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Materia prima oder prima materia ist ein lateinischer philosophischer Terminus der erste Materie bedeutet der Ausdruck wird auch mit Urstoff oder Urmaterie ubersetzt Der Begriff geht auf Aristoteles zuruck welcher lehrte dass die konkreten materiellen Dinge durch Materie hyle und Form morphe konstituiert seien sog Hylemorphismus Die erste noch ungeformte Materie heisst bei ihm ὕlh prwth hule prote hyle prote oder prwth ὕlh prote hule dieser Ausdruck wurde mit materia prima ins Lateinische ubersetzt Der Begriff war insbesondere in der Scholastik von Bedeutung Von hier aus fand er auch in der Alchemie Anwendung Inhaltsverzeichnis 1 Erste Materie bei Aristoteles 2 Scholastische Diskussionen zur materia prima 3 Alchemie 4 Literatur 5 Weblinks 6 Einzelnachweise Erste Materie bei Aristoteles BearbeitenDie materia prima hyle prote wird dabei als ein Grenzbegriff verstanden der die reine Bestimmbarkeit ohne jede Bestimmung bezeichnet Er steht im Gegensatz zur materia secunda der schon geformten Materie Die materia prima ist nicht dinglich sondern als ein metaphysisches Prinzip zu verstehen und stellt die Moglichkeitsbedingung dafur dar dass ein und dieselbe Form vervielfacht auftreten kann Aristoteles verwendet den Begriff der materia prima in einem doppelten Sinne Im Rahmen seiner in der Physik behandelten Naturphilosophie versteht er darunter das erste Substrat aller Naturkorper die der Ermoglichungsgrund ihrer Umwandlung in andere Korper ist So interpretiert er etwa das Verdampfen des Wassers so dass aus dem Element Wasser etwas zum Element Luft Gehoriges wird Soll dies aber ein wirkliches Werden genesis der Luft aus dem Wasser sein so darf das Wasser nicht seinem ganzen Seinsbestand nach aufhoren zu sein und die Luft nicht aus nichts entstehen sondern es muss ein beiden Zugrundeliegendes hypokeimenon angenommen werden das identisch vom vergehenden Wasser in die entstehende Luft ubergeht Ebendies ist die materia prima Sie ist das Erste einem jeden Zugrundeliegende hypokeimenon aus dem etwas als in ihm schon Vorhandenen wird Phys I 9 192a 1 Im Rahmen der Metaphysik geht Aristoteles bei der Bestimmung der materia prima nicht vom Entstehen und Vergehen aus Sie ist dort die Bedingung fur das Seiende also nicht an sich bereits etwas Seiendes Im 7 Buch der Metaphysik bestimmt er diese Materie als das was an sich weder als etwas noch als Quantitatives noch durch irgendeine andere der Aussageweisen bezeichnet wird wodurch das Seiende bestimmt wird Zur Begrundung sagt Aristoteles Es gibt namlich etwas von dem eine jede dieser Bestimmungen ausgesagt wird und dessen Sein verschieden ist von jeder Bestimmung Denn die anderen werden vom Wesen ousia ausgesagt dieses aber von der Materie Met Z 3 1029a 2 Ausgangspunkt dieser Bestimmung ist die Struktur der Aussage von der Aristoteles annimmt dass sie die Struktur des wirklichen Seienden wiedergibt Im Satz werden nicht nur die Akzidentien von der Substanz sondern auch die Substanz noch von etwas ausgesagt wie in dem Satz Dies da ist Wasser Alle Pradikate werden letztlich ausgesagt von einem letzten nicht durch Kategorien Bestimmten aber durch diese Bestimmbaren der ersten Materie Die beiden Materiebegriffe unterscheiden sich bei Aristoteles vor allem hinsichtlich ihres Substanz Seins Wahrend er in der Physik die materia prima als Substanz in gewisser Weise usia pos bezeichnet Phys I 9 192a spricht er ihr in der Metaphysik Met Z 3 das Substanz Sein ausdrucklich ab Wie sich die in der Physik und der Metaphysik verwandten Materie Begriffe zueinander verhalten ist ein in der Philosophiegeschichte vielfach diskutiertes Problem 3 Scholastische Diskussionen zur materia prima BearbeitenDie in der Scholastik versuchten widerspruchlichen Losungen zur naheren Bestimmung der materia prima hatten ihre Grundlage in der einseitigen Ubernahme eines der beiden Materiebegriffe der aristotelischen Physik oder der Metaphysik 4 Alchemie BearbeitenIn der mittelalterlichen Alchemie entwickelte sich eine Vorstellung von einer Ursubstanz nach der man annahm dass durch Handlungen operationes Ausgangssubstanzen zunachst schrittweise ihrer Wesens Formen entkleidet werden konnten und dass der so gewonnenen Substanz der ungeformten Urmaterie dann willentlich bestimmte neue Formen Samen bzw Strukturen einpragbar seien wodurch edlere gelauterte Endprodukte zu gewinnen seien Dies wurde als Prozess der Reinigung Umwandlung und Vollendung betrachtet Fur das Ziel solcher Umwandlungen wie auch deren Mittel fand das Konzept eines Steines der Weisen Anwendung Die Begrifflichkeit ist dabei nicht einheitlich zudem bieten einige Werke nur Andeutungen die Urmaterie wird dabei u a als sowohl flussig wie fest beschrieben oder es ist die Rede davon dass jeder sie kenne und taglich sehe aber ihren Wert nicht zu schatzen wisse Welcher Stoff die Ausgangsbasis fur die alchemische Umwandlung bilden sollte daruber gingen bei den Alchemisten die Meinungen auseinander Genannt wurden unter anderem Eigenurin Regenwasser Quecksilber Blut Maientau Schollkraut Sonnentau Ein fundamentaler Unterschied zwischen dem Konzept des Aristoteles und dem der Alchemisten besteht darin dass fur Aristoteles ebenso wie fur die seiner Auffassung folgenden antiken Peripatetiker und Neuplatoniker die form und bestimmungslose Urmaterie nicht wirklich vorkommt sondern nur ein gedankliches Konstrukt ist das in der Philosophie benotigt wird Aus der Sicht dieser Philosophen gibt es Materie real nur in der Verbindung mit Formen und es ist unmoglich sie aller Formen zu entkleiden und so eine Urmaterie herzustellen Literatur BearbeitenPrimarquellen Aristoteles Physik insb I 9 Aristoteles Metaphysik insb VII 3 Sekundarliteratur Josef de Vries Artikel Materie In Grundbegriffe der Scholastik 3 Auflage Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1980 Guido Juttner Materia prima In Lexikon des Mittelalters Band 6 Munchen 1993 Sp 380 Weblinks BearbeitenRudolf Eisler Materie Antike und Materie Scholastik In Rudolf Eisler Worterbuch der philosophischen Begriffe 2 Auflage Berlin 1904 online auf textlog de Einzelnachweise Bearbeiten Ubersetzung nach Hans Gunther Zekl Ubersetzung nach Hermann Bonitz Vgl Josef de Vries Materie In Grundbegriffe der Scholastik 3 Auflage Darmstadt 1980 S 64 f Vgl Josef de Vries Artikel Materie in Grundbegriffe der Scholastik S 65 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Materia prima amp oldid 230221009