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Figuren lat figura Gestalt sind erfundene Wesen die durch fiktionale Medienangebote 1 dargestellt werden etwa durch mundliche Erzahlungen Gemalde Romane oder Filme Dabei werden Figuren in jedem Medium auf eine besondere Art erschaffen literarische Figuren durch geschriebene Sprache Comicfiguren durch Bilderfolgen Film und Fernsehfiguren durch Bewegtbilder und Theaterfiguren durch direkt anwesende Schauspieler Mit Computerspielfiguren konnen die User daruber hinaus interagieren und durch Avatare sogar zum virtuellen Teilnehmer in der fiktionalen Welt werden Inhaltsverzeichnis 1 Definition 2 Funktionen 3 Formen 4 Untersuchung 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Einzelnachweise 8 WeblinksDefinition BearbeitenDer Gebrauch des Ausdrucks Figur ist nicht ganz einheitlich Alltagssprachlich wird er manchmal auf samtliche Gestalten in den Medien angewandt also nicht nur auf erfundene Wesen sondern auch auf reale Personen beispielsweise in Dokumentarfilmen Um hier eine deutliche Grenze zu ziehen ist vor allem im juristischen Kontext der Ausdruck Kunstfigur gebrauchlich In der Regel sind damit fiktive Figuren gemeint die eng mit offentlich auftretenden Darstellern oder Stars verbunden sind So ist der kasachische Journalist Borat im gleichnamigen Film eine Kunstfigur des britischen Komikers Sacha Baron Cohen weil dieser auch ausserhalb des Films als Borat auftritt In den Geisteswissenschaften ist der Ausdruck Kunstfigur eher unublich man spricht von fiktiven Figuren oder einfach von Figuren bemuht sich aber um eine prazisere Verwendungsweise als in der Alltagssprache Was Figuren genau sind ist dabei in mindestens drei Hinsichten umstritten 2 1 Ontologie Figuren wie Sherlock Holmes kann man nicht auf der Strasse begegnen aber auf irgendeine Weise scheint es sie doch zu geben Um was fur eine Art von Gegenstanden handelt es sich also Semiotische Theoretiker halten Figuren fur Zeichen im Text Psychologische Theoretiker halten sie dagegen fur Vorstellungen im Kopf von Lesern oder Zuschauern Eine dritte Theoretikergruppe halt sie fur Produkte der Kommunikation zwischen Autoren und ihrem Publikum Diese Meinungen fuhren zu unterschiedlichen Methoden und Ergebnissen der Untersuchung So galt es in der Literaturwissenschaft langere Zeit als falsch sich Gedanken uber die Psyche von Figuren zu machen weil diese ja nur Textbausteine seien Heutzutage geht man dagegen davon aus dass die figurenbezogenen Aussagen die explizit in einem Text stehen in der Vorstellung von Autoren und Lesern systematisch erganzt werden Ahnlich beim Film Wir sehen eine Figur lachen vermuten aber aus unserer Alltagserfahrung dass sie in Wirklichkeit todtraurig ist 2 Fiktionalitat Figuren sind fiktiv es gibt sie nicht in der konkreten Wirklichkeit Aber in manchen fiktionalen Erzahlungen kommen historische Gestalten wie Napoleon oder Kennedy vor die nicht frei erfunden sondern an die Realitat angelehnt sind Durch den Kontext eines fiktionalen Werks das keinen direkten Wahrheitsanspruch erhebt werden sie jedoch selbst fiktionalisiert So wird Napoleon in Spielfilmen von Schauspielern dargestellt die zumindest ein wenig anders aussehen und sich anders verhalten als ihr historisches Vorbild und John F Kennedy in einem Roman wird als Romanfigur verstanden 3 Personalitat Manchmal wird davon ausgegangen dass Figuren stets menschlichen Personen entsprechen Dies ist aber unzutreffend Es kann sich auch um Tiere Lassie um ubernaturliche oder kunstliche Gestalten Gotter Monster Ausserirdische Roboter oder um Mischformen Werwolfe Cyborgs usw handeln Die entscheidenden Merkmale die Figuren von anderen Elementen fiktionaler Welten unterscheiden sind vor allem ihre Fahigkeit zu einem Innenleben zu mentalen Prozessen wie Denken Fuhlen Wollen usw und meist auch zum Handeln innerhalb einer dargestellten Welt Figuren konnen demnach naherungsweise definiert werden als fiktive kommunikativ konstruierte Gegenstande denen in Medientexten die Fahigkeit zu einem Innenleben zugeschrieben wird 3 Dieses Innenleben kann sehr einfacher Art sein das Krumelmonster aus der Sesamstrasse will Kekse aber auch sehr komplexer Art etwa in psychologischen Romanen Funktionen Bearbeiten Hauptartikel Heldenreise Figuren konnen zur Erfullung diverser allgemeiner Funktionen von Medientexten beitragen Unterhaltung Kunsterfahrung Aufklarung Ideologievermittlung oder Werbung Werbefigur Manche popularen Gestalten zum Beispiel Mickey Mouse oder James Bond sind dabei in mehreren Medien prasent und haben oft erheblichen Einfluss auf ihr Publikum Dieser Einfluss hangt auch damit zusammen dass Figuren intensive Gefuhle auslosen konnen Man lacht uber sie furchtet um sie kann sich mit ihnen identifizieren oder sie als Vorbilder Rollenmodelle oder auch abschreckende Beispiele ansehen Zugleich ubernehmen Figuren innerhalb eines Medientextes spezifische dramaturgische Funktionen und Rollen sie sind Neben oder Hauptfiguren Protagonisten oder Antagonisten Durch ihre Motive und ihr Verhalten treiben sie die Handlung von Erzahlungen an deren Plot besteht meist zum grossten Teil aus ihren Aktionen Ihre Eigenschaften konnen zudem ubergeordnete Themen und Bedeutungen vermitteln etwa wenn Figuren als Symbole Allegorien oder Personifikationen dienen Manche dieser Bedeutungen sind stark konventionalisiert der Sensenmann als Personifikation des Todes andere subtil und werkspezifisch Formen BearbeitenDer Vielfalt von Funktionen und Medienangeboten entspricht die Vielfalt von Formen die Figuren annehmen Sie konnen mehr oder weniger an eine Alltagsrealitat angelehnt sein oder von ihr abweichen Verschiedene Mittel darunter Dramatisierung Emotionalisierung Stilisierung Perspektivierung komische Uberzeichnung tragen zu solchen Abweichungen bei und steigern zugleich ihre Wirkung Bei Comicfiguren ist zum Beispiel oft der Gesichts und Korperausdruck stark ubertrieben Manchen von ihnen fallen buchstablich die Augen aus dem Kopf Figuren konnen eher typisiert oder eher individualisiert gestaltet sein und die Perspektive von Lesern Zuhorern oder Zuschauern auf das Geschehen kann der Perspektive der Figuren mehr oder weniger stark angenahert werden Im Film wird dies durch die subjektive Kamera besonders deutlich Die Zuschauer sehen in etwa das was die Figur sieht Meist sind Figuren in das Beziehungsnetz einer Figurenkonstellation eingeordnet nehmen darin eine soziale Position ein und werden durch Verfahren der Parallelisierung oder Kontrastierung anderen Figuren gegenubergestellt mit denen sie in Konflikt geraten konnen So stehen der Cop und der Gangster in Michael Manns Film Heat auf verschiedenen Seiten des Gesetzes haben aber ahnliche Werte und Probleme Untersuchung BearbeitenBei der dramaturgischen kulturkritischen medien oder literaturwissenschaftlichen Analyse und Interpretation von Figuren werden unterschiedliche Methoden verwendet Untersucht werden dabei vor allem die folgenden Bereiche 4 ihre Darstellung und Charakterisierung im Medientext direkte und indirekte Eigen und Fremd Charakterisierung medienspezifische Strategien ihre mimetischen Eigenschaften und Strukturen Korper Psyche Sozialitat Verhalten Dimensionalitat Entwicklung ihre Verhaltnisse zu anderen Textelementen zum Beispiel Raum Diegese Plot ihre Rezeption Verstehen Empathie Identifikation parasoziale Interaktion sowie ihr Zusammenhang mit soziokulturellen Kontexten und historischen Entwicklungen Ursachen Wirkungen Menschenbilder Stereotype Die oben skizzierten Auffassungen zur Ontologie der Figur haben Auswirkungen darauf welchen dieser Bereiche man fur besonders wichtig halt Wer eine Figur wie James Bond fur einen Textbaustein halt wird besonders genau untersuchen mit welchen Verfahren Bond im Text dargestellt ist Wer Bond dagegen psychologisch versteht als Vorstellung im Kopf der Leser oder Zuschauer wird sich eher dafur interessieren wie die Leser oder Zuschauer gerade zu dieser Bond Vorstellung kommen und welche Gefuhle sie auslost Insbesondere hinsichtlich der Untersuchungsbereiche 1 4 und 5 gibt es zudem erhebliche Differenzen zwischen den Figuren unterschiedlicher Medien Beispielsweise werden Romanfiguren wie Goethes Wilhelm Meister mittels sprachlicher Verfahren der Erzahler und Figurenrede dargestellt wahrend Filmfiguren wie Scorseses Taxi Driver in einem komplizierteren Prozess entstehen Sie werden durch Schauspieler hier Robert De Niro verkorpert die von Regisseuren inszeniert und deren Bilder von Kameraleuten aufgezeichnet werden bis in der Bild und Tonmontage die fertige Figurendarstellung entsteht So unterschiedlich wie diese Mittel sind auch die medialen und kulturellen Kontexte durch die solche Figuren gepragt werden und schliesslich die kognitiven und emotionalen Reaktionen der Leser Zuhorer und Zuschauer Siehe auch BearbeitenHeld Rolle Theater Literatur BearbeitenJens Eder Die Figur im Film Grundlagen der Figurenanalyse Schuren Marburg 2008 Fotis Jannidis Figur und Person Beitrag zu einer historischen Narratologie De Gruyter Berlin 2004 Thomas Koch Literarische Menschendarstellung Studien zu ihrer Theorie und Praxis Stauffenburg Tubingen 1991 Lothar Mikos Helden Versager und andere Typen Strukturfunktionale Film und Fernsehanalyse Teil 7 In medien praktisch Heft 4 1998 S 48 54 Manfred Pfister Personal und Figur In Ders Das Drama 6 Auflage Fink Munchen 1988 S 220 264 Ralf Schneider Grundriss zur kognitiven Theorie der Figurenrezeption am Beispiel des viktorianischen Romans Stauffenburg Tubingen 2000 Thomas Schick Tobias Ebbrecht Hrsg Emotion Empathie Figur Spielformen der Filmwahrnehmung Vistas Berlin 2008 Murray Smith Engaging Characters Fiction Emotion and the Cinema Clarendon Press Oxford 1995 Henriette Heidbrink Rainer Leschke Hrsg Formen der Figur Figurenkonzepte in Kunsten und Medien UVK Konstanz 2010 Jens Eder Fotis Jannidis Ralf Schneider Hrsg Characters in Fictional Worlds De Gruyter Berlin 2010 Einzelnachweise Bearbeiten Fiktionale Medienangebote sind schriftliche audiovisuelle oder andere Texte in verschiedenen Medien mittels derer fiktive Gegenstande und Welten reprasentiert werden vgl z B den Wikipedia Artikel Fiktion Uri Margolin Character In David Herman Manfred Jahn Marie Laure Ryan Hrsg Routledge Encyclopedia of Narrative Theory London New York 2005 S 52 57 oder Wolfgang Kunne Abstrakte Gegenstande Frankfurt 1983 S 291 ff Vgl Fotis Jannidis Figur und Person Beitrag zu einer historischen Narratologie De Gruyter Berlin 2004 S 151 196 oder Jens Eder Was sind Figuren Ein Beitrag zur interdisziplinaren Fiktionstheorie Mentis Paderborn 2008 S Anmerkung 1 Jens Eder Die Figur im Film Grundlagen der Figurenanalyse Schuren Marburg 2008 S 28 30 Weblinks BearbeitenBibliographie zu Figuren in verschiedenen Medien in Medienwissenschaft Hamburg Berichte und Papiere im Webarchiv Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Figur Fiktion amp oldid 235895209