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Dieser Artikel behandelt den allgemeinen Begriff fur speziellere Bedeutungen siehe Materie Physik und Materie Philosophie Materie uber mittelhochdeutsch materje von lateinisch materia Stoff Thema Ursache Substanz ursprunglich materies Holz Stamme Bauholz verwandt mit lateinisch mater Mutter und matrix ist der Oberbegriff fur alles was Raum einnimmt und Masse besitzt Es bezeichnet also die Substanz aus der alle Dinge der Welt bestehen unabhangig von ihrer Erscheinungsform 1 2 In der Alltagssprache wird der Ausdruck Materie oft synonym mit Material oder Substanz benutzt oder im Sinne von Thema oder Gegenstand einer Untersuchung einer Wissenschaftsrichtung oder eines Unterrichtsfachs eine komplizierte Materie In der Lehre wird in diesem Zusammenhang auch von Lehrstoff gesprochen Der Begriff ist sehr allgemein ihn naher zu bestimmen pragte die Physik und Philosophie seit ihren Ursprungen Grundsatzlich streiten sich Materialisten und Idealisten ob der Materie ein Substrat entspricht das ontologisch als Objekt oder Eigenschaft auffassbar ist und von anderen ontologischen Begriffen abgrenzbar ist etwa von Geist Form Idee 3 4 oder Transzendenz In der Physik ist Materie heutzutage aus Elementarteilchen mit Spin 1 2 displaystyle tfrac 1 2 aufgebaut also Quarks und Leptonen Inhaltsverzeichnis 1 Ausbildung des Materiebegriffs 2 Materie als Gegenstuck zur Idee bzw Form 3 Materie als Gegenstuck zum Geist Bewusstsein 4 Materiebegriff in der Physik 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseAusbildung des Materiebegriffs Bearbeiten Hauptartikel Vier Elemente Lehre und Materie Philosophie Schon die Vorsokratiker waren auf der Suche nach einem Urstoff arche der allen anderen Dingen zugrunde liegt Dazu dienten Gegenstande der sinnlichen Erfahrung die aufgrund bestimmter Eigenschaften weite Verbreitung Wandlungsfahigkeit dazu geeignet erschienen Fur Thales war dieser Urstoff das Wasser fur Anaximenes die Luft fur Heraklit das Feuer Empedokles entwickelte eine Vier Elemente Lehre die den genannten Stoffen noch die Erde hinzu fugte Es stellte sich deshalb die Frage in welchem Verhaltnis der Urstoff zu den Dingen der sinnlichen Erfahrung steht Fur Thales Anaximenes und Heraklit entstand alles aus der Umwandlung der jeweiligen Urmaterie Im Gegensatz dazu vertrat Parmenides als oberstes Prinzip die Unveranderlichkeit des Seienden Empedokles Vier Elemente Lehre stellt dabei einen Mittelweg dar der die Elemente selbst als unveranderlich ansieht die sinnlich wahrnehmbaren Objekte jedoch als eine Mischung der Urstoffe Veranderung ist demnach moglich indem sich die Mischungsverhaltnisse der vier Urstoffe andern Anaxagoras begrundete eine ahnliche Mischungslehre allerdings mit einer unendlichen Anzahl von Grundstoffen Fur Anaximander aber war die Grundsubstanz alles Gewordenen das Apeiron ein einziger unbestimmter Grundstoff der unbegrenzt vorhanden und unbegrenzt teilbar ist Demokrit und sein Lehrer Leukipp sahen die Materie nicht als unbegrenzt teilbar an sondern als bestehend aus kleinsten Einheiten den Atomen Durch verschiedene Anordnungen ergeben ihre Atome alle anderen Dinge bis hin zu den Sinneswahrnehmungen und der Seele Demokrit und Leukipp gelten als die Begrunder des auch in der Neuzeit sehr einflussreichen Atombegriffs Der Materiebegriff wurde auch als ein von den Dingen der Sinneserfahrung abstrahierter Begriff entwickelt Platon und Aristoteles pragten mit Chora bzw Hyle abstrakte Begriffe fur einen Urstoff aus dem durch Wirken einer Idee bzw Einpragen einer Form alle sinnlich wahrnehmbaren Dinge hervorgehen bzw fur die Disposition von Gegenstanden durch Formen gepragt zu werden Die aristotelische hyle wurde in Ciceros lateinischer Ubersetzung zu materia und damit zu unserer Materie Ausserhalb Europas entwickelten sich ahnliche Begriffe der Urmaterie wie etwa die indischen Prakriti oder der chinesische Hun Dun Der Daoismus entwickelte ebenfalls ein Modell der Elemente Funf Elemente Lehre Materie als Gegenstuck zur Idee bzw Form Bearbeiten Hauptartikel Timaios und Hylemorphismus Platon entwickelt in seinem Dialog Timaios eine Vorstellung der Welt in welcher der Demiurg ein gutiger Schopfergott in die ungeordnete Materie die Chora eingreift um daraus den Kosmos und alle Dinge zu formen Der Demiurg orientiert sich dabei an der Ideenwelt und bildet alles Physische als Nachbildung der ewigen Ideen Diese Beziehung zwischen den Dingen und den Ideen kommt z B in Platons Hohlengleichnis zum Ausdruck in dem die scheinbar realen sinnlich wahrnehmbaren Dinge als blosse Schatten der Ideen des wahren Seienden ousia begriffen werden Aus der Chora entstehen durch das Eingreifen des Demiurgen die Elemente Erde Wasser Luft Feuer sowie der Ather Diese funf Elemente haben die geometrische Form der funf platonischen Korper und bilden die Grundlage fur alle anderen Korper Durch ihre geometrische Bestimmung wird es moglich mathematische Beziehungen zwischen den Elementen und fur ihre Kombination aufzustellen Diese Vorstellung greift einigen spateren naturwissenschaftlichen Konzepten der Materie Kristallographie Symmetrien Stereochemie vor Aristoteles entwickelt eine ahnliche Zweiteilung zwischen dem Allgemeinen der Form und dem was geformt wird der Materie hyle Aus geformter Materie entsteht Wirklichkeit entelecheia Materie ist in diesem Sinne die Moglichkeit dynamis geformt zu werden siehe Akt und Potenz Aristoteles beschreibt die Materie auch als logischen Pradikator x ist Materie fur y der einen hierarchischen Aufbau der Dinge vom Einfachen zum Komplexen ermoglicht Dazu fuhrte er die materia prima als ungeformten Urstoff ein der durch Formung die materia secunda bildet Diese materia secunda kann dann wiederum materia prima fur ein Ding komplexerer Form sein und so fort Dieses Prinzip findet sich bei den Alchemisten 5 wieder die die Umwandlung von Materie in hoheren Formen anstrebten Transformation aber auch im modernen Weltbild der Physik Indem Aristoteles den Begriff der hyle jedoch zur Interpretation der Aussagen seiner Vorganger verwendet so auch der von Platon im Timaios schreibt er diesen Aussagen zu die den Unterschied zwischen deren Ansatzen die in der Suche nach einem Grundstoff bestehen und seinem Materiebegriff verwischen Von den Vorsokratikern setzt er sich ab indem er Materie nicht mehr als bestimmte Menge von vorgegebenen Grundelementen und Prozessen des Werdens und der Veranderung als deren quantitative Umschichtung betrachtet Die Vorsokratiker haben durch diese Betrachtungsweise das Problem nur verschoben weil die Frage nach der Entstehung der Grundelemente selbst offenbleibt Materie ist fur Aristoteles das was durch Formen bestimmbar ist und existiert also nicht unabhangig von ihrem Gegenstand 6 Materie als Gegenstuck zum Geist Bewusstsein Bearbeiten Hauptartikel Philosophie des Geistes Materialismus und Idealismus Im Alltagsleben und in den meisten naturwissenschaftlichen Betrachtungen wird die Existenz der Materie nicht infrage gestellt da sie bestandig zu Sinneserfahrungen fuhrt sowohl unmittelbar als auch in Untersuchungen und Experimenten mithilfe technischer Hilfsmittel Allerdings setzt eine solche Argumentation fur die Existenz der Materie die Pramisse voraus dass alles existiert was in irgendeiner Form von uns Menschen beobachtet werden kann Sowohl die Gultigkeit als auch die Notwendigkeit dieser Pramisse wurden in Zweifel gezogen Ausserdem wirft diese Betrachtung die Frage auf in welchem Verhaltnis der Betrachter selbst zur Materie steht etwa ob er in gewisser Weise unabhangig von ihr existiert oder nicht Dies fuhrt auf den Begriff des Geistes auf die Frage seiner Existenz und auf das Leib Seele Problem Diese Fragen sind sehr grundlegend und die Antworten darauf begrunden vollkommen unterschiedliche philosophische Schulen die auch die naturwissenschaftlichen Begrifflichkeiten beeinflusst haben Zu diesen Schulen gehoren Dualisten die Geist und Materie beide als existent ansehen welche aber voneinander zu unterscheiden seien und Monisten die entweder nur die Materie oder nur den Geist als das Primare und wahrhaft Existierende ansehen Eine vermittelnde Position nimmt der Panpsychismus ein Anhanger des Materialismus setzen die Existenz der Materie voraus und sehen alles andere als ihre Erscheinungsformen insbesondere auch die Sinneserfahrungen und den Geist Demokrit wird als fruher Anhanger dieser Richtung gesehen im 18 Jahrhundert sind als bedeutende Vertreter La Mettrie und d Holbach zu nennen Diese Denkrichtung wurde im 19 Jahrhundert auch von Naturwissenschaftlern wie Carl Vogt oder Jakob Moleschott vorangetrieben Laplace etwa entwickelte ein streng deterministisches Weltbild in dem jegliche weitere Entwicklung exakt vorausberechenbar ware wenn man den Zustand der Welt zu einem bestimmten Zeitpunkt kennen wurde Laplacescher Damon Das Primat der Materie gegenuber dem Bewusstsein ist das Fundament Siehe Grundfrage der Philosophie des Materialismus als dialektischer und historischer Materialismus von Marx Engels und Lenin Im Gegensatz dazu steht der Idealismus der dem Geist eine primare Existenz einraumt Hierbei wird unterschieden ob es sich um ein allgemeines geistiges Prinzip handelt objektiver Idealismus oder das konkrete Bewusstsein des Menschen subjektiver Idealismus Pragend fur den subjektiven Idealismus ist Berkeleys Satz Esse est percipi Existieren ist Wahrgenommenwerden Verwandt mit dieser Denkrichtung sind auch die Stromungen des Konstruktivismus Im Dualismus schliesslich werden sowohl Geist als auch Materie als unabhangig voneinander existierend anerkannt Descartes loste auf diese Weise das Leib Seele Problem indem er annahm dass beide aufeinander einwirken konnen Leibniz ging noch einen Schritt weiter und lehnte eine Interaktion zwischen Geist und Korper ab Karl Popper und John Eccles gelten als moderne Vertreter des Dualismus Materiebegriff in der Physik Bearbeiten Hauptartikel Materie Physik In der Physik ist Materie der Oberbegriff fur alle Beobachtungsgegenstande die Masse besitzen 7 Literatur BearbeitenRudolf Eisler 1904 Worterbuch der philosophischen Begriffe 2 Bde Historisch quellenmassig bearb v Rudolf Eisler 2 vollig neu bearb Aufl Berlin Wolfgang Gopel Christiane Ziegler 1991 Struktur der Materie Grundlagen Mikroskopie und Spektroskopie Teubner Stuttgart Hubert Grafen 1991 Lexikon Werkstofftechnik VDI Verlag Dusseldorf Friedrich Hund 1978 Geschichte der physikalischen Begriffe B I Wissenschaftsverlag Mannheim Max Jammer 1964 Der Begriff der Masse in der Physik Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt Klaus Mainzer 1996 Materie von der Urmaterie zum Leben Beck Munchen ISBN 3 406 40334 4 Hans Dieter Mutschler 2002 Naturphilosophie Kohlhammer Stuttgart Bertrand Russell 1992 The analysis of matter Routledge London Martin Josef Schermaier 1992 Materia Beitrage zur Frage der Naturphilosophie im klassischen romischen Recht Bohlau Wien Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Materie Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Rudolf Eisler Artikel Materie in Worterbuch der philosophischen Begriffe Berlin 1904 Peter Moller Materie Hans Dieter Mutschler Eintrag Materie im Online Lexikon Naturphilosophische Grundbegriffe Andreas Preussner Materie In Wulff D Rehfus Hrsg Handworterbuch Philosophie Uni Taschenbucher Nr 8208 1 Auflage Vandenhoeck amp Ruprecht UTB Gottingen Stuttgart 2003 ISBN 3 8252 8208 2 philosophie woerterbuch de Memento vom 25 April 2013 im Internet Archive Ehemals Online Dokument Nr 544 Einzelnachweise Bearbeiten Roger Penrose The mass of the classical vacuum In Simon Saunders Harvey R Brown Hrsg The Philosophy of Vacuum Clarendon Press Oxford 1991 ISBN 0 19 824449 5 S 21 26 englisch Dudley Shapere Matter In AccessScience McGraw Hill 2021 abgerufen am 27 Mai 2023 englisch Artikel Materie In Georg Klaus Manfred Buhr Hrsg Philosophisches Worterbuch 11 Aufl Leipzig 1975 Vgl zur Interpretationsbedurftigkeit physikalischer Modelle hinsichtlich eines Materiebegriffs z B Hans Dieter Mutschler Naturphilosophie Kohlhammer Stuttgart 2002 S 108 115 und ders Materie In Naturphilosophische Grundbegriffe Version 1 0 Zu Interpretationsproblemen der Relativitatstheorie bezuglich des Masse und Materiebegriffs vgl den entsprechenden Abschnitt im Artikel Materie Philosophie Henk H Kubbinga La theorie de la matiere de Geber In Z R W M von Martels Hrsg Alchemy revisited Proceedings of the international conference on the history of alchemy at the University of Groningen 17 19 4 1989 Leiden New York Kopenhagen Koln 1990 Collection de travaux de l academie internationale d histoire des sciences 33 S 133 138 Stichwort Materie In Hist Wb Philos 5 Darmstadt 1980 Sp 871 876 Ernst Wilhelm Otten Repetitorium Experimentalphysik 4 Auflage Springer Spektrum Berlin 2019 ISBN 978 3 662 59729 3 1 5 Materie und Masse S 4 f doi 10 1007 978 3 662 59730 9 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Materie amp oldid 237143200