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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig Zur Gedichtform siehe unter Glosa Kunst Unter einer Glosse von altgriechisch glῶssa glossa Zunge Sprache uber lateinisch glossa wird ein meist kurzer und pointierter oft satirischer oder polemischer journalistischer Meinungsbeitrag in einer Zeitung einer Zeitschrift oder im Fernsehen verstanden Inhaltsverzeichnis 1 Altertum und Mittelalter 2 Journalistische Glosse 3 Glossierung in der Sprachwissenschaft 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseAltertum und Mittelalter Bearbeiten Dekretalen mit Glossa ordinaria Glossen Notkers III in einer Handschrift von Ciceros De inventione St Gallen Stiftsbibliothek Cod Sang 820 Seite 124 10 Jahrhundert In der griechischen Antike war glwssa bzw die attische Form glwtta seit Aristoteles Poetica 1457 b 4 Rhetorica 1410 b 12 ein grammatisch rhetorischer Fachterminus fur ein fremdartiges Wort Fremdwort Dialekt wort Archaismus Bei den romischen Grammatikern und Rhetorikern war hierfur nicht lateinisch glossa sondern das jungere und ebenfalls griechische Fremdwort glossema bzw glossematum der ubliche Fachausdruck von Quintilian 1 8 15 erklart als glossemata id est voces minus usitatae Glossemata das heisst wenig gebrauchliche Worter In der Spatantike verschob sich die Bedeutung von dem zu erklarenden Wort auf die Worterklarung selber Lateinisch glossa meinte in der von Isidor Etymologiae 1 30 an das Mittelalter vermittelten Tradition dann zunachst besonders die Erklarung der Bedeutung eines Wortes durch ein anderes Einzelwort cum unius verbi rem uno verbo manifestamus wenn wir die Bedeutung eines Wortes durch ein einziges Wort offenlegen Wahrend der Terminus Scholie im Griechischen seit dem 2 Jahrhundert und so auch in der modernen Altphilologie speziell fur die metatextuelle interpretierende oder philologisch den Text berichtigende Glosse verwendet wird die an einen bestimmten Text gebunden ist und entweder als Marginalie zu diesem Text oder in einer Sammlung von Exzerpten zu diesem Text uberliefert wurde wurde der Terminus glossa bzw glosa closa Diminutiv glos s ula im lateinischen Mittelalter sowohl fur solche metatextuelle Glossen als auch fur Worterklarungen ohne Bindung an einen zu erklarenden Text verwendet die dann in alphabetisch oder sachlich begrundeter Anordnung als lexikographische glossarium oder enzyklopadische Exzerptensammlung tradiert wurden Nach der Art ihres Auftretens in den Handschriften unterscheidet man bei metatextuellen Glossen zwischen der an den Rand geschriebenen oft langeren Marginalglosse glossa marginalis der zwischen die Zeilen geschriebenen dementsprechend meist kurzen Interlinearglosse glossa interlinearis die sich auch zur begleitenden Interlinearubersetzung ausweiten kann und der in den Text eingefugten Kontextglosse Eine erst in jungerer Zeit wiederentdeckte Besonderheit ist die hauptsachlich im Althochdeutschen begegnende ohne Tinte mit dem Griffel in das Pergament gedruckte marginale oder interlineare Griffelglosse die es ermoglichte personliche Verstandnishilfen fur den eigenen Gebrauch so anzubringen dass sie fur andere nicht leicht zu bemerken waren und ausserdem der wertvolle beschreibbare Raum auf dem Pergament geschont wurde Der Bezug zu der glossierten Textstelle kann soweit er nicht durch die Positionierung der Glosse offensichtlich ist durch Wiederholung des Lemmas oder durch Verweiszeichen vereindeutigt werden Glossierung durch ein Einzelwort im Sinne Isidors ist im Mittelalter sehr verbreitet besonders in der interlinearen Form und in der mit id est das heisst eingefugten Kontextglosse Beschrankung auf ein einzelnes Wort ist aber nicht zwingend sondern Glossen konnen je nach verfugbarem Schreibraum ausfuhrlich ausgearbeitet sein und die Randbreiten und Zeilenzwischenraume konnen von vorneherein fur die Anbringungen eines ausfuhrlichen Glossenapparates angelegt sein Bei der interpretierenden Glosse besteht dann auch keine klare Abgrenzung mehr zu der ausfuhrlicheren Texterklarung eines Commentum oder Commentarius zumal vollwertige Kommentare auch in Form von Marginalglossen notiert oder mehrere verschiedene selbstandige Kommentare in ihre einzelnen Erklarungen aufgelost und als Katenen kommentar in Form einer Marginalglosse kompiliert wurden Seit dem 12 Jahrhundert wurde speziell fur ein Corpus oder einen Apparat interpretierender Glossen neben dem Plural auch der zusammenfassende Singular glos s a ublich Beispiele dafur sind die Glossen zum Bibeltext darunter Grosse Wirkung auf die christlichen Bibelglossen ubten die Kommentare von Raschi 1040 1105 zur Bibel und zum Talmud aus In der mittelalterlichen Bibelexegese stand er dann insbesondere fur die ca 1100 1110 in der Schule von Laon entstandene bes in Paris sofort vielgebrauchte Glossa ordinaria auch Glossa parva Glossa Laonis die als mittelalterliche Standardglosse zum Bibeltext einen ausgewahlten Fundus von patristischen und mittelalterlichen Erklarungen nicht nur des Wortlauts sondern auch des allegorischen Sinns enthalt Die 1130 1140 entstandene Glosse des Gilbert von Poitiers auch Glossa media zu den Psalmen und den paulinischen Briefen Die 1150 1160 entstandene Glosse des Petrus Lombardus Magna Glossatura Glossa ordinaria in psalmos zu den Psalmen und den paulinischen Briefen Die 1232 1236 entstandene Glosse des Hugo von Saint Cher Postilla in Bibliam Postilla Hugonis prioris Die 1235 1240 entstandene anonyme dominikanische Glosse basierend auf jener des Hugo von Saint Cher dessen Text gekurzt und mit anderen Quellen kompiliert wird Die 1264 1268 entstandene Expositio continua in quatuor evangelia auch Catena aurea des Thomas von Aquin zu den vier Evangelien primar ein Kompilat aus griechischen und lateinischen Kirchenvatern einige davon erst kurz zuvor ins Lateinische ubertragen Die 1280 entstandene Glosse des Dominikaners Nikolaus von Gorran 1232 1295 Postilla in Bibliam Stark abhangig von der dominikanischen Glosse jener des Hugo und einigen anderen Quellen 1 Die 1325 1330 entstandene Glosse des Nikolaus von Lyra Postilla in Bibliam im 14 15 Jh auch Glossa ordinaria genannt Im Rechtswesen meinte glos s a dagegen in erster Linie die von den italienischen Glossatoren bis zur Mitte des 13 Jahrhunderts erstellte Standardglosse zum Corpus iuris civilis In dieser hochmittelalterlichen Bedeutung von glos s a im Sinne von autoritativer Kommentar wurde das Wort in der Form glos e glosz ins Mittelhochdeutsche ubernommen und in Neuhochdeutscher Zeit seit dem 17 Jahrhundert wieder in Anlehnung an das Griechische und Lateinische als Glosse standardisiert wobei das Wort in der deutschen Umgangssprache des 18 und 19 Jahrhunderts auch die Bedeutung spottische Bemerkung Ausspruch annahm Mittelalterliche Glossen Handschriften Abrogans Kasseler Gesprache Reichenauer GlossenSiehe auch GemaraJournalistische Glosse BearbeitenIm modernen Journalismus bezeichnet man als Glosse einen kurzen pointierten Meinungsbeitrag der sich von Kommentar und Leitartikel durch seinen polemischen satirischen oder feuilletonistischen Charakter unterscheidet Journalistische Glossen werden verfasst sowohl zu lustigen als auch zu ernsten Themen zu grossen weltpolitischen ebenso wie zu kleinen lokalen Ereignissen Dabei ist es fur die Lokalglosse auch Lokalspitze oder Spitze genannt von besonderem Reiz das Fundstuck einer unscheinbaren lokalen Begebenheit in eine grossere Thematik einzubetten 2 Fur beide fur die Glosse in der uberregionalen Presse wie fur die Lokalglosse gilt gleichermassen dass ihre uberzeugende oder unterhaltende Wirkung von der formal und inhaltlich leichten Eleganz des Textes abhangt zu der eine verbluffende Uberschrift Wortspiele Wissens und Bildungshappchen ein uberraschender Schlussgag und vor allem Komik beitragen Haufig angewandte Stilmittel sind Ironie und Ubertreibung Hyperbel Die Glosse ist die kurzeste und daher die schwerste journalistische Stilform Emil Dovifat Haufig tritt die Glosse als Kolumne auf also in einer Zeitung an gleicher Stelle wiederkehrend Ein Beispiel ist das unsignierte Streiflicht auf der Titelseite der Suddeutschen Zeitung Eine Sonderform bildet die journalistische Sprachglosse Sie kommentiert Erscheinungen des zeitgenossischen Sprachgebrauchs mehr oder minder kritisch und setzt sie dann oft auch in Beziehung zu allgemeineren kulturellen und gesellschaftlichen Entwicklungen In Staaten mit eingeschrankter Pressefreiheit verstecken Schriftsteller und Journalisten ihre Regimekritik mitunter in Sprachglossen so in der Vergangenheit in Deutschland wahrend der Zeit des Nationalsozialismus und in der DDR Der Autor einer journalistischen Glosse wird Glossist genannt 3 Glossierung in der Sprachwissenschaft Bearbeiten Hauptartikel Interlinearglossierung In der Sprachwissenschaft ist eine Glosse eine grammatische Erlauterung eines Worts eines Satzes oder eines Textabschnitts Bei der Glossierung werden heute ublicherweise Interlinearglossen bevorzugt und dabei grammatische Elemente mit Grossbuchstaben lexikalische Elemente mit kleinen Buchstaben wiedergegeben Es existiert kein normativer Kanon uber die dabei verwendeten Abkurzungen mit der Zeit haben sich aber bestimmte Abkurzungen etabliert z B PL fur Plural Daruber hinaus bieten die Leipzig Glossing Rules 4 eine Empfehlung an Im folgenden Beispiel aus dem Lateinischen ist die erste Zeile die tatsachliche objektsprachliche Form mit Kennzeichnung der Morphem grenzen innerhalb eines Wortes durch Striche die zweite Zeile die eigentliche Glossierung und Zeile drei das metasprachliche Aquivalent non schol ae sed vit ae disc imusNEG Schule 3SG DAT FEM sondern Leben 3SG DAT FEM lern 1PL IND PRAS AKT Nicht fur die Schule sondern fur das Leben lernen wir Literatur BearbeitenGlosse In Meyers Konversations Lexikon 4 Auflage Band 7 Verlag des Bibliographischen Instituts Leipzig Wien 1885 1892 S 442 Rolf Bergmann Verzeichnis der althochdeutschen und altsachsischen Glossenhandschriften Berlin New York 1973 Arbeiten zur Fruhmittelalterforschung Band 6 Rolf Bergmann Stefanie Stricker Katalog der althochdeutschen und altsachsischen Glossenhandschriften 6 Bande De Gruyter Berlin New York 2005 Rolf Bergmann Stefanie Stricker Hrsg Die althochdeutsche und altsachsische Glossographie Ein Handbuch 2 Bande De Gruyter Berlin New York 2009 Rudolf Schutzeichel Hrsg Althochdeutscher und Altsachsischer Glossenwortschatz Bearbeitet unter Mitwirkung zahlreicher Wissenschaftler des In wie Auslandes und im Auftrag der Akademie der Wissenschaften zu Gottingen 12 Bande Tubingen 2004 Ursula Winter Glossen Glossare Vokabulare In Peter Jorg Becker Eef Overgaauw Hrsg Aderlass und Seelentrost Die Uberlieferung deutscher Texte im Spiegel Berliner Handschriften und Inkunabeln Von Zabern Mainz 2003 ISBN 3 8053 3154 1 ISBN 3 8053 3155 X S 32 38 Meinolf Schumacher der kann den texst und och die gloss Zum Wortgebrauch von Text und Glosse in deutschen Dichtungen des Spatmittelalters In Ludolf Kuchenbuch Uta Kleine Hrsg Textus im Mittelalter Komponenten und Situationen des Wortgebrauchs im schriftsemantischen Feld Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 2006 ISBN 3 525 35868 7 S 207 227 Digitalisat Bill Dodd Die Sprachglosse als Ort des oppositionellen Diskurses im Dritten Reich Beispiele von Dolf Sternberger Gerhard Storz und Wilhelm Emanuel Suskind aus den fruhen 1940er Jahren In Wirkendes Wort 53 2 2003 S 241 251 ISSN 0935 879X Werner Nowak Edmund Schalkowski Kommentar und Glosse UVK Konstanz 1998 Walther von La Roche Gabriele Hooffacker Klaus Meier Einfuhrung in den praktischen Journalismus 19 Auflage Berlin 2013 praktischer journalismus de Website zum Buch mit weiterfuhrenden Informationen zum Journalismus ISBN 978 3 430 20045 5 Hans Otto Schenk Stadtrandnotizen Lokalglossen Anno Verlag Rheinberg 2013 ISBN 978 3 939256 13 7 Weblinks Bearbeiten Wiktionary Glosse Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Wikisource Glossen Quellen und Volltexte Wiki zu althochdeutschen Glossen Kurzdefinition der Journalistischen Glosse auf JournalExpert deEinzelnachweise Bearbeiten Vgl Klaus Reinhardt Nikolaus von Gorran Memento vom 17 Mai 2005 im Internet Archive in BBKL Band 6 1993 Sp 884 886 s die ausgewahlten Beispiele von Hans Otto Schenk aus der Duisburger Ausgabe der Rheinischen Post 1 Deutsches Worterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm Lfg 2 1941 Bd IV I V 1958 Sp 216 Z 67 The Leipzig Glossing Rules Conventions for Interlinear Morpheme by Morpheme Glosses Hrsg vom Department of Linguistics of the Max Planck Institute for Evolutionary Anthropology und Department of Linguistics of the University of Leipzig Normdaten Sachbegriff GND 4021310 9 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Glosse amp oldid 236109388