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Die Empirie ɛmpiˈʀiː vom altgriechischen ἐmpeiria empiria embiria sinnlich verinnerlichte Erfahrung asthetisch erschlossenes Erfahrungswissen ist Erfahrungswissen Empirie als ein Pol der wissenschaftlichen Erkenntnis Erfahrung als Grundlage des Wissens 1 sowie der Bereich wissenschaftlicher Forschung der im Gegensatz oder Unterschied zur Theorie mit Beobachtung Messung oder Experiment d h mit der Gewinnung von Daten befasst ist 2 bildet die wissenschaftliche Verwertbarkeit des Erfahrungswissens als empirische Methode beruhend auf der systematischen und zielorientierten Gewinnung von Daten Damit wird sichergestellt dass diese objektiv sind und unter den gleichen Bedingungen immer wieder gleich gewonnen werden konnen Der planmassigen instrumentell unterstutzten Beobachtung dem Experiment kommt eine besondere Bedeutung zu Empirisch sind Erkenntnisse dann wenn sie auf Sinneserfahrungen beruhen und alle Erkenntnisse die ihre Quellen in der Erfahrung haben 3 In der Wissenschaft wird das auf dem Wege der Empirie gewonnene und beruhende Erfahrungswissen als empirische Wissenschaft Erfahrungswissenschaft bezeichnet somit jede Wissenschaft die ihre Satze nicht durch Deduktion aus Hypothesen gewinnt sondern durch Beobachtung gegrundete Erfahrung Theorien bedurfen generell einer Uberprufung durch Erfahrungen Dazu werden aus der Theorie Vorhersagen abgeleitet Deduktion und Induktion Ob sich auf die Erfahrung grundende Erkenntnis durch eine Logik der Induktion verifizieren lasst oder ob sie bloss falsifizierbar ist wird in der Wissenschaftstheorie untersucht 4 Auch die empirische Wissenschaft nutzt die systematische methodenorientierte Erhebung und Interpretation von Daten uber Gegebenheiten Phanomene und Vorgange in den jeweiligen Forschungsgebieten Inhaltsverzeichnis 1 Empirische Forschung und alltagliche Erfahrung 2 Geschichte 3 Empirische Wissenschaften 4 Empirische Spezialgebiete 5 Siehe auch 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseEmpirische Forschung und alltagliche Erfahrung BearbeitenEmpirische Forschung findet simuliert im Labor oder direkt im Feld statt Die direkte Feldforschung unterscheidet sich von der lebensweltlichen Alltagserfahrung durch die Systematik des Vorgehens man spricht auch von der Erhebung von Daten Dazu kommen die Forderungen nach Objektivitat und Wiederholbarkeit der Beobachtungen die an Alltagserfahrungen in dieser Form nicht gestellt wird In den Erfahrungswissenschaften dienen empirische Beobachtungen dazu theoretische Annahmen uber die Welt zu uberprufen Ob daruber hinaus Theorien anhand empirischer Daten entwickelt werden konnen ist teilweise strittig 5 Das genaue Verhaltnis von Empirie und Theorie wird in der Wissenschafts und allgemeiner in der Erkenntnistheorie behandelt und ist hier Gegenstand zahlreicher philosophischer Kontroversen 6 Es gibt in der Wissenschaft keine einheitliche Meinung ob sich theoretische Aussagen empirisch sicher bestatigen oder nur prinzipiell widerlegen lassen 7 Geschichte Bearbeiten Hauptartikel Empirismus Im Spatmittelalter und in der Fruhneuzeit erhoben Naturforscher den Anspruch dass sie aufgrund ihres empirischen Forschens zu neuen Einsichten gelangt seien Der Empirismus ist eine im 17 Jahrhundert entstandene ursprunglich auf Francis Bacon und David Hume zuruckgehende philosophische Stromung die die generelle Abhangigkeit allen Wissens von der Erfahrung betont 8 Der Anspruch war oft mit Polemik gegen andere Forscher verbunden denen unterstellt wurde dass sie sich auf uberlieferte und kirchlich sanktionierte Autoritaten wie Aristoteles verliessen also auf die Tradition Diese Vorstellung wurde von Wissenschaftshistorikern ubernommen indem diese die Fortschritte auf die empirische Ausrichtung innovativer Forscher zuruckfuhrten und die Gegnerschaft zu ihren Ansichten auf ein Verhaftetsein in der Tradition Diese vereinfachende Vorstellung wird beispielsweise von Franz Graf Stuhlhofer kritisiert unter Hinweis darauf dass naturwissenschaftliche Fortschritte oft mit einem komplexeren Zusammenspiel von Empirie und Tradition verbunden waren 9 Radikale Spielarten des Empirismus etwa die von John Locke vertretene Position begreifen den menschlichen Verstand als tabula rasa in dem Wissen erst durch Sinneserfahrungen entstehen konne Nichts ist im Intellekt was nicht vorher in den Sinnen gewesen ist Philosophische Gegenargumente zu dieser Position wurden von den Vertretern des Rationalismus etwa von Rene Descartes formuliert der auf die grundlegende Fehlbarkeit der Sinne hingewiesen hat Letzten Endes sind sich klassische Positionen des Rationalismus und des Empirismus in ihrer Ablehnung der Tradition als Quelle eines unfehlbaren und abgeschlossenen Kanons des Wissbaren jedoch einig Immanuel Kant hat sich in der Kritik der reinen Vernunft um eine Uberwindung des Gegensatzes zwischen Empirismus und Rationalismus bemuht indem Raum und Zeit als Anschauungsformen deutete und diese ebenso wie Kategorien z B Kausalitat als vor aller Erfahrung im Verstand gegebene Vorstellungen a priori postuliert hat Empirische Wissenschaften BearbeitenAls empirische Wissenschaften oder Erfahrungswissenschaften gelten Disziplinen in denen die Objekte und Sachverhalte der Welt wie Planeten Tiere Verhaltensmuster von Menschen durch Experimente Beobachtung oder Befragung untersucht werden Diese empirischen Methoden konnen im Labor stattfinden oder im Feld so der Fachterminus Dies bedeutet eine Untersuchung eines Phanomens bzw Problems in seinem jeweiligen Kontext Dies trifft vor allem auf die Naturwissenschaften zu Dem stehen die nichtempirischen Wissenschaften gegenuber in denen manche Erkenntnisse auch ohne einen Ruckgriff auf direkte Beobachtung und sinnliche Erfahrung gewonnen werden etwa Mathematik und Philosophie Insbesondere Erkenntnistheorie und Logik gelten als nichtempirische Wissensgebiete weil hier Aussagen formuliert werden die allein aus logischen formalen Grunden richtig oder falsch sind z B Tautologien und Kontradiktionen sind grundsatzlich nicht empirisch uberprufbar Philosophische Reflexion die nicht streng logisch formalen Kalkulen folgt wird meist nur durch blosses Nachdenken oder Spekulation vollzogen empirische Beobachtungen werden hierzu bewusst nicht herangezogen Die Theologie insbesondere in ihren dogmatischen Anteilen die Rechtswissenschaften da hier Gesetzestexte kasuistisch auf Einzelfalle bezogen werden die Literaturwissenschaften und Teile der Sprachwissenschaften gelten als nichtempirische Wissenschaften Umstritten ist ob Wissenschaften in denen Textquellen mit hermeneutischen Methoden ausgewertet und interpretiert werden wie die Geschichtswissenschaft und Teile der Sozialwissenschaften als empirische Wissenschaften angesehen werden konnen Vertreter einer streng einheitswissenschaftlichen Position etwa Carl Gustav Hempel betrachten die Geschichtswissenschaft als empirische Wissenschaft 10 Demgegenuber haben Vertreter eines Dualismus zwischen Natur und Geisteswissenschaften wie zu Beginn des 20 Jahrhunderts Wilhelm Dilthey und spater Georg Henrik von Wright den besonderen Charakter hermeneutisch vorgehender Wissenschaften herausgestellt 11 Das Verhaltnis zwischen Hermeneutik und empirischer Wissenschaft ist in der philosophischen Debatte kontrovers Insbesondere in den Sozialwissenschaften wurde diese Debatte zwischen Vertretern einheitswissenschaftlicher Positionen wie sie die Vertreter des Kritischen Rationalismus Karl Popper und Hans Albert einnehmen und alternativen Positionen etwa der Kritischen Theorie um Max Horkheimer und Theodor W Adorno die sich gegen eine ihrer Meinung nach blinde Ubertragung naturwissenschaftlicher Erkenntnismodelle auf die Sozial und Geisteswissenschaften gewehrt haben intensiv in den 1960er und 1970er Jahren ausgetragen vgl den sogenannten Positivismusstreit Empirische Spezialgebiete BearbeitenNaturwissenschaften wie Physik Chemie Biologie Psychologie Empirische Literaturwissenschaft Empirische Kommunikationsforschung Empirische Kulturwissenschaft Empirische Padagogik Empirische Wirtschaftswissenschaft Empirische Sozialforschung siehe auch Soziologie und empirische Forschung Beobachtung Siehe auch BearbeitenDeduktion Induktion Philosophie Logischer Empirismus Positivismus RealwissenschaftLiteratur BearbeitenKurt Eberhard Einfuhrung in die Erkenntnis und Wissenschaftstheorie 2 erweiterte Auflage Kohlhammer Stuttgart 1997 ISBN 3 17 015486 9 Alan F Chalmers Wege der Wissenschaft Einfuhrung in die Wissenschaftstheorie 6 Auflage Springer Berlin 2007 ISBN 978 3 540 49490 4 Literatur in der Deutschen Nationalbibliothek Literatur zur empirischen Wissenschaft in der Karlsruher Virtuellen BibliothekWeblinks Bearbeiten Wiktionary Empirie Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Literatur uber Empirie im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Rudolf Eisler Empirisch in Worterbuch der philosophischen Begriffe 1904Einzelnachweise Bearbeiten Lexikon der Philosophie Reclam 2009 2011 S 73 Empirie Lexikon der Biologie spektrum de 30 11 2022 Grundbegriffe der Philosophie Vandenhoeck amp Ruprecht Verlage 2003 S 319 Brockhaus Enzyklopadie Empirismus Band 6 19 Auflage S 356 Udo Kelle Empirisch begrundete Theoriebildung Deutscher Studienverlag Weinheim 21997 Kurt Eberhard Einfuhrung in die Erkenntnis und Wissenschaftstheorie Kohlhammer Stuttgart 1999 ISBN 3 17 015486 9 Winfried Stier Empirische Forschungsmethoden Springer Berlin 1999 ISBN 3 540 65295 7 S 5 ff Gunter Gawlik Hrsg Geschichte der Philosophie in Text und Darstellung Bd 4 Empirismus Reclam Stuttgart 1980 Franz Graf Stuhlhofer Tradition en und Empirie in der fruhneuzeitlichen Naturforschung In Helmuth Grossing Kurt Muhlberger Hrsg Wissenschaft und Kultur an der Zeitenwende Schriften des Archivs der Universitat Wien 15 V amp R unipress Gottingen 2012 S 63 80 Carl Gustav Hempel The Functions of General Laws in History in The Journal of Philosophy 39 1942 S 35 48 Georg Henrik von Wright Erklarung und Verstehen Athenaum Frankfurt 1974 Normdaten Sachbegriff GND 4152104 3 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Empirie amp oldid 233091893