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Scholastik von altgriechisch sxolastikos scholastikos mussig seine Musse den Wissenschaften widmend hauptwortlich gebraucht auch Student Stubengelehrter Pedant Scholast latinisiert scholasticus schulisch zum Studium gehorig ist die Denkweise und Methode der Beweisfuhrung die in der lateinischsprachigen Gelehrtenwelt des Mittelalters entwickelt wurde Bei dieser Methode handelt es sich um ein von den logischen Schriften des Aristoteles ausgehendes Verfahren zur Klarung von Fragen mittels theoretischer Erwagungen ausgehend von Pramissen Voraussetzung Annahme Dabei wird eine Behauptung untersucht indem zuerst die fur und die gegen sie sprechenden Argumente nacheinander dargelegt werden und dann eine Entscheidung uber ihre Richtigkeit getroffen und begrundet wird Behauptungen werden widerlegt indem sie entweder als unlogisch oder als Ergebnis einer begrifflichen Unklarheit erwiesen werden oder indem gezeigt wird dass sie mit evidenten oder bereits bewiesenen Tatsachen unvereinbar sind Der heute bekannteste Teil der scholastischen Literatur handelt von theologischen Fragen Die Scholastik war jedoch keineswegs auf theologische Themen und Ziele begrenzt sondern umfasste die Gesamtheit des Wissensbetriebs Die scholastische Methode war die in der Epoche bekannteste und verbreitetste Beweisfuhrungsstrategie Ausserdem dient der Begriff Scholastik zur Bezeichnung der Epoche der Philosophie und Theologiegeschichte in der die scholastische Methode vorherrschte und das hohere Bildungswesen pragte Die chronologische Abgrenzung der Epoche und ihrer drei Phasen Fruh Hoch und Spatscholastik ist allerdings unscharf und daher problematisch Vor allem hinsichtlich des Beginns der Scholastik gehen die Ansatze auseinander in der Forschung spricht man von Vorscholastik als einer die Fruhscholastik vorbereitenden Phase im Fruhmittelalter die aber nicht im eigentlichen Sinn zur scholastischen Epoche gezahlt werden kann Inhaltsverzeichnis 1 Begriff und Begriffsgeschichte 2 Methode 2 1 Argumentationsstruktur 2 2 Deduktives Prinzip 2 3 Umgang mit Autoritaten 3 Scholastischer Unterricht 3 1 Lehrbucher 3 2 Aufgabenstellung 3 3 Lehrveranstaltungen 3 4 Kommentarwesen 3 5 Summen 4 Geschichte 4 1 Phasen und Stromungen 4 2 Gegner der Scholastik 4 3 Neuzeitliche Spatscholastik und Neuscholastik 5 Namhafte Scholastiker 6 Literatur 6 1 Ubersichtsdarstellungen 6 2 Gesamtdarstellungen und Darstellungen einzelner Teilbereiche 7 Weblinks 8 AnmerkungenBegriff und Begriffsgeschichte BearbeitenIn der Antike bezeichnete das Adjektiv scholasticus seit Cicero alles was mit dem Schulbetrieb mit Bildung und besonders Rhetorik zu tun hatte Ab dem Fruhmittelalter nannte man einen Schulmeister den Leiter einer Kathedral oder Klosterschule scholasticus Wie in der Antike wurde auch im Mittelalter das Adjektiv fur alles verwendet was Unterricht Bildung und Gelehrtentum betraf nicht speziell fur das was man heute unter Scholastik versteht 1 Als abgrenzende Selbstbezeichnung von Scholastikern spielte das Substantiv scholasticus im Mittelalter keine Rolle die Scholastiker betrachteten sich nicht als besondere Gruppe oder Schulrichtung Der deutsche Begriff Scholastik kam im spateren 18 Jahrhundert auf und bezeichnete im weiteren Sinne pauschal die Gesamtheit der mittelalterlichen Theologie und Philosophie im engeren Sinne alle Versuche die kirchlichen Dogmen des Katholizismus mit philosophischen Mitteln rational zu begrunden Das deutsche Wort scholastisch ist seit dem 17 Jahrhundert bezeugt Gemass einem damals verbreiteten negativen Mittelalterbild wurden diese Ausdrucke von Anfang an oft abwertend verwendet engstirnig pedantisch dogmatisch Noch heute wird damit unter anderem die Vorstellung von begrenzter einseitiger Schulweisheit schematischem wirklichkeitsfremdem Denken Uberbetonung der Theorie Haarspalterei und Spitzfindigkeit verbunden 2 Schon Luther hatte 1517 in einer lateinischen Disputation die spater den Titel Disputation gegen die scholastische Theologie erhielt Lehren der scholastici bekampft Er bezeichnete sie als erlogenes verfluchtes teuflisches Geschwatz 3 Obwohl sich die Begriffe Scholastik und scholastisch ursprunglich nur auf das Mittelalter bezogen werden sie auch fur Denkweisen anderer Epochen verwendet die der spatmittelalterlichen Scholastik angeblich oder tatsachlich ahnlich sind Gelegentlich werden sie sogar auf andere Kulturen ubertragen z B auf die indische Philosophiegeschichte Wenn die abwertende Bedeutung gemeint ist spricht man auch von Scholastizismus 4 Die moderne Wissenschaft vom Mittelalter Mediavistik verwendet jedoch den Begriff Scholastik in einem anderen praziseren Sinn der weder wertend noch speziell auf theologische oder philosophische Themen bezogen ist In diesem Sinn des Wortes bedeutet Scholastik nicht eine bestimmte Richtung oder Lehre und ist auch nicht auf bestimmte Facher begrenzt Es handelt sich vielmehr um eine Art der Argumentation und Beweisfuhrung die auf allen Wissensgebieten gleichermassen praktiziert wurde also in der Medizin und Naturwissenschaft ebenso wie in der Theologie und Metaphysik 5 Methode BearbeitenInhaltlich gingen die Meinungen der Scholastiker zu den diskutierten Fragen oft weit auseinander Die einzige Gemeinsamkeit aller Scholastiker war die Anwendung der scholastischen Methode der einzigen damals im Universitatsbetrieb als wissenschaftlich akzeptierten Vorgehensweise Sie bestand in einer Weiterentwicklung der antiken Dialektik der Lehre vom richtigen wissenschaftlich korrekten Diskutieren Da die scholastische Methode vom Wissenschaftsverstandnis und der Logik des Aristoteles gepragt war und seine Schriften die wichtigsten Lehrbucher waren war der Einfluss dieses Philosophen sehr gross Man kann aber Scholastik nicht mit Aristotelismus gleichsetzen Es gab unter den Scholastikern auch Platoniker und Aristoteles Kritiker Im Prinzip konnte ein Scholastiker jeden Standpunkt vertreten wenn er ihn nur methodisch sauber begrundete Praktisch wurde erwartet dass man auf die Lehren der Kirche Rucksicht nahm was die Mehrheit der Scholastiker auch tat Ein scholastisches Lehrbuch beginnt meist mit Fragen der Wissenschaftstheorie und Wissenschaftssystematik Wenn es z B um die Seelenlehre geht die anhand der massgeblichen Schrift des Aristoteles De anima Uber die Seele dargestellt wird wird zuerst gefragt Kann es uberhaupt eine Wissenschaft von der Seele geben Was genau soll der Gegenstand dieser Wissenschaft sein Inwiefern ist dieser Gegenstand geeignet wissenschaftlich untersucht zu werden Wie zuverlassig konnen Aussagen sein die uber die Seele gemacht werden Ist die Wissenschaft von der Seele eine Naturwissenschaft Wo ist diese Wissenschaft in das hierarchische System der Wissenschaften einzuordnen Dann wandte man sich konkreten Einzelheiten zu z B Ist die Seele eine Substanz Woraus besteht sie Welcher Art sind die Wechselwirkungen zwischen ihr und dem Korper Mit welchen Fahigkeiten ist sie ausgestattet Ist die Seele eine Einheit oder sind ihre Teile eigenstandige Seelen namlich eine vegetative die Stoffwechsel und Wachstum steuert eine sensitive die fur Wahrnehmungen und Gefuhle zustandig ist und eine intellektive Vernunft Wie verhalt sich das bei Pflanzen und Tieren Argumentationsstruktur Bearbeiten Grundlegend war das Prinzip des Dialogs zwischen zwei Vertretern gegensatzlicher Auffassungen aus dem sich die Losung des gestellten Problems ergab indem der eine den anderen widerlegte Dieses Prinzip kam in der Disputation und im Quaestionenkommentar zur Geltung Dabei wurde normalerweise nach einem festen Schema verfahren Zuerst wurde die Frage vorgelegt Es wird gefragt ob Dann wurden die Argumente erst der einen dann der anderen Seite aufgezahlt Die Argumente waren im Sinne des aristotelischen Syllogismus strukturiert wobei der Obersatz propositio maior und der Untersatz propositio minor genannt wurde Dann wurde die Frage im einen oder anderen Sinne entschieden conclusio oder solutio und die Begrundung fur die Entscheidung gegeben Anschliessend folgte die Widerlegung der einzelnen Argumente der unterlegenen Seite Widerlegt wurde entweder durch Bestreitung einer Pramisse per interemptionem oder durch Bestreitung ihrer Anwendbarkeit auf den vorliegenden Fall Deduktives Prinzip Bearbeiten Das typisch Scholastische war ein nahezu grenzenloses Vertrauen in die Macht und Zuverlassigkeit der Deduktion des Schliessens vom Allgemeinen auf das Besondere Man nahm an dass die fehlerfrei durchgefuhrte Deduktion zur Erkenntnis von allem vernunftmassig Erkennbaren und zur Beseitigung aller Zweifel fuhren kann Voraussetzung war die korrekte Anwendung der Regeln des Aristoteles besonders seiner Lehre von den Trugschlussen Man ging von bestimmten allgemeinen Grundsatzen aus von deren Richtigkeit man uberzeugt war und begann dann zu folgern um ein Phanomen zu erklaren oder eine These zu beweisen Der Grundsatz den man im Syllogismus als Obersatz nahm stammte sehr oft von Aristoteles Solche Grundsatze waren z B Die Natur macht nichts vergeblich alles was sie erzeugt hat einen Sinn und Zweck oder Die Natur erzeugt immer das Beste was sie hervorbringen kann Weitere allgemein akzeptierte Grundsatze waren Der Mensch ist das vornehmste Lebewesen und Die Natur kummert sich um das Hoherwertige mehr als um das Geringerwertige Nun ging es um ein Phanomen das dem anscheinend widerspricht beispielsweise dieses Es gibt beim Menschen nach Ansicht der Scholastiker haufiger angeborene Behinderungen und Missbildungen als bei Tieren und bei Pflanzen kommen gar keine vor Der Scholastiker will nun zeigen dass die Grundsatze dennoch stimmen Die Natur hat wie immer das Beste angestrebt konnte aber aus bestimmten Grunden die erklart werden gar nichts Besseres erreichen weil in diesen Einzelfallen bestimmte Voraussetzungen sehr ungunstig waren Das Resultat war das Beste was unter solchen Umstanden erreichbar war Gerade weil der Mensch das vornehmste Lebewesen ist ist er auch das komplexeste und damit storanfalligste Das Ergebnis war also dass alle Grundsatze stimmen und man meinte verstanden zu haben wie Behinderungen zustande kommen obwohl die Natur sich auch in diesen Fallen die grosste Muhe gibt Die Scholastiker waren uberzeugt dass theoretisches Wissen das aus allgemeinen Grundsatzen logisch sauber hergeleitet wird das sicherste Wissen ist das es geben kann Beobachtungen konnen falsch oder trugerisch sein oder falsch gedeutet werden aber eine logisch saubere Folgerung aus einem allgemeingultigen Prinzip ist notwendigerweise irrtumsfrei Darum mussten Phanomene die einer solchen Folgerung zu widersprechen schienen so gedeutet werden dass sie in den von diesem Prinzip und seinen Konsequenzen gesetzten Rahmen hineinpassten Dies wurde Bewahrung der Phanomene genannt und spielte besonders in der Physik und Astronomie eine zentrale Rolle Ergaben sich aus einem allgemein anerkannten Grundsatz Folgerungen die denen aus einem anderen Grundsatz widersprachen so bemuhte man sich zu zeigen dass der Widerspruch nur scheinbar existiert und auf einem Missverstandnis beruht Umgang mit Autoritaten Bearbeiten Bei Widerspruchen zwischen Aussagen anerkannter Autoritaten versuchte man meistens zu zeigen wie man die Stellen so deuten kann dass dabei herauskommt dass beide Aussagen zutreffen Die Scholastiker verfugten uber ausreichende Moglichkeiten Widerspruche aufzulosen ohne allgemein anerkannte Lehrsatze aufgeben zu mussen Es gibt verschiedene Deutungsebenen manche Aussagen sind nur symbolisch gemeint oder sollen nur einem bestimmten Zweck etwa einem didaktischen dienen und sind nicht unbedingt als Tatsachenbehauptungen aufzufassen Ein Begriff kann je nach Zusammenhang unterschiedliche Bedeutungen haben Die Frage ob er an der fraglichen Stelle mehrdeutig oder eindeutig ist ist fur das Verstandnis entscheidend Die meisten Aussagen beanspruchen nicht absolute Gultigkeit simpliciter sondern sollen nur in bestimmter Hinsicht und unter bestimmten Voraussetzungen secundum quid wahr sein Ein Lehrsatz kann also durch prazise Begrenzung seines Geltungsbereichs gerettet werden Manche Magister bemuhten sich aber nicht um harmonisierende Deutungen sondern widersprachen einzelnen Lehrmeinungen der Autoritaten sogar des Aristoteles scharf In der Dynamik wich man von der aristotelischen Physik ab und entwickelte alternative Ideen Impetustheorie innerer Widerstand als bewegungshemmender Faktor Scholastischer Unterricht BearbeitenDie Scholastik ist ihrem Ursprung und Wesen nach aufs engste mit dem Unterricht verknupft Dessen Basis waren die vorhandenen Lehrbucher die meist aus der Antike stammten zum Teil aber mittelalterliche Werke waren Lehrbucher Bearbeiten In der Fakultat der Freien Kunste Artistenfakultat befasste man sich mit Logik und Grammatik spekulative Grammatik als Sprachtheorie Naturwissenschaft Metaphysik und Ethik Die wichtigsten Lehrbucher waren die einschlagigen Werke des Aristoteles also das Organon seine Schriften zur Logik Physik Uber den Himmel Meteorologie Uber die Entstehung der Tiere Uber die Seele Metaphysik Nikomachische Ethik usw In der Theologischen Fakultat studierte man ausser der Bibel vor allem die Sentenzen des Petrus Lombardus es wurde von jedem Theologen erwartet die Sentenzen zu kommentieren In der Medizinischen Fakultat wurden in erster Linie die Werke Galens Avicennas Kanon der Medizin und Schriften des Isaak ben Salomon Israeli Isaak Judaeus dem Unterricht zugrunde gelegt Bei den Juristen waren die Grundlagenwerke das Corpus iuris civilis romisches Recht und das Corpus iuris canonici Kirchenrecht Aufgabenstellung Bearbeiten Die erste und grundlegende Aufgabe war den Inhalt der Lehrbucher verstandlich zu machen also zu erlautern was dort gemeint war und mogliche Unklarheiten und Missverstandnisse zu beseitigen Besonders bei den Werken des Aristoteles war das dringend notig denn in den damals vorliegenden lateinischen Ubersetzungen waren sie schwer verstandlich und bedurften daher der Kommentierung Dann sollte bewiesen werden dass der Inhalt des Lehrbuchs gut begrundet und in sich widerspruchsfrei war und auch keine Widerspruche zu evidenten Tatsachen oder zu anderen anerkannten Lehrbuchern vorlagen Im nachsten Schritt ging es darum Fragen zu stellen und selbstandig zu losen die sich aus der Lekture des Lehrbuchs ergaben Eine weitere Stufe war das Lehrbuch nur noch als Stichwortgeber fur Fragen aller Art zu nehmen die man interessant fand Dabei bot sich dem Scholastiker Gelegenheit seine eigene Philosophie ausfuhrlich darzulegen Lehrveranstaltungen Bearbeiten Der scholastische Unterricht bestand aus Vorlesung lectio und Disputationen Die Abhaltung dieser Lehrveranstaltungen stand ausschliesslich den Magistern zu Die regelmassig in allen Fakultaten unter der Leitung eines einzelnen Magisters stattfindenden Disputationen dienten der Erorterung und Klarung von Fragen Quaestionen zu bestimmten vorher bekanntgegebenen Themen Quaestiones disputatae Quaestiones ordinariae Zweimal im Jahr fand die Disputatio de quolibet statt eine manchmal mehrtagige strukturierte Diskussionsveranstaltung uber beliebige Probleme d h uber alles was geeignet war Thema einer wissenschaftlichen Debatte zu sein Die wesentlichen Argumente und die Ergebnisse der Disputationen wurden schriftlich festgehalten und veroffentlicht Kommentarwesen Bearbeiten Da man von den Lehrbuchern ausging deren grundliche Kenntnis und richtiges Verstandnis vorrangiges Ziel war blieb die scholastische Wissenschaft in erster Linie kommentierend Ein sehr grosser Teil der Werke der scholastischen Gelehrten bestand aus Kommentaren zu den Lehrbuchern Die einfachste Art der Kommentierung waren Glossen Man trug im Lehrbuch zwischen den Zeilen oder am Rand Worterklarungen und sonstige manchmal ausfuhrliche Erlauterungen und Hinweise ein Die nachste Stufe waren texterklarende paraphrasierende Kommentare die den Aufbau des Lehrbuchs darlegten seine Gedankengange in systematisch gegliederter Form prasentierten und seinen Inhalt mit anderen Worten wiedergaben Dann gab es Quaestionenkommentare die Fragen zum Lehrbuch und deren Diskussion und schliessliche Klarung mit der Beweisfuhrung und Widerlegung von Gegenargumenten enthielten Diese Kommentartypen es gab auch Mischformen entsprachen den Gattungen der Lehrveranstaltungen Der einfache textauslegende Kommentar entsprach der Vorlesung der Quaestionenkommentar der Disputation Summen Bearbeiten Die Summen dienten der umfassenden systematischen handbuchartigen Darstellung grosser Wissensgebiete etwa der Grammatik der Logik oder gar der gesamten Theologie Schon um 1146 hatte der Grammatiker Petrus Helie oder Helias die Summa super Priscianum verfasst eine zusammenfassende Darstellung der Lehren des antiken Grammatikers Priscian die fur die spekulative Grammatik Sprachtheorie der Scholastik richtungweisend wurde Petrus Hispanus schrieb die Summulae logicales ein sehr populares Logik Lehrbuch das bis ins 18 Jahrhundert hinein oft aufgelegt wurde Unter den Summen der Theologie erzielten diejenigen des Thomas von Aquin die starkste Nachwirkung Summa contra gentiles und Summa theologica Auch bei den Juristen wurden grosse Teilbereiche des Stoffs in Summen dargestellt Insbesondere die Dekretisten Kirchenrechtler die das Decretum Gratiani studierten und auslegten traten als Verfasser von Summen hervor die bei ihnen zum Teil auch Kommentarcharakter hatten Geschichte BearbeitenPhasen und Stromungen Bearbeiten Als Epoche der Fruhscholastik wird das 11 Jahrhundert oder auch nur dessen zweite Halfte und zumindest der Anfang des 12 Jahrhunderts betrachtet Im Lauf des 12 Jahrhunderts fand durch die starkere Aristoteles Rezeption ein langsamer Ubergang zur Hochscholastik statt mit dem Hohepunkt in Thomas von Aquin Unklar ist auch die inhaltliche Abgrenzung von Hoch und Spatscholastik etwa im Vordringen des Nominalismus und Scotismus chronologisch wird die Grenze im fruhen 14 Jahrhundert gesetzt Eine Vorstufe der scholastischen Denkweise begegnet bei Anselm von Canterbury 1033 1109 in seinem Bestreben zwingende philosophische Beweisgrunde fur theologische Aussagen zu finden Gottesbeweis und in seiner Verwendung von Dialogen Petrus Abaelardus 1142 erlauterte und demonstrierte in seiner Schrift Sic et non einen methodischen Umgang mit Widerspruchen zwischen Autoritaten Eine entscheidende Rolle spielte die im zweiten Viertel des 12 Jahrhunderts begonnene 6 in den dreissiger Jahren des 13 Jahrhunderts grosstenteils abgeschlossene Ubersetzung der Schriften des Aristoteles ins Lateinische wie jene von Michael Scotus Ende des 12 Jahrhunderts lagen zudem Ubersetzungen von Werken der muslimischen Philosophen al Kindi al Farabi Avicenna und al Ghazali latinisiert Algazel sowie des arabisch judischen Ibn Gabirol latinisiert Avicebron vor um 1235 auch die Aristoteleskommentare des Averroes 1198 latinisiert durch z B Jakob ben Abba Mari Anatoli Averroes ubte auf die lateinische Philosophie des Mittelalters grossen Einfluss aus und wurde schlicht als der Kommentator bezeichnet so wie Aristoteles nur der Philosoph genannt wurde Dieses Schrifttum pragte fortan den Universitatsunterricht und damit begann die scholastische Wissenschaft im Westen im eigentlichen Sinne Die Scholastik wurde durch Friedrich II gefordert der 1224 die Universitat von Neapel gegrundet hat und 1240 eine Verordnung erliess die das medizinische Studium vgl auch Schule von Salerno regelte und 7 Die weiteren wesentlichen Faktoren und Entwicklungen waren Die Ablosung der traditionellen von den platonisch beeinflussten Ansichten des Kirchenvaters Augustinus gepragten Theologie und Philosophie durch den Aristotelismus Albertus Magnus 1280 strebte noch eine Synthese von platonischen und aristotelischen Ideen an sein Schuler Thomas von Aquin 1274 der Begrunder des Thomismus beseitigte die platonischen Elemente und sicherte den Sieg eines an die Erfordernisse des katholischen Glaubens angepassten Aristotelismus Roger Bacon um 1292 erkannte scharfsinnig die Schwachen des scholastischen Wissenschaftsbetriebs vor allem seine extreme Theorielastigkeit und versuchte durch starkere Einbeziehung von Erfahrungswissen einen Ausgleich zu schaffen Mit seinem in die Zukunft weisenden Konzept einer Erfahrungswissenschaft scientia experimentalis und einer Fulle kuhner neuartiger Ideen eilte er seinen Zeitgenossen voraus Er machte sich aber durch seine Neigung zu schroffer schonungsloser Kritik in weiten Kreisen unbeliebt und seine Ansatze wurden nicht so aufgegriffen wie es fur eine umfassende Reform der Scholastik erforderlich gewesen ware Unter den Franziskanern bildete sich eine Stromung Franziskanerschule die zwar die scholastische Methode ubernahm aber den Einfluss des Aristotelismus begrenzen und traditionelle platonisch augustinische Ideen bewahren wollte vor allem in der Anthropologie Fuhrende Vertreter dieser Richtung waren Robert Grosseteste Alexander von Hales Bonaventura 8 und schliesslich Johannes Duns Scotus 1308 der Begrunder des Scotismus Franziskaner insbesondere Scotisten wurden zu den wichtigsten Gegenspielern des Thomismus Es entstand eine Stromung radikaler Aristoteliker die den Auffassungen des Aristoteles und des Averroes auch in den Punkten folgte in denen sie mit der kirchlichen Lehre kaum vereinbar waren siehe Averroismus Dies fuhrte wiederholt zu heftigen Reaktionen der kirchlichen Hierarchie die die Verbreitung solcher Ansichten verbot Die Averroisten leisteten hartnackig stillen Widerstand Wilhelm von Ockham 1347 wurde zum Vorkampfer einer Auffassung die vereinzelt schon im 11 Jahrhundert in anderer Form vertreten worden war Sie radikalisierte die aristotelische Kritik an der Ideenlehre Platons indem sie den Ideen Universalien keinerlei wirkliche Existenz zubilligte Nominalismus oder nach anderer Terminologie Konzeptualismus Diese Auffassung war mit bestimmten Erklarungsversuchen der Trinitat unvereinbar und verwies diese in einen der Vernunft entgegenstehenden Bereich des Offenbarungsglaubens Zu den fuhrenden Nominalisten Konzeptualisten zahlte Johannes Buridanus An den Universitaten nannte man spater den Nominalismus Konzeptualismus via moderna im Unterschied zur via antiqua der teils radikalen teils gemassigten Universalienrealisten Gegner der Scholastik Bearbeiten Die Scholastik hatte drei Arten von Gegnern Konservative Antidialektiker wie Rupert von Deutz Gerhoch von Reichersberg und Bernhard von Clairvaux ein Mystiker der Fruhscholastik denen die ganze Richtung missfiel Sie meinten dass die Anwendung der Methode auf theologische Fragen zu Folgerungen fuhren konnte die mit der Lehre der Kirche unvereinbar waren Prominente Humanisten wie Petrarca und Erasmus Sie griffen die ganze scholastische Wissenschaft mit grosser Scharfe an weil sie steril sei und ihre Fragestellungen und Losungen nutzlos und belanglos seien Die Humanisten meinten dass die Scholastiker Aristoteles nicht verstehen konnten da sie ihn nur aus mangelhaften Ubersetzungen kannten und aus der Perspektive des Averroes betrachteten Ausserdem verabscheuten die Humanisten die Sprache der Scholastiker das spatmittelalterliche Latein mit seinen vielen scholastischen Fachbegriffen Sie wollten nur antikes klassisches Latein gelten lassen Pioniere des modernen Wissenschaftsverstandnisses in der fruhen Neuzeit Die Kritik der konservativen Antidialektiker und der Humanisten konnte der Scholastik wenig anhaben denn sie hatten keine konstruktiven wissenschaftlichen Alternativen anzubieten In der fruhen Neuzeit entstand aber eine dritte Art von Gegnerschaft die in einem langen Prozess das Ende der Scholastik herbeigefuhrt hat Man wollte sich nicht mehr damit begnugen Beobachtungen so zu deuten dass sie mit vorgegebenen Prinzipien und deren Konsequenzen vereinbar waren und sich eine widerspruchsfreie Theorie ergab Stattdessen begann man empirisch vorzugehen dadurch dem Erfahrungswissen Vorrang einzuraumen und notigenfalls die Prinzipien zu andern oder aufzugeben also neben der Deduktion vorrangig die Induktion als wissenschaftliche Methode gelten zu lassen Diese Kritik zielte auf die Hauptschwache der deduktiven scholastischen Methode namlich den Umstand dass die Ergebnisse der Scholastiker trotz allen Scharfsinns nicht besser sein konnten als die Pramissen von denen sie ausgingen Ausserdem ersetzte die fruhneuzeitliche Naturwissenschaft das qualitatsbezogene Denken der Scholastiker teilweise durch ein quantitatsbezogenes Bei dieser Entwicklung spielte insbesondere Francis Bacon als Gegner der scholastischen Tradition eine wesentliche Rolle Neuzeitliche Spatscholastik und Neuscholastik Bearbeiten In der Fruhen Neuzeit wurde die scholastische Methode weiterhin von manchen Theologen und Juristen verwendet Unter der neuzeitlichen Spatscholastik oder Zweiten Scholastik versteht man eine theologisch juristische Bewegung die an Thomas von Aquin anknupft Sie hatte ihren Ausgangspunkt in Paris und wurde in der spanischen Schule von Salamanca Francisco de Vitoria Domingo de Soto fortgesetzt Daher spricht man auch von spanischer Spatscholastik In der Spatscholastik wurden zentrale Grundsatze des Volkerrechts sowie des Strafrechts Strafe entwickelt Als Vertreter der philosophischen Schule der spatscholastischen Realisten gilt Gregor Reisch dessen Lehrbuch Margarita Philosophica im 16 Jahrhundert mehrere Auflagen erlebte Als prominenter Vertreter der juristisch philosophischen Schule in Salamanca gelten Diego de Covarrubias y Leyva und der spater an verschiedenen Schulen Spaniens und Portugals tatige Luis de Molina der in Salamanca studierte Vornehmlich beschaftigte sich die Disziplin mit einer Kritik am uberkommenen Recht Massstab der Analysen war die Vorstellung eines christlichen zeitlos gultigen Naturrechts 9 Unter Neuscholastik versteht man eine Stromung in der katholischen Theologie seit dem 19 Jahrhundert die an spatmittelalterliche und fruhneuzeitliche Ideen anknupft Dabei spielt der Neuthomismus die weitaus wichtigste Rolle Begunstigt wurde diese Entwicklung durch die Enzyklika Aeterni patris von Papst Leo XIII die die herausragende Bedeutung der Scholastik fur die katholische Philosophie betonte Namhafte Scholastiker BearbeitenVinzenz von Beauvais Johannes Scottus Eriugena Anselm von Canterbury Petrus Abaelardus Albertus Magnus Thomas von Aquin Wilhelm von Ockham Meister EckhartSiehe auch Liste bekannter ScholastikerLiteratur BearbeitenUbersichtsdarstellungen Bearbeiten Hubertus Busche Scholastik In Hans Jorg Sandkuhler Hrsg Enzyklopadie Philosophie Bd 3 Meiner Hamburg 2010 ISBN 978 3 7873 1999 2 S 2364 2367 Leo J Elders Scholastische Methode In Lexikon des Mittelalters Bd 7 LexMA Munchen 1995 ISBN 3 7608 8907 7 Sp 1526 1528 Ulrich Kopf Scholastik In Religion in Geschichte und Gegenwart 4 Auflage Bd 7 Mohr Siebeck Tubingen 2004 ISBN 3 16 146947 X Sp 949 954 Ulrich G Leinsle Scholastik I Scholastik Neuscholastik In Theologische Realenzyklopadie Bd 30 de Gruyter Berlin 1999 ISBN 3 11 016243 1 S 361 366 Heinrich Schmidinger Scholastik In Historisches Worterbuch der Philosophie Bd 8 Schwabe Basel 1992 Sp 1332 1342 Rolf Schonberger Scholastik In Lexikon des Mittelalters Bd 7 LexMA Munchen 1995 ISBN 3 7608 8907 7 Sp 1521 1526 Oswald Schwemmer Scholastik In Jurgen Mittelstrass Hrsg Enzyklopadie Philosophie und Wissenschaftstheorie 2 Auflage Band 7 Re Te Stuttgart Metzler 2018 ISBN 978 3 476 02106 9 S 269 275 mit ausfuhrlichen Literaturangaben Gesamtdarstellungen und Darstellungen einzelner Teilbereiche Bearbeiten Wim Decock Christiane Birr Recht und Moral in der Scholastik der Fruhen Neuzeit 1500 1750 De Gruyter Berlin 2016 ISBN 978 3 11 037967 9 Jos Decorte Eine kurze Geschichte der mittelalterlichen Philosophie Schoningh Paderborn 2006 ISBN 3 8252 2439 2 Inhalt Martin Grabmann Die Geschichte der scholastischen Methode Akademie Verlag Berlin 1988 ISBN 3 05 000592 0 unveranderter Nachdruck der Ausgabe 1909 Jorge J E Gracia Timothy B Noone A Companion to Philosophy in the Middle Ages Blackwell Malden MA 2006 ISBN 0 631 21672 3 Norman Kretzmann Anthony Kenny Jan Pinborg Hrsg The Cambridge History of Later Medieval Philosophy From the Rediscovery of Aristotle to the Disintegration of Scholasticism 1100 1600 Cambridge University Press Cambridge 1982 ISBN 0 521 22605 8 auch Nachdruck 2003 ISBN 0 521 36933 9 Inhalt Ulrich G Leinsle OPraem Einfuhrung in die scholastische Theologie Schoningh Paderborn Munchen u a 1995 ISBN 3 8252 1865 1 Uni Taschenbucher 1865 John Marenbon Later Medieval Philosophy 1150 1350 An Introduction Routledge amp Kegan Paul London 1987 ISBN 0 7102 0286 5 Josef Pieper Scholastik Gestalten und Probleme der mittelalterlichen Philosophie 3 Auflage Kosel Munchen 1991 ISBN 3 466 40130 5 Frank Rexroth Frohliche Scholastik Die Wissenschaftsrevolution des Mittelalters 2 Auflage C H Beck Verlag Munchen 2019 ISBN 978 3 406 72521 0 Peter Schulthess Ruedi Imbach Die Philosophie im lateinischen Mittelalter Ein Handbuch mit einem bio bibliographischen Repertorium 2 Auflage Artemis amp Winkler Dusseldorf u a 2002 ISBN 3 7608 1218 X Richard W Southern Scholastic Humanism and the Unification of Europe 2 Bande Blackwell Oxford u a 1995 2001 ISBN 0 631 20527 6 Bd 1 ISBN 0 631 22079 8 Bd 2 Weblinks Bearbeiten nbsp Wiktionary Scholastik Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Scholasticon Materialien zur fruhneuzeitlichen Scholastik 1500 1800 Maison des Sciences de l Homme MSH Lyon St Etienne Paul Vincent Spade A Survey of Mediaeval Philosophy PDF 1 7 MB 2 0 29 August 1985 Eileen Sweeney Literary Forms of Medieval Philosophy In Edward N Zalta Hrsg Stanford Encyclopedia of Philosophy Marcia L Colish Remapping Scholasticism PDF 111 kB Toronto 2000 Karl Baier Geschichte der Philosophie 2 Mittelalter Teil 1 PDF 152 kB Einleitungsfragen und Institutionengeschichte Peter Christian Jacobsen Liste lateinischer Autoren und anonymer Werke des 13 Jahrhunderts ALCUIN Regensburger Infothek der Scholastik Datenbank mit Daten zu den Scholastikern und ihren Werken sowie deren Rezeption Anmerkungen Bearbeiten Ulrich G Leinsle Scholastik I Scholastik Neuscholastik In Theologische Realenzyklopadie Band 30 Berlin 1999 S 361 366 hier S 361 Hans Schulz Otto Basler Hrsg Deutsches Fremdworterbuch Bd 4 Berlin 1978 S 90 92 mit zahlreichen Belegen fur den Sprachgebrauch Ulrich Kopf Scholastik In Religion in Geschichte und Gegenwart 4 Auflage Bd 7 Tubingen 2004 Sp 949 954 hier 949 Lawrence Mead etwa verwendet den Ausdruck scholasticism im Sinne von a tendency for research to become overspecialized and ingrown Siehe Lawrence Mead Scholasticism in Political Science In Perspectives on Politics 8 2010 S 453 464 Zur Definition siehe Rolf Schonberger Scholastik In Lexikon des Mittelalters Bd 7 Munchen 1995 Sp 1521 1526 hier 1521 Vgl auch Paul Oskar Kristeller Beitrag der Schule von Salerno zur Entwicklung der scholastischen Wissenschaft im 12 Jahrhundert In Josef Koch Hrsg Artes liberales 1959 Neuausgabe Leiden Koln 1976 Studien und Texte zur Geistesgeschichte des Mittelalters Band 5 S 84 90 Vgl A G Chevalier Die Schule von Salerno in Ciba Zeitschrift April 1938 Nr 56 Kurt Ruh Bonaventura deutsch Ein Beitrag zur deutschen Franziskaner Mystik und Scholastik Bern 1956 Bibliotheca germanica Band 7 zugleich Philosophische Habilitationsschrift Universitat Basel 1953 Jan Dirk Harke Romisches Recht Von der klassischen Zeit bis zu den modernen Kodifikationen Beck Munchen 2008 ISBN 978 3 406 57405 4 Grundrisse des Rechts 3 Rnr 27 f Normdaten Sachbegriff GND 4053169 7 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Scholastik amp oldid 235594572