahler sein Adressat ebenso ein wie das Erzahlen selbst Der Adressat ist der vom Autor intendierte Empfanger 2 Grundzuge der fiktionalen Darstellung BearbeitenObwohl es keine unumstrittene Theorie der Fiktion gibt lassen sich die grundlegenden charakteristischen Eigenschaften der Phanomene beschreiben die als Fiktion bezeichnet werden 3 Darstellung und Welt Bearbeiten Fiktive Welten Bearbeiten Fiktion erzeugt eine eigene Welt die sogenannte fiktive Welt Mit Welt wird die Annahme bezeichnet dass man sich uber Handlungen Ereignisse Personen Orte etc so unterhalten kann als waren sie denjenigen Regeln der Kontinuitat unterworfen von denen angenommen wird dass sie fur die reale Welt gelten Dass die Fiktion eine Welt erzeugt ermoglicht das Reden uber die fiktiven Ereignisse und Gestalten die in der fiktionalen Darstellung nicht genannt werden So kann man sich fragen ob ein fiktives Paar auch nach dem Ende der Geschichte glucklich zusammen bleibt So kann man etwa davon ausgehen dass eine fiktive Figur die sich erst an einem Ort und dann an einem anderen Ort befindet zwischen beiden Orten gereist ist Die Kontinuitatserwartung kann auch als gezieltes Gestaltungsmittel eingesetzt werden Ein sehr radikales Beispiel liefert Die Marquise von O von Heinrich von Kleist In dieser Novelle wird eine Vergewaltigung nicht erzahlt dass sie vorgefallen ist lassen aber die ubrigen Ereignisse vermuten Fur den Fiktionalitatsstatus der Darstellung ist es unerheblich wie ahnlich eine fiktive Welt der realen ist In phantastischen Darstellungen konnen vollig andere physikalische Gesetze herrschen als in der realen Welt Im Gegensatz zur realen Welt existiert jedoch ein Ausserhalb der fiktiven Welt in dem die fiktive Welt durch die Darstellung erzeugt wird namlich die reale Welt selbst Dies ermoglicht Metalepsen bei denen die Fiktivitat der Ereignisse in der fiktiven Welt bekannt und fur die Darstellung wichtig ist Beispielsweise erfahrt die Heldin in Sofies Welt von Jostein Gaarder nach einiger Zeit dass sie eine Romanfigur ist Siehe auch fiktives Universum Fiktiv und fiktional Bearbeiten Im Deutschen lassen sich die Ausdrucke fiktiv und fiktional unterscheiden Das was fiktional ist bringt die fiktive Welt hervor wahrend alles was sich in der fiktiven Welt befindet als fiktiv bezeichnet wird Fiktionalitat liegt also im Ausserhalb der fiktiven Welt wahrend mit Fiktivitat das Innerhalb bezeichnet wird Faktual ist dagegen eine nicht fiktionale Darstellung die der Beschreibung der realen Welt dient Fiktionale Rede redet also von fiktiven Dingen faktuale Rede von realen Dingen Ein einfaches Beispiel Wahrend die Romanfigur Bilbo Beutlin fiktiv ist ist Tolkiens Werk Der Herr der Ringe fiktional Denn Beutlin ist nicht real der Roman dagegen existiert in unserer Realitat sehr wohl Er erzahlt jedoch von einer fiktiven Welt die Beutlin enthalt Komplizierter liegen Falle in denen intradiegetische Erzahlungen vorliegen Beispielsweise ist Zum wilden Mann von Wilhelm Raabe eine fiktionale Erzahlung in der ein Erzahler wiederum eine Geschichte vortragt Diese fur die Personen in der fiktiven Welt der Novelle faktuale Binnenerzahlung ist jedoch aus Sicht des Lesers von Raabes Novelle ebenso fiktional wie die ganze Novelle und was sie erzahlt ist fur ihn gleichermassen fiktiv Allerdings werden selbst in der Fachliteratur die beiden Ausdrucke manchmal verwechselt Zudem lassen sie sich nicht exakt ins Englische und Franzosische ubersetzen Das englische fictional bezeichnet sowohl Fiktives als auch Fiktionales man spricht ferner von fictional worlds die Ausdrucke fictive und fictitious bedeuten in etwa fiktiv sind aber vergleichsweise ungebrauchlich Ahnlich ist es im Franzosischen Der Ausdruck fictif ist gebrauchlich und bezeichnet Fiktives und Fiktionales das Wort fictionnel ist seltener als fictif und wird meist im Sinne von fiktional gebraucht Der Vergleich zum Englischen wird dadurch erschwert dass fiction eher mit Dichtung als mit Fiktion zu ubersetzen ist Erfundenheit Bearbeiten Die wichtigste Eigenart fiktionaler Darstellungen ist dass in ihnen in der Regel erfundene Geschehnisse stattfinden und erfundene Gestalten handeln konnen Mit Erfundenheit ist gemeint dass bestimmte Begebenheiten Gestalten Orte etc in der realen Welt nach allgemeiner Uberzeugung nicht nachweisbar oder auffindbar sind und daher angenommen werden muss dass es sie nicht gibt Keine der gangigen Fiktionstheorien sieht Erfundenheit als notwendigen Bestandteil fiktionaler Darstellungen an Es wird sogar die Auffassung vertreten dass es fiktionale Darstellungen geben kann oder gibt die vollig ohne Erfundenheit auskommen 4 Als Beispiel kann Abfall fur alle von Rainald Goetz gelten da alle Ereignisse in diesem Roman offenbar tatsachlich stattgefunden haben Umgekehrt gibt es Erfundenheit auch in faktualen Texten zum Beispiel bei Lugen Erfundenheit steht damit in keinem notwendigen Zusammenhang zu Fiktion Dennoch ist Erfundenheit mit Blick auf Fiktion nennenswert da sich eine grosse Zahl fiktionaler Darstellungen durch ein recht hohes Mass an Erfundenheit auszeichnet und Erfundenheit gerade in Fiktion sinnvoll und produktiv eingesetzt werden kann Altere Positionen unterscheiden zwischen Fiktivitat und Erfundenheit nicht Phantastik und Realistik Bearbeiten Im Sinne der Fiktionstheorie sind Phantastik und Realistik Bezeichnungen die auf den Anteil an Erfundenem beziehungsweise auf die Ahnlichkeit zwischen realer und fiktiver Welt verweisen Darstellungen werden als phantastisch bezeichnet wenn sie einen sehr hohen Anteil an Erfundenem besitzen Dabei ist Phantastik im Sinne der Fiktionstheorie nicht zwangslaufig mit dem Genre der Fantastik oder des Fantasy gleichzusetzen selbst wenn es sich bei diesen in der Regel um Genres handelt die phantastisch auch im Sinne der Fiktionstheorie sind Darstellungen gelten als realistisch wenn die Ahnlichkeit zwischen realer und fiktiver Welt sehr hoch ist sie also einen geringen Anteil an Erfundenem haben Realistik im Sinne der Fiktionstheorie ist nicht notwendig mit der Epoche des Realismus oder mit realistischem Stil effet de reel verknupft Die Verwechslung der jeweiligen Bedeutungslinien fuhrt oft zu Verwirrung um die Bedeutung von Realismus und Phantastik Erfundene und nicht erfundene Gestalten Bearbeiten Es gibt in der fiktionalen Literatur erfundene Gestalten wie etwa Don Quijote im gleichnamigen Roman von Cervantes Diese zeichnet aus dass es sie gemass verlasslicher Quellen nie gegeben hat Anders verhalt es sich etwa mit Napoleon in Die Elenden von Victor Hugo Der Napoleon des Romans entspricht in seiner Biografie seinem ausseren Erscheinen und seinen Taten dem realen Napoleon dessen Geschichte durch Quellen hinreichend bezeugt ist Es kann sein dass nicht erfundene Gestalten in fiktionalen Darstellungen erfundene Taten begehen Da sich die Identitat von realer und fiktiver Person erst aus dem gleichen oder ahnlichen Lebenslauf erschliessen lasst stellt diese Situation einen recht komplizierten Fall dar der allerdings keineswegs selten ist Hier ist auf den Einzelfall zu schauen um zu bestimmen welche Funktion die Erfindung hat So sind zum Beispiel die Tischgesprache der Familie Buonaparte in Napoleon Symphony von Anthony Burgess erfunden sie dienen aber trotzdem dazu den historischen Napoleon und seine Taten zu veranschaulichen und zu kritisieren Erfundene und nicht erfundene Orte Bearbeiten Orte konnen erfunden oder nicht erfunden sein So ist etwa der Ort Middlemarch im gleichnamigen Roman von George Eliot erfunden wahrend das Paris in Auf der Suche nach der verlorenen Zeit von Marcel Proust dem realen Paris sehr genau entspricht Auch hier liegen oft kompliziertere Mischungen von Erfundenheit und Tatsachenentsprechung vor So sind erfundene Strassen in nicht erfundenen Stadten moglich In Prousts Roman ist zwar Paris nicht erfunden aber die Stadt Balbec Besonders in der Malerei sind viele Orte erfunden Schwierig und fragwurdig ist die Abgrenzung bei Gemalden die von bestimmten Landschaften oder Personen inspiriert aber in Teilen erfunden sind Hier ist wie bei erfundenen Gestalten auf die komplizierteren Einzelfalle zu schauen Vom realen Vorbild stark abweichende Portrats beruhmter Personen beispielsweise sind in der Regel nicht fiktional die Abweichungen dienen dann dazu ausserliche Makel nicht zu zeigen oder durch bestimmte Darstellungstechniken die Macht oder den besonderen Charakter der abgebildeten Person zu zeigen Weitere Bereiche der Fiktion Bearbeiten Da sich Fiktion auf alles erstreckt was dargestellt werden kann gibt es keine vollstandige Liste aller moglichen Arten von Fiktion So spielen in den Romanen von J R R Tolkien erfundene Sprachen eine wichtige Rolle Autofiktion Bearbeiten In den vergangenen Jahren ist eine grossere Zahl an Romanen erschienen die praktisch erfindungsfrei sind und vom Leben des Autors handeln Hierzu zahlen etwa Pawels Briefe von Monika Maron und der schon genannte Roman Abfall fur alle von Rainald Goetz Gerard Genette schlagt fur dieses Phanomen die auf Serge Doubrovsky zuruckgehende Bezeichnung Autofiktion vor 5 Die Abgrenzung von der Autobiografie und anderer Fiktion wird gegenwartig intensiv diskutiert Ein verhaltnismassig neues Genre ist die fiktionale Autobiografie wie sie zum Beispiel von Sasa Stanisic 6 oder dem angolanischen Schriftsteller Ondjaki vorgestellt wird 7 Fiktion im Verhaltnis zu nicht fiktionalen Darstellungen BearbeitenFiktionalitat ist eine Eigenschaft die bestimmten Darstellungen als Merkmal zugeschrieben wird Nicht fiktionale Darstellungen gelten als unmittelbar gultige Beschreibung der realen Welt Wie weit diese Unterscheidung reicht ist in der literaturwissenschaftlichen Diskussion noch kaum untersucht Es gibt nach wie vor eine grosse Zahl an Theorien die davon ausgehen dass Darstellungen entweder fiktional oder nicht fiktional sind Faktuale Darstellungen Bearbeiten Als faktual bezeichnet man eine Darstellung die die reale Welt in ihrer unmittelbar gegebenen Beschaffenheit beschreibt Unter den Darstellungen sind vor allem Erzahlungen hervorzuheben beispielsweise Zeitungsberichte Eine faktuale Darstellung kann offenbar richtig oder falsch sein Die Unterscheidung zwischen Faktualitat und Fiktionalitat hat also nichts mit der Richtigkeit oder Wahrheit einer Bestimmung zu tun Falsche faktuale Berichte konnen Lugen Irrtumer etc sein und auch eine fiktionale Erzahlung kann falsch oder zumindest irrefuhrend sein Hier spricht man von unzuverlassigem Erzahlen Die Unmittelbarkeit der faktualen Darstellung ist demgegenuber von besonderer Wichtigkeit Sie besteht in der Eigentlichkeit der Ausdrucksmittel zumindest in einem zuruckhaltenden Gebrauch von Zweideutigkeiten und konzentriert sich auf die Vermittlung von Fakten also die Beschreibung von Orten Personen Gegenstanden Handlungen und Ereignissen Das heisst naturlich nicht dass eine faktuale Beschreibung nicht auch durch Kommentare oder Wertungen erganzt werden kann doch gehoren diese ohnehin nicht der Darstellung an Aus Sicht einiger poststrukturalistischer Positionen ist jedoch eine figurenfreie Sprache rein eigentliches Sprechen nicht moglich Akzeptiert man diese Annahme kann faktuales Sprechen nur als Minimierung der Amphibolien und als bestimmte Semantik begriffen werden die zwar einen Austausch uber Fakten weitgehend ermoglicht aber nicht sicherstellen kann Die Abgrenzung zwischen faktualem und fiktionalem Darstellen wird auf vielfache Weise gezogen Dabei gilt mehrheitlich das faktuale Darstellen als der unmarkierte Normalfall das heisst man geht in der Regel vom faktualen Bericht aus wenn es keine Indizien dafur gibt dass es keiner ist Das bedeutet dass die Regeln des faktualen Darstellens indirekt in den Fiktionstheorien aufgearbeitet werden sie sind daruber hinaus Gegenstand der Allgemeinen Sprachwissenschaft Beispiele Bearbeiten Apologe Bearbeiten Unter Apolog versteht man einen Text der zwar darstellerisch ist und moglicherweise ein Geschehen vermittelt aber trotzdem weder faktual noch fiktional genannt werden kann Apologe lassen sich schwerlich katalogisieren Die Kategorie des Apologs ist unabhangig davon ob es sich um eine kunstlerische Darstellung handelt es gibt Apologe beispielsweise in der Dichtung aber durchaus nicht nur dort Im Folgenden sind zwei der wichtigsten Formen genannt Heilige Texte und Fabeln Viele der Apologe signalisieren einen Anspruch auf Wahrheit Richtigkeit und Verbindlichkeit doch gelten sie nur eingeschrankt als unmittelbare Darstellungen im Sinne der Faktualitat Heilige Texte Bearbeiten Heilige Texte auch als Heilige Schriften bezeichnet sind normative religiose Texte Texte mit religioser Bedeutung enthalten oft Darstellungen von Ereignissen Personen etc ohne dass diese Darstellungen als faktual gewertet werden weil sie entweder anderen Textstellen desselben Heiligen Textes widersprechen oder mit Naturgesetzen nicht vereinbar sind Dennoch lasst sich keine Fiktionstheorie sinnvoll auf die Heiligen Texte anwenden sofern man ihren Wahrheitsanspruch ernst nimmt Denn heilige Texte schaffen keine fiktive Welt sondern befassen sich mit der realen Welt Heilige Texte sprechen nicht uber Erfundenes sondern gelten entweder selbst als historische Quellen oder lassen die Deutung zu dass nicht nachweisbare Ereignisse oder Gestalten symbolisch eine bestimmte Wahrheit vermitteln Beispielsweise erheben die beiden Schopfungsberichte der Genesis den Anspruch wahre Darstellungen der Erschaffung der Erde und der Menschen zu sein Dabei widersprechen sie sich beide untereinander hinsichtlich ihrer unmittelbaren Darstellung so dass sie weder eine Beschreibung der realen Welt sein noch eine konsistente fiktive Welt erzeugen konnen Ihre Wahrheit kann fur den glaubigen Christen oder Juden nur durch Exegese ermittelt werden Diese Exegese kann jedoch berucksichtigen und so hat sie lange Zeit verfahren dass die Darstellungen zumindest teilweise als unmittelbare Beschreibung der realen Welt gelten konnen etwa dass wortlich zu nehmen ist dass Gott fur die Erschaffung von Tag und Nacht genau einen Tag brauchte Fabeln Bearbeiten In Fabeln treten oft Tiere oder andere Wesen auf deren Funktion in der Erzahlung ist ganz allgemein einen beliebigen Menschen zu bezeichnen oder einen beliebigen Menschen mit bestimmten Charaktereigenschaften also einen Typus und keine Person Die Handlung zielt darauf ab eine allgemeingultige Moral zu vermitteln Im Gegensatz zu fiktionalen Darstellungen wird keine fiktive Welt mit eigenen Gesetzmassigkeiten erschaffen sondern die Fabel verschlusselt auf kunstvolle Art und Weise ihre Behauptungen uber die reale Welt und speziell uber moralische Grundsatze Fiktion und Realitat BearbeitenOft werden alltagssprachlich Realitat und Fiktion als Gegensatzpaar benutzt Diese Ausdrucksweise charakterisiert das Verhaltnis von fiktiver und realer Welt nur unzureichend weil sie die vielfaltigen gegenseitigen Abhangigkeiten ubergeht Bei der Bestimmung dessen was Realitat ist gibt es sehr unterschiedliche Auffassungen Die Uberlegungen zu den Wechselwirkungen zwischen Fiktion und Realitat konnen allerdings davon abstrahieren weil sie sich mit dem Verhaltnis von fiktiver und realer Welt beschaftigen und damit die zugrundeliegenden Vorstellungen von Realitat ausblenden konnen Realitatsprinzip Bearbeiten Die fiktive Welt ist wie die reale Welt beschaffen solange nichts Gegenteiliges durch die fiktionale Darstellung angezeigt wird Dieses Phanomen wird als Realitatsprinzip bezeichnet 8 Auch ist von minimaler Abweichung die Rede Die fiktive Welt weicht in ihrer Gestalt so wenig wie moglich in ihrer Gestalt von der realen ab 9 Das bedeutet beispielsweise dass in einem Roman ein Kaninchen von dem berichtet wird das Aussehen und das Verhalten eines normalen Kaninchens hat Erst wenn ausdrucklich gesagt wird dass das Kaninchen etwa sprechen kann wie in Alice im Wunderland von Lewis Carroll so darf man annehmen dass hier eine Abweichung vorliegt Wirkung auf die Realitat Bearbeiten Es ist zu beobachten dass fiktive Gegebenheiten als Anregungen fur die Beschreibung der realen Welt genommen werden Dabei ist moglich dass einerseits komplexe Semantiken durch Fiktion geformt werden andererseits aber einfache fiktive Sachverhalte irrtumlich fur reale gehalten werden Die Moglichkeiten wie fiktionale Darstellungen auf die Wirklichkeit wirken sind umfangreich und nicht zu katalogisieren Beispielsweise weist Niklas Luhmann nach dass die fiktionale Literatur der letzten Jahrhunderte das westliche Verstandnis von Sexualitat Liebe und Partnerschaft massiv gepragt hat 10 Hier handelt es sich also um die Schaffung oder Anderung einer Semantik Ein Beispiel fur eine irrtumliche Ubertragung liegt vor wenn ein Schuler im deutschsprachigen Unterricht nachdem er den Monumentalfilm Ben Hur von William Wyler gesehen hat die Auffassung vertritt im antiken Rom habe man Deutsch gesprochen Anlass zu einer solchen Ubertragung gibt die vom Film suggerierte Treue zur realen Welt was Kleidung politische Umstande und Lebensweise angeht Erst in jungster Zeit wird verstarkt auch von Fiktionstheoretikern darauf hingewiesen dass fiktionale Darstellungen das Realitatsbild sehr nachhaltig beeinflussen Zwar hat es recht fruh einschlagige Aufarbeitungen gegeben von Bernd W Seiler 11 doch sind sie weitgehend unbeachtet geblieben Erst in den letzten Jahren wird auch von Fiktionstheoretikern der Einfluss von Fiktion auf das Wirklichkeitsbild verstarkt erforscht 12 Als Begriff wird komplementar zum Realitatsprinzip der Ausdruck Korrealitatsprinzip vorgeschlagen 13 Die Literaturwissenschaft bestreitet jedoch nach wie vor in nicht geringen Teilen dass fiktionale Darstellungen korrekte Beschreibungen der realen Realitat liefern Dies ist entweder einem puristischen Verstandnis von Welt Welten sind getrennt 14 oder einem rigiden Wahrheitsbegriff geschuldet Tatsachlich vorkommende Ubertragungen von Wissen uber die fiktive Welt auf die reale werden von solchen Positionen als Regelverletzungen betrachtet Wer beispielsweise von einem Kinofilm auf die Wirklichkeit schliesse wisse nicht korrekt mit Fiktion umzugehen Denkt man an das obige Beispiel der unzulassigen Ubertragung so wurden klassische Positionen auch behaupten man durfe einen fiktionalen Film auch nicht dazu einsetzen um etwa Schulern einen Eindruck von antiken Rom zu geben da fiktionale Darstellungen grundsatzlich nicht wahrheitsgetreu seien Von den Positionen die von einer Wirkung auf Realitat ausgehen sind diejenigen zu unterscheiden die lediglich anerkennen dass in fiktiven Welten durchaus reale oder der Realitat vollig gleichende Entitaten vorkommen Orthogonalitatsprinzip Bearbeiten Realitat und Fiktion schliessen einander nicht aus Auch in fiktiven Welten gibt es die Unterscheidung zwischen fiktionaler und faktualer Darstellung Dies wird im Anschluss an Elena Esposito als Orthogonalitatsprinzip bezeichnet 15 Beispielsweise liest die Protagonistin Emma in Madame Bovary von Gustave Flaubert fiktionale Romane Das Geschehen der Romane im Roman ist hinsichtlich der fiktiven Welt von Madame Bovary wiederum fiktiv wahrend Emma und Emmas Lekture in der fiktiven Welt real sind Fiktion und Historiographie Bearbeiten Prominent und mit einiger Uberspitzung hat Hayden White darauf hingewiesen dass Geschichtsschreibung mit ihrer Strukturierung Ereignisse so sehr glattet dass sie Fiktion ahnelt 16 Vergleichbare Thesen haben auch Reinhart Koselleck und Hans Robert Jauss geaussert doch haben sie die These nicht in den Vordergrund gestellt und damit weniger Resonanz erlangt 17 Die Einsicht lautet dass die Geschichtsschreibung sich in Erzahlungen organisiert weil nur Erzahlungen in der Lage sind die einzelnen Fakten logisch und chronologisch zu verbinden Erzahlungen legen Kausalitaten nahe oder schaffen Kontinuitaten die regelmassig von den Quellen vor allem wenn diese selbst keine konkreten Kausalitatsvermutungen anstellen nicht belegt werden konnen Darin liegt ein Moment des Erfindens oder Fingierens Nach mehrheitlicher Auffassung ist die besondere Glattung die die Geschichtsschreibung vornimmt von Fiktion aber deutlich zu unterscheiden Unabhangig davon welches aktuelle Modell der Fiktion man zugrunde legt ist die moderne Historiographie nicht als fiktionale Darstellung zu begreifen Sie bezieht sich auf die reale Welt der Historiograph ubernimmt als Autor und Sprecher im Text die volle Verantwortung fur seine Behauptung und Erfindungen im engeren Sinne sind nicht gestattet Die erzahlspezifischen Glattungen sind ein Effekt der erzahlerischen Darstellung und nicht der Fiktion Es zeigt sich damit auch an der Hayden White Kontroverse dass die Abgrenzung zwischen Darstellung und Fiktionalitat bislang unscharf ist und weiterer Ausarbeitung bedarf Rezeption von Fiktion BearbeitenWenn sich Fiktion als eingeschrankte Verantwortung fur Ausserungen und als Schaffung fiktiver Welten verstehen lasst stellt sich die Frage woran man erkennt dass eine Darstellung fiktional ist Die Beantwortung der Frage ist entscheidend fur die Beschreibung des gesamten Verhaltens bei der Rezeption von Darstellungen Nach herrschender Auffassung gibt es auf der Ebene der Darstellungsstrukturen keine notwendigen Unterschiede zwischen fiktionalen und nicht fiktionalen Werken siehe Uberblick uber Fiktionstheorien Zwar unterscheiden sich fiktionales Erzahlen im Roman und faktuales Erzahlen im Freundeskreis oft stilistisch aber kein Stil ist an die Fiktionalitat oder Faktualitat gebunden Das Problem liegt nicht in der Erfundenheit Eine faktuale Erzahlung kann erlogen sein und eine fiktionale kann exakt den Tatsachen entsprechen Dabei konnen im Anschluss an das Verstehen von Fiktion durchaus fiktionsspezifische Reaktionen auftreten Zu den Unterschieden zahlt beispielsweise dass man sich auf fiktionale Darstellungen in der Regel nicht verlasst Wenn man zum Beispiel einen fiktionalen Historienfilm sieht darf man keineswegs sicher sein dass in der dargestellten Epoche die Menschen genau solche Kleidung getragen haben wie der Film zeigt selbst wenn die Filmemacher die Forschungslage zur Bekleidung berucksichtigt haben sollten Bei fiktionalen Darstellungen ist ferner die Neigung signifikant hoher dass man sich fur asthetische Fragen interessiert speziell sich mit der Machweise und der Darstellungstechnik beschaftigt Wenige Leser interessieren sich demgegenuber dafur welche Wortwahl einen Zeitungstext beherrscht wahrend sich vergleichsweise viele Leser fur die sprachliche Gestaltung eines Romans interessieren Dabei handelt es sich allerdings um rein soziale Regelmassigkeiten je nach Bildung und Beruf andern sich Verhaltensweisen Ein Journalist mag sich etwa starker fur die Schreibtechnik bei faktualen Berichten interessieren Bei Kleinkindern ist die Fahigkeit fiktionale Filme mit Distanz anzusehen nicht ausgepragt Damit stellen sich zwei Fragen Die erste lautet ob man physiologisch bzw kognitiv mit fiktionalen Darstellungen anders als mit nicht fiktionalen umgeht Da man anders auf Fiktion als auf Nicht Fiktion reagiert stellt sich als zweite Frage welche Indizien eine so abgestimmte Reaktion auslosen Kognitiver Umgang mit fiktionalen Darstellungen Bearbeiten Die aktuelle psychologische Kognitionsforschung stellt fest dass fiktionale Darstellungen kognitiv nicht anders verarbeitet werden als faktuale 18 Das bedeutet jedoch nicht dass aus kognitionspsychologischer Sicht Fakten und Erfindungen gleich behandelt wurden Wenn eine Darstellung als fiktional markiert ist so gibt es durchaus soziale erlernbare Regeln die dafur sorgen dass bei und nach der Betrachtung einer fiktionalen Darstellung grundsatzliche andere Verhaltensweisen als etwa bei einer faktualen auftreten Die Kognitionspsychologie beschrankt sich darauf festzustellen dass beim Verstehen des Handlungsgehalts fiktionaler Darstellungen im Gehirn nichts anderes passiert als beim Nachvollzug faktualer Beschreibungen Die Kognitionspsychologie interessiert sich fur das Problem dass fiktionale Darstellungen die von Unangenehmem sprechen physiologisch Stress erzeugen Sie sind daher selbst wenn sich der Rezipient fiktionaler Darstellungen von der Nicht Wirklichkeit des Dargestellten uberzeugt stets emotional wirksam Fiktionssignale Bearbeiten Fiktionssignale sind alle Merkmale die die Fiktionalitat eines Werkes anzeigen das heisst alle Merkmale durch die sich fiktionale Texte als solche zu erkennen geben Der Gebrauch von Fiktionssignalen unterliegt historischem Wandel und ist durch Konventionen bedingt Die Theorie der Fiktionssignale geht auf Kate Hamburger zuruck und ist inzwischen ausgearbeitet worden 19 Man kann zwischen Fiktionalitatssignalen und Fiktivitatssignalen unterscheiden Fiktionalitatssignale zeigen im Erzeugungsakt der fiktiven Welt an dass es sich um Fiktion handelt sie gehoren also der realen Welt an Beispielsweise gehort dazu der paratextuelle Hinweis Roman auf dem Umschlag eine Buches Fiktivitatssignale sind hingegen Anzeichen fur die Eigenstandigkeit der Welt von der erzahlt wird gerade fantastische Ereignisse sind fast eindeutige Fiktivitatssignale Ein aktueller Fall in dem die Wirkung einer ausdrucklich angezeigten Intention debattiert wird ist der Roman Esra von Maxim Biller Gerichte haben die Verbreitung des Romans untersagt weil in ihm erkennbar zwei Frauen dargestellt werden die ihre Personlichkeitsrechte verletzt sehen Dabei ist unerheblich gewesen dass ein paratextueller Hinweis die Unterschiedlichkeit zwischen fiktiver und realer Person betont Diese Rechtsprechung hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung bestatigt 20 Fiktivitatssignale sind jedoch eher als heuristische Mittel zu begreifen um sich der Einschatzung des Fiktionsstatus zu nahern Absolut eindeutige Fiktivitatssignale gibt es nach mehrheitlicher Uberzeugung der Forschung nicht Problematisch ist es beispielsweise wenn Fiktivitatssignale lediglich durch den Stil oder durch bestimmte Phrasen gegeben werden Klassisches Beispiel ist die Formel zu Beginn von Marchen Es war einmal Auch wenn es sich um ein Indiz handelt wird diese Formel gelegentlich etwa von Journalisten gebraucht um in den faktualen Bericht eines besonders absurd marchenhaften Geschehen einzufuhren Von sehr ungewohnlichen Ereignissen die der gangigen naturwissenschaftlichen Weltbeschreibung widersprechen berichtet die Boulevard Presse gelegentlich ohne dass es sich damit um Fiktion handelte Auch religiose Texte widersprechen dem physikalisch biologischen Weltbild oft ohne dass sie damit einen Fiktionsstatus erwurben Da sich fiktionale und faktuale Darstellungen in ihrer Struktur grundsatzlich nicht unterscheiden kann es bei realistischen Fiktionen durchaus zu Verwechslungen kommen Beispielsweise wurden die Winnetou Erzahlungen von Karl May als faktuale Reiseberichte gelesen obwohl sie zunachst als Reiseromane bezeichnet wurden erst spater nutzte May diesen Irrtum aus und anderte auch die paratextuelle Bezeichnung in Reiseerlebnisse um gezielt die Texte als faktuale Berichte zu vermarkten 21 Wahrheit und die Funktion der Fiktion BearbeitenWahrheit und Fiktion Bearbeiten Seit jeher ist das besondere Verhaltnis von Fiktion und Wahrheit von Interesse Wie man das Verhaltnis begreift hangt vom zugrunde liegenden Wahrheitsbegriff ab der seinerseits wiederum davon abhangen kann was man unter Kunst versteht Emphatischer Kunstbegriff Bearbeiten Die wichtigste Diskussion des Verhaltnisses von Fiktion und Wahrheit betrifft fiktionale Darstellungen insofern sie als Kunst angesehen werden Dies setzt einen emphatischen Kunstbegriff voraus also vor allem die Vorstellung dass Kunst uberkomplex ist und zu Erkenntnisgewinn beitragt Dann ist nicht unbedingt jede fiktionale Darstellung kunstlerisch und dann gibt es eine besondere Wahrheit in der Kunst Diese druckt sich darin aus dass gerade fiktionale Darstellungen in der Lage sind Wesentliches uber die Welt zu verraten selbst wenn sie dies auf poetische oder metaphorische Weise tun Die Auffassung dass Kunst eine ihr eigene Wahrheit vermittelt besteht schon in der Antike Zum Beispiel behauptet Aristoteles in seiner Poetik dass Dramen aufschlussreicher als historiographische Texte sind 22 Vor dem Hintergrund eines modernen Fiktionsverstandnisses legt Philip Sidney im 16 Jahrhundert ausdrucklich Wert darauf dass gute Literatur wahrer als die faktuale Beschreibung ist 23 Hinsichtlich der Kunst wird diese Position bei den Romantikern ausgebaut und in der asthetischen Theorie des 20 Jahrhunderts energisch vertreten bei Theodor W Adorno 24 Kate Hamburger 25 Teils wird aus Respekt vor dem logischen wissenschaftlichen oder speziell naturwissenschaftlichen Wahrheitsverstandnis auf den Ausdruck Wahrheit verzichtet und allgemeiner von Erkenntnis oder Ahnlichem gesprochen so etwa in der Philosophie v a bei Nelson Goodman 26 in der Soziologie v a bei Niklas Luhmann 27 oder in der Hirnforschung v a bei Wolf Singer 28 Als begriffliche Option wird aufgrund der asthetischen Tradition oft der Ausdruck Schonheit vorgeschlagen Wahrheit im Sinne der analytischen Philosophie Bearbeiten In logiknahen Theorien der Fiktion wird Wahrheit im Sinne der Aussagenlogik verstanden In der Regel gilt dann je nach konkreter Auffassung dass fiktionale Sprechhandlungen entweder hinsichtlich ihres Wahrheitsgehalts nicht bewertet werden konnen oder aber falsch sind Im Rahmen dieser Positionen wird folglich abgelehnt dass fiktionale Darstellungen wahr sein konnen Funktionen der Fiktion Bearbeiten Uber die Funktion von Fiktion besteht keine Einigkeit Zunachst ist die Abgrenzung gegenuber der Funktion von Kunst zu treffen sofern eine fiktionale Darstellung zugleich im emphatischen Sinne als Kunst begriffen wird steht die Fiktionalitat im Dienst der Funktion von Kunst Damit ist die Erorterung der Funktion von Fiktion eng an die Wahrheitsdebatte gebunden Geht man namlich davon aus dass Kunst zu Erkenntnisgewinn beitragt so dient kunstlerische Fiktion dazu Erprobungsraume fur Weltbeschreibungen zu bieten Fiktion ermoglicht sich mit einer anderen Welt auseinanderzusetzen und realitatsbezogene Beschreibungen auf Tauglichkeit zu prufen Kognitionspsychologische Ansatze gehen davon aus dass Fiktion eine Moglichkeit bietet sich eine eigene Theory of Mind zu schaffen 29 Analysen die nicht von Kunst ausgehen oder einen emphatischen Kunstbegriff ablehnen postulieren eine Unterhaltungsfunktion der Fiktion 30 Konkret erlaubt demnach Fiktion das Eintauchen in fremde Welten und Distanz zur Realitat Entspannung Einige zum Beispiel Steven Johnson vertreten die Auffassung dass fiktionale Erzeugnisse der Popularkultur die kognitiven Fahigkeiten des Rezipienten trainieren 31 Fiktion im Verhaltnis zu Gattungen und Genres BearbeitenLiteratur Bearbeiten Unter den drei traditionell unterschiedenen literarischen Gattungen Epik Drama und Lyrik finden sich fiktionale Texte zumindest in den epischen und den dramatischen Werken sehr haufig Speziell der Roman die Kurzgeschichte und die Novelle gelten oft als fiktional und ihre Gattungsbezeichnungen auf dem Buchdeckel als Fiktionalitatssignal Es ist umstritten ob Lyrik fiktional ist allerdings wird die Diskussion kaum gefuhrt Die klassische Position die vor allem auf das spate 18 Jahrhundert zuruckgeht besagt dass Lyrik unmittelbarer Ausdruck der Personlichkeit des Dichters ist sie ist in diesem Sinne nicht fiktional sondern eine eigene Form nicht fiktionalen Ausdrucks Dagegen wird zunehmend die Auffassung vertreten dass auch lyrische Texte eine Vorstellungswelt schaffen Unstrittig ist inzwischen dass Fiktionalitat die Dichtung keineswegs charakterisiert es also viele literarische Formen gibt die nicht fiktional sind sich allerdings auch nicht dem traditionellen Gattungsschema fugen Dazu zahlen etwa Lehrgedichte Fabeln oder Aphorismen Auch lassen sich Autobiografien Reiseliteratur sowie Ratgeberliteratur in der Regel nicht als fiktionale Gattungen begreifen Ein Grenzbereich ist der Historische Roman Film Bearbeiten Die meisten Genres des Kinofilms sind fiktional Man kann sagen dass im Falle des Kinos der fiktionale Film vom Rezipienten vorausgesetzt wird und umgekehrt im Falle faktualer Darstellungen eigens darauf hingewiesen werden muss zum Beispiel beim Dokumentarspielfilm Zu den besonders erfindungsreichen fiktionalen Genres gehoren Fantasy und Science Fiction Theorien der Fiktion BearbeitenEs existieren verschiedene literaturwissenschaftliche philosophische und soziologische Theorien Fiktion zu erklaren Viele der Ansatze beanspruchen nicht eine einheitliche Beschreibung der Fiktion zu geben Das heisst dass davon ausgegangen wird dass der Breite der Phanomene die als Fiktion bezeichnet werden nur vielfaltige Erklarungsansatze gerecht werden Das wiederum ruhrt an dem Problem dass Fiktion als Phanomen sowohl systematisch als auch historisch noch nicht hinlanglich eingegrenzt ist Uberdies haben sich die fiktionalen Phanomene im Laufe der Jahrhunderte auch verandert es ist umstritten ob die heutige Fiktion mit erfindungsreichen Geschichten aus dem europaischen Altertum oder Mittelalter oder aus anderen Kulturen vergleichbar ist siehe Geschichte der Fiktion Der Ausdruck Fiktion ist lange als Eigenart von Dichtung engl fiction verstanden worden Die fruhsten Ansatze sind daher zunachst dichtungstheoretisch Sie versuchen aber die mogliche Nichtwahrheit von Dichtung begrifflich zu fassen und lassen sich damit als Vorlaufer einer Fiktionstheorie begreifen Solche Anstrengungen gehen bis in die Antike zuruck Die ursprungliche Verengung auf Literatur fuhrt dazu dass erst vergleichsweise spat namlich im 20 Jahrhundert die Fiktionsfahigkeit anderer Darstellungsmedien in den Blick gerat Zwar werden vor allem seit Gotthold Ephraim Lessings Laokoon die spezifischen Qualitaten diskutiert die die verschiedenen Medien wie Plastik und Literatur der Darstellung zur Verfugung stellen aber dabei stehen Ausdrucksmoglichkeiten und nicht Fiktionalitat im Vordergrund Erst die Erfindung des Films und seine Nutzung fur fiktionales Erzahlen haben das Bewusstsein dafur gescharft dass Fiktion nicht an das literarische Medium gebunden ist Inzwischen ist aber deutlich dass auch andere Medien etwa die Malerei fiktional darstellen konnen Doch auch ohne Berucksichtigung der historischen Veranderlichkeit der als fiktional bezeichneten Phanomene wird nicht selten die Auffassung vertreten dass die Beschreibung solcher Phanomene aufgrund ihrer besonderen Struktur und nicht nur wegen ihrer historischen Veranderlichkeit und Vielfalt grundsatzlich nicht im Rahmen einer allgemeingultigen Theorie gelingen kann Die Vielfalt der Teilerklarungen ist demnach schon das Optimum Dennoch konnen die aktuellen Bestimmungsversuche ein weitgehend koharentes Bild von der Wirkweise von Fiktion vermitteln Die Fiktion ist ein wichtiger Gegenstand des Streits zwischen Positionen die eher dem Poststrukturalismus speziell der Dekonstruktion angehoren und solchen die sich eher einem positivistischen Erkenntnisbemuhen widmen oder der analytischen Philosophie nahestehen Der Grund dafur ist dass jede Erklarung der Fiktion vom Verstandnis der Realitat abhangt und damit Fragen der Metaphysik und der Erkenntnistheorie stark beruhrt Aktuelle Fiktionstheorien Bearbeiten Welttheorien Bearbeiten Das Phanomen der Fiktion lasst sich uber das Weltkonzept und die Idee der Kontinuitat sehr gut charakterisieren Offen bleibt dabei was genau unter Welt zu verstehen ist und wie es moglich ist dass fiktive Welten mit der realen Welt verglichen werden konnen Hier liefern die Welttheorien Ansatze Dabei stosst die Beschreibung von Fiktion uber die Idee einer mehr oder minder abgeschlossenen Welt bei sehr verschiedenen Erklarungsansatzen fur Fiktion auf Zustimmung Das liegt daran dass das Problem wie mit Realitat umzugehen ist elegant auf die Erklarung von Welt ausgelagert wird So konnen beispielsweise Positionen die der analytischen Philosophie nahestehen Welt uber Propositionen und logische Verknupfungen beschreiben wahrend konstruktivistische Theorien darauf abheben konnen dass das Konzept Welt bloss die Moglichkeit Ontologie zu denken griffig zusammenfasst Das heisst dass die Fahigkeit mit Welt umzugehen in allen Welttheorien unabhangig davon gedacht wird auf welche Grundlagen sich diese Fahigkeit uberhaupt stutzt Eine besondere Variante der Welttheorien bilden die Mogliche Welten Theorien possible world theories PWT Sie stutzen sich auf die analytischen Theorien moglicher Welten die ihren Ausgangspunkt in der Modallogik nehmen Hauptanliegen der possible worlds theories ist seit ihren Anfangen die unabhangig von der Fiktionstheorie sind das Funktionieren kontrafaktischer Behauptungen erklaren zu konnen Die Mogliche Welten Theorien wenden sich ausdrucklich gegen die Korrespondenztheorie der Wahrheit und heben die Relativitat der Vorstellung einer realen Welt hervor Viele Mogliche Welten Theorien gehen ferner davon aus dass man nicht von nur einer einzigen realen Welt ausgehen durfe sondern sich die Welt je nach Beobachter unterscheidet Vereinfacht ausgedruckt Jeder lebt in seiner eigenen Welt 32 Fiktion ist das Verfahren sich in eine andere Welt zu versetzen oder genauer gesagt andere Beobachterpositionen zu simulieren deictic shift Die Fiktionstheorie von Cohn und Genette Bearbeiten Im Kontext der Autor Erzahler Unterscheidung der Literaturwissenschaft und den Analysen von Autobiografien die Philippe Lejeune vorgelegt hat haben zu Beginn der 90er Jahre Gerard Genette Fiction et diction und Dorrit Cohn The Distinction of Fiction unabhangig voneinander den Vorschlag entwickelt dass Fiktion genau dann vorliegt wenn der Autor vom Erzahler unterschieden werden kann Dabei ist unter Erzahler der im Sinne von Genettes Erzahltheorie gemeint es muss kein Ich Erzahler sein Die auf diesem Grundgedanken aufgebaute Fiktionstheorie stellt heraus dass damit eine besondere Einschrankung der Verantwortung des Autors fur das Gesagte gemeint ist Genette und Cohn stellen diesen Vorschlag als eine Moglichkeit unter anderen dar sie gehen nicht davon aus dass es eine ganzheitliche Theorie der Fiktion geben kann Die Theorie von Cohn und Genette steht im Einklang mit der Weltenformulierung da der Erzahler sozusagen in der fiktiven Welt fur seine Ausserungen verantwortlich ist Gunstig ist dieser Ansatz wenn es darum geht erfindungsarme Fiktion und die Funktion von Fiktion zu ergrunden Nachteilig ist er weil die Aquivalenz zwischen dem Fiktionsstatus und dem Kriterium der Unterscheidbarkeit von Autor und Erzahler zu einer Zirkularitat des Konzepts fuhrt Fiktion liegt vor wenn Fiktion vorliegt Es gibt also keine Anhaltspunkte dafur wann und weshalb die Unterscheidung zwischen Autor und Erzahler gelingt Spieltheorien Bearbeiten Der Philosoph Kendall L Walton schlagt in Mimesis as Make Believe vor dass Fiktion als Make Believe Spiel zu erklaren ist Der englische Ausdruck make believe bedeutet das Vorspiegeln im Sinne von jemandem etwas weismachen Fur Walton heisst Make Believe so dass ein Gegenstand bestimmte Anweisungen gibt wie mit ihm umzugehen ist darin besteht Fiktion Der Ausgangspunkt ist die Beschreibung des Spiels von Kindern die einen Baumstumpf zum Baren erklaren und dann vor ihm fluchten Der Baum ist ein Requisit engl prop das die grundlegenden Regeln fur das Spiel gibt Auch fiktionale Romane lassen sich als solche Requisiten begreifen im Umgang mit ihnen gelten ebenfalls sehr bestimmte Regeln auf die man sich bei der Rezeption einlasst die man aber ahnlich wie im Spiel mit dem Baumstumpf selbst bei der Lekture festlegen kann Waltons Ansatz gilt als originell ist jedoch schon kurz nach Erscheinen der Monographie kritisiert worden weil sich seine Beschreibung nicht nur auf fiktionale Romane sondern auch auf faktuale Fotografien oder auch Zeitungsberichte anwenden lasst Denn auch diese geben Anweisungen sich bestimmte Gegebenheiten vorzustellen In der Diskussion ist aber deutlich geworden dass dennoch Gewinn aus Waltons Thesen gezogen werden kann weil sie klarstellt dass zwischen Darstellung und Fiktion Verwandtschaft besteht und beide bislang nicht hinreichend auseinandergehalten worden sind Angesichts der Moglichkeiten der Bearbeitung gerade von digitaler Fotografie stellt sich daruber hinaus die Frage ob nicht Waltons funktionale Definition der Fiktion die neben der Fotografie der Bildenden Kunst auch die Musik als darstellendes Medium und somit als fiktionales begreift trotz seiner intuitiv zu weiten Definition letztlich uber den Funktionsbegriff Fiktion schlussiger definiert als andere derzeit aktuelle Fiktionstheorien Unabhangig von der Kritik an Waltons Ansatz wird der Versuch weiter verfolgt Fiktion als spielerischen Umgang mit gesetzten Situationen zu begreifen Isers Fiktionstheorie Bearbeiten Vor allem in seiner Monographie Das Fiktive und das Imaginare schlagt Wolfgang Iser vor die verbreitete Gegenuberstellung von Fiktion und Wirklichkeit zu verabschieden und durch eine Dreiteilung in Fiktives Imaginares und Reales zu ersetzen Dabei versteht er unter dem Fiktiven sowohl den Akt des Fingierens oder Erfindens von Unwirklichem als auch das Produkt das Imaginare dagegen ist die Schaffung eines koharenten Vorstellungsraums in Einschrankung mit dem Weltkonzept vergleichbar und erneut auch das Produkt der Vorstellungskraft das Reale schliesslich ist das als wirklich so und so Gegebene Isers Ansatz ist zwar immer wieder von einzelnen Literaturtheoretikern aufgegriffen worden doch wird er mehrheitlich von der Fiktionsforschung als zu wenig konturiert abgelehnt Dabei wird von Kritikern grundsatzlich nicht bestritten dass eine einfache Unterteilung in Reales und Fiktives kein hohes Auflosungsvermogen besitzt doch hat Iser nicht uberzeugen konnen dass sich seine drei Pole auf derselben semantischen Ebene befinden und damit uberhaupt vergleichbar sind Operationsorientierte Fiktionstheorien Bearbeiten Neuere Ansatze basieren auf einer Operationalisierung des Fiktionsbegriffes Epistemologisch ansetzende Arbeiten interessieren sich fur die Unterscheidungen die ein als fiktional bezeichneter Text ermoglicht Dabei gibt es keine grundsatzlich fiktionalen Unterscheidungen die anders als nicht fiktionale sind Verwechslungen zwischen fiktionaler und nichtfiktionaler Darstellung sind daher immer moglich und mussen anders gesichert werden 33 Rezeptionsorientierte Ansatze fragen dagegen nicht danach ob Texte etwa fiktional sind sondern danach wie zum Beispiel fiktionale Lekturen ablaufen Fiktionalitat ist aus dieser Perspektive keine Qualitat von Texten mehr sondern vielmehr eine bestimmte Form der Textrezeption bzw der Medienwirkung 34 Mit Textverstehensmodellen aus der Psychologie etwa dem Construction Integration Modell von Walter Kintsch lassen sich diskursive Fiktionstheorien entwerfen die empirisch uberprufbar sind und dadurch auch konkrete Lektureprozesse in ihren individuellen Eigenschaften beschreibbar machen 35 Auch neuere Ansatze in der Nachfolge der analytischen Philosophie orientieren sich starker an den Zuschreibungen die Texte ermoglichen und entfernen sich so gleichfalls von starren Konzepten der Referenz Klassische Fiktionstheorien Bearbeiten Im Folgenden werden altere einflussreiche Beitrage zur Fiktionstheorie aufgefuhrt Sie sind nach wie vor bedeutsam um die gegenwartige Diskussion zur Fiktion nachvollziehen zu konnen Wahrscheinlichkeit Poiesis und Mimesis Aristoteles Bearbeiten In der antiken Literaturtheorie hat es kein der Fiktion vergleichbares Konzept gegeben Dies erklart sich aus dem andersgearteten Realitats und Dichtungsverstandnis siehe Geschichte der Fiktion Besonders wichtig fur das antike Realitatsverstandnis ist das Konzept des Wahrscheinlichen veri similia eikota Das Wahrscheinliche ist dabei plausibel und daher oft uberzeugend obwohl es der Wahrheit bloss ahnlich ist dem Wahren ahnlich ist die wortliche Ubersetzung von veri similis Allerdings lasst sich fur das antike Verstandnis die Wahrheit oft nicht ermitteln sie bleibt praktisch auf die philosophisch reine Erkenntnis beschrankt Wenn aber Dichtung auf das Wahrscheinliche setzt so nutzt sie dass das Unwahre wie das Wahre aussehen kann und damit einen realistischen Eindruck erzeugt Aristoteles Verstandnis der Poiesis weist Vergleichbarkeiten zu Fiktion auf wie vor allem Kate Hamburger hervorgehoben hat 19 Poiesis heisst wortlich das Tun oder das Machen bedeutet aber zugleich Dichtung und steht damit in grosser Nahe zur fictio das Bilden das Formen das Erdichten Wenn Aristoteles die Herstellung von Dichtung thematisiert befasst er sich mit der Erzeugung von Vorstellungsinhalten und bietet so eine Theorie der Dichtung die bereits Teile der spateren Fiktionstheorie vorformuliert Ein zentrales antikes Konzept zur Erklarung von Dichtung ist Mimesis lat imitatio Gangig meint der Begriff in erster Linie die naturgerechte Wiedergabe er wird meist mit Nachahmung aber auch mit Darstellung ubersetzt Da jedoch fur Aristoteles ausdrucklich etwas was nicht vorhanden ist nachgeahmt werden kann ist die antike Mimesistheorie ein Versuch zu erklaren wie man uber bloss sprachlich erzeugte Gegenstande sprechen kann Die klassischen Thesen sind von Genette Hamburger und anderen aufgenommen und wieder gestarkt worden Insbesondere der deutsche Anglist Ansgar Nunning hat in Verbindung mit der Erzahltheorie eine neue Konzeption des Mimesisbegriffs im Zusammenhang mit der Erzahlung etabliert die er Mimesis des Erzahlens 36 bezeichnet Sie spielen aber nur eine Rolle in der historischen Fiktionsforschung Als ob Vaihinger Hamburger Searle Bearbeiten Hans Vaihinger schlagt in seinem Hauptwerk Die Philosophie des Als ob eine erkenntniskritische Theorie der Hilfsoperationen vor Eine Fiktion ist dem nach eine Hilfsvorstellung die das Denken erleichtert oder erst ermoglicht und keine Tatsachen impliziert Bemerkenswert sind seine Ausfuhrungen zu den zweckmassigen Fiktionen in der er die Methode der entgegengesetzten Fehler Kapitel XXVI mit Mathematik Jurisprudenz und Naturwissenschaften zusammenfuhrt Auch Immanuel Kant bestimmt die Vernunftbegriffe als doch nicht gedichtete und zugleich dabei fur moglich angenommene Gegenstande und als heuristische Fiktionen 37 Vaihinger stutzt sich auf Kant Vaihingers Theorie will sich vor allem auf die Naturwissenschaften anwenden lassen und bedenkt nur in einem Exkurs die Literatur 38 Auch fur die literarische Fiktion wie es bei Vaihinger heisst nimmt der Rezipient bewusst die falschen Annahmen die die Literatur ihm vorsetzt an und behandelt sie als ob sie gultig waren um zu einem positiven Ergebnis zu kommen bei Vaihinger etwa zum Genuss des schonen Kunstwerks Die Idee Fiktion mittels einer Als ob Struktur zu erklaren ist von Kate Hamburger und John R Searle aufgegriffen worden Hamburger modifiziert den Gedanken indem sie darauf besteht dass man eher von einer Als Struktur sprechen sollte Der Clou der Fiktion besteht demnach darin dass man die fiktiven Entitaten als genau diese Entitaten betrachtet und so eine Welt der Fiktion auf Augenblicke als eine Welt der Wirklichkeit 39 erscheint Searle dagegen verlagert den Akzent auf die Feststellung dass sich die sprachliche Struktur von fiktionalen und faktualen Behauptungssatzen nicht unterscheidet Aus dieser Feststellung leitet Searle ab dass das zentrale Kriterium der Fiktion die Intention des Sprechers ist so zu tun als ob er ernsthaft etwas behauptet 40 Intention Danto Searle Bearbeiten Zahlreiche Theorien machen Intention zur Voraussetzung dafur dass man uber Fiktion oder Kunst sprechen kann Searle stellt heraus dass sich fiktionales und nicht fiktionales Sprechen nicht in der sprachlichen Struktur unterscheiden 40 Daraus zieht er den Schluss dass der Unterschied in der Haltung zur eigenen Ausserung liegen muss Fiktion zeichnet sich durch die mangelnde Ernsthaftigkeit aus mit der behauptende Sprechakte geaussert werden Arthur C Danto hebt die Bedeutung der Intention fur den Umgang mit allen kunstlerischen Erzeugnissen speziell auch der Fiktion hervor 41 Zwar wird die Bedeutung des Autors fur den Produktions und auch Rezeptionsprozess heute wieder sehr hervorgehoben Ruckkehr des Autors Da Intention nicht einwandfrei feststellbar ist spielt sie jedoch selbst fur Theorien die an der Autorintention festhalten keine zentrale Rolle in der Erklarung von Fiktion mehr Der Akzent hat sich darauf verlagert die Zuschreibung von Intention und ihre Manifestation mit Hilfe kognitionswissenschaftlicher Ansatze zu untersuchen Hier gilt die Forschung zur Theory of Mind als wegweisend Die aktuelle Debatte um den Status der Intention ist angesichts dieser erst jungen Diskussion noch offen Searles Behauptung die sprachliche Struktur fiktionaler und nicht fiktionaler Darstellungen unterscheide sich nicht ist inzwischen weitgehend akzeptiert und wird in aktuellen Fiktionstheorien bestatigt Mangelnde Referenzialisierbarkeit Gabriel Bearbeiten Eine wirkungsreiche und in auch noch aktuellen Arbeiten zur Fiktion wiederkehrende These lautet dass fiktionale Aussagen keine Referenz haben Diese Position steht der analytischen Philosophie nahe Besonders beachtet worden ist der Vorschlag von Gottfried Gabriel Dieser erklart fiktionale Rede als diejenige nicht behauptende Rede die keinen Anspruch auf Referenzialisierbarkeit oder auf Erfulltheit erhebt 42 Erfulltheit meint dass zu einer erfullbaren Aussage eine Belegung besteht mit der die Aussage wahr ist Damit muss die Moglichkeit einer Bezugnahme uberhaupt erst geklart sein bevor ein Urteil uber die Wahrheit eines fiktionalen Satzes gefallt werden kann fiktionale Aussagen sind also weder wahr noch falsch Die Genauigkeit des Vorschlags liegt darin dass er die Moglichkeit gegluckter Referenz nicht ausschliesst sondern lediglich die Bereitschaft beschreibt auf eine Bezugnahme auf die reale Welt zu verzichten Gabriels Theorie tragt auch der Tatsache Rechnung dass fiktionale Literatur durchaus auf die reale Welt erfolgreich und gezielt Bezug nehmen kann siehe Wirkung der Fiktion auf Realitat Gabriel geht namlich davon aus dass es unterschiedliche Grade von Fiktionalitat gibt 43 Auch ist ein spezifischer Anspruch auf Erfulltheit oft gegeben Es bleibt jedoch die Frage wie sich ein Anspruch artikuliert will man nicht auf die Intentionstheorien zuruckgreifen Gabriels heute als klassisch geltende Position geht in der analytischen Welttheorie auf Besonders diejenigen Welttheorien die eine strikte Trennung zwischen fiktiver und realer Welt annehmen profitieren nach wie vor von Gabriels Theorie Fiktionsvertrag Coleridge Bearbeiten Theorien des Fiktionsvertrags nehmen an dass Autor und Leser eine Ubereinkunft erzielen nach der der Leser die Angaben einer fiktionalen Darstellung fur den Moment glaubt aber letztlich weiss dass diese Darstellung nicht wahrheitsgemass ist Diese Theorien gehen nicht zuletzt auf die Formel willing suspension of disbelief 44 willentliche Aussetzung der Unglaubigkeit zuruck die der Dichter Samuel Taylor Coleridge gepragt hat Demnach willigt der Leser auf Einladung des Autors fur den Moment der Lekture bewusst ein den Unglauben zu suspendieren also fur die Zeit des Rezeptionsvorgangs der Darstellung des fiktionalen Textes Glauben zu schenken Nach dieser Lekture wird diese Suspendierung so Coleridge wieder ausser Kraft gesetzt der Leser weiss dann wieder dass er dem Text nicht zu glauben hat Coleridges romantisch dichterische Idee einer zeitlichen Abfolge von Belief und Disbelief erklart jedoch nicht die latente Doppelstruktur einer Repetionshaltung asthetischer Illusion Die These von Fiktionsvertrag ist ausserhalb der Fiktionsforschung popular allerdings innerhalb ihrer nie sehr stark vertreten worden Zum einen liegt eine unklare Analogie mit dem juristischen Begriff des Vertrags vor Zum anderen handelt es sich bei dem Nichtglauben bloss um eine der Rezeptionsmoglichkeiten fiktionaler Darstellungen Das gangige bewusste Nichtglauben ist zudem Teil des Phanomens Fiktion und nicht seine Erklarung Poststrukturalistische Kritik an klassischen Fiktionstheorien Bearbeiten Von poststrukturalistischer und konstruktivistischer Seite sind viele Einwande gegen einige der Annahmen vorgetragen worden von denen die eher analytischen Fiktionstheorien ausgehen Es handelt sich nicht um eigene Theorien der Fiktion sondern um einflussreiche Anfechtungen analytischer oder hermeneutischer Positionen Weite Teile der etablierten Fiktionstheorie haben die Einwande abgelehnt allerdings kaum diskutiert Von einer nennenswerten Zahl gegenwartiger Fiktionstheoretiker wird eine Neubewertung der postmodernen Kritik gefordert oder in Ansatzen durchgefuhrt Den konstruktivistischen und poststrukturalistischen Positionen gelten die hier aufgefuhrten Einwande gegen Annahmen der Fiktionstheorie bereits als kanonisiert Referenz Luhmann Derrida Rorty Bearbeiten Zahlreiche Vertreter sehr unterschiedlicher Denkschulen etwa Jacques Derrida und Niklas Luhmann stellen grundsatzlich in Zweifel dass Referenz im Sinne der analytischen Philosophie und der klassischen Metaphysik moglich ist 45 Der sprachliche Bezug auf die sogenannte aussersprachliche Realitat ist demnach immer bruchig und keine letztgultige unhinterfragbare Erfolgskontrolle ist moglich Da erfolgreiche Referenz damit grundsatzlich unprufbar ist zeichnet ihr Mangel Fiktion nicht aus sie bildet daher kein Kriterium fur Fiktion Richard Rorty diskutiert das Problem dass analytische Positionen unter der Unsicherheit leiden dass man nicht wissen kann ob eine Weltbeschreibung das Wesen der realen Welt trifft deshalb sind Fiktionstheorien die auf Referenz setzen ungeeignet da sie darauf beruhen den grundsatzlichen Zweifel einfach zu ignorieren 46 Rorty widmet sich vor allem der Frage ob Referenz uberhaupt die Annahme von Existenz voraussetzt Die Debatte bewegt sich um die Frage wie uberhaupt geeignete Weltbeschreibungen moglich sind und ob Wahrheit und Referenz notwendige Voraussetzungen einer Fiktionstheorie sind 47 Selten wird diese Kritik radikalisiert indem behauptet wird dass es keinen Unterschied zwischen fiktionaler und faktualer Beschreibung gibt Die breiter vertretene gemassigte Fassung enthalt keine positive These zur Fiktion und ist damit nur als Kritik an bestehenden Theorien zu verstehen nicht als eigenes Erklarungsangebot Es gibt hier durchaus Anknupfungspunkte an einige der Vertreter der analytischen Philosophie etwa Willard Van Orman Quine von denen die Unscharfe der Referenz stark hervorgehoben wird 48 Die weiterfuhrende Diskussion steht noch aus Intention Derrida Bearbeiten Intention lasst sich nicht am Verhalten oder der konkreten sprachlichen Ausserungen eines Sprechers feststellen Sie lasst sich im Bestfall nur wieder an anderen Ausserungen messen Daher ist eine absolute Klarung der Intention eines Sprechers unmoglich Dieses phanomenologische Problem der Intention lasst es nicht zu die Intention zur Hervorbringung fiktionaler Rede zu prufen Besonders Derrida richtet seine Kritik an der Logik der Intention gegen Searles Fiktionstheorie 40 und polemisiert Wenn Searle ins Weisse Haus ginge und mit aller Intention so tate als ob er ernsthaft zugangsberechtigt ware hier nimmt Derrida Searles Fiktionsdefinition auf konnte er davon ausgehen dass die Sicherheitsbeamten das nicht als Fiktion ansahen sondern als Versuch werten wurden widerrechtlich ins Weisse Haus einzudringen 49 Die Auseinandersetzung zwischen Searle und Derrida ist fur die Bewertung des Verhaltnisses von Analytischer Philosophie und Poststrukturalismus zentral 50 Die Intentionsthese wird nicht nur wegen der mangelnden Uberprufbarkeit der Intention abgelehnt Das Problem ist vielmehr dass auch eine ausdruckliche Erklarung einer Nichtubereinstimmung von fiktivem und realem Tatbestand wirkungslos sein kann Anders ausgedruckt man kann nicht einfach behaupten dass alle Figuren erfunden sind und damit sicherstellen dass man nicht zur Verantwortung gezogen wird falls es doch zu starke Ahnlichkeiten zwischen fiktivem und realem Tatbestand gibt Fiktion als verabschiedetes Paradigma A Assmann Bearbeiten Die Anglistin Aleida Assmann hat die Auffassung vorgetragen die Differenz zwischen Fiktion und Realitat sei ein verabschiedetes Paradigma 51 Damit ist gemeint dass in den letzten Jahren in der modernen Gesellschaft das Bedurfnis geschwunden ist zwischen wahren und bloss erfundenen Tatsachen zu unterscheiden Ob beispielsweise ein wahrheitsgetreuer oder reisserisch ubertriebener Bericht die Fernsehoffentlichkeit erregt spielt gemass dieser These heute eine geringere Rolle Assmanns Einschatzung ist mehrheitlich zuruckgewiesen worden Im Gegenteil wird zum Beispiel in der Werbung Authentizitat gern suggeriert Rezipienten unterscheiden nach wie vor in der Regel zwischen faktualen und fiktionalen Berichten und passen ihr Verhalten an ein Vorliegen des Fiktionalitatsstatus an Geschichte der Fiktion BearbeitenEs ist nach wie vor umstritten ob man die antike und fruhmittelalterliche Literatur als im modernen Sinne fiktional bezeichnen kann oder ob es sich nicht um ein recht junges Phanomen handelt Auch ist man sich nicht einig ob es in allen Kulturen Fiktion gibt oder gegeben hat Entsprechend hangt der Streit sehr eng damit zusammen ob es sich bei Erzahlen und Fiktion um anthropologische Grundbestande handelt also alle Menschen einander immer schon erfundene Geschichten erzahlen oder ob diese recht junge kulturelle Phanomene sind Die folgenden Ausfuhrungen beschranken sich auf die Geschichte der Fiktion in der sogenannten westlichen Welt ein interkultureller Vergleich steht noch aus In der Antike wird zwischen zutreffenden wahren wahrscheinlichen und unzutreffenden falschen unwahrscheinlichen Darstellungen unterschieden Die Vorstellungen von Wahrheit und Wahrscheinlichkeit unterscheiden sich dabei allerdings deutlich von den modernen Entsprechungen 52 Der Antike ist durchaus vertraut Ablehnungsgrunde fur die Wahrheit oder Wahrscheinlichkeit einer Darstellung zu finden Etwas kann erlogen unmoglich oder aber fabelhaft sein Das Fabelhafte bildet dabei am ehesten eine Vorform der Fiktionalitat Die klassische Dreiteilung ist die in historia argumentum und fabula wobei historia eine wahre argumentum eine nicht wahre aber dem Wahren ahnliche und fabula eine nicht nur falsche sondern uberdies unmogliche Erzahlung ist Die Luge ist von der fabelhaften Erzahlung nicht klar geschieden diese fehlende Unterscheidung ist der Grund dafur dass Platon den Vorwurf erhebt alle Dichter wurden lugen 53 Denn wissentlich Unwahrscheinliches so vorzutragen als sei es wahrhaftig ist verwirrend und daher anstossig Kompliziert wird die antike Situation durch ein anderes Verstandnis von Geschichtsschreibung und dem besonderen Status der Mythen Historische Schriften werden in der Antike noch beim Kopieren und beim Uberliefern verandert wenn dem neuerlichen Autor bestimmte Dinge unplausibel oder erganzungswurdig erscheinen 54 Es ist ihm sogar gestattet Tatsachenbehauptungen hinzuzufugen wenn sie wahrscheinlich sind Ein solches Verhaltnis zur historischen Quelle und zum Fakt erschwert es bei freien Erganzungen von Fiktion im modernen Sinne zu sprechen Die Mythen sind gleichfalls problematisch fabula ist die lateinische Entsprechung von griechisch mythos der Antike ist durchaus bekannt dass die Gottergeschichten einen anderen Status besitzen als die Geschichtsschreibung Dennoch haben die Gottergeschichten eine gewisse religiose Verbindlichkeit und werden zugleich als mogliche Beschreibungen tatsachlicher Vorkommnisse in der Gotterwelt gedeutet Oftmals gibt es verschiedene einander ausschliessende Varianten zum Beispiel uber die Zeugung der Aphrodite Es liegt eine ahnliche Situation vor wie bei Heiligen Texten doch ist die geschichtliche Verbindlichkeit hoher Die Mythen bestehen in der einen einzigen Welt sie schaffen keine unzulangliche und andere Welt 55 Die Situation im Mittelalter ist zumindest bis zum 12 Jahrhundert mit dem Altertum weitgehend vergleichbar Es wird weiterhin zwischen zutreffenden und unzutreffenden Darstellungen unterschieden Die Garanten fur Triftigkeit wechseln jedoch An die Stelle der Mythologie und der Philosophie treten das Christentum und philosophische Autoritaten wie Aristoteles Wie in der Antike werden Quellen Zeugenaussagen grosse und kleine Autoritaten sowie Plausibilitatserwagungen zusammen berucksichtigt Darstellungen in mittelalterlichen Romanen bilden stets mogliche Beschreibungen der Welt Sichtweisen gewissermassen die keine andersartige Welt erzeugen wie dies fur moderne Fiktion charakteristisch ist Selbst bei Chretien de Troyes einem der innovationsreichsten Autoren des Mittelalters waren Beschreibungen unzulassig gewesen die den Autoritaten widersprochen hatten Im Mittelhochdeutschen ist es ublich von luge Luge zu sprechen wenn erzahlte Sachverhalte nicht den Tatsachen entsprechen ohne dass dies zwingend abwertend gemeint ist Im Anschluss an den lateinischen Ausdruck fabula wird von einer narratio fabulosa gesprochen wenn eine Erzahlung viele unwahre Elemente enthalt 56 Erst etwa im 13 Jahrhundert wachst das Bewusstsein dafur dass Handlungselemente erfunden werden dass also nichtwahre Elemente gezielt eingesetzt werden konnen 57 Bei der Bibelexegese wird im Mittelalter angesichts einer immer komplexeren Philosophie eine geschickte Interpretationstechnik erforderlich es bildet sich eine komplexe Hermeneutik aus Als unzutreffend oder falsch gilt was der christlichen Botschaft widerspricht Doch schon die Widerspruche zwischen Altem und Neuem Testament erzwingen Deutungen die vom wortlichen Sinn abweichen Der Uberlieferungszusammenhang und die kanonisierten Deutungen werden wichtiger als der Heilige Text selbst Erst in der spateren Neuzeit entsteht Fiktion im modernen Sinne Im 16 Jahrhundert verbreitet sich dank Philip Sidneys Apology for Poetry die Auffassung dass Dichter nicht lugen Im 17 Jahrhundert lassen sich Tendenzen erkennen die erlauben eigenstandige autonome und selbstbezogene andere Welten als die reale zu denken Deutlich ist der Ubergang bei Gottfried Wilhelm Leibniz vollzogen der das Konzept moglicher Welten vorstellt Als mogliche Erstlinge der modernen Fiktion werden Don Quijote von Cervantes und Robinson Crusoe von Daniel Defoe diskutiert Eine exakte Datierung der Entstehung von Fiktion ist allerdings weder moglich noch sinnvoll da es nicht um das Hervorbringen neuer Textqualitaten geht sondern um ein neuartiges Verstandnis von Realitat und Welt 58 Dieser Wandel vollzog sich in der Fruhen Neuzeit langsam und nicht uberall im gleichen Masse Erst spat begunstigte er das Hervorbringen moderner fiktionaler Literatur 59 Doch sobald sich ein neuartiges Verstandnis von Realitat und von Wahrscheinlichkeit ausgebildet hatte konnten auch viele der fruheren Texte etwa die mittelalterlichen Romane die Gottliche Komodie von Dante oder die antiken Epen von da an als fiktional gelesen werden selbst wenn sie unter Bedingungen verfasst worden waren in denen es die moderne Fiktion noch nicht gegeben hatte Es werden zwei massgebliche Grunde fur das Entstehen von Fiktion genannt Der erste kleinere Grund liegt in der Entdeckung der Neuen Welt und mit der damit einhergehenden Erfahrung dass es vollig andere Lebensraume geben kann Der zweite gewichtigere Grund besteht im Aufkommen des Rationalismus vor allem mit Rene Descartes radikaler Infragestellung aller bestehenden Wahrheiten Der Rationalismus verlangt eine kritische Prufung der Voraussetzungen sicheren Wissens Die zuvor erlaubten Schwebezustande zwischen wahren und plausiblen Aussagen geraten in Diskredit Texte auch dichterische mussen sich von da an hinsichtlich ihres Wahrheitsanspruchs und damit des Weltbezugs ausweisen Literatur BearbeitenKlassische fiktionstheoretische Schriften Bearbeiten Dorrit Cohn The Distinction of Fiction Johns Hopkins University Press Baltimore MD u a 1999 ISBN 0 8018 5942 5 Sammlung auch alterer Aufsatze von Dorrit Cohn Gottfried Gabriel Fiktion und Wahrheit Eine semantischen Theorie der Literatur Problemata 51 Frommann Holzboog Stuttgart 1975 ISBN 3 7728 0573 6 Gerard Genette Fiction et diction Seuil Paris 1991 ISBN 2 02 012851 9 Deutsche Ubersetzung Fiktion und Diktion Fink Munchen 1992 ISBN 3 7705 2771 2 Kate Hamburger Die Logik der Dichtung Klett Stuttgart 1957 4 Auflage Klett Cotta Stuttgart 1994 ISBN 3 608 91681 4 Wolfgang Iser Das Fiktive und das Imaginare Perspektiven literarischer Anthropologie Suhrkamp Frankfurt am Main 1991 ISBN 3 518 58077 9 Kendall L Walton Mimesis as Make Believe On the Foundations of the Representational Arts Harvard University Press Cambridge MA u a 1990 ISBN 0 674 57619 5 Klaus W Hempfer Zu einigen Problemen einer Fiktionstheorie in Zeitschrift fur franzosische Sprache und Literatur 100 1990 S 109 137 Aktuelle literaturwissenschaftliche und soziologische Arbeiten Bearbeiten Martin Andree Archaologie der Medienwirkung Faszinationstypen von der Antike bis heute Simulation Spannung Fiktionalitat Authentizitat Unmittelbarkeit Geheimnis Ursprung Fink Munchen 2005 ISBN 3 7705 4160 X Zugleich Koln Univ Diss 2004 J Alexander Bareis Fiktionales Erzahlen Zur Theorie der literarischen Fiktion als Make Believe Goteborger germanistische Forschungen 50 Acta Universitatis Gothoburgensis Goteborg 2008 ISBN 978 91 7346 605 9 Zugleich Goteborg Univ Diss 2007 Thorsten Benkel Soziale Welt und Fiktionalitat Chiffren eines Spannungsverhaltnisses Kovac Hamburg 2008 ISBN 978 3 8300 3112 3 Socialia 89 Remigius Bunia Faltungen Fiktion Erzahlen Medien Philologische Studien und Quellen 202 Erich Schmidt Berlin 2007 ISBN 978 3 503 09809 5 Zugleich Siegen Univ Diss 2006 Elena Esposito Die Fiktion der wahrscheinlichen Realitat Edition Suhrkamp 2485 Suhrkamp Frankfurt am Main 2007 ISBN 978 3 518 12485 7 Stephanie Metzger Theater und Fiktion Spielraume des Fiktiven in Inszenierungen der Gegenwart Theater 18 transcript Bielefeld 2010 ISBN 978 3 8376 1399 5 Zugleich Munchen Univ Diss 2009 Jurgen H Petersen Die Fiktionalitat der Dichtung und die Seinsfrage der Philosophie Fink Munchen 2002 ISBN 3 7705 3758 0 Frank Zipfel Fiktion Fiktivitat Fiktionalitat Analysen zur Fiktion in der Literatur und zum Fiktionsbegriff in der Literaturwissenschaft Allgemeine Literaturwissenschaft Wuppertaler Schriften 2 Erich Schmidt Berlin 2001 ISBN 3 503 06111 8 Zugleich Mainz Univ 3 503 06111 8 Diss 1999 Aktuelle kognitionspsychologische Arbeiten Bearbeiten Richard J Gerrig Experiencing Narrative Worlds On the Psychological Activities of Reading Yale University Press New Haven CT u a 1993 ISBN 0 300 05434 3 Lisa Zunshine Why we Read Fiction Theory of Mind and the Novel Ohio State University Press Columbus OH 2006 ISBN 0 8142 1028 7 Sammelwerke Bearbeiten Dieter Henrich Wolfgang Iser Hrsg Funktionen des Fiktiven Poetik und Hermeneutik 10 Fink Munchen 1983 ISBN 3 7705 2056 4 Maria E Reicher Hrsg Fiktion Wahrheit Wirklichkeit Philosophische Grundlagen der Literaturtheorie KunstPhilosophie 8 Mentis Verlag Paderborn 2006 ISBN 3 89785 354 X Weblinks Bearbeiten Wiktionary Fiktion Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Bibliographie zum Thema Fiktion Memento vom 1 Juli 2012 im Internet Archive beim Netzwerk Fiktion der DFG Fred Kroon Alberto Voltolini Fiction In Edward N Zalta Hrsg Stanford Encyclopedia of Philosophy Steven Schneider The Paradox of Fiction In J Fieser B Dowden Hrsg Internet Encyclopedia of Philosophy Das Imaginarium ein Internetforum uber die Entwicklung fiktiver WeltenEinzelnachweise Bearbeiten Matias Martinez Michael Scheffel Einfuhrung in die Erzahltheorie 11 uberarbeitete Auflage C H Beck Munchen 2019 ISBN 978 3 406 74283 5 S 16 Wolf Schmid Elemente der Narratologie Walter de Gruyter Berlin 2005 ISBN 3 11 018593 8 S 44 45 Katha Joos alias Feael Silmarien Was ist Fiktion Fiktivitat und Fiktionalitat vs Faktualitat 23 Februar 2018 1 Andreas Kablitz Kunst des Moglichen Prolegomena zu einer Theorie der Fiktion In Poetica Band 35 2003 S 251 273 Gerard Genette Fiction et diction Seuil 1991 Deutsche Ubersetzung Fiktion und Diktion Fink 1992 http www sbrgmbh homepage t online de tmp maharashtra jmcos 5hhs8f php e40275 roman herkunft schriftsteller https www deutschlandfunkkultur de traeumen auf portugiesisch 1013 de html dram article id 228051 Kendall L Walton Mimesis as Make Believe On the Foundations of the Representational Arts Harvard University Press 1990 S 145 Marie Laure Ryan Fiction Non Factuals and the Principle of Minimal Departure In Poetics Band 9 1980 S 403 422 Niklas Luhmann Liebe als Passion Suhrkamp 1982 Bernd W Seiler Die leidigen Tatsachen Von den Grenzen der Wahrscheinlichkeit in der deutschen Literatur seit dem 18 Jahrhundert Klett Cotta 1983 Peter Blume Fiktion und Weltwissen Der Beitrag nichtfiktionaler Konzepte zur Sinnkonstitution fiktionaler Erzahlliteratur Erich Schmidt 2004 Remigius Bunia Faltungen Fiktion Erzahlen Medien Erich Schmidt 2007 David Lewis On the Plurality of Worlds Blackwell 1986 Elena Esposito Fiktion und Virtualitat In Sybille Kramer Hrsg Medien Computer Realitat Wirklichkeitsvorstellungen und neue Medien Suhrkamp 1998 Hayden White Metahistory The Historical Imagination in Nineteenth Century Europe Johns Hopkins University Press 1973 Deutsche Ubersetzung Hayden White Metahistory Die historische Einbildungskraft im 19 Jahrhundert in Europa S Fischer 1991 Hans Robert Jauss Asthetische Erfahrung und literarische Hermeneutik Fink 1977 Reinhart Koselleck Vergangene Zukunft Zur Semantik geschichtlicher Zeiten Suhrkamp 1979 Richard J Gerrig Experiencing Narrative Worlds On the Psychological Activities of Reading Yale University Press 1993 a b Kate Hamburger Die Logik der Dichtung Klett 1957 BVerfG 1 BvR 1783 05 vom 13 Juni 2007 Bernd W Seiler Die leidigen Tatsachen Von den Grenzen der Wahrscheinlichkeit in der deutschen Literatur seit dem 18 Jahrhundert Klett Cotta 1983 S 54 Aristoteles Poetik im 4 Jh vor Chr Kap 9 zit nach Poetik Griechisch Deutsch ubersetzt von Manfred Fuhrmann Reclam 2001 Philip Sydney An Apology for Poetry Or The Defence of Poesy 1595 zit nach der Ausgabe Nelson 1965 S 123 Theodor W Adorno Asthetische Theorie Suhrkamp 1970 Kate Hamburger Wahrheit und asthetische Wahrheit Klett Cotta 1979 Nelson Goodman Languages of Art An Approach to a Theory of Symbols Bobbs Merrill 1968 Deutsche Ubersetzung Sprachen der Kunst Suhrkamp 1973 Niklas Luhmann Die Kunst der Gesellschaft Suhrkamp 1995 Wolf Singer Neurobiologische Anmerkungen zum Wesen und zur Notwendigkeit von Kunst In ders Der Beobachter im Gehirn Essays zur Hirnforschung Suhrkamp 2002 S 211 234 Lisa Zunshine Why we Read Fiction Theory of Mind and the Novel Ohio State University Press 2006 Gerhard Plumpe Niels Werber Kunst ist codierbar In Siegfried J Schmidt Hrsg Literaturwissenschaft und Systemtheorie Positionen Kontroversen Perspektiven Westdeutscher Verlag 1993 S 9 43 Steven Johnson Everything Bad Is Good for You How Popular Culture Is Making Us Smarter Penguin 2005 Deutsche Ubersetzung Steven Johnson Die neue Intelligenz Warum wir durch Computerspiele und TV kluger werden Kiepenheuer amp Witsch 2006 Marie Laure Ryan Narrative as Virtual Reality Immersion and Interactivity in Literature and Electronic Media Johns Hopkins University Press 2001 Remigius Bunia Faltungen Fiktion Erzahlen Medien Erich Schmidt 2007 Vgl dazu das ausfuhrliche Kapitel zu Fiktionalitat in Martin Andree Archaologie der Medienwirkung Faszinationstypen von der Antike bis heute Simulation Spannung Fiktionalitat Authentizitat Unmittelbarkeit Ursprung Fink Munchen 2005 Sebastian Mehl Fiktion und Identitat im Fall Esra Mehrdisziplinare Bearbeitung eines Gerichtsverfahrens Lit Verlag Munster 2014 Kap 3 zur Fiktion und Kap 4 zur Empirie Ansgar Nunning Mimesis des Erzahlens Prolegomena zu einer Wirkungsasthetik Typologie und Funktionsgeschichte des Akts des Erzahlens und der Metanarration In Jorg Helbig Hrsg Erzahlen und Erzahltheorie im 20 Jahrhundert Festschrift fur Wilhelm Fuger Winter Heidelberg 2001 ISBN 3 8253 1156 2 S 13 47 Immanuel Kant Kritik der reinen Vernunft 1781 Reclam 1995 S 784 A 770 Hans Vaihinger Die Philosophie des Als Ob System der theoretischen praktischen und religiosen Fiktionen der Menschheit auf Grund eines idealistischen Positivismus 1911 Meiner 1918 S 129 143 Kate Hamburger Noch einmal Vom Erzahlen In Euphorion Band 59 1965 S 46 71 hier S 63 a b c John R Searle The Logical Status of Fictional Discourse In New Literary History Band 6 1975 S 319 332 Arthur C Danto The Transfiguration of the Commonplace A Philosophy of Art Harvard University Press 1981 Gottfried Gabriel Fiktion und Wahrheit Eine semantische Theorie der Literatur Frommann Holzboog 1975 Vgl Gottfried Gabriel Fiktion In Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft Bd 1 Berlin New York 1997 S 594 598 Samuel Taylor Coleridge Biographia Literaria 1817 Bd II Clarendon Press 1907 S 6 Jacques Derrida Limited Inc Galilee 1990 Niklas Luhmann Die Gesellschaft der Gesellschaft Suhrkamp 1997 Richard Rorty Is there a Problem about Fictional Discourse In Dieter Henrich Wolfgang Iser Hrsg Funktionen des Fiktiven Fink 1983 S 67 93 Vgl hierzu Remigius Bunia Faltungen Fiktion Erzahlen Medien Erich Schmidt 2007 S 51 62 Willard Van Orman Quine Word and Object MIT Press 1960 Jacques Derrida Limited Inc Galilee Paris 1990 ISBN 2 7186 0364 X Niklas Luhmann Die Gesellschaft der Gesellschaft Suhrkamp 1997 ISBN 3 518 58247 X S 195 197 Vgl hierzu Remigius Bunia Faltungen Fiktion Erzahlen Medien Erich Schmidt 2007 S 43f und 193 speziell zur Unterscheidung use mention um die es implizit geht S 334 339 Zur Geschichte der Searle Derrida Debatte siehe Dirk Werle Die Kontroverse zwischen John Searle und Jacques Derrida uber eine adaquate Theorie der Sprache In Ralf Klausnitzer Carlos Spoerhase Hrsg Kontroversen in der Literaturtheorie Literaturtheorie in der Kontroverse Lang 2007 S 1 14 Aleida Assmann Fiktion als Differenz In Poetica Band 21 1989 S 239 260 hier S 240 Glen W Bowersock Fiction as History Nero to Julian University of California Press 1994 ISBN 0 520 08824 7 Platon Staat Politeia um 370 v Chr zit nach der Ausgabe ders Werke Bd 2 WBG 2004 S 5 407 hier S 85 Egert Pohlmann Einfuhrung in die Uberlieferungsgeschichte und in die Textkritik der antiken Literatur WBG 1994 Vgl Jan Assmann Das kulturelle Gedachtnis Schrift Erinnerung und politische Identitat in fruhen Hochkulturen Beck 1992 Hennig Brinkmann Mittelalterliche Hermeneutik Niemeyer 1980 Sonja Glauch die fabelen sol ich werfen an den wint Der Status der arthurischen Fiktion im Reflex Thomas Gotfrid und Wolfram In Poetica Band 37 2005 S 29 64 Elena Esposito Die Fiktion der wahrscheinlichen Realitat Suhrkamp 2007 Martin Andree Archaologie der Medienwirkung Faszinationstypen von der Antike bis heute Simulation Spannung Fiktionalitat Authentizitat Unmittelbarkeit Ursprung Fink Munchen 2005 Normdaten Sachbegriff GND 4192723 0 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Fiktion amp oldid 232025601