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Form lateinisch forma Gestalt Figur ist ein philosophischer Grundterminus und stellt eine Ubersetzung der griechischen Ausdrucke eidos bzw morphe dar Der Begriff der Form spielte vor allem als Gegenbegriff zur Materie griech hyle eine wichtige Rolle in der Philosophie des Hylemorphismus wo Form und Materie als Prinzipien des Seienden bezeichnet wurden Inhaltsverzeichnis 1 Antike 2 Mittelalter 3 Renaissance und Neuzeit 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseAntike BearbeitenDer Ubergang vom allgemeinen zum philosophischen Gebrauch des Formbegriffs findet sich bei Platon in seinem fruhen Dialog Euthyphron Dort fragt Sokrates nach der Form eidos durch die der Fromme fromm ist 6d10 Alle Handlungen von denen das Pradikat fromm ausgesagt wird mussen eine gemeinsame Form aufweisen Die spaten Dialoge Sophistes und Politikos fragen nach der einen Gestalt idea oder Form eidos die verschiedene Individuen zur Einheit einer Klasse verbindet Politikos 258c3 8 Bei Aristoteles ist die Form als ontologischer Begriff eine der Ursachen des Werdens Er unterscheidet zunachst bei den vom Menschen hergestellten Dinge zwischen Materie und Form Aus einem vorliegenden Werkstoff als der Materie formt der Mensch die Kulturdinge etwa ein Haus aus Steinen oder eine Statue aus Erz Im Gegensatz zur Materie der bestimmbaren Potenz ist die Form das was das entstehende Ganze synholon in seiner Eigenart etwa als Haus bestimmt aktuiert Sowohl die Art als auch das Wesen to ti en einai Wesenswas werden dabei von Aristoteles mit demselben Wort eidos bezeichnet wie die Form Auf die Form bezieht sich fur Aristoteles auch die Definition eines Begriffes Von den Werken menschlicher Kunstfertigkeit ubertragt Aristoteles die Materie Form Struktur auf die durch Naturvorgange entstehenden Stoffe Korper und Lebewesen Aus der ersten Materie die noch ohne Form ist entstehen durch den Wechsel der paarweise verbundenen Tastqualitaten warm trocken warm feucht kalt feucht kalt trocken die vier irdischen Elemente Feuer Luft Wasser Erde Durch Mischung der Elemente entstehen die Mischkorper mikta Die erste Materie stellt dabei zwar den Grundstoff fur alle Formen der Korper dar ist aber nicht unmittelbar der geeignete Stoff oikeia hyle fur die Aufnahme jeder beliebigen Form Vielmehr gibt es eine Stufenordnung der Stoffe und Formen so dass jeweils ein bereits irgendwie geformter Stoff seinerseits wieder Stoff fur eine weitere Form ist Aristoteles ubertragt das Materie Form Schema auch auf das Leib Seele Verhaltnis Leib und Seele werden als Materie und Form komplementar begriffen und nicht als zwei eigenstandige ganzlich heterogene Substanzen Die Seele ist dabei in der Vorstellung des Aristoteles die Verwirklichung eines mit entsprechenden Organen ausgestatteten Leibes De anima B II 412b 5f Mittelalter BearbeitenIn der Philosophie des Thomas von Aquin kommen Form und Materie nur den naturlichen und zusammengesetzten Substanzen zu Von ihnen verschieden seien die einfachen und immateriellen Substanzen wie Engel und Himmelskorper die als reine und hohere Formen nicht in einem anderen der Materie sondern in sich subsistieren formae in se subsistentes In seiner Fruhschrift De ente et essentia erscheint die Form in zwei verschiedene Bedeutungen als andere Bezeichnung fur das Wesen bzw das Wesenswas quod quid erat esse to ti en einai 1 und als Teil des Wesens der Korper 2 Die Form als das ganze Wesen umfasst in den korperlichen Seienden die Form als Teil und die Materie nach den allen Individuen derselben Art gemeinsamen Bestimmungen Denn da das Wesen das ist was durch die Definition ausgedruckt wird die Definition aber stets nur vom Allgemeinen moglich ist ist das Wesen oder die Washeit ein Allgemeines Die individuelle Form setzt nach Thomas die bezeichnete Materie materia quantitate signata voraus durch die sie individuiert wird Wahrend fur Thomas die substantielle Form das Sein schlechthin gibt verleiht die akzidentelle Form nur ein dazukommendes Sosein esse tale wie etwa das Warmsein Die Form steht zur Materie in einem Akt Potenz Verhaltnis Analog dazu verhalt sich das Sein zum Wesen weswegen Thomas das Sein das am meisten Formhafte maxime formale nennt 3 Im Gegensatz zu Thomas ist fur Johannes Duns Scotus hinsichtlich des Einzeldings nicht die Materie sondern die Form das Prinzip der Individuation Die Diesesheit haecceitas eines Dings sei die letzte und hochste Form Renaissance und Neuzeit BearbeitenIn der Renaissance findet eine Loslosung der Philosophie vom Form Materie Denken statt So hat fur Giordano Bruno nur die Materie Wirklichkeit da die Formen ohne Materie kein Sein haben musse die Materie als das einzige substanzielle Prinzip 4 anerkannt werden wahrend die Form nur verschiedene Bestimmungen der Materie seien Bruno nennt die Materie den allgegenwartigen Gott 5 Fur Francis Bacon sind die Formen nicht mehr die wesenhafte Substanz der Dinge sondern die Qualitaten der Natur die durch eine induktive Erforschung erkannt werden Descartes bricht mit seiner Zwei Substanzen Lehre endgultig mit der Form Materie Philosophie Die einzigen Attribute der Korper sind fur ihn Ausdehnung und Bewegung Die Annahme einfacher unausgedehnter Formen ist fur ihn eine anthropomorph animistische Deutung der Natur Kant nimmt zu seiner Untersuchung der menschlichen Erkenntnisvermogen das Begriffspaar Form und Materie wieder auf die fur ihn nun nicht mehr Prinzipien des Seienden sondern Reflexions Begriffe sind Die Erfahrung enthalt fur ihn zwei sehr ungleichartige Elemente namlich eine Materie zur Erkenntnis aus den Sinnen und eine gewisse Form sie zu ordnen aus dem innern Quell des reinen Anschauens und Denkens KrV A 86 B 118 Auch in Hegels Wissenschaft der Logik sind Form und Materie sich wechselseitig voraussetzende Bestimmungen der Reflexion Literatur BearbeitenClaus von Bormann Winfried Franzen Albert Krapiec Ludger Oeing Hanhoff Form und Materie Stoff in HWPh Bd 2 Fernando Inciarte Michael Thomas Liske Artikel Materia et Forma in TRE Alexander von Pechmann Form Materie in Hans Jorg Sandkuhler Hrsg Enzyklopadie Philosophie Bd 1 Felix Meiner Verlag Hamburg 1999 Ernst Tugendhat Ti kata tinos Eine Untersuchung zu Struktur und Ursprung aristotelischer Grundbegriffe Freiburg i Br Munchen Alber 1958 5 Auflage mit neuem Nachwort und Anhang 2003 Symposion 2 ISBN 3 495 48080 3 Josef de Vries Artikel Form in Grundbegriffe der Scholastik Wiss Buchgesellschaft Darmstadt 3 Aufl 1980 Reiner Wiehl Artikel Form in Hermann Krings u a Handbuch philosophischer Grundbegriffe Bd 2 Munchen 1973 S 442 457 Weblinks BearbeitenFrancis Aveling Form In Catholic Encyclopedia Bd 6 New York Robert Appleton Company 1909 Rudolf Eisler Form In Rudolf Eisler Worterbuch der philosophischen Begriffe 1904 auf textlog de Thomas Ainsworth Form vs Matter In Edward N Zalta Hrsg Stanford Encyclopedia of Philosophy Einzelnachweise Bearbeiten Thomas von Aquin De ente et essentia Kapitel 1 Thomas von Aquin De ente et essentia Kapitel 2 Vgl Thomas von Aquin Summa theologiae 1 q 7 a 1 Giordano Bruno De la causa principio e uno ubers v A Lasson hg v P R Blum Hamburg 1977 S 60 Giordano Bruno De la causa principio e uno S 61 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Form Philosophie amp oldid 211306063